Poesie am Weinberg

Foto: S. Graedtke

Stephan Krawczyk gastierte im Weingut Karl Friedrich Aust
Schon einige Jahre dürfen wir uns freuen, in »Vorschau & Rückblick« die jährliche Lyrikseite mit Musikern und Poeten zu ver-sehen. Meistens sind es Künstler, die sich bereits vor Jahrzehnten einen bedeutenden Ruf im Osten Deutschlands und darüber hinaus erworben haben. 2019 konnten wir den Schriftsteller Thomas Rosenlöcher zur Lesung im Festsaal in Hoflößnitz gewinnen.In diesem Jahr begleiten uns Texte vom Musiker und Schriftsteller Stephan Krawczyk. Es war eine große Freude, dass er unserem Ruf folgte, hier in Radebeul zu dem ein Konzert zu geben.
Der Konzerttermin am 2.8. im Weingut Karl Friedrich Aust am Fuße der Weinberge war schon lange geplant. Nach einer ausgedehnten Schönwetterlage regnete es kräftig ausgerechnet an diesem Tag vom Morgen an bis in den späten Nachmittag. Gegen 16 Uhr klarte es glücklicherweise nach und nach auf und zu Konzertbeginn tauchte sogar die Abendsonne die Bühne in ein herrliches Licht.
Der Veranstaltungsort war nicht zufällig gewählt. Zwischen dem Winzer und Autor dieser Zeilen besteht eine langjährige Freundschaft, insbesondere in der Frühzeit geprägt vom Hören und regen Austausch von Liedermachertexten.
Über 100 Zuhörer hatten sich als Gäste unterm Zeltdach des Gartens eingefunden. Eine überaus interessante Mischung von Leuten, die sich in der teils vermischten Liedermacherszene auszukennen schienen.
Der Konzertabend mit dem Titel »Durch die Tür ins Freie«, von Gitarre und Bandoneon begleitet, war überaus unterhaltsam. Neben alten und neuen Liedern, zitierte er nachdenkliche sowie gewitzte Texte aus seinen Büchern. Mancher fragte sich sicher, was aus dem Rebell von damals geworden ist? Immerhin hatte er in den späten DDR-Jahren Berufsverbot. Sicher ist er mit nun-mehr 69 Jahren ruhiger geworden, aber die Unangepasstheit schillerte hier und da schon durch. Seien es politische Tendenzen oder kritische Anmerkungen zur Corona-Zeit. Seine musikalischen Antworten waren aber nicht zynisch oder verbittert, sondern mit Heiterkeit und Humor versehen.
Nach mehreren Zugaben und einigen gewünschten Liedern aus der Vorwendezeit ging ein vergnüglicher Abend am Weinbergshang zu Ende.
Sascha Graedtke

 

Tag des offenen Denkmals am 8.9.2024

Pavillon, im noch unsanierten Zustand

Der Mohrenhauspark und sein Pavillon

„Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte“. Unter dieses Motto hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die deutschlandweite Aktion in diesem Jahr gestellt. Wir haben uns im Verein wieder Gedanken gemacht, welches Objekt in Frage käme. Im Mohrenhauspark sind wir wieder „hängengeblieben“!
Das seit alten Zeiten „Mohrenhaus“ genannte und mehrfach um- und angebaute „Märchenschloss“ in Radebeul, inmitten ehemaliger Weinberge ist mit seinem weitläufigen Park mit romantischer Ruine, dem Wintergarten und nicht zuletzt dem achteckigen Pavillon ein Kleinod in der Radebeuler Kulturlandschaft. Bereits 2022 konnten wir anlässlich des Tages des Offenen Denkmals die Spur hierher legen und haben mit ca. 100 Besuchern einiges Interesse wecken können.
Wir öffnen den Pavillon am 8.9.2024 von 10 -17 Uhr. Geboten werden unter anderem Führungen, die Möglichkeit, bei einem Glas Wein ins Gespräch zu kommen und über den Tag verteilt einige musikalische Leckerbissen, so vom Radebeuler Salon-Orchester, dem Hornquartett der Robert- Schumann-Philharmonie Chemnitz und einem Saxophon-Quartett der Musikschule Radebeul.
Unser Hauptaugenmerk gilt natürlich der Spendenaktion zur kompletten Sanierung und Rekonstruktion des Pavillons. Der Hinweis dazu befindet sich im gesonderten Flyer.
Aber auch die zukünftige Nutzung des Pavillons, der künstlichen Ruine und des angrenzenden Parkareals liegt uns am Herzen. Warum sollten dort nicht eines Tages kleine Konzertnachmittage oder Lesungen stattfinden und ein Glas Bussard Sekt gereicht werden?
Ein „Musikpavillon“ in der Tradition der „Musik-Salons“ des 19. Jahrhunderts vielleicht? Derartige Abendveranstaltungen haben wohl tatsächlich im Mohrenhaus stattgefunden!
Weitere Ideen dafür sind willkommen!
An dieser Stelle sei jetzt schon allen Beteiligten im Vorfeld und am Tag des Offenen Denkmals herzlich für ihr Wirken gedankt.

