Mai 1945.

Aus den Aufzeichnungen des Altbauern Max Klotzsche, Teil 2

80 Jahre nach Kriegsende druckt die ›Vorschau‹ Auszüge aus zeitgenössischen privaten Aufzeichnungen des Ortschronisten Max Klotzsche über seine Eindrücke aus jenen Maitagen in Radebeul. In der ersten Folge hatten wir den Autor verlassen, als er am Montag, dem 7. Mai 1945 auf dem Weg vom Bauernhof seines Sohnes in Altserkowitz zu seiner Wohnung auf der heutigen Heinrich-Zille-Straße Ohrenzeuge der Erschießung von Stadtrat Forner durch die SS geworden war …

Nachdem ich an der Criegernstraße [= Str. des Friedens] die Eisenbahn überschritten hatte und am Bahndamm entlang, durch die Richard-Wagner-Straße, die Meißner Landstraße weiter ging, eröffneten gegen 11.45 Uhr die bei Serkowitz befindlichen deutschen Batterien das Feuer, mutmaßlich in Richtung auf die Lößnitz. Die Abschüsse drangen grell an meine Ohren und erreichte ich auf der menschenleeren Straße gegen 12 Uhr meine Wohnung. Die Geschäftsläden in Kötzschenbroda waren am Montag früh gar nicht geöffnet worden. Im Laufe des Vormittages aber verkauften die einschlägigen Geschäfte die vorhandenen Spirituosen, um dieselben nicht in die Hände der Russen fallen zu lassen. Auch auf dem Rückzuge befindliche deutsche Soldaten waren in den Besitz von Schnaps gekommen und belästigte ein total betrunkener Infanterist an der Moritzburger Straße und Franz-Seldte-Straße [Heinrich-Zille-Str.] stundenlang die Passanten und Bewohner durch Redensarten und Bedrohen mit seinem Gewehr. Auch deutsche Männer sah man betrunken auf der Straße wanken.

Wie schon an den vorhergegangenen Tagen war auch am 7. Mai warmes, sonniges Frühlingswetter, die Natur atmete Ruhe und Frieden und stand im schroffen Gegensatz zur rohen Kriegsgewalt. Gegen 1 Uhr mittags bemerkten wir an verschiedenen Hausgrundstücken der Franz-Seldte-Straße weiße Fahnen, auch ich entschloss mich eine solche am Tor unseres Landhauses aufzupflanzen. Doch nach kürzerer Zeit kam der nationalsozialistische Blockwart und forderte die weißen Fahnen sofort einzuziehen. Ich kam dem nach. Gegen 4 Uhr schlugen feindliche Granaten in unserer nächsten Nähe ein, z. B. erhielt der Gasthof »Heiterer Blick« [Moritzburger Str. 31 (2005 abgerissen)] einen Volltreffer, im Grundstück Moritzburger Straße 5 schlug eine Granate in die rückwärtige Front und tötete zwei in der Küche befindliche Frauen. Mitten auf der Moritzburger Straße bohrte sich ein Blindgänger in das Straßenpflaster. Am Gradsteg und in Altkötzschenbroda schlugen an verschiedenen Ställen [!] Granaten ein und töteten am Gradsteg zwei Pferde.

Die deutschen Batterien auf dem Sportplatz [heute Weinbergstadion] hinter der Kaiserbrauerei [Meißner Str. 318/320] und am Wasserturm neben der Friedensburg sowie bei Serkowitz antworteten kräftig und schossen in Richtung Coswig und besonders auf den Kreyernwald. Wir Hausbewohner mit unseren in Dresden ausgebombten Untermietern hielten uns tagsüber in den Wohnungen, teils im Keller und im Garten auf. Herr S. und ich beobachteten zufällig den Volltreffer in das W.sche Grundstück in der Moritzburger Straße und sahen die Staubwolke von Mörtel und Steinen auffliegen und spürten den Luftdruck der explodierenden Granate. Um 4 Uhr vernahm man auch ab und zu Gewehr- und Maschinengewehrfeuer aus der Richtung Oberort – Lindenau. Gegen halb 7 Uhr begab ich mich auf der fast menschenleeren Straße nach dem Heiteren Blick, um zu versuchen, ob die dort befindliche Fernsprechzelle ein Gespräch mit meinem Sohn in Altserkowitz ermöglichte. Dies war natürlich nicht mehr der Fall.

Als ich aus der Fernsprechzelle trat, kamen zwei deutsche Infanteristen aus Richtung der Champagnerfabrik [Moritzburger Str. 44], der eine, durch Granatsplitter an Kopf und Händen schwer verwundet und das Gesicht vor Blut kaum erkennbar, stützte sich auf seinen leichter verwundeten Kameraden, und baten mich dieselben auf den Verbandsplatz zu bringen. Der Leichtverwundete übergab mir den Schwerverwundeten und verschwand in ein Hausgrundstück. Ein Verbandsplatz war mir nicht bekannt, und so entschloss ich mich, den Schwerverwundeten zunächst in meine Wohnung zu bringen. Dort angekommen stärkten wir den vor Erschöpfung und Blutverlust stöhnenden Kämpfer durch ein Glas Wein. Herr S. und ich kamen überein, den Schwerverwundeten nach dem als Lazarett eingerichteten Siechenhaus Bethesda [heute H.-Zille-Str. 13] zu bringen. Auf dem Wege dahin holte uns der Leichtverwundete ein und übernahm nun dieser den Weitertransport in das Lazarett.

Nach und nach verebbte das Geschützfeuer, nach kurzem Abendbrot begaben wir uns nach dem Keller, wir wussten, dass die Nacht uns wahrscheinlich die Russen ins Haus bringen würde. Doch waren wir alle gefasst und in unser Schicksal ergeben in dem Bewusstsein, dass nur der Allmächtige uns stützen und beschirmen könne. Wegen Platzmangels begab ich mich gegen 10 Uhr nach meiner im Obergeschoss gelegenen Wohnung und legte mich angekleidet aufs Sofa. […] Gegen Mitternacht erfolgte eine schwere Detonation, die unser Haus erzittern ließ. Am anderen Tage erfuhren wir, dass diese von der Sprengung der Elbbrücke bei Niederwartha herrührte. Die Sprengung dieser Brücke war ganz überflüssiger Weise von den SS-Pionieren, unter Mithilfe der an dieser Stelle eingesetzten Radebeuler Polizeimannschaften durchgeführt worden.

