100 Jahre Museum Hoflößnitz, Teil 7

Das Haus wolle »immer mehr ein Sammelpunkt aller heimatlichen Werte sein und wieder ein Kulturmittelpunkt der Lößnitz werden, wenn auch im neuzeitlichen Sinne.« So heißt es im »Kleinen Führer durch das Heimathaus Hoflößnitz«, der zur Saison 1925 erschien und fortan an alle Besuchenden als Eintrittskarte ausgegeben wurde. Nach einer Zusammenfassung der Geschichte des Anwesens folgte darin, stichpunktartig zusammengefasst,

Ein »Rundgang durch das Heimathaus«

Dieser war seinerzeit recht kurz, denn vom ohnehin nicht großen Erdgeschoss waren zweieinhalb Zimmer – ein Teil des Foyers, der »Zehrgarten« und die »große Tafelstube« auf der Ostseite – als Hausmannswohnung abgeteilt worden. Die vier Museumsräume boten folgendes:
»1. Eingangshalle: Der Winzerzug aus dem Jahre 1840 gez. von Retzsch; dargestellt: Der Herbst, Gott Baccus, Amor, Herstellung der Weinfässer, Weinbereitung. – Über der Tür ein Bildnis Knolls, des ›ersten Winzers‹, war 1661 Bau- und Bergschreiber in der Hoflößnitz, wirkte tatkräftig für Verbesserung des Weinbaues. – Ein großes Ölgemälde: Die Huldigung des Hauses Wettin. – In dem Wandschrank das Heldengedenkbuch, gewidmet den im Weltkrieg 1914/18 gefallenen Söhnen der Gemeinde Oberlößnitz.
2. Guckkastenzimmer: Vier naturgetreue Bilder, die vier Jahreszeiten darstellend (Rundgang rechts herum!) – Der Frühling: Die Lößnitz um 1800. Das Spitzhaus in der alten Gestalt, links das Bennoschlößchen, wahrscheinlich früher ein bischöflicher Wirtschaftshof, Winzer bei ihrer Arbeit. – Der Sommer: Die Lößnitz um 1800 [recte: 1900]. Spitzhaus nach dem Umbau. Der Wald ist heute bereits zum größten Teil wieder dem Wein gewichen. – Der Herbst: Winzerfest zur Zeit Augusts des Starken. Vorn Gebäude des unteren oder Holzhofes. – Der Winter: Aufbruch zur Jagd.
3. Geologisches Zimmer: Eine farbige, erdgeschichtliche, erhabene Karte der Heimat, in zwei Schaukästen die Gesteine der heimatlichen Erde, an der Wand zwei Geländeschnitte aus der, Umgebung u.a.m.
4. Heimatzimmer: Alte Bilder aus der Lößnitz. Holztafel mit Aufzeichnungen über den in der Hoflößnitz gepreßten Wein. Nachtwächterhorn von Oberlößnitz. Bildnisse der Gräfin Cosel und eines Regimentsnarren u.a.m.«
Um das eingangs zitierte Ziel zu erreichen, bedurfte es freilich mehr als dieser kleinen Präsentation. Das war auch dem Architekten Dr.-Ing. Alfred Tischer, ehrenamtlicher Museumsvorstand, klar. Schon kurz nach Eröffnung des Museums lancierte er deshalb ein zweites ehrgeiziges Projekt, ein großes »Winzerfest der Lößnitz«. Nachdem der von ihm geleitete Arbeitsausschuss am 1. August erstmals zusammengetreten war, ging dieses Volksfest, an dem sich fast 100 einheimische Vereine aller Art und Richtungen beteiligten, vom 3. bis 5. Oktober 1924 glanzvoll über die Bühne. Den Höhepunkt bildete am Schlusstag ein gewaltiger Festzug, der von der Hoflößnitz über Radebeul nach Kötzschenbroda führte und, was Teilnehmer- und Zuschauerzahlen angeht, sein historisches Vorbild von 1840 bei weitem in den Schatten stellte. Darauf wird zu gegebener Zeit zurückzukommen sein.

Archiv Stiftung Hoflößnitz

Die erste Sonderausstellung im neuen Museum Hoflößnitz ging ebenfalls auf Dr. Tischers Initiative zurück und eröffnete eine Tradition, der sich unser Haus nach wie vor verbunden fühlt, die Förderung der zeitgenössischen bildenden Kunst. Vom 7. bis 14. Dezember 1924 lud das Heimathaus zur »Kunstwoche der Lößnitz« ein, während derer »den gerade in dieser schweren Zeit oft bittere Not leidenden heimischen Künstlern« die Möglichkeit gegeben wurde, ihre Arbeiten – Erzeugnisse der Bildhauerei, Malerei, der graphischen Künste, des Kunstgewerbes, der Buchdruckerkunst usw. – zu zeigen und gegebenenfalls auch zu verkaufen. Über die Annahme der Ausstellungsgegenstände entschied ein Fachgremium, dem u.a. Landeskonservator Dr. Walter Bachmann, der ehemalige Direktor der Dresdner Kunstgewerbeakademie, Prof. Bernhard Grohberger, und der am selben Institut tätige Prof. Max Frey angehörten. Die Besprechung in den ›Dresdner Nachrichten‹ am 8.12.1924 zählt die bemerkenswertesten Arbeiten dieser bunt gemischten Schau auf, darunter solche von noch heute namhaften Malern/Grafikern wie Käthe Kuntze, Georg Richter-Lößnitz, Hans-Theo Richter und Karl Sinkwitz. Beteiligt waren auch damals in der Lößnitz ansässige Künstler, die inzwischen weitgehend vergessen sind, u.a. Arthur Götze, Curt Voigt, Rudolf Wirth und Werner Zehme. Gezeigt wurde die Ausstellung im Obergeschoss des Lusthauses, wo durch einfache Stellwände und elektrische Beleuchtung provisorische Voraussetzungen dafür geschaffen worden waren. »So wandert man ›mit vergnügtem Sinne‹ durch diese kleine Heimatschöpfung«, fand der Rezensent. (Fortsetzung folgt.)
Frank Andert