Robert Bialek

 

 

Zweimal zum 80.

Aufgang
Detlef Reinemer zum 80.

Lange bevor ein frühester Jacob den
Stein geschlagen und aufwärts gerichtet,
Lange bevor aus glühendem Ei der
Ewige Vogel sich wiedergeboren,
Und ehe noch östliche Schönheit von
Falschem Stier über Meere getragen
Steigt Taiyo licht hinterm Fuji aus
Ewigen Wassern und wirft alle Schatten nach
Westen

Zu Hause
Michael Hofmann zum 80.

Haus unterm Hang wo
Künftigen Freuden
Entgegen Wein reift in
Südlicher Sonne der
Im Glase das Licht
Aufbricht in
Die Farben des
Lebens –

Angekommensein heißt
Bleibenwollen

Thomas Gerlach

Gerüstbauer, Zeremonienmeister, Kunstpreisträger

Mit Helmut Raeder im Gespräch

Über Helmut Raeder, den langjährigen künstlerischen Leiter der Radebeuler Feste, einen Beitrag zu verfassen, ist kein leichtes Unterfangen. Wo fängt man an, was lässt man weg?
Wir sitzen im schattigen Innenhof von Altkötzchenbroda 21, dort, wo sich das Kulturamt, die Stadtgalerie, die Heimatstube, der Schmiede-Pub und auch das Festbüro befinden. Wir reden miteinander bei einem großen Glas Wasser, drei Stunden am Stück. Es ist das längste Zwiegespräch, seitdem wir uns kennen. Und das sind immerhin über drei Jahrzehnte. Hin und wieder bricht aus Helmut ein dröhnendes Lachen heraus.
Ich habe viele Fragen. Doch die Gedanken springen hin und her. Der Versuch, meine Liste abzuarbeiten, scheitert grandios. Ich hätte es wissen müssen. Episoden reihen sich aneinander… Dass Helmuts Weichen bereits mit 13 Monaten gestellt worden sein sollen, hat mich dann doch ein wenig verblüfft. Auf die obligatorische Frage, wie denn alles begonnen habe, kam die vergnügte Antwort: mit einem Rotkäppchenkostüm. Das ist fotografisch belegt! – Ein Junge im Mädchenkostüm!