In der Schlaftrunkenheit hörte ich, im Zimmer auf dem Sofa liegend, fernes Rollen und Dröhnen, manchmal kurz unterbrochen, dann wieder stark zunehmend, ab und zu auch einen einzelnen Geschützdonner. Etwa 4.50 Uhr morgens setzte plötzlich starkes Geschützfeuer ein und veranlasste mich das Ruhelager zu verlassen. Ich ging auf die Straße und bemerkte auf der Moritzburgerstraße zahlreiche mit Pferden bespannte Militärfuhrwerke sowie Kraftradfahrer, von Lindenau kommend in eiligem Tempo, in Richtung Meißner Landstraße fahrend. Ich hielt diese für zurückgehende deutsche Truppen. Auf der Straße vor unserem Grundstück lag ein Sack gefüllt mit Bekleidungs- und Ausrüstungsstücken. Bei näherer Untersuchung ergab sich, dass diese Sachen einem Rittmeister L. aus Königsberg in Ostpreußen gehörten und wahrscheinlich von einem Kraftwagen heruntergefallen waren. Als ich diesen Sack in mein Grundstück bergen wollte, kamen plötzlich zwei Radfahrer, mit Maschinenpistolen bewaffnet, an mir vorüber und erkannte ich in denselben russische Soldaten. Hierdurch wurde mir und den noch im Keller befindlichen Hausbewohnern bewusst, dass im Laufe der Nacht, von etwa 12 Uhr bis 3 Uhr Kötzschenbroda von der russischen Militärmacht kampflos besetzt worden und das nächtliche Rollen und Dröhnen von den aus der Richtung Radeburg-Moritzburg, über Lindenau und den Lößnitzgrund vordringenden Panzerwagen, Geschützen und Fuhrpark herrührte.

Kurze Zeit später bemerkte ich, wie russische Soldaten in den Nachbargrundstücken die Einfriedungen und Tore überkletterten und in Wohnungen eindrangen. Auch meine Nachbarin Frau M. teilte mir kurz nach 6 Uhr mit, dass ihr Gatte seine Taschenuhr an eingedrungene Russen abgeben musste. Weiter bemerkte ich einen Russen, der auf einem Grundstück ein fast neues Fahrrad nahm und mit demselben davonfuhr, sein altes unbrauchbares ließ derselbe auf der Straße stehen und brachte ich dasselbe nach einigen Stunden in Gewahrsam. (Fortsetzung folgt.)

Elf Frauen, elf Pinsel, unzählige Blickwinkel – 20 Jahre LandArt

Ein erfülltes Leben braucht regelmäßige Zeiten der Besinnung, Entspannung und inneren Stärkung. Die Malerei bietet dabei eine gute Möglichkeit, Körper und Seele in Einklang zu bringen, den Alltag hinter sich zu lassen und Gefühle auszudrücken. Um Menschen einen kreativen Ausgleich zu ermöglichen, gründete die Radeburger Malerin Petra Schade im Jahr 2005 die Ateliergruppe „LandArt“. Wöchentlich treffen sich elf kunstbegeisterte Frauen, um zu malen, zu träumen, zu experimentieren, sich auszutauschen und Freude am schöpferischen Tun zu erleben. Unter Petra Schades inspirierender Leitung ist ein vielstimmiges farbenfrohes Miteinander entstanden.

Mal laut, mal leise, mal wild, mal still. Immer ehrlich, immer eigen, immer mit Herz.

Die entstandenen Werke erzählen, was Worte nicht auszudrücken vermögen. Neben diesem meditativen, etwas therapeutischen Ansatz kommt es den Frauen auch darauf an, verschiedene Techniken kennenzulernen und sich künstlerisch zu vervollkommnen. Der Spaß am gemeinsamen Tun, die Entdeckerfreude auf dem Weg zum ganz eigenen Bild stehen immer im Vordergrund. Die Malreisen auf die Insel Rügen, die Petra Schade ebenfalls seit 20 Jahren durchführt, sind legendär und gehören zu den schönsten künstlerischen Erlebnissen, die die Hobbymalerinnen- neben der Kursarbeit- in den vergangenen 20 Jahren erfahren haben.

Maren Dose

Eröffnung am 15.8., um 19 Uhr im Heimatmuseum Radeburg, Ausstellung bis 23. 9.2025

Es stellen aus: Nicola Berlin, Maren Jule Dose, Lydia Heyne, Marion Jahn, Jutta Krumbiegel, Martina Kruschel, Kathrin Leuschner, Brita Müller, Ute Roscher, Christiane Sachse, Heike Schilling

Radebeuler Miniaturen

Plansilvester dreiPunktnull

Sie beginnt immer früher, sagt er zu sich selbst, die Knallerei.