Editorial 7-24

Radebeul kann sich im Jahreskreis zweifellos eines reichen kulturellen Angebots erfreuen.
Und doch, es lohnt sich überaus, auch mal über die Stadtgrenzen hinauszuschauen! So fand Mitte Juni in Meißen das nunmehr 15. Literaturfest statt. Nicht irgendeins! – Es hat sich in all den Jahren immerhin zum deutschlandweit größten eintrittsfreien Lesefest etabliert. Allein beim Durchstöbern des über dreißigseitigen Programmheftes schlägt einem die Fülle an Veranstaltungen entgegen. Weit über hundert Lesungen, Gesprächsrunden und Musik luden in die verwinkelten Gassen und unter die Dächer der idyllischen Altstadt ein. Zahlreiche Bücherstände auf den Märkten machten die literarischen Welten für die flanierenden Interessenten dann greifbar.
Großer Respekt gilt an dieser Stelle dem Meißner Kulturverein, der es versteht, Vereine, Institutionen, Betriebe und vor allem die ansässigen Bewohner zum Mitmachen zu begeistern.
Als ein Programmhöhepunkt kann sicher das Podiumsgespräch des Musikers und Literaten Hans-Eckardt Wenzel mit dem politischen Lokalmatador Frank Richter angesehen werden. Fazit des rund einstündigen Gesprächs war die heute oft überaus verschärfte Debatten-(Un-)Kultur, resultierend in der Mahnung, einander das Zuhören nicht zu verlernen. Dies gilt für das große Weltenrad ebenso wie für eine intime Lesung.
Erstaunlich, was bürgerliches Engagement – mit nur wenig Geld – bewirken kann! Vielleicht davon auch noch mehr in Radebeul?

Sascha Graedtke

Mit Stephan Krawczyk poetisch durch das Jahr

Zum Titelbild

Angler im Morgenlicht. In aller Ruhe träumt er an der Rute entlang, denn diese Stunde gehört erst ihm und dann den Fischen. Und während er träumt, werden seine Arme länger und länger und die Hände werden größer und größer, mit denen er abends am Stammtisch von seinem Fang erzählen wird…

Mit diesem gern gebrauchten, liebevoll-spöttischen Bild vom „Anglerlatein“ begrüßt der Künstler Michael Hofmann den Juni.

Still ruht der See. Der ferne Horizont liegt noch im Dunkel. Geduldige Ruten warten auf Fang, während die Sonne schon zum Aufbruch mahnt. Noch steigt Kühle auf, doch der Tag verspricht heiß zu werden.

Michael Hofmann versteht es, Atmosphäre zu verbreiten. Über Jahre hat er den Farbholzschnitt aus der „verlorenen Form“ zu einer eigenen Marke entwickelt. Hier zeigt er sich dankbar, sich einmal ganz auf die Form konzentrieren zu können. Das gelingt ihm so perfekt, daß die Betrachter, wie ich glaube, keine Mühe haben werden, die Farben selbst zu finden. So reiht sich der Künstler auf seine Weise in den Reigen der Holzschneider ein.

Da hatte HAP Grieshaber in der Nachfolge der Expressionisten den Holzschnitt noch weiter vereinfacht, indem er in spontanem Zugriff dekorative Stilisierung zu anschaulichen Symbolen verband. Hier bleibt Michel Hofmann doch eher der Erzähler, der seinem Schalk gerade in diesem Blatt mit Freude freien Lauf läßt.

Auf dem Heimweg aber wird unser Angler noch an der Fischtheke vorbeischauen, um den versprochenen Mittagsbraten doch noch auf den Tisch legen zu können.

Thomas Gerlach

Radebeuler Miniaturen

Konsum-Gut

In römischen Siedlungen gab es schon vor Beginn der modernen Zeitrechnung und auch nördlich der Alpen öffentliche Badehäuser und Aborte mit Wasserspülung. Zu nämlichem Zwecke wurde ein Bach durch den entsprechenden Raum geleitet, in welchem die Bürger in geselliger Runde saßen, während alles, was sie hinter sich ließen, sofort unter ihnen weggespült wurde.

Freiheitsliebende germanische Heimatfreunde haben uns jedoch recht bald wieder von diesem kulturellen Joch befreit. Das zeigt zunächst, daß es nicht so einfach ist, Kulturgut in fremde Länder zu tragen. Es hat nahezu zweitausend Jahre gedauert, bis hinsichtlich der öffentlichen Hygiene ein ähnlicher Stand wieder erreicht wurde. Zum anderen ist der Ruf nach Freiheit immer noch und immer wieder virulent, doch bis heute stellt kaum einer die Frage: “Freiheit wovon?!“

In meinem Elternhaus gab es noch über viele Jahre ein einfaches „Plumps-Klo“. Dabei fiel auf direktem Wege alles Überflüssige in eine darunter befindliche gemauerte Grube, die in regelmäßigen Abständen geleert werden mußte. Vorzüglich (des Geruches wegen) bei Regenwetter wurde der Grubeninhalt im Garten verteilt, auf daß die Tomaten gediehen, die auf dem felsigen Untergrund sonst nicht viel zu lachen hatten.

Das hatte alles nichts mit Krieg oder Nachkrieg zu tun, das entsprach dem ganz normalen Stand der Technik und war allgemein üblich. Dennoch hatte auch der Krieg einen gewissen Einfluß aufs Geschäft.