Westernstadt »Little Tombstone« 2014

Im Camp der Virginia Volunteers 2014

Azteken am »Hohen Stein« 2007

Wo fängt man an, was lässt man weg? Helmut Raeder wurde 1956 in Dresden geboren. Hier in der Großstadt verbrachte er seine frühe Kinderzeit. Mit fünf Geschwistern wuchs er auf. Der Vater war Stellmacher, die Mutter zunächst Hausfrau, später dann berufstätig als Erzieherin. Die achtköpfige Familie zog mehrfach um: Zittau, Lauchhammer, Senftenberg. Obwohl Helmut seit über 30 Jahren wieder in Dresden lebt, fühlt er sich der Niederlausitz bis heute heimatlich verbunden. Er liebt die Mentalität der Menschen, die sanfte flache Landschaft und den Geruch der Kiefernwälder.
Im Kombinat „Schwarze Pumpe“ absolvierte er von 1972 bis 1974 eine Lehre als Gerüstbauer. Das Lehrlingswohnheim befand sich in einem Barackenlager und mittendrin das Kulturhaus, ein typischer Stalinbau, gleich daneben eine Art Bordell. „Ja, manchmal flogen die Fäuste. Der Ton war rau und direkt. Es wurde hart gearbeitet und man konnte sich aufeinander verlassen.“ Die Jahre beim Bau waren für Helmut prägend. Sein Bedürfnis, Kunst für alle erlebbar zu machen, bildete hier die kräftigen Wurzeln aus.
Erste kulturelle Ambitionen gab es bei Helmut schon während der Lehrzeit. Als das Jugendclubhaus Senftenberg Mitarbeiter suchte, nutzte er die Chance. Auch gehörte er 1977 zu den Mitbegründern des Jazzclubs Senftenberg.
Und so kam Helmut auf die Idee, ein Jazz-Konzert mit Orgel zu veranstalten. Der geeignete Ort war rasch gefunden. Die Wahl fiel auf die St. Georgskirche in Großkmelen mit ihrer Silbermannorgel. Der Pfarrer wurde schließlich überzeugt. Auch der Organist Hans-Günther Wauer und die Musiker Günter „Baby“ Sommer, Ernst-Ludwig Petrowsky und Konrad „Conny“ Bauer sagten zu – alles Größen auf dem Gebiet des Jazz und der Improvisationsmusik. Das Publikum kam geströmt, so an die 1000 Besucher müssen es wohl gewesen sein. Die Veranstaltung wurde als Gottesdienst deklariert. Der Ärger ließ nicht lange auf sich warten und der ambitionierte Kulturorganisator war seinen Job los.
Zwecks Reifung seiner Persönlichkeit wurde er 1980 zum Studium an die Fachschule für Klubhausleiter in Siebeneichen delegiert. Doch nicht alle Dozenten der sogenannten „Kultur-Kader-Schmiede“ waren eng im Kopf. So schulten sie auch den Blick der Studenten übern kulturellen Tellerrand hinaus. Das war die Zeit der Straßentheater und Liedermärkte. Der von Helmut konzipierte Meißner „Kinderjahrmarkt“, mit vielen spielerischen Mitmachangeboten, wurde als Abschlussarbeit seines Studiums anerkannt.
Sein erstes Internationales Straßentheaterfestival erlebte Helmut in Polen direkt vor Ort in Jelenia Góra. Besonders faszinierte ihn die französische Compagnie Jo Bithume. Dass diese Gruppe einmal seiner Einladung zum Wandertheaterfestival nach Altkötzschenbroda folgen würde, davon hätte er damals nicht zu träumen gewagt. Später dann, als es möglich wurde, fuhr er auch zu den wunderbaren Festivals in Frankreich, Spanien, Belgien…
Nach dem Studium erhielt Helmut fast folgerichtig eine Anstellung im Meißner Kulturamt, wo er für Feste und Festivals zuständig war. Das erste von ihm konzipierte Weinfest erstreckte sich von der Bosel bis nach Proschwitz. Danach folgte 1984 ein Weinfest in der Meißner Altstadt, in welches, wie es vollmundig hieß, das erste Straßentheaterfestival der DDR, integriert wurde.
Helmut erinnert sich, dass auf den Aushang in der Kunsthochschule „Kunststudenten bitte meldet Euch in Meißen für eine Straßenkunstaktion“ als einziger Künstler César Olhagaray reagierte, welcher bereits in Chile als Straßenkünstler aktiv gewesen ist. Schließlich holte er damals noch wenig bekannte Künstler wie den Puppenspieler Peter Waschinsky und den Fakir Achim Maatz, die Formation „Zinnober“ aus Berlin, die Dresdner Pantomimegruppe „Salto Vitale“ und das Leipziger „Theater aus dem Hut“ in die Kleinstadt Meißen. Bespielt wurden Gassen, Innenhöfe und Plätze. Es war beeindruckend. Und es kam wieder einmal, wie es kommen musste, Helmut hatte offensichtlich für einige Bedenkenträger den Bogen überspannt. Die Zuständigkeit für die Feste wurde ihm entzogen.
Glücklichen Umständen war es zu verdanken, dass Helmut im Dresdner Stadtkabinett für Kulturarbeit anfangen konnte. Der gesellschaftliche Umbruch stellte dann allerdings nicht nur seine Lebensplanung auf den Kopf.
Zum existenziell rettenden Anker wurde das von ihm im Jahr 1988 initiierte freie Wander- und Mitmachtheater „Zirkus Luft“, welches bereits im Programmflyer des ersten Radebeuler Herbst- und Weinfestes aufgeführt ist. Vor Zirkus Luft, so ergänzt Helmut, hatte es ja bereits die mobile Gruppe SPIELTOUR gegeben, die mit Künstlern verschiedenster Genres von Wohngebietsfest zu Wohngebietsfest zog. Aber wo fängt man an? Was lässt man weg?
Kulturelle Experimente wurden auch in Radebeul gestartet. Das Herbst- und Weinfest im morbiden Ambiente von Altkötzschenbroda war 1991 der ungewöhnliche Versuch, dem totgeglaubten Ort neues Leben einzuhauchen. Der überraschende Erfolg sprach für sich und sollte eine jährliche Fortsetzung finden. Zusätzliches Personal war hierfür zunächst nicht vorgesehen, denn alle machten in jener Zeit alles und das zusätzlich. Als nun der Radebeuler Schauspieler Herbert Graedtke zu Beginn des Jahres 1992 dem Kulturamt die frohe Kunde von einem geplanten Sternritt aller deutschen Karl-May-Bühnen aus Anlass des 150. Geburtstages von Karl May überbrachte und dass das Radebeuler Karl-May-Museum eine wichtige Zwischenstation sei, war Cornelia Bielig (bis 2021 im Radebeuler Kulturamt tätig) sofort begeistert und schlug vor, das Jubiläum mit einem großen Fest zu verbinden. Denn der Lößnitzgrund bot schließlich ganz im Sinne des Abenteuerschriftstellers alles, was dazu benötigt wird: Wasser, Wald, Wüste, Felsen und eine Eisenbahn.
Doch bevor der Lößnitzgrund zu Old Shatter-Land werden konnte, gab es allerlei Klärungsbedarf. Unter anderem schienen personelle Konsequenzen unausweichlich. Eine zusätzliche halbe Planstelle musste geschaffen werden und für Helmut Raeder ergab sich dadurch eine neue Perspektive. Mit sicherem Blick ordnete er das Gelände in verschiedene funktionale Bereiche, welche durch die teilnehmenden Akteure mit Leben gefüllt wurden. Die Mitveranstalter der ersten Stunde – das Karl-May-Museum, die Landesbühnen Sachsen und die Traditionsbahn – sind noch heute mit von der Partie. Auch der Indianistikverein „Old Manitou“ sowie Country-, Western- und Schützenvereine, bereichern seitdem das Programm. Aus dem Sternritt ging schließlich die große Sternreiterparade hervor. Zu den Indianern aus Sachsen gesellten sich später „echte“ Indianer aus Übersee. Die Karl-May-Festtage wurden zu einem Begriff. Und prominente Schirmherren ließen sich nicht lange bitten.