Gleich am Morgen war es losgegangen, was sag ich, am Abend vorher schon, erst nur vereinzelt, dann in schnellerer Folge, seit dem frühen Nachmittag ists wie ein Klangteppich, der über allem liegt, ein Grollen wie in einem fernen Krieg. (Das Wummern und Pfeifen erinnert ihn auf fatale Weise an eine besonders finstere und unerfreuliche Phase seiner Militärzeit, in der er an Übungen mit Attrappen taktischer Raketen zur Simulation von Atomschlägen teilnehmen mußte …)

Gegen elf in der Nacht wird das Gebelfer aber abebben, weiß er, da wird es fast ganz still werden, um dann zu Stundenschlag umso heftiger loszubrechen – na, ohne mich jedenfalls, sagt er sich. Ich nutze die Stunde zum Einschlafen und wenns losgeht schwelge ich längst in meinen eigenen Träumen…

Der Tag war vergangen wie jeder andere auch. Wie an jedem anderen Tag auch, hatte er sich ein Frühstück bereitet, es dann aber nicht gegessen, weils ihm zu spät dafür war. Stattdessen hat er sich ein frühes Mittag aufgewärmt, vorzüglich Makkaroni mit Jagdwurst und Käse, einfach aber primitiv, scherzt er mit sich selbst, jedoch immer wieder schmackhaft. Dann hat er ein Stündchen geschlafen, danach ein Stündchen Holz gehackt: Das macht ihn zufrieden. Danach wollte er, auch wie jeden Tag, sein Grübelstündchen einschieben, die Gedanken laufen lassen und nach Perlen suchen, selbst auf die Gefahr hin, daß die Horazschen Gebilde des Wahns das prächtige Weib in einem Fischschwanz enden lassen – es erfährt ja keiner. Aber selbst dafür wars zu laut draußen. Er konnte bei all dem Getöse grad noch an – na, an wen denn gleich – an Archimedes denken, der sich schützend vor die alten Leute stellte, als er sagte, Störe mir meine Kreise nicht …

Den weisen Mann hat danach nie wieder etwas gestört – mit ein paar Schwertstreichen hat der Soldat den Alten kurzerhand ausgelöscht, er hat damit zugleich das mathematische Problem beseitigt, über dem er gebrütet hatte. Generationen von Schulkindern hat er so vor noch größerem Ungemach bewahrt … letztlich wars das übliche Verfahren: Noch zwei Jahrtausende später mußte Wilhelm Busch feststellen, daß, … wer böse Streiche macht, gibt nicht auf den Lehrer acht …

Inzwischen ist der Moment herangereift, an dem er sich, wie jeden anderen Tag auch, ein Bierchen genehmigt. Manchmal geht er dazu in die Wirtschaft, bestellt sich gelegentlich sogar etwas Brot dazu, schön mit reichlich Knoblauchbutter (sonst muß ich das Bier ja trocken runterwürgen …). An Tagen wie diesen aber geht er nicht aus dem Haus.

Schon aber kündigt sich die erwartete Ruhephase an. Er will nur schnell noch die Kalender erneuern – da muß ich das morgen nicht machen – kann sie aber wiedermal nicht finden, na gut, dann eben doch morgen. –

Er schläft in einen sonnigen Morgen hinein. Ein vorsichtiger Blick aus dem Fenster zeigt eine erstaunlich saubere Straße. Verwundert tritt er vor die Türe. Im Vorbeigehen ruft er der Nachbarin einen frohen Neujahrsgruß zu. Die lacht nur – dazu isses noch bissel früh, ruft sie.

Wieso? noch mehr erstaunt bleibt er stehen – und das Feuerwerk gestern?

Ach, das war doch nurn Kindergeburtstag – Meiers Jüngster ist ausgerechnet drei geworden – und dann war ja auch noch Schuleinführung …

Thomas Gerlach, Jan 2025

Die Glosse

„… aber ich bleibe zuhaus.“

Das waren noch Zeiten, als in Kötzschenbroda alle Züge hielten und der Berliner Bully Buhlan den Ort in die Welt sang. Dabei hieß der Bahnhof damals längst Radebeul-West. Aber Bully kannte sich eben aus. Der Legende nach soll er ja eine Zeit in Kötzschenbroda gewohnt haben, nicht wie Udo, der viel später nur einen Platz unter der Brücke erhalten hat.

Jetzt freilich rauschen die meisten Züge glatt durch und es hält nur noch der „Regional-Express“. Wie hieß das so sinnig bei Bully Buhlan: „Der schöne Traum vom Reisen ist jetzt aus […] ich bleibe zuhaus.“.

Nun hat das sicher auch so richtig keinen Sinn, bei diesen Temperaturen die „Hütte“ überhaupt zu verlassen. Als gelernter DDR-Bürger kann ich mich immer noch mühelos ein halbes Jahr selber versorgen, und eine gute Wärmedämmung soll auch gegen die Hitze helfen. Aber das kennen wir noch von unseren „guten alten Freunden“. Eine Pelz-Schapka kann eben auch im Sommer nützlich sein.

Es ist schon eigenartig, man kann darauf Wetten, tritt eine besondere Situation ein, kommen gleich alle mit guten Ratschlägen um die Ecke. Es ist so ein richtiger Überbietungswettbewerb entstanden. Man gewinnt dabei häufig den Eindruck, dass die Redakteure glauben, die Nutzer ihrer Webseiten seien über die Einklassen-Dorfschule nicht hinausgekommen.

Gleich zu Beginn wartet die entsprechende Google-Seite mit acht kurzen Binsenweisheiten gegen die Hitze auf, die an Banalität kaum noch zu überbieten sind. Einer der sinnreichsten Hinweise ist: „Die Luft im Zimmer zu bewegen.“ Wenn ich halt keinen Ventilator habe, muss ich eben einige Runden um den Tisch rennen. Der NDR-Sender hat sich mit „Zehn Tipps gegen die Hitze“ schon sichtbar mehr Mühe gegeben, wobei man nicht so richtig feststellen kann, wer bei wem eigentlich abgeschrieben hat. Die „Techniker Krankenkasse“ schießt den Vogel gar mit 16 Hilfen gegen die heiße Luft ab. Da hängt freilich die AOK mit ihren 6 Tipps auf dem You-Tube-Kanal mächtig hinterher. Schlusslicht in der Reihe dieser schlauen Anbieter, die bei diesem „Rennen“ dabei sein wollen, ist wiedermal der MDR. Ihm sind schlappe fünf Ratschläge eingefallen.

Neue Erkenntnisse habe ich bei dieser Sichtung nicht gewonnen. Aber vielleicht bin ich hierfür einfach zu alt.