Lange Zeit nämlich gab es nicht nur nichts, sondern gar nichts. Die Not machte – damals jedenfalls – erfinderisch, und also wurde zur Versorgung der Bevölkerung alles Mögliche und Unmögliche zu Konsum-Gut umgedeutet und auf diese Weise einer neuen Bestimmung zugeführt. So haben etwa pfiffige Erfinder ausgediente Militärstahlhelme mit einer Tülle für einen Stiel versehen und als Jauchenschöpfer verkauft – eine sinnreichere Verwendung dafür konnte (und kann!) es kaum geben. Zumal auch bei der Verwendung ein gewisser durchaus auch erheiternder Mahneffekt zu erwarten war. Es tut mir in der Seele weh, daß das Ding entsorgt wurde, als wir uns einen „richtigen“ Schöpfer leisten konnten.

Als ich später selbst genötigt war derartiges Gerät nicht nur am Gürtel, sondern auch auf dem Kopf zu tragen, hatte ich stets den Geruch der heimischen Grube in der Nase. Und ich frage mich mit zunehmender Eindringlichkeit, wie tief einer in der Sch… stecken muß, der sich von wem auch immer gezwungen sieht, sich so ein Ding überzustülpen …

Thomas Gerlach

Glosse

Da haben wir den Salat

Können sie sich nicht auch des Eindrucks erwehren, dass der Salat seit geraumer Zeit immer mehr in Mode gekommen ist? Früher höchstens als Beilage geduldet, hat er sich heutzutage regelrecht in den Vordergrund gedrängt und nicht nur auf dem Mittagstisch. Manchen Orts ist er gar zum Hauptgericht aufgestiegen. Auch daran kann man erkennen, dass sich die Extreme in dieser Zeit immer mehr ausgebreitet haben, was natürlich besonders bei den Wahlen in Erscheinung tritt. Aber dazu später. Die gute alte Hausmannskost ist da ohnehin schon eher meine Geschmacksrichtung. Dabei will ich jetzt gar nicht nur auf die deutsche Küche verweisen. Auch die Polen kochen gut, der deutschen Küche nicht unähnlich, aber mit Anlehnung an die östlichen Nachbarn und mit reichlich Gewürzen versehen. Tut man hierbei allerdings zu viel des Guten, ist nicht nur der ganze Salat verdorben, sondern auch so manche Partnerschaft.

Und wenn man bedenkt, dass das Wort Salat bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht und von dem italienischen insalare kommt, was so viel wie einsalzen bedeutet, hat man eigentlich keine Fragen mehr. Da mag es nicht überraschen, wenn besonders der Deutsche ab dem 19. Jahrhundert bei dem Wort Salat – einer Mischung verschiedener Zutaten – auf ganz andere Gedanken kommt. Da tauchen dann Begriffe wie Wirrwar, Schweinestall, Unordnung oder gar Chaos auf. Und schon sind wir, ehe wir uns versehen, mitten in der schönsten politischen Diskussion. Die Missverständnisse häufen sich, das Durcheinander und die Aufregungen nehmen zu, bis schließlich alles in einem Desaster endet. Wer kennt sich denn noch bei den vielen kleinen und großen „Gurkentruppen“ aus, die der kleinen Frau, dem kleinen Mann und dem kleinen Es beständig erklären, wo es angeblich langgehen soll. Etwa wie gegenwärtig beim Gebäudeenergiegesetz. Da trifft man überstürzte Entscheidungen, und über 40 Prozent der Betroffenen können da überhaupt nicht mehr mithalten. Sollen dann die Bulldozer kommen und die Einfamilienhäuser einfach wegschieben? Wäre doch eine Idee, warum nicht auch von anderen Demokratien lernen?

Mit dem Begriff „Demokratie“ komme ich auch nicht so richtig klar. Ich bin da noch nicht dahinter gestiegen, was man sich darunter vorstellen soll. Alle paar Jahre die Regierung wählen, damit die dann hinterher etwas anders macht, als sie vor den Wahlen versprochen hat? Man soll ja in der Demokratie mitreden können. Aber wie macht man das, wenn das Meiste hinter verschlossenen Türen besprochen wird? Da fällt mir ein markantes Beispiel aus Radebeul-West ein. Eigentlich wollte ich nicht schon wieder auf die verunglückte Bahnhofstraße zu sprechen kommen. Sie ist eh ein Sonderfall. Wo sonst findet man auf ca. 100 Meter noch acht Lichtmasten? Vermutlich wird dann dieser Abschnitt besser ausgeleuchtet sein als ein Fußballstadion. Da fehlt eigentlich nur noch die Rasenfläche. Kann ja noch werden. Alles nur, weil man eine Alleestraße haben wollte. Warum eigentlich? Lag das eventuell daran, dass die einst zur Entscheidung gestandenen Alternativen am Ende gar keine waren? – Mal mehr, mal weniger Bäume?

Das Ding mit den Parkplätzen ist auch so eine Sache. Kann sich noch jemand an das INSEK erinnern? Ist schon eine Weile her. Nächstes Jahr wird es Zehnjähriges feiern. Damals hatte man eine ca. 5-prozentige Steigerung beim PKW-Besitz in der Stadt festgestellt. Da ergiebt es Sinn, die Parkplätze auf der und um die Bahnhofsstraße herum zu reduzieren. „Aber die neuen Stellplätze auf der Güterhofstraße…“, wird mancher einwenden. Die waren schon vor der Baumaßnahme weitgehend belegt. Vielleicht hilft der bereits 2022 prognostizierte Bevölkerungsrückgang, die Lage in dem Revier wieder zu entspannen.