Akteure und Besucher in der Dresdner Scheune-Schaubudenstadt

Die Dramaturgie von Helmuts Kunst- und Kulturfesten ähnelt sich. Es gibt einen vielversprechenden Auftakt, mehrere Höhepunkte und einen großartigen Abschluss. Vor allem die Kinder werden in das Festgeschehen aktiv einbezogen. Wenngleich an zahlreichen Projekten parallel gearbeitet wird, ist Helmut immer darauf bedacht, dass trotz vielfältiger Synergien, die jeweilige Spezifik nicht verloren geht. Zwischen Kunst, Kommerz und Vergnügen gilt es die Balance zu halten. Neben den großen Stadtfesten war er in Radebeul als künstlerischer Leiter auch für den Weihnachtsmarkt und ab 2019 für die Kasperiade zuständig. Das Herbst- und Weinfest gewann durch Helmut zunehmend an künstlerischer Qualität. Mit der Einbindung des im Jahr 1996 von Helmut initiierten Internationalen Wandertheaterfestivals konnten die Besucher in Altkötzschenbroda Straßentheaterinszenierungen auf Weltklasseniveau erleben.
Dass Helmuts große Liebe dem Theater auf der Straße gilt, ist kein Geheimnis. Einen langgehegten Traum erfüllte er sich ab 1998 mit dem Scheune-Schaubudensommer. Allerdings war der Zuspruch zunächst recht überschaubar. Der erste Besucher war ein Hund, erzählt Helmut lachend. Doch schon bald hatte sich das Scheune Schaubudenfest einen Kultstatus erworben und stieß an seine Kapazitätsgrenze. Die Langzeitveranstaltung der Superlative dauerte 11 Tage und 11 Nächte. Dazu kamen 4 Wochen Aufbau und 10 Tage Abbau. Die Akteure und das Publikum waren wie im Rausch. Das kreative Epizentrum der Äußeren Neustadt inszenierte sich mit Helmut als Impresario jedes Jahr neu. Zirkuswagen, Container, Zelte und Bretterbuden bildeten neben- und übereinander ein eigenwilliges Konglomerat. Vor allem mit den gewagten Gerüstkonstruktionen war Helmut in seinem Element. Theatertruppen, Bildende Künstler, Pantomimen, Gaukler, Akrobaten, Musiker, Objekt- und Aktionskünstler aus aller Welt wirkten mit an diesem heiter-skurrilen Gesamtkunstwerk. Die von Helmut und allen Mitwirkenden geschaffene Atmosphäre war unbeschreiblich.

Inka Arlt mit ihrer interaktiven Inszenierung »Glückstück«, 2006

Als es hieß, der Scheunekomplex wird umgebaut, war das Aus für den Schaubudensommer vorprogrammiert. 2019 wurde der endgültige Schlusspunkt gesetzt. „Die Planung erfolgte ohne uns“, meinte Helmut desillusioniert. Doch er gab nicht auf. Das Schaubudenfest findet nun seit 2021 auf der Hauptstraße als „Internationales Sommerfestival für Straßenkünste“ in modifizierter Version eine Fortsetzung.
Die Situation einen Kunstpreis verliehen zu bekommen, war für Helmut etwas befremdlich. Eigentlich war er ja immer derjenige, der die Leistungen von anderen würdigte. Einen Satz aus der Laudatio seines langjährigen künstlerischen Partners Heiki Ikkola fand ich sehr bemerkenswert: „Ich gratuliere der Großen Kreisstadt Radebeul zu der Entscheidung, ihren Kunstpreis 2011 dem Künstler und Menschen Helmut Raeder zu verleihen“. Ja, Helmut lebt das, was er ist und ist das, was er lebt.

Radebeuler Herbst- und Weinfest mit Internationalem Wandertheaterfestival v.l.o.n.r.u.: auf dem Traktor der Bauer Klingner (Altkötzschenbroda) und auf dem Hänger die Fanfara Kalashnikov (Rumänien) bei der Eröffnungsparade 2010; Theater Jack & Joe mit »King of love« (Italien) 2013; Maskentheater Habbe & Meik mit »TIEMWÖRK« (Deutschland) 2008; Das Labyrint von Gigantikow geht zum Finale mit Musik in Flammen auf 2008 Fotos: Karin (Gerhard) Baum