Erstaunlich auch, dass gewisse Kreise feststellen, dass gegen die so „plötzlich“ auftretende Hitze nicht genug Schutzmöglichkeiten vorhanden sind. Freilich kommen dafür nur bestimmte Bevölkerungsgruppen in Betracht, wie etwa Kinder oder Alte. Die 18- bis 67-Jährigen müssen sich schon selber kümmern, wie sie durch den Sommer kommen. Ob ihnen die tollen Ratschläge dabei helfen, sei mal dahingestellt. Hitzefrei kann es in Sachsen mit vielerlei Ausnahmen bestenfalls noch für Schüler der unteren Klassen geben. Die Lohnabhängigen dürfen ihre Arbeitsräume erst ab 35 Grad plus verlassen, gewissermaßen erst, wenn dir das Wasser im A… kocht. Das war früher auch mal anders.

In Italien geht z.B. aktuell die Siesta von 12:30 bis 16:00 Uhr. In Frankreich gibt es gar einen Hitzewellenplan und in der Bundesrepublik lauwarme Ratschläge. Mit gesetzlichen Regelungen sieht es hier eher mau aus. Die Unternehmen sollen für Abkühlung sorgen. Zumindest überlässt Sachsen wie auch einige andere Bundesländer, die Entscheidung darüber den Schulleitungen.

Wohin also in Radebeul, wenn die Hitze da ist? Keine Ahnung! Vielleicht ins Stammhaus der Landesbühnen. Das aber hat bereits Sommerpause. Schon 2022 hatte aber die Fraktion Bürgerforum/Grüne/SPD für Radebeul einen Hitzeaktionsplan gefordert, der abgeschmettert wurde, dabei leiden besonders Kinder unter den hohen Temperaturen. Ab 30 Grad Plus steigen nach einer Studie des DAK die behandlungsdedürftigen Hitzeschäden bei Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren um das 8-fache! Kein Handlungsbedarf? Spielplätze, wie der „Wüstenplatz“ am Karl-May-Hain sollten deshalb schleunigst umgestaltet werden, meint deshalb

Euer Motzi

Nachtrag zum Artikel „Betonwarenfabrik Plesch“ mit Foto im Heft 07/25

Dazu erhielt ich nach Erscheinen des Juliheftes drei voneinander unabhängige, mündliche Hinweise, die ich hier verkürzt wiedergeben möchte. Diese Infos runden das Bild der Firma Plesch ab. Ich danke allen Hinweisgebern herzlich.

1. Herr Jahr aus Serkowitz wies darauf hin, dass die Fa. Plesch um 1901 neben anderen Baufirmen Anteil an der 1. Kaditzer Kiesgrube hatte und einen Arbeiter dafür abstellen mußte. Die Quelle ist: „Typisch Kaditz – Geschichte u. Geschichten“, S. 277, 2002. So wird klar, woher die Fa. Plesch ihre Zuschlagstoffe bezog.

2. Am Anfang des 20. Jh. gab es noch eine Wohnadresse von Julius Heinrich (Guido) Plesch in Radebeul, nämlich in der Leipziger Str. 104, heutige Meißner Str. 62 als Mieter bei Herrn Wiedemann ( Adressbuch Radebeul). Des weiteren informierte mich Gerd Morzinek, dass „Guido“ kein Spitzname war, sondern eine damals übliche Bezeichnung für Chef, Leiter oder Führer eines Betriebes war.

3. Rolf Saupe, ein ehem. Kollege von mir aus dem Energiebau, stellte fest, dass die Firma Plesch im Adressbuch Radebeul 1931 nicht mehr erscheint und nimmt an, dass sie in der Firma Union Werke Radebeul von Rudolf Wolle (Beton, Eisenbeton, Tiefbau), Leipziger Straße 131, nahe der Stadtgrenze zu Dresden aufgegangen sei. Sicher ist diese Annahme aber nicht.

Dietrich Lohse

Projekt MitteOst im Radebeuler Kultur-Bahnhof

Foto: A. Menzel

Mittwochstreff der Junggebliebenen – Erinnerungen und Tipps gegen die Hitze

Volles Haus und lebendige Gespräche: die jüngste Senioren-Veranstaltung des Projektes Mitte Ost zeigte einmal mehr, wie wertvoll Austausch und Gemeinschaft im Alter sind.

Unter dem Motto „Sommer, Sonne, Hitzewelle“ tauschten sich Seniorinnen und Senioren bei Kaffee und Kuchen angeregt über den Umgang mit Hitze früher und heute aus. Wie hat man früher für Abkühlung gesorgt? Welche Tricks helfen heute? Die Gesprächsimpulse regten zu persönlichen Erinnerungen und praktischen Tipps an – mit viel Lachen und manchen Aha-Erlebnissen. Von Mutter’s kaltem Grießbrei bis zur selbstgemachten Johannisbeer-Schorle über Freibadbesuche und dem Abspritzen mit dem Gartenschlauch – viele Kindheitserinnerungen wurden lebendig. Besonders wichtig war der Hinweis, bei großer Hitze mit Nachbarn oder Angehörigen in Kontakt zu bleiben und einmal mehr nach dem Wohlbefinden zu fragen – das sorgte für angeregte Diskussionen und unterstrich den Wunsch nach mehr Miteinander in der Gesellschaft.

Kommen Sie doch auch mal vorbei!

Der Treff findet jeden letzten Mittwoch im Monat von 14.30 bis 16 Uhr im Kulturbahnhof Radebeul statt – mit wechselnden Themen, guter Gesellschaft und natürlich Kaffee und selbstgebackenem Kuchen. (27.8./29.10./26.11./17.12.)

Kosten: 5 Euro (inkl. 1 Tasse Kaffee & 1 Stück Kuchen)
Anmeldung:
Ines Franke, Familienzentrum Radebeul
0351 / 8397334
ines.franke@familienzentrum-radebeul.de

Mit dem Projekt MitteOst schafft das Familienzentrum im Radebeuler Kultur-Bahnhof ein Ort der Begegnung und des Miteinanders. Eingeladen sind alle, die die Gemeinschaft schätzen. Alle Veranstaltungen finden Sie unter http://www.familienzentrum-radebeul.de/zentrum/programm .