Ist schon seltsam: Wenn Wahlen bevorstehen, sind die Parteien immer ganz kuschlig. Da kann man sie kaum noch auseinanderhalten, und schon ist der schönste Salat fertig. Da halt ich mich doch lieber an einen leckeren Platterbsensalat. Da weiß ich wenigstens was drin ist, meint

Euer Motzi

Thema: Als die Läden noch den Namen von Leuten trugen…

Erinnerungen an Radebeul

Gleich schräg hinter dem Straßenbahnhof Mickten aufgewachsen (Jg. 1955), war Radebeul für unsere Familie nur einen Katzensprung entfernt und bevorzugtes Ziel von Sonntag-Nachmittag-Spaziergängen. Die Linie 13 endete in Radebeul-Ost, Schillerstraße, die Gleisschleife wurde damals noch in entgegengesetzter Richtung befahren. Da ging es durch die – wir nannten Junge Heide so – „Dürre Heide“ und den Fiedlergrund nach Wahnsdorf, weiter zum Spitzhaus, die Treppe herab zum „Weißen Roß“ und mit der „14“ oder „15“ (ab 1969 „4“ oder „5“) nach Mickten zurück. Natürlich gern auch einmal anders herum, oder nur zum Spitzhaus und durch die Weinberge – vieles war möglich.

Gaststätte »Carola-Schlösschen«, Ecke Maxim-Gorki-/ Gutenbergstraße


Mein Vater war ein begeisterter Laubsäge-Bastler, und Sperrholz fiel, wie so manches, in der DDR unter die raren Artikel. Da war der Tipp, „VEB Kaffee und Tee“ (heute „Teehaus“) gebe sperrhölzerne Teekisten ab, eine spannende Sache. Ich erinnere mich, wie ich mit meinem Vater in den 1960ern vielleicht zweimal mit dem „Rollfix“ `ne Teekiste abholen gegangen bin. Die Kisten waren außen mit exotischen Herkunftsbezeichnungen bedruckt und innen mit Alufolie ausgekleidet. Diese Folie hatte man zwar großflächig entfernt, aber an Kanten und in Ecken waren noch Reste davon, und – Reste herrlich duftenden Schwarzen Tees.

Hauptstraße 3, an der Bahnüberführung


Als Schüler begann ich mit dem Sammeln von Mineralien. Irgend jemand erzählte mir, auf der Ernst-Thälmann-Straße 3 (heute Hauptstr.3) in Radebeul gäbe es einen Laden für Mineralien! Zwischen 1970 und 1972 war ich wohl drei mal dort. Das Geschäft, gleich hinter der Eisenbahnüberführung musste man eine Treppe hinab gehen, wurde von einem älteren Mann, ich glaube, Herrn Gebauer, geführt. Schöne Sachen gab es da! Aber mein Taschengeld war schmal bemessen. So fanden etwa ein Bergkristall aus Brasilien, ein Rauchquarz, ein Realgar und, besonders schön, ein Malachit den Weg in meine Sammlung.

Im Herbst 1972 begann ich eine Lehre in der Außenstelle des „VEB Transformatoren- und Röntgenwerk Dresden“ auf der Meißner Str. 15; im Anschluss daran bis 1978 meine Arbeitsstelle. Die Gebäude existieren nicht mehr, sind Autobahnausbau und einem Autohaus gewichen. Nicht selten ging ich von Mickten zu Fuß zur Arbeit. Besonders beeindruckte uns ein Kollege, der öfter von Weinböhla aus zur Arbeitsstelle gejoggt kam!

Auch an Radebeuler Gaststätten erinnere ich mich.1977 feierten meine Eltern ihre Silberhochzeit im „Carolaschlösschen“ Maxim Gorki- Ecke Gutenberg- und Meißner Straße; das Haus ist durch einen Neubau ersetzt, aber eine Gaststätte ist dort immer noch: „Atlantis“, ein griechisches Restaurant. 1989 feierten wir meines Vaters 60. Geburtstag in einem „Konsum – Cafe“, es muss auch irgendwo auf der M.-Gorki-Str. oder in deren Nähe gewesen sein. Mein Bruder hatte 1987 „nach Radebeul“ geheiratet; die Feier war in den „Vier Jahreszeiten“.

Heute wohnen meine Frau und ich auf der Sidonienstraße.

Mein Vater lebt, hochbetagt, in einem Radebeuler Pflegeheim, und meine Mutter haben wir im Februar 2021 unweit des Karl-May-Grabes beigesetzt…

Christfried Weirauch

HAUS BREITIG – Maxim-Gorki-Straße 22 (Teil 2)

Nutzungen des Anwesens Haus Breitig

Der Zweck zur Errichtung 1650 war natürlich der Weinbau, um den sich alles drehte – die Weinkeller, die Wohnung eines Winzers war zunächst im EG, nach 1735 dann im östlichen Seitengebäude. Ein Pressraum kann im EG vermutet, aber bisher nicht nachgewiesen werden. Räume im OG waren für die adlige oder wohlhabende Besitzerfamilie (sie hatte in der Regel einen Hauptwohnsitz in Dresden) vorbehalten. Sie kamen zu gelegentlichen Aufenthalten, wie zur Weinlese. Nebenbei fanden auch ein paar landwirtschaftliche Arbeiten zur Selbstversorgung der Winzerfamilie statt, so sollen zeitweilig zwei Kühe zum Hof gehört haben.