Natürlich waren Familie, Freunde, Künstler und Kollegen zu diesem außergewöhnlichen Anlass erschienen. Doch über einen Gast hatte sich Helmut ganz besonders gefreut. Das war Dr. Dieter Schubert, welcher von 1991 bis 2005 in Radebeul die Funktion des Amtsleiters für Kultur und Bildung innehatte. Wie Helmut meinte, war das ein „menschlicher Glücksfall“. Von Anfang an setzte Dr. Schubert großes Vertrauen in seine Mitarbeiter und ohne dessen geschickte Vermittlung zu Politik und Verwaltung wäre wohl so manche kühne Idee auf der Strecke geblieben.
Wie man ein stabiles Gerüst baut, das hat Helmut von der Pike auf gelernt. Wie man Kunst und Kultur zelebriert, darin brachte er es zu höchster Meisterschaft. Was von einem Fest bleibt, das sind tausende Fotos und Filmsequenzen, was bleibt, das sind Programmhefte und Zeitungsberichte, was bleibt, das sind Gefühle und Erinnerungen. Wer die furiosen Feste der Lebensfreude und Fantasie miterlebt hat, der wird sie für immer in seinem Herzen tragen. Zu den jungen Menschen, die damit aufgewachsen sind, gehört der 37-jährige Björn Reinemer. Er wird nun als künstlerischer Leiter den Staffelstab von Helmut Raeder übernehmen, welcher ein letztes Mal auf nächtlicher Bühne die Abschlussgala mit der Verleihung des Wandertheaterpreises moderieren wird. Seinem Nachfolger und dem Team im Radebeuler Kulturamt sei für künftige Projekte auch weiterhin eine glückliche Hand und Mut zum kreativen Risiko gewünscht. Ohnehin muss der künstlerische Anspruch immer wieder neu verteidigt werden. Wenn auch Helmuts Ära in Radebeul endet, wird er der Kunstszene weiterhin erhalten bleiben.
Also mach`s gut, lieber Helmut, wir wissen ja, dass wir dich künftig am „Goldenen Hengst“ in Dresden, zum „Gassenzauber“ in Meißen oder auch im Pieschener „Eselsnest“ bei Elli, deiner Frau und kreativen Weggefährtin, finden können.

Karin (Gerhardt) Baum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

100 Jahre Museum Hoflößnitz, Teil 9

Die seit Mitte der 30er von der Radebeuler Stadtverwaltung verfolgten ehrgeizigen Pläne zur Entwicklung der Hoflößnitz kamen, wie wir im vorigen Teil sahen, durch den Kriegsausbruch 1939 ins Stocken. Nach Kriegsende konzentrierte die neue Verwaltung ihre Aktivitäten zunächst auf den Ausbau des Stadtweingutes »Schloß Hoflößnitz«, das nun in der Rechtsform eines städtischen Wirtschaftsbetriebs verfasst war. Noch 1945 wurde zusätzlich zur Weinproduktion eine Brennerei zur Verarbeitung der Trester und Hefen aufgebaut und der der Versorgung der Bevölkerung dienende Anbau von Kartoffeln, Roggen, Hafer, Kohl- und Zuckerrüben auf bisherigen Brachflächen ausgedehnt. Die Belegschaft wuchs auf zeitweise bis zu 70 Personen an, und der Gutsbetrieb beanspruchte sämtliche in der Hoflößnitz verfügbaren Räume einschließlich der bisher für Museumszwecke genutzten Erdgeschosszimmer im Lusthaus. Immerhin konnte das Obergeschoss ab 1946 sonntags wieder besichtigt werden, bevor am 1. April 1949 – die 600-Jahr-Feier der Ersterwähnung von Radebeul stand vor der Tür – der Regelbetrieb des Museums begann. Die folgenden Jahrzehnte standen im Zeichen der

Suche nach einem neuen Profil
Ein unerwartetes Hindernis trat noch vor Gründung der DDR auf, als das Stadtweingut im Gefolge der »Anordnung über die Bildung der Vereinigung volkseigener Guter« zum 1. Juli 1949 zwangsweise verstaatlicht wurde, wodurch die Stadt sämtliche Eigentumsrechte am Grundstück verlor. 1951 wurde ihr dann zunächst immerhin das Lusthaus samt Heimatmuseum zurückübertragen.
Der Wechsel der Unterstellung vom Verkehrs- zum Volksbildungsamt hatte eine konzeptionelle Neuausrichtung des Museums zur Folge. Die auf atmosphärische Wirkung zielende volks- und heimatkundliche Präsentation wurde nach und nach durch eine am offiziellen Geschichtsbild orientierte Dauerausstellung zur Ortsgeschichte ersetzt. Zudem waren seit 1952 mit gewisser Regelmäßigkeit Sonderausstellungen zu sehen, oft gestaltet durch Arbeitskreise der Ortsgruppe des Kulturbundes für die demokratische Erneuerung Deutschlands, deren verdienstvoller Leiter Hellmuth Rauner (1895–1975) die Museumsarbeit nach Kräften unterstützte. Das Veranstaltungsprogramm wurde um Vorträge, Lesungen und Kammermusikabende erweitert, und die Erinnerung an den Dichter Gerhart Hauptmann spielte in den 50er und 60er Jahren eine besondere Rolle.
Mit der Rückübertragung auch des Bergverwalterhauses (»Kavalierhaus«) in die Rechtsträgerschaft der Stadt schien 1954 der Zeitpunkt für eine den gewachsenen Ansprüchen an die »kulturpolitische Erziehungsstätte der Werktätigen und der Jugend« gerecht werdende Museumserweiterung gekommen zu sein. Obwohl Landeskonservator Dr. Bachmann, seit 1953 Vorsitzender des Museumsbeirates, wiederholt energisch darauf hinwies, dass eine solche dringend erforderlich wäre, zumal das Schloss aus Denkmalschutzgründen nicht für alle Arten von Ausstellungen geeignet sei, blieben die nötigen Mittel aus und der 1955 von der ständigen Kommission Volksbildung und kulturelle Massenarbeit gefasste Beschluss, aus dem Heimat- ein »Stadtmuseum« zu machen, Makulatur.