18. Thematischer Filmclubabend


Die Kino-Uraufführung des DEFA-Films „Vergeßt mir meine Traudel nicht“ erfolgte im November 1957. Der Regisseur Kurt Maetzig (1911 – 2012) gehörte zu den Mitbegründern der DEFA. Bekannt war er bereits durch Filme wie „Ehe im Schatten“ (1947), „Die Buntkarierten“ (1949) oder die Ernst-Thälmann-Filme (1954/55). Mehrfach arbeitete er mit dem Schriftsteller und Dramaturgen Kurt Barthel, Pseudonym KuBa (1914 – 1967) zusammen. Beide waren stark durch ihre Biografien geprägt, was nicht zuletzt auch in deren künstlerischem Schaffen zum Ausdruck kam.

Der Film „Vergeßt mir meine Traudel nicht“ spielt hauptsächlich im Berlin der Nachkriegszeit. Die Nazidiktatur sowie die Schrecken des zweiten Weltkrieges, hatten in den Menschen ihre Spuren hinterlassen. Die junge Generation war auf der Suche nach neuer Orientierung. Während sich die sogenannte „Hottentottenmusik“, die aus dem Westen herüberschwappte und bei den Jugendlichen großer Beliebtheit erfreute, löste sie bei den Funktionären Argwohn aus, sahen sie doch darin den Ausdruck westlicher Dekadenz mit einem hohen Gefährdungspotenzial. Die Maßnahmen zur Disziplinierung der Kulturschaffenden begannen sich Ende der 1950er Jahre zu verschärften. Der „Bitterfelder Weg“ sollte eine neue programmatische Entwicklung der sozialistischen Kulturpolitik einläuten.

Bemerkenswert ist die Zusammensetzung des Film-Ensembles. Die Hauptdarstellerin Eva-Maria Hagen (1934 – 2022) war in einer Landarbeiterfamilie aufgewachsen, hatte eine Maschinenschlosserlehre absolviert und konnte bereits aus Bühnenerfahrungen im Berliner Ensemble unter Brecht schöpfen. In ihrer ersten Filmrolle der Traudel Gerber ist sie noch mit dunklem Haar zu sehen. Die spätere Stilisierung zum „DDR-Sexsymbol“ greift zu kurz. Als Schauspielerin, Sängerin, Malerin und Autorin stellte sie bis ins hohe Alter ihre Vielseitigkeit unter Beweis. Ihr Filmpartner war Horst Kube (1920 – 1976), welcher den verliebten Volkspolizisten verkörperte. Der vierzehn Jahre ältere Schauspieler war allerdings keine ideale Besetzung. Trotz aller Spielfreude baute sich zwischen den beiden Hauptdarstellern keinerlei erotische Spannung auf. In der Paraderolle als Vermieterin Frau Palotta brilliert Erna Sellner (1905 – 1983). Die vielbeschäftigte Theater- und Filmschauspielerin hatte in so legendären Filmen wie „Große Freiheit Nr. 7“ (1944) und „Die Mörder sind unter uns“ (1946) mitgespielt. Ein kurze, aber sehr intensive Filmsequenz zeigt Manfred Krug (1937 – 2016) als Vollblut-Jazzsänger.

Besonders erwähnenswert ist auch die humorvolle Persiflage auf die bekannte Szene mit dem aufgewirbelten Kleid überm U-Bahn-Abluftschacht mit Marilyn Monroe im Film „Das verflixte 7. Jahr“ (1955). In der DEFA-Version bleibt die Erotik spätestens dann auf der Strecke, als Traudels Schuh-Absatz im Abluftgitter steckt. Auch die nahezu akrobatische Szene in einem Tanzlokal enthält Anspielungen auf das irrlichternde „Hin- und Hergeworfen sein“ junger Menschen, die ihren eigenen Weg erst finden müssen. Tragisches und Humorvolles sind eng miteinander verwoben. Spritzige Dialoge wechseln mit anrührend innigen Momenten. Der Film ist in seiner natürlichen Lebensbezogenheit alles andere als eine oberflächliche Komödie.

„Vergeßt mir meine Traudel nicht“

1957, DDR, DEFA-Spielfilm, 86 Minuten, s/w, FSK 6

Regie: Kurt Maetzig; Drehbuch: Kurt Barthel (Kuba), Kurt Maetzig;
Besetzung: Eva-Maria Hagen (Traudel Gerber), Horst Kube (Hannes Wunderlich), Günther Haack (Wolfgang Auer “Kiepe“), Erna Sellmer (Frau Palotta), Günther Simon (VP-Kommissar), Manfred Krug (Jazzsänger) sowie Sabine Thalbach, Agnes Kraus, Fred Delmare u. v. a.