Ansicht Haus Breitig von S-W, 2024

Nach dem Niedergang des Weinbaus im ganzen Elbtal durch die Reblaus – nach 1885 – lagen die Weinberge lange Zeit brach, bzw. dienten ersatzweise dem Obstanbau. Es gab keine Weinlese und demzufolge auch keine Kelterei. So wurden viele brachliegende Weinberge in den flacheren Bereichen von 1885 bis etwa 1912 parzelliert und nach und nach mit Wohnhäusern bebaut. Die bekannte Serkowitzer Fa. Gebr. Ziller bebaute damals die mittlere Eduard-Bilz-Straße mit Villen und Landhäusern. Die Flächen vom Haus Breitig wurden bis in die 1960er Jahre dagegen langsamer bebaut, sodass Familie Breitig bis zum Verkauf 1952 noch als Gartenbaubetrieb wirken konnte. Dann betrieb Frau Rödenbeck hier noch einen Reitstall mit bis zu sechs Pferden, wo auch einige Radebeuler Kinder das Reiten gelernt haben dürften. Diese Nutzung erwies sich aber für Haus und Grundstück als eher nachteilig, der Verfall schritt fort. 1972 übernahm die Stadt Radebeul / Gebäudewirtschaft das Grundstück ohne dass saniert worden wäre. Schließlich konnte die Familie Jäger das Grundstück kaufen und begann ab 1984 mit der Rekonstruktion mit dem Ziel einer eigenen Wohnnutzung. Bald schon wurden im südlichen Vorland wieder Weinstöcke gesetzt, sodass man beim Einzug schon mit eigenem Wein anstieß!

Andere Ansätze das Haus zu erhalten

Nachrichten über historische Erhaltungsmaßnahmen sind leider nicht dokumentiert. Von 1953 gibt es Teile einer studentischen Bauaufnahme durch den Studenten Herrmann Kraft an der TH Dresden, Fachrichtung Architektur, darunter sehr gute Fensteraufmaße. Es war aber nur eine Übung ohne praktische Bedeutung. In der Denkmaltopografie der Stadt Radebeul wird für Haus Breitig eine unbekannte Sanierung von 1964 erwähnt – nach Auskunft des LAfD war da eine Dachreparatur geplant aber nicht zustande gekommen.


Aber ich erinnere mich an noch einen Ansatz um 1975, das fast zur Ruine gewordene Haus zu retten: die jungen Radebeuler Familien von Dietmar Kunze, Peter Richter und Dietrich Lohse wollten das Haus erwerben und Dr. Dietmar Kunze hatte eine Studie mit zwei Nutzungsvarianten zu Papier gebracht. Die eine Variante sah einen Dreispänner (wie ein Reihenhaus) mit drei Treppen vor, die realistischere Variante ging von drei übereinander liegenden Wohnungen mit nur einem Treppenhaus aus. Der Plan scheiterte nicht am Kaufpreis, wohl aber, man ahnt es, an den Kosten von Sanierung und Umbau. Die Skizzen von damals existieren heute leider nur noch in Resten.

Dr. Wolfram Jäger, inzwischen zum Professor ernannt, hatte mit dem Erwerb 1983 und dem Baubeginn 1984 mehr Glück und vor allem den eisernen Willen, die Rettung von Haus Breitig zu stemmen. Hinzu kam, dass seine berufliche Laufbahn – Lehre als Zimmermann, Bauingenieurstudium an der TU Dresden, Anstellung bei der Bauaufsicht und danach im Bauamt der Stadt Radebeul – auf diese Bauaufgabe geradezu zugeschnitten schien. Dass sich die Realisierung schließlich bis 1990 hinzog, lag an der Größe der Aufgabe und an der schwierigen Materialsituation in der damaligen DDR. Allein die Holzbeschaffung in der Größenordnung stieß immer wieder auf Probleme – zugewiesen bekam man nur den Teil, der für einen Neubau Typ EW 65 nötig gewesen wäre. Es blieb nicht aus, nach anderen Quellen zu suchen, so ein kirchlich verwaltetes Waldstück in der Lausitz.

Stabiles Fachwerk über zwei Geschosse (S-O-Ecke), 2024

An dieser Stelle will ich an zwei nicht mehr lebende, einander bekannte Persönlichkeiten – den Radebeuler Baumeister Franz Jörissen und Prof. Hans Nadler vom Landesamt für Denkmalpflege Dresden – erinnern, die so oder so immer ein Auge für diese Baustelle hatten und gute Ratschläge und anerkennende Worte fanden.

Wenn ich mich heute an die Situation von Haus Breitig vor 1983 und an den drohenden Verlust denke, muss ich sagen, daß der Kauf durch Familie Jäger ein wahrer Glücksfall für das Kulturdenkmal war. Die Arbeit ging nicht nur ins Geld, sondern auch in die Knochen!

Teil des Wohnraumes im 1. OG, 2024

Ob Wolfram Familie Jäger, inzwischen Professor geworden, und seine Familie den 400. Geburtstag des Hauses im Jahr 2050 feierlich begehen kann, weiß heute noch niemand, schön wäre es ja.

Dietrich Lohse

Anhang Besitzerfolge (soweit nachweisbar)

1627 Besitz des Flurst. / Weinberg: kurfürstl. Schösser Johann Täucher
1650 Errichtung des Winzer- u. Herrenhauses
1714 Besitz der Witwe von Hofrat Schramm
um 1730 Besitz von Weinbg. u. Haus Frau Sekretär Wernerin
1735 Stallanbau u. zT. neue Gaupen wohl unter Hoftäschner Girkhoff
1786 Besitz der Erben von Johann Gottfried Allich
1791 Verkauf an Johann Gottlieb Findeisen, Kaditz
1897 Erwerb durch Familie Breitig, zuletzt bis 1952 Hermann Breitig, Gärtner
1952 Besitz von Frau Rödenbeck, Reitstall
1972 Erwerb durch die Stadt Radebeul / Gebäudewirtschaft
1983 Erwerb durch Familie Jäger, bis jetzt