Blick in die Sonderausstellung zum 50. Jahrestag der russischen Oktoberrevolution in der Tafelstube der Hoflößnitz 1967, Quelle: Stadtarchiv Radebeul

Auf zunehmende Kritik an den wenig ansprechenden Präsentationen hin wurde der Museumsbeirat, dessen Arbeit nach Dr. Bachmanns Tod 1958 eingeschlafen war, im März 1962 wiederbelebt. Die vom Beirat vorgeschlagene konzeptionelle Neuausrichtung sah eine Konzentration auf den thematischen Schwerpunkt Weinbau vor, der im Ausstellungsprogramm fortan eine größere Rolle spielte. Dr. Rudolf Weinhold (1925–2003), Leiter des Instituts für Volkskunde in Dresden, entwarf als neues Beiratsmitglied sogar die Idee, in der Hoflößnitz das »zentrale Weinmuseum der DDR« einzurichten. 1967 entschied der Rat des Kreises: »Das Heimatmuseum Haus Hoflößnitz ist schrittweise im Zusammenwirken mit dem VEG (Z) Weinbau und weiteren Stellen der zentralen und örtlichen Ebenen zum Weinbaumuseum auszubauen.«
Von der zuständigen Abteilung Kultur beim Rat der Stadt wurde diese Weisung nur zögerlich mitgetragen und 1972 sogar wieder infrage gestellt, »zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit« sei das Profil eines thematisch vielfältigen »Geschichts- und Wirtschaftsmuseums« für das Radebeuler Territorium anzustreben. Erst im Laufe der 1977 begonnenen umfassenden Werterhaltungsarbeiten an der baulich lange vernachlässigten Anlage setzte sich das Konzept einer Profilierung zum »Weinbaumuseum des Elbtals« durch, die vom Rat der Stadt am 31. August 1983 beschlossen wurde. (Fortsetzung folgt.)
Frank Andert

 

Editorial 9-24

Mit dem nahenden Herbst nimmt die Radebeuler Festkultur wie in jedem Jahr wieder richtig Fahrt auf!
Stellvertretend seien hier genannt das formidable „Radebeuler Musikfestival“, Kammerkonzerte in Hoflößnitz oder die vielfältigen Bands im Rahmen der Veranstaltungen von „Weinberg Kultour“.
Höhepunkt wird schließlich am letzten Septemberwochende wieder das nunmehr 32. Herbst- und Weinfest sein, welches in bewährter Vermählung mit dem immerhin 27. Wandertheaterfestival unter dem diesjährigen Motto „Mimen, Masken, Musenküsse“ die Menschen verzaubern wird.
Der Monat August mit seiner Sommerglut ist mit kulturellen Veranstaltungen seit jeher etwas flauer, fast wie ein Innehalten vor dem herbstlichen Kultur-Rausch.
Doch nicht überall war es ruhig! Der Ortskern Altnaundorf feierte mit Frohsinn am 10. August sein 880-jähriges Bestehen. Und in der Tat ist es immer wieder erstaunlich, was der 1993 gegründete Dorf- und Schulverein dort immer wieder auf die Beine stellt. Seit 20 Jahren findet regelmäßig ein weit über die Grenzen von Radebeul bekanntes Dorffest statt und die überaus rege Dorfgemeinschaft kann auf eine Vielzahl von Aktivitäten verweisen. Insbesondere auf der westlichen Seite des Angers waren zahlreiche Höfe geöffnet und luden zum Schauen und Verweilen ein. Beispielhaft sei das vorbildlich sanierte Gebäudeensemble mit Kunstscheune in Altnaundorf 6 erwähnt, was immer wieder mit seiner Gastfreundlichkeit und Kunstausstellungen einlädt.
Respekt allen Beteiligten und Initiatoren! Einfach vorbildhaft – vielleicht auch für andere Stadtteile?

Sascha Graedtke

 

Albtraum vom Untergang

Ahoi, du rasselnde blinkende Wunderkammer! Deine SOS-Rufe verhallten ungehört. Die Lichter sind erloschen, das Rasseln ist verstummt. Wir stehen am sicheren Ufer und schauen der Mannschaft beim Ertrinken zu. Die (Kultur)Leichen sind diesmal echt. Aber was solls, wir sind ja nicht betroffen! Wir zücken unsere Taschentücher. Wir weinen große Tränen. Und zum Abschied singen wir den Refrain vom neuen Lößnitzlied.