Der Film beginnt mit dem Fluchtversuch von drei Jugendlichen aus einem Heim. Doch nur der 17-jährigen Waise Traudel gelingt es zu entwischen. Auf der Landstraße wird sie fast von einem Motorrad angefahren. Glücklicherweise gibt es weder Personen- noch Sachschaden. Der junge Mann, ein Lehrer, beginnt sich für das hübsche Mädchen zu interessieren, wird aber zunehmend misstrauisch, da sie sich sehr merkwürdig verhält und auch nicht ausweisen kann. Schließlich setzt er seine Fahrt in Richtung Berlin allein fort. Da er ihr aber seine Adresse aufgeschrieben hatte, steht sie kurz danach vor seiner Tür. Doch Wolfgang Auer, genannt „Kiepe“, ist nicht zu Hause. Stattdessen trifft sie seinen Freund an, den Polizisten Hannes Wunderlich. Dieser lässt sie in die Wohnung und die turbulente Geschichte nimmt ihren Lauf. Die zwei jungen Männer wohnen bei Frau Palotta zur Untermiete. Damenbesuch ist in dieser Konstellation nicht gern gesehen. Dass es sich bei Traudel Gerber angeblich um eine Cousine handeln soll, die den jungen Männern die Wirtschaft führt, ist wenig glaubhaft und sorgt für Klatsch und Tratsch, zumal die „Göre“ ständig Probleme verursacht. Ihr Benehmen lässt zu wünschen übrig und die Stimmungen wechseln ständig. Sie ist raffiniert, verlogen und dreist aber auch naiv, melancholisch und scheu. Traudel hat an ihre frühe Kindheit nur rudimentäre Erinnerungen. Ein Brief, den ihre Mutter im KZ Ravensbrück geschrieben hatte, und der mit dem Satz endet: „Vergeßt mir meine Traudel nicht“, trug die Sechsjährige bei sich als man sie am Hauptbahnhof in Dresden fand. Diesen kostbaren Schatz bewahrte sie seitdem in einem Brustbeutel auf. Sowohl Frau Palotta als auch Hannes haben den Brief mehr oder weniger zufällig gelesen, reagieren darauf aber sehr unterschiedlich. Während der bis dahin pflichtbewusste Hannes aus Liebe und Mitgefühl für Traudel einen Personalausweis fälscht, beginnt die misstrauische Frau Palotta Detektiv zu spielen. Dank ihrer Initiative gelingt es nun, das Rätsel um Traudels Herkunft zu lösen. Welche erstmals etwas über das tragische Schicksal ihrer Eltern erfährt und auch wann und wo sie geboren ist. Traudel erhält einen richtigen Personalausweis ausgehändigt. Der Polizist Hannes muss zwar eine Strafe verbüßen, bekommt jedoch seine Traudel, die er „ein Leben lang bewachen will“ und Wolfgang ahnt, dass ihm so ein Mädel wohl nicht wieder vors Vorderrad laufen wird.

Karin Baum und Michael Heuser
Sprecher der Cineastengruppe „Film Club Mobil“ im Radebeuler Kultur e. V.

Anmerkung: unter Verwendung von verschiedenen Filmbegleitmaterialien und Wikipedia-Eintragungen

Donnerstag am 14. August 2025, um 19 Uhr, in der Kunstscheune, Altnaundorf 6, 01445 Radebeul, Reservierungen ab sofort unter 0160-1038663

Radebeuler Couragepreis – Steinverlegung am 4. September

Es war Krieg, und wie immer, wollte niemand schuld daran sein.

Als das Donnern der Kanonen näher kam und auch in Dresden zu hören war, wurde die Kurfürstin unruhig. Das wieder bewog, wie die Legende erzählt, den Kurfürsten zum Einlenken. So war es möglich, daß schließlich nach zähen Verhandlungen am 27. August 1645 ein separater Waffenstillstand zwischen Sachsen und Schweden unterzeichnet werden konnte. Erst drei Jahre später endete mit dem Frieden von Münster und Osnabrück der Dreißigjährige Krieg.

In Kötzschenbroda wurde die Erinnerung an dieses Ereignis lebendig gehalten; und als 1935 nach dem Anschluß an Radebeul die Kirche einen Namen brauchte, fiel die Wahl auf Fiedenskirche. Freilich ging die Gemeinde damit sehr mutig auf Distanz zum rechten Mob, der dabei war, das Land in den Untergang zu führen.

Während der Zeit der DDR war es namentlich der Pfarrer Eberhard Gehrt, der den Gedanken bewegte, im Gedenken an 1645 müsse von Radebeul aus ein Friedenszeichen in die Welt gehen.

Der seit dem Jahr 2004 in der Regel zweijährig ausgelobte Couragepreis will Menschen und Initiativen ins Licht rücken, die unter schwierigen Bedingungen friedenstiftend wirken. Am 27.8.2024 wurden Jenny Rasche, Sibiu und der Coswiger Verein „Hilfe für Osteuropa“ ausgezeichnet (vgl. www. Couragepreis.de).

In diesem Jahr nun werden traditionsgemäß die Denksteine vor dem Rathaus verlegt. Um der Preisträgerin die Teilnahme zu ermöglichen, wird die feierliche Zeremonie am 4.9. um 16 Uhr stattfinden.

Wir laden herzlich dazu ein!

Thomas Gerlach

Geflüchtet ans Paradies

Die Geschichte des Hauses „Maria Rast“ auf der Jägerstraße – Teil 1

Wer sich als Senior oder körperlich Eingeschränkter in Radebeul auskennt wird es vermeiden, die Jägerhofstraße mit dem Rad zu befahren oder zu laufen. Das gilt in beide Richtungen. Entweder ist es zu anstrengend oder zu (gefährlich) einfach. Glücklich, wer es doch, wider aller Bequemlichkeit, von unten kommend zu Fuß geschafft hat und links in die Jägerstraße oberhalb des als „Paradies“ oder „Paradiesberg“ bekannten Hang einbiegen kann, wo das Ziel des Weges ist. Mit Ortskenntnis kann man sich also vorstellen, wie beschwerlich es für 18 Pflegebedürftige und ihre Begleiterinnen gewesen sein muss, als sie sich am 8. Juni 1945 vom Gasthaus „Weintraube“ an der Meißner Straße zuerst die Paradiesstraße und dann die erwähnte Jägerhofstraße bergwärts bewegten. Das Ziel war ein dreigeschossiger Ziegelbau (um 1900), der mit drei Türmchen versehen von einem ca. 1500 m² großen Garten umgeben war und bis heute die Anschrift Jägerstraße 3 hat. Wer sich nun, wiederum in Kenntnis der heutigen sehr veränderten Gegebenheiten, das bewusste Anwesen vor Augen führt, wird sich fragen: Wer waren diese Menschen, die vor 80 Jahren ein wenige Tage zuvor von den sowjetischen Besatzern geräumtes, also nahezu leeres und verschmutztes Haus in Besitz nahmen?