Literaturhinweise:
Landesverein Sächs. Heimatschutz, Band XIII, Heft 5/6, 1924 (Grüne Hefte)
Vorschau 03/58, „Eckenbreitig u. Russenbreitig“, Curt Reuter
„Radebeul – Stadtführer durch Vergangenheit u. Gegenwart“, Liselotte Schließer,
Verl. Edition Reintzsch, 1996
„Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland – Stadt Radebeul“, Volker Helas
u. Mitwirkende, Sax Verlag, 2007
* „Sächs. Weinland – historische Weingüter und Winzerhäuser im Elbtal“, Matthias Donath,
Redaktions- u. Verlagsgesellschaft Elbland mbH, 2010
* „Stadtlexikon Radebeul“, Große Kreisstadt Radebeul, 2021

Der Kneipp-Verein Radebeul stellt sich vor

Seit 1990 besteht in Radebeul ein Kneipp-Verein, der das ganzheitliche Gesundheitskonzept von Sebastian Kneipp allen gesundheitsbewussten Menschen und allen Interessierten in der Umgebung nahebringt. Unser Verein ist der älteste Kneipp-Verein in Sachsen und zählt zurzeit 71 Mitglieder. Wir sind in enger Freundschaft mit dem Kneipp-Verein Donauwörth e.V., Bayern, verbunden. Neue Mitglieder und engagierte Ehrenamtler*innen sind jederzeit herzlich willkommen.

Der Kneipp-Verein beim Vereinstag in Radebeul


Sebastian Kneipp – unser Namensgeber

Sebastian Kneipp (1821-1897) war ein katholischer Pfarrer aus Bayrisch-Schwaben, der durch die Kaltwassertherapie und Naturheilkunde berühmt geworden ist – nicht nur in Deutschland. Er hat sogar den Papst behandelt und war zu Lebzeiten auch in den USA eine bekannte Persönlichkeit. Seine Wasserkur wurde zwar schon früher angewandt, aber durch ihn erst populär. Die Kraft des Wassers entdeckte er durch seine eigene Tuberkulose-Erkrankung, die zur damaligen Zeit als unheilbar galt.

Die fünf Elemente unserer Vereinsarbeit

Kneipp wusste schon früh um den ganzheitlichen Ansatz, wenn es um Gesundheit und Wohlbefinden geht. Darum ergänzte er sein Heilwissen um weitere Elemente, die auch Inhalt unserer Vereinsarbeit sind: Wasser als Vermittler von Temperaturreizen (z.B. Winterschwimmen, Wassertreten, Kneipp´sche Güsse, Wickel), Bewegung als Wechselspiel von Belastung und Entspannung, Heilkräuter mit ihrer großen therapeutischen Vielfalt, Ernährung als Aufnahme gesunder Nährstoffe in ausreichender Menge und im richtigen Verhältnis, Lebensordnung als Kernstück für den Einklang von Körper, Geist und Seele – heute sprechen wir auch von einem gesunden „Lifestyle“ oder „Mind-Body-Medizin“.

Wanderung des Kneipp-Verein Radebeul


Das Anliegen der Kneipp´schen Lehre hat die Zeit überdauert und wurde stetig auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterentwickelt. So hat es auch heute noch große Bedeutung: nämlich die Menschen nicht erst krank werden zu lassen, sondern – im Sinne der Salutogenese – vorbeugend gesund zu erhalten.

Gerne bieten wir Ihnen einen Einblick in unser vielfältiges Vereinsprogramm, wobei Gäste (außer bei vereinsinternen Weihnachtsfeier und Mitgliederversammlungen) immer willkommen sind. Die Veranstaltungen sind in unserem Halbjahresprogramm zusammengefasst, das in der Tourist-Information auf der Hauptstraße in Radebeul kostenfrei für Sie ausliegt. Es lohnt sich!

Wir bieten an

Vorträge zu medizinischen und naturheilkundlichen Themen sowie zu gesunder Ernährung und Kräuterheilkunde, kulturelle Veranstaltungen, Fahrradtouren, mehrere Wanderungen, wöchentliche Rückengymnastik und Seniorengymnastik oder Tanzkurs.

Unser besonderes Angebot ist das Winterschwimmen

Dieses Highlight wird von Oktober bis Mai Sonnabend, Sonntag und an Feiertagen von 10 Uhr bis 11 Uhr im Lößnitzbad Radebeul West von unserem Verein angeboten. Es ist ein herrliches Vergnügen, das die Lehre nach Kneipp über die Kraft des Wassers zur Immunstärkung unterstützt.

Exklusiv für Mitglieder

Im Rahmen ihrer Mitgliedschaft erhalten unsere Mitglieder alle zwei Monate gratis das umfassende Kneipp Journal „aktiv & gesund“, das vom Verlag des Kneipp-Bundes herausgegeben wird. Es enthält viele Fachartikel rund um die Themen Kneipp-Medizin, Naturheilkunde und Prävention hat ist zu einem wertvollen Ratgeber geworden. Darüber hinaus erhalten Sie Vergünstigungen beim Einkauf von Gesundheitsprodukten im online-Shop des Kneipp-Verlags und bei unserem Kursprogramm.

Kommen Sie vorbei und überzeugen Sie sich selbst. Neue Mitglieder und engagierte Ehrenamtler sind jederzeit herzlich willkommen.