Radebeuler, stimmt fröhlich ein:
Karl May und Wein… Karl May und Wein…
was kann schöner sein
Karl May und Wein… Karl May und Wein…
der Gasthof Serkowitz ist besenrein!

Nein, wir sind weder zynisch noch verbittert. Wir werden uns auch weiterhin in unserer Heimatstadt Radebeul für Kunst und Kultur engagieren und im kulturellen Monatsheft „Vorschau & Rückblick“ kritisch bis optimistisch kommentieren, auch wenn das nicht alle verstehen wollen.
Karin (Gerhardt) Baum

Zum Titelbild (August)

Selbstvergessen dem Leben hingegeben und dem Element, spielen die Elfen ihr Spiel mit dem Fluß. Jauchzend und prustend feiern sie den Sommertag: „Elbidyll mit Schwan“. Haben sie den Spanner bemerkt, den Faun mit der Maske, der unterm Schwanenhut seine Absicht mehr aufdeckt, als verbirgt?

Uralte Überlieferung spricht von „elf Quellen“, die der Elbe (böhmisch Labe, lateinisch albis fluvius) nicht nur ihre Wasser spenden, sondern auch den Namen gegeben haben sollen. Schon rein klanglich sind so die „elbischen Wesen“, die „Naturgeister“ von den Quellen bis zur Mündung überall dabei. An den Hängen des Riesengebirges ist also nicht nur der Rübezahl am Werke.

Mit Klemkeschem Augenzwinkern und voll hintergründigem Humor holt der Grafiker Michael Hofmann die Elfen als Badende in heimische Gefilde. Besser als mit dem die Weinberge majestätisch krönenden Minckwitzschen Weinberghaus läßt sich die Szene gar nicht in der Lößnitz verorten.

Es hat sich ja einiges getan mit dem Fluß in den letzten Jahren. Es gibt Fische, die sich in der Elbe wohlfühlen, und es soll Menschen geben, die sie gerne essen. Und auch des Baden ist hier nicht mehr gesundheitsgefährdend. Freilich sind wir vom „weißen Fluß“ (so eine mögliche Übertragung des lateinischen Namens) noch ein Stück entfernt. Die Freude jedoch ist zurück, und der Grafiker wendet seine Kunst darauf, sie gebührend zu feiern. Damit kommt er dem Sinn des Holzschnittes in Erinnerung an die „Bilderbögen“ einmal mehr entgegen.

Übrigens: Ein Mann mit Schwanenkappe aber ohne Badehose ist heute nicht mehr wirklich gefährlich…

Thomas Gerlach

Radebeuler Miniaturen

Kluge Tiere?

„Glühwürmchen lassen sich nicht fotografieren …“

Es ist gegen Mitternacht, als mich der Satz erreicht. Eine Freundin hat ihn mit flinker Hand der Tastatur anvertraut. Gleich sehe ich sie vor mir, die grünlich fluoreszierend schwirrenden Punkte, die in dunkler Nacht von Leben künden – so hat mich das Bild auf Umwegen doch erreicht.

Der Satz freilich erinnert mich an ein Erlebnis, das nun einige Jahre zurückliegt.

Mit einem der Enkel besuchen wir den Tierpark in E. Es soll dort ein Gehege geben, in dem sich die Besucher frei zwischen (relativ) frei lebenden Affen bewegen dürfen. Die Attraktion wollen wir uns nicht entgehen lassen. Auf dem Weg dort hin überlegte ich, wer wohl den größeren Spaß dabei hätte, die Tiere oder wir?

Das flache hölzerne Einlaßhäuschen mit seiner Torgasse erinnert durch seinen zentralen Turmaufbau fatal an ein Lagertor. Aber das fällt wohl nur mir auf. Schon von draußen jedenfalls mahnen uns große Schilder, unsere Bratwurst aufzuessen und alle bewegliche Habe vor dem Betreten der Anlage gut zu verstauen. Am Gittertor aber erwartet uns das enttäuschende Schild „heute geschlossen“.

Gemeinsam mit einigen anderen Besuchern versuchen wir, durch die Gitterstäbe hindurch einige der Insassen wenigstens aus der Ferne zu Gesicht zu bekommen. Aber sieh! Gleich hinterm Eingang sitzt einer auf einem Pfahl und mustert interessiert die Leute vor der Tür. Staunt er, daß sie nicht eintreten? Seine Blicke gleiten mit überlegener Neugier über uns hinweg, bis – ja, bis mein Nachbar die Kamera vors Auge hebt. Betont langsam dreht uns der andere den Rücken zu. Da sitzt er nun und blickt offenbar in das gleiche Grün wie wir, wo er seine Kameraden weiß, deren Anwesenheit wir bestenfalls ahnen können. Zwei, vielleicht drei Minuten hält mein Nachbar durch, dann läßt er die Kamera sinken und geht mit einem gebrabbelten, „dann eben nicht“ seiner Wege. Und siehe, kaum ist er weg, nimmt der Affe auf dem Pfahl seine bisherige Stellung wieder ein und tut, als wäre nichts gewesen. Wer freilich will kann den Schalk in seinen Augen blitzen sehen.