Jägerhofstraße und Paradies mit Haus Jägerstraße 3 auf Hangkante im Hintergrund um 1910 Repro: H. Borgmann

… und 2022 Repro J. Helfricht

Die allermeisten Leserinnen und Leser werden, wenigstens vom Namen her, das Krankenhaus St. Joseph-Stift in Dresden kennen. Bekannt dürfte ebenfalls sein, dass dieses Haus seit seiner Gründung 1895 und bis in die Gegenwart maßgeblich durch katholische Ordensfrauen geführt und geistlich geprägt wurde, die dem Orden „Schwestern von der Heiligen Elisabeth“ angehör(t)en. Diese auch als „Graue Schwestern“ (wegen der Farbe ihres Habits) bezeichneten Nonnen waren schon 1860 aus Schlesien nach Dresden gekommen, um die Pflege im Königlichen Krankenstift Dresden-Friedrichstadt zu übernehmen. Ab 1877 nahmen sie zusätzlich die Pflege im katholischen Armenhaus in Friedrichstadt auf, das nach seinem italienischen Stifter „Franceschi-Stift“ genannt wurde. Ab 1882 und bis zur Zerstörung im Februar 1945 widmeten sich die Schwestern überdies auch der Betreuung des sogenannten „Gesellenhaus“ des Kolping Gesellenvereins auf der Käufferstraße 2 in der Wilsdruffer Vorstadt (nach der Zerstörung im Februar 1945 wurde die Straße nicht wieder aufgebaut). Soweit die eine Vorgeschichte. Die andere beginnt mit Oberstabsarzt a.D. Dr. Richard Paul Waschke (geb. 1851 in Öls, Schlesien), der 1908 Haus und Grundstück Jägerstraße 3 erwarb. Mutmaßlich heiratete er erst nach seiner Pensionierung Theresia Elisabeth Steuer, die 1866 in Breslau geboren wurde und sehr wahrscheinlich aufgrund ihrer landsmannschaftlich-katholischen Prägung den Orden der Elisabeth-Schwestern von Kindesbeinen auf gekannt hatte und von ihrem neuen Wohnort gute Verbindung zu den Dresdner Einrichtungen hatte. Die späte Heirat mag die Kinderlosigkeit des Paares Waschke erklären und auch der Grund sein, warum Theresias 17 Jahre jüngere Halbschwester Katharina Baron mit im Haus lebte und von Dr. Waschke testamentarisch nach seiner Ehefrau als zweite Erbin eingesetzt war. Im Januar 1932, Dr. Waschke war bereits 81 und sah sein Ende kommen, setzte er, der Protestant, möglicherweise initiiert durch seine katholische Frau, die Grauen Schwestern in Dresden als Erben des Hauses und Grundstücks ein, wenn seine Familie dessen nicht mehr bedürfte. Bereits einen Monat später, im Februar, verstarb Richard Paul Waschke, im September 1937 dann seine Frau an Herzinfarkt, schließlich im Januar 1945 ihre Halbschwester an Krebs. Im Haus und Grundstück verblieb nun lediglich eine als Frau Augsten benannte Mutter von drei Kindern, der noch zu Lebzeiten von Fräulein Baron die Hausaufsicht oblag. Man darf sich das wohl so vorstellen, dass Frau Augsten den Haushalt besorgte und sich um das Grundstück kümmerte. Natürlich war das Mutterhaus des Ordens in Breslau von der testamentarischen Verfügung des Dr. Waschke in Kenntnis gesetzt worden und hatte auch vom Tod der letzten Familienangehörigen erfahren. Allerdings dauerte es kriegsbedingt vier Monate, bevor Ende April die Zusage zur Annahme des Testamentes nach Dresden durchgegeben wurde. Soweit die andere Vorgeschichte.

Szenenwechsel. Es ist Frühling 1945 und wir befinden uns in der Gaststätte „Weintraube“ an der Meißner Straße, am Standort der Landesbühnen Sachsen. Hier kümmern sich Ordensfrauen um Schwester Eustachia um 18 alte und kranke Patienten, die es aus Dresden in die Radebeuler Sicherheit verschlagen hatte. Sr. Eustachia hat von der Annahme des Erbes erfahren und nimmt das zum Anlass ihrem Orden vorzuschlagen, angesichts der zerstörten Infrastruktur in Dresden „den aus dem Franceschi-Stift vertriebenen und in Radebeul in der Gaststätte Weintraube in ärmlichster Lage weilenden (noch ca. 20) ‚Altchen‘ im Erbgrundstück in der Jägerstraße ein neues Heim zu bereiten“. Wie in den mir vorliegenden Quellen aufgeführt, richtet daraufhin der Caritas-Verband des Bistums Meißen im Auftrag des Ordens ein Gesuch an den Oberbürgermeister von Radebeul (Gustav Philipp und Günter Kalk, beide KPD, waren vom 7. Mai bis 5. Juni 1945 kommissarisch als Doppelspitze im Amt), in dem um eine Zuzugsgenehmigung für die in der „Weintraube“ Gestrandeten gebeten wird. Am 4. Juni 1945 wird dem Gesuch stattgegeben. Nach Einmarsch der Sowjetarmee am 7. Mai 1945 war das Haus auf der Jägerstraße allerdings durch die Besatzer in Beschlag genommen worden (Familie Augsten durfte wohnen bleiben), weshalb man auch deren Zustimmung braucht. Diese wird in russischer Sprache schriftlich erteilt, weshalb dem Einzug nichts im Wege steht – außer dem, wie zu Beginn erwähnt, sehr beschwerlichen Weg. Am 8. Juni, einem Freitag, soll der Umzug von der „Weintraube“ auf die Jägerstraße, ans obere Ende des Paradieses, erfolgen.

(Fortsetzung folgt)

Bertram Kazmirowski

Viel Neues im Kunsthaus

6. Kunst-geht-in-Gärten-Veranstaltung

Entstanden aus einer Katastrophe, ist „Kunst geht in Gärten“ mittlerweile eine beständige und beliebte Veranstaltung in Radebeul geworden, die zu Beginn des Sommers tausende Besucher aus der Stadt und der unmittelbaren und weiteren Umgebung anlockt. Obwohl am letzten Juni-Wochenende dieses Jahres brütende Hitze herrschte, konnten sich die Garten- und Grundstücksbesitzer über mangelnden Zustrom nicht beklagen.