Manuela Hamann & Jana Hentzschel

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Kneipp-Verein Radebeul e.V.
Vereinshaus Dr.-Külz-Str. 4
01445 Radebeul
Telefon: 0351 41890799, nur Die 17-19 Uhr und Do 9-11 Uhr
E-Mail: radebeul@kneipp-sachsen.de
Internet: www.Kneippverein-Radebeul.de
Beiträge: Einzelperson/Familie 5/8,50 Euro pro Monat

Der Kneipp-Verein beim Vereinstag in Radebeul

Wanderung des Kneipp Verein Radebeul

7. Bauherrenpreiswanderung

In und um die Villenkolonie Altfriedstein

Bild: M. Mitzschke

Wie lange reicht der Vorrat an Bauherrenpreisträgern noch, um neue Wanderungen zusammenstellen? Es stellte sich die Frage, ob sich nach den vergangenen 6 Wanderungen noch genügend nicht besuchte Objekte, die untereinander in angenehmer Entfernung liegen, für eine 7. Auflage der Bauherrenpreiswanderung finden lassen. Wo waren wir schon alles;

2 x Niederlößnitz, 2 x Oberlößnitz, Zitzschewig mit Naundorf, Radebeul-Ost südlich der Meißner Straße.

Aber das Nachdenken hat sich gelohnt, das Gebiet zwischen Moritzburger Straße und Wackerbarth war noch nicht unser Ziel und auch dort gibt es eine Reihe Bauherrenpreisträger.

Als Startpunkt haben wir Münch´s Backstube auf der Moritzburger Straße 34, oder für versierte Altradebeuler, den ehemaligen Heiteren Blick gewählt. Der Verein für Denkmalpflege und neues Bauen Radebeul e.V. lädt alle Interessierten zur diesjährigen öffentlichen, nun 7. Bauherrenpreiswanderung

für Freitag den 28. Juni, 18 Uhr dorthin ein.

Wie gewohnt wird bei der Einladung zur Wanderung noch nicht so viel über das Programm verraten. Die Wegstrecke wird wieder nicht besonders weit sein und eine etwas anspruchsvollere Treppe brauchen nur die begehen, die sich das zutrauen. Anfangs- und Endpunkt liegen wieder weniger als einen Kilometer auseinander. Am Ende können die, die es möchten, danach in gemütlicher Runde bei Wein noch etwas zum Gedankenaustausch zusammenzusitzen bleiben. Letztes Jahr konnte der Verein bei dieser Gelegenheit sogar ein neues Mitglied gewinnen, mal sehen, was dieses Jahr bringt.

Auch diesmal möchte ich hier die Gelegenheit nutzen, einen kleinen Rückblick auf unsere letzte Bauherrenpreiswanderung am 30.06.2023 zu halten – zur Erinnerung und vielleicht möchten Nichtdabeigewesene diese einmal nachwandern. Es trafen sich ca. vierzig Interessierte am ehemaligen Armenhaus von Ober- und Niederlößnitz mit der Adresse An der Jägermühle 12.

Der Mut zu kommen wurde belohnt, denn der Wettergott räumte uns eine Regenpause ein, so dass die mitgebrachten Regenschirme nur bei einem kräftigen Schauer am Ende zum Einsatz kamen.

»Armenhaus«, An der Jägermühle
Bild: M. Mitzschke

Zur Geschichte des Armenhauses sei auf einen Artikel mit dem Titel „Der Oberlößnitzer Weinbergsverein“ im Dezemberheft 2011 von V&R verwiesen. Der Bauherr der Sanierung des Hauses Renno Dudek erhielt 1998 den Sonderpreis „kreativer Umgang mit alter Bausubstanz“. Es lohnte sich in Ruhe mal die Details zu betrachten. In hervorragender Art wurde das schlichte Wohngebäude unter Verwendung traditioneller Materialien wiederhergestellt. Gleichzeitig wurden Ergänzungen in betont zeitgemäßem Design (Stahl und Glas) vorgenommen, die aber das Gebäude als stimmiges Ganzes erscheinen lassen. Geplant wurde der Umbau von Code Unique Architekten Dresden.

Das nächste Ziel lag gleich um die Ecke, der damalige Neubau Weinbergstraße 1a/1b. Dieser erhielt den Bauherrenpreis 2002 in der Kategorie Neubau. Architektin und gleichzeitig mit der Familie ihres Bruders Bauherrin ist Gabriele Schirmer.

Zwei modere Einfamilienhäuser stehen in sich zur Kreuzung hin öffnenden rechten Winkel zueinander und bilden ein Ensemble. Syenitmauer und Kirschbaum sollen das Bindeglied zur Vorbebauung darstellen. Die Architektur ist konsequente Formensprache der 90er Jahre des 20.Jhds, sachlich, sparsam. Die Materialien sind zeitgemäß, die Solartechnik zeigt das ökologische Denken der Bauherren.

Hierzu gab es schon stärker voneinander abweichende Meinungen der Teilnehmer, ob so ein Bauwerk an diese Stelle in Radebeul passt. Und gerade das soll auch ein Sinn dieser Wanderung sein, die aktive Diskussion zur Baukultur in Radebeul. Im Idealfall hat diese dann auch einmal Auswirkung auf das, was in Radebeul gebaut wird. Die eigene Meinung baut sinnvoller Weise auf Kenntnis und Respekt vor Anderem auf. Auch hier soll die Wanderung ein kleiner Beitrag sein, der verfallenden Diskussionskultur entgegenzuwirken.

Nächster Bauherrenpreisträger am Wege war die Familie Aust mit ihrem Meinholdschen Turmhaus. Hier wurde 2007 der Bauherrenpreis für die von unserem leider sehr früh verstorbenen Vereinsmitglied Tilo Kempe geplante Sanierung vergeben.