Affen brauchen keine Datenschutzverordnung, kluge Tiere lassen sich nicht fotografieren…

Thomas Gerlach

Glosse

Kräht der Hahn…

Das sind die Dinge, die den Menschen seit Gedenken umtreiben: wie wird morgen das Wetter? Er, von mir aus auch sie, tritt aus der Höhle, schaut nach dem Himmel – damals noch ohne höhere Gedanken – und will einfach nur wissen, ob es regnet und ob das Elefantenohr Marke Riesen-Taro mitgenommen werden muss oder nicht. Freilich kannten sie damals das technische Wunderding „Regenschirm“ und auch den weisen Spruch „Kräht der Hahn auf dem Mist…“ noch nicht, sonst hätten sie sich den Gang vor die Höhle gleich sparen können. Fairerweise muss aber zugestanden werden, dass der Hahn zu dieser Zeit noch nicht erfunden war!

Aber eigentlich ist das alles von niederer Bedeutung, denn seit tausenden von Jahren hat sich einfach nichts geändert. Zugegeben, statt dem Elefantenohr nehmen wir heute den vollautomatisch öffnen- und schließenden DAVEK SOLO UMBRELLA von davek New York für günstige 135,95 Euro mit. Nur an der nächsten deutschen Eiche sollten wir ihn nicht stehen lassen…

Wir laufen nicht mehr, fahren lieber mit dem eigenen Wagen und lassen uns dafür von unserem Physiotherapeuten des Vertrauens beibringen, wie wir den Fersensporn doch noch wieder wegbekommen können. Sonst aber hat sich wirklich nichts geändert. Wir hauen uns immer noch gegenseitig die Jutebeutel oder eben die Taschen Marke BALENCIAGA für schlappe 3.233,20 Euro von Monnier Paris voll. Man gönnt sich ja sonst nichts! Aber selbst in dieser Klasse werden die Dinge schon verramscht, denn das gute Stück hatte unlängst noch 17 Prozent mehr gekostet.

Wo man hinschaut herrscht Titanic-Stimmung, da will ich jetzt gar nicht erst in die große Politik einsteigen. Es reicht vollkommen, wenn ich mich in Radebeul einmal im Kreis drehe. Schon 1893 war bekannt, wenn man an der richtige Stelle angekommen ist, kann man das ganze Elbtal von Böhmen bis Meißen übersehen, vorausgesetzt, man schaut in alle Richtungen. Aber aktuell habe ich immer mehr den Eindruck, dass nicht wenige Zeitgenossen vor sich hinstarren und nur ihre Fußspitzen im Blick haben. Man sieht mehr, wenn man in die Ferne schaut. Wirklich!

Ob die Leute in der Lößnitzregion vor etwa 150 Jahren schlauer waren, kann ich wirklich nicht mit Sicherheit behaupten, zumindest wussten sie, was im Nachbardorf los war. Die Jugend aber war damals genauso beschäppert und unbelehrbar wie heute. Die Beispiele schenk mich mir. Und die Taschen hat man uns damals wie heute vollgehauen. Erst neulich sah ich ein Gemälde aus dem 18. Jahrhundert von der Loschwitzer Kirche in Dresden, die sich in den Wassern der Elbe spiegelte. Dabei ist der Bau über 500 Meter vom Ufer weg! Darüber habe ich lange nachgegrübelt.

Auch wenn man Sachse ist, muss man nicht gleich alles glauben, was in der Zeitung steht. Danach soll in Radebeul in Sachen Kultur ja alles paletti sein, nur mit dem Klo hätte es nach der Zeitung anfangs nicht so geklappt. Das habe sich aber auch erledigt. Warum nun daraus Nachteile erwachsen sind, steht für mich in den Sternen. Aber ich muss ja nicht alles verstehen. Entwicklung jedenfalls ist für die nächste Zeit nicht vorgesehen. Wir sollen froh sein, wenn wir behalten, was wir haben. Es ist zwar viel vom Geld und steigenden Ausgaben in dem SZ-Beitrag vom 3 Juli die Rede. Doch in der Hauptsache betrifft das die großen Dampfer. Was aber beim kleinen Verein ankommt, kann der Bürger selbst aus dem Haushalt der Stadt nicht herauslesen. Da kann einem im Festjahr schon das Jubilieren im Hals steckenbleiben, auch wenn die Kulturamtsleiterin liebend gern ein Lied für alle anstimmen würde. Mir klingt das mehr nach Flötentöne. Und wenn dann noch der geliebte Lößnitzdackel als „graue Maus“ durch die Landschaft zuckelt, ist auch dem letzten gutwilligen Radebeuler die Petersilie oder wohl eher der Lößnitzwein gehörig verhagelt, etwa so wie am 3. September 1884, als auf die Region Haselnuss große Hagelkörner niederging und die ganze Obst- und Weinernte versauten, meint

Euer Motzi.

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