Markus Kliesch mit einem Trompetensolo neben einem Gemälde von Anita Rempe Foto: Karin (Gerhardt) Baum

Letztes Jahr pausierend, haben wir mit dem Kunsthaus Kötzschenbroda an der sechsten Auflage dieses Zusammenspiel von Stadtgalerie (Veranstalter), Künstlern und Gärtenbesitzern teilgenommen. Von Anfang an dabei, vertrauten wir auf den bisher erworbenen kleinen Stamm an Künstlern und Besuchern. Enttäuscht wurden wir nicht, ganz im Gegenteil. Neue Künstler gesellten sich hinzu und auch die Gäste waren zahlreicher, darunter viele aus benachbarten Landkreisen und anderen Bundesländern.

Nun sind wir weit davon entfernt, hier über die Veranstaltung an sich zu berichten, waren wir doch hinlänglich mit dem eigene Garten und den bei uns ausstellenden neun Künstlern beschäftigt. Natürlich verspürten wir große Lust, einen Blick in den einen oder anderen neu dazugekommenen Garten zu werfen und uns mit den Besitzern und den Künstlern zu unterhalten. Freilich hätten wir auch nur für einen Tag unsere Pforte öffnen können, wie 18 Prozent der 28 Ausstellungsorte, und damit ausreichend Zeit für einen Rundgang gehabt. Allein das wollten wir weder den Künstlern, Besuchern noch uns zumuten. Ist doch der Aufwand für alle Mitwirkende enorm.

Bereits zu Beginn des Jahres hatten wir alle bei uns ausstellenden Künstler zu einer Abstimmung und Ortsbegehung eingeladen und als gemeinsames Motto für die Ausstellung „Schattenspender – Lückenbüßer“ bestimmt, anspielend darauf, dass in diesem Lande mitunter die Kunst als fünftes Rad am Wagen gesehen wird. Und so mag es nicht verwundern, wenn bei der diesjährigen Ausstellung im Garten und in Nebengelassen des Kunsthauses Werke zu sehen waren, die eindeutig zu bestimmten Entwicklungen in der Gesellschaft Stellung bezogen.

Der Dresdner Grafik-Designer Bernd Hanke gestaltete seine „Rollos“ an den vier Frontfenstern vom Erdgeschoss des Kunsthauses mit Motiven zum gegenwärtigen Kriegsgeschrei und dem Aufrüstungswahnsinn, in dem er von ihm gestaltete Plakate u. a. aus den 1980er Jahren einarbeitete.

Anita Rempe (r.) und Heidrun Rueda (l.) bei einer Interaktion mit den Besuchern des Kunsthauses Foto: Karin (Gerhardt) Baum

Moritz Wippermanns Metall-Druckbilder – ein modernes Druckverfahren auf mehrschichtigen Aluminiumplatten – zeigten scheinbar unspektakuläre Landschaften, in der sich abgelagerte Industriepaletten auftürmten.

Alle der neun teilnehmenden Künstler hatten sich etwas Besonderes einfallen lassen: Matthias Kistmacher präsentierte eine Versuchsreihe zu Farbe und Struktur, Gabriele Schindler zeigte mit „Schattenspiele“ einen Hofstaat (Papiercaché-Köpfe) samt Hofschranzen (Pappmaché-Masken). Christiane Latendorf zauberte erneut, mit Malerei, Grafik, Keramik sowie Jahreskalendern für 2026, in einer Garage einen ganzen „Kunstladen“ herbei. Mattias Kratschmer setzte unter dem Titel DIES.NOX.SOMNIUM.ARBOR (Tag-Nacht-Traum-Baum) auf der Südwiese einen Grafik-Baum und Nele Wippermann wartete überraschend mit abstrakten kleinformatigen Textilarbeiten in Teppich-Form auf.

Anita Rempe und Heidrun Rueda wiederum führten in einer Art Performance, Schätze der „Verborgenen Kunst“ vor. Schwarz bekleidet und weiß behandschuht zelebrierten sie Kostproben ihres künstlerischen Schaffens, die sich in zwei turmartigen Regalen zunächst den Blicken der Betrachter entzogen.

Christiane Latendorf, »Vogelkopf« (Keramik) auf einer alten Halterung für einen Feuerlöscher Foto: Karin (Gerhardt) Baum

Und so hatte jeder Künstler in unserem Garten „sein Refugium“ geschaffen, Und wem das noch nicht genug war, der konnte auch an einer der fünf dialogischen Führungen teilnehmen, die über Garten, Haus, Kunst und Künstler so manche interessante Information preisgab.

Jedes Jahr stellt sich natürlich auch für uns die Frage, wollen wir das überhaupt noch, schaffen wir den Aufwand, der sich damit verbindet und lohnt sich das alles für ganze zwei Tage? Unterm Strich, bei aller Anstrengung und Abwägung, sind wir zum Schluss gekommen: JA!

JA, weil sich eben mit dieser Aktion viel mehr verbindet, als nur dem Veranstalter dafür einen Garten zur Verfügung zu stellen. JA, weil dieser Veranstaltungstyp für uns die Möglichkeit bietet, selbstgestalterisch, in enger produktiver Kooperation mit den Künstlern, tätig zu werden. Und schließlich JA, weil da ein Publikum ist, das sich interessiert und aufgeschlossen zeigt, mit dem man ins Gespräch kommen kann. Der vielfältige Zuspruch gibt uns Kraft und regt für Weiteres an. Aber wir werden aus dieser Veranstaltung kein „Volksfest“ machen. Es geht uns um Kunst, um bildende Kunst in einer nicht alltäglichen Umgebung.

Und sollten die Sterne günstig stehen und die Kräfte reichen, sind wir auch im kommenden Jahr gern wieder mit dabei.

Karl Uwe Baum

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