Wir erhielten die Gelegenheit das Ensemble vom Hof aus zu erleben und einen Blick in den Gartensaal zu werfen. Frau Elisabeth Aust konnte dazu ganz authentisch zur Geschichte, den Überraschungen und dem Ergebnis der Sanierung dieses Raumes berichten. Schön, dass dies alles für die Öffentlichkeit erlebbar ist. Zwischenzeitlich ist das Weingut um ein neues Kellergebäude ergänzt worden. Interessant waren die Gespräche, ob dies an diese Stelle passt oder nicht. Und in den Gesprächen bekommt man eine Ahnung, wie viele Komponenten in die Entscheidung hineinspielen, ob und wie an welcher Stelle gebaut werden kann.

»Retzschgut«, Weinbergstraße
Bild: M. Mitzschke

Weiter ging es zum Retzschgut. Die Familien Seifert und Tichatschke erhielten 2009 den Publikumspreis zum Bauherrenpreis. Die architektonische Beratung erfolgte durch das Büro Baarß und Löschner Radebeul.

Mit seinem hohen Walmdach und dem turmartigen Vorbau beherrscht das im Kern ins 17. Jhd. reichende zweistöckige Gebäude den Straßenraum an diesem Teil der Weinbergstraße. Die Bauherren standen vor der Aufgabe, die stark angegriffene Bausubstanz durch Schaffung von Wohnraum zu erhalten. Dazu wurde der Vorbau erhöht und mit einem durchgehenden Fensterband versehen. Viele historische Details wurden erhalten, als sympathisches neues Detail zeigt sich an der Südwestecke des Turmes ein sandsteinerner Wasserspeier. Das Gebäude ist eng mit dem Maler Moritz August Retzsch (1779-1857) verbunden. Sein Zeichnungen aus der Oberlößnitzer Zeit geben gutes Zeitzeugnis für das Erscheinungsbild dieser Gegend in dieser Zeit. Das ist aber wieder eine andere Geschichte, der es lohnt mal nachzugehen.

Kritisch schauten wir auf den östlich des Gutes entstehenden Neubau und das halb abgerissene Preßhaus. Hier stellen sich die am Aust´schen Keller gestellten Fragen ebenso.

Aber war der Wille ein Wohngebäude in hochwertiger Lage zu errichten Begründung genug, dort bauen zu müssen. Gleichzeitig wird an diesem Beispiel klar, dass der Verwaltung, der so oft ein Vorwurf bei Genehmigung problematischen Objekten gemacht wird, rechtliche Grenzen gesetzt sind, Bauanträge abzulehnen. Das ist es halt mit der Demokratie, dass der freie Bürger auch viel eigene Verantwortung für sein Tun in der Gemeinschaft hat. Nicht alles, was rechtlich geht, ist damit kompatibel.

Wir liefen die Retzschgasse zur Bennostraße hinunter und besichtigten bei der Hausnummer 11 Haus Friedland als nächsten Bauherrenpreisträger. Dieses Objekt erhielt 2005 auch den Publikumspreis. Da eine Bewohnerin des Hauses die Wanderung begleitete, konnten wir auch in den Hof. Immer wieder wurde dieses Haus im Laufe seiner Geschichte verändert. Es war sogar einmal ein von Carlowitzsches Weingut mit einem Grundstück von 4,5 Hektar. Von hier wurde einstmals Schloß Kuckuckstein mit Wein versorgt. Viele interessante historische Details, die man z.T. auch auf Wikipedia findet, ranken sich um dieses Anwesen. Eine entscheidende Veränderung des Anwesens trat ein, als der südliche Grundstücksteil 1876 an die Baufirma Ziller verkauft wurde. Diese legte die Friedlandstraße an und bebaute die an dieser gelegenen Grundstücksparzellen.

Am anderen Ende der Friedlandstraße warfen wir einen Blick auf den vom Verein in Zusammenarbeit mit der Stadt 2010 aufgewerteten Platanenplatz mit seinem von Langner geschnitzten Winzer und Gärtnerin. Wer aufmerksam geschaut hat, konnte bemerken, dass dieser im Frühjahr durch die neu gesteckten Krokusse, ein farblicher Höhepunkt war. Schade ist nur, dass das historische Trafohaus der Gröba-Werke immer wieder von Sprayern verunziert wird. 2023 dauerte es nach dem Neuanstrich nur 2 Wochen bis wieder die ersten Schmierereien entstanden. Nichts gegen Grafittis, die das Stadtbild aufwerten, dazu gibt es in Radebeul gute Beispiele. Aber aus welchem Grund werden Grafittis mit zerstörerischer Wirkung angebracht? Wie könnte man an deren Verursacher den Gedanken herantragen, den besonderen Charakter unserer Stadt zu bewahren, im Gemeinsinn weiterzuentwickeln und Achtung vor dem Wirken anderer zu haben?

Eine schöne Außenanlage besichtigten wir im Wohnpark Augustusweg 25, 25a, 25b. Diese erhielt 2008 den Publikumspreis und wurde von unserem Vereinsmitglied Kerstin Dietze geplant. Hier versuchten wir zu ergründen, warum wir diese Anlage auf engem Raum „schön“ finden, passende Proportionen, Materialien, Aufenthaltsqualität, stimmige Bepflanzung, stets etwas Blühendes…

»Villa Walter«, Bennostraße
Bild: M. Mitzschke

Ein starker Regenschauer schickte uns auf den Weg zur letzten Station Villa Walter Bennostraße 23, deren Bauherren 2007 eine Anerkennung erhielten. Dieser Ziller-Bau mit typischen Gestaltungselementen der Mitte der zweiten Hälfte des 19. Jhd. empfing uns gastlich. Vom Grundstück aus konnte das Haus in Begleitung des Eigentümers umrundet und dazu der schön angelegte Garten bewundert werden. Unter dem Carport standen dann Bänke, Wein und Häppchen bereit, der Regen hatte sich verzogen und der Abend klang bei angenehmen Gesprächen aus.

Michael Mitzschke

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