100 Jahre Museum Hoflößnitz, Teil 5

Der Hoflößnitzverein, der im letzten Teil vorgestellt wurde, mag finanziell auf tönernen Füßen gestanden haben. Sein Verdienst, dieses Wahrzeichen der Lößnitz mit Spendenmitteln eben noch rechtzeitig vor dem Verfall gerettet zu haben, bleibt aber ein Ruhmesblatt der frühen sächsischen Denkmalpflege. Praktisch geschrieben wurde es unter der fachlichen Leitung des Architekten Emil Högg (1867–1954), der 1911 auf den Lehrstuhl für Raumkunst und Ingenieurbaukunst der Technischen Hochschule Dresden berufen worden und seit 1912 in Radebeul ansässig war. Als noch im selben Jahr am Lusthaus die Gerüste fielen, machte sich in der Lößnitz freilich Unmut breit – statt eines »Schlosses« stand da plötzlich, seiner äußeren Zierden beraubt, nur noch ein überdimensioniertes einfaches Winzerhaus… In einem lesenswerten Artikel für die ›Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz‹ (3. Bd., H. 2, S. 64–66) wurde diese Fehleinschätzung durch einen ungenannten Verfasser, sehr wahrscheinlich Högg selbst, unter Anführung stichhaltiger Argumente richtiggestellt. Aus Platzgründen sei hier nur eine Kurzzusammenfassung dieses Beitrages angeführt (erschienen in der Wochenschrift ›Kunstchronik‹, Leipzig, N. F., 24. Jg., Nr. 22, Sp. 299f.), der ursprünglich den Titel trug:

»Der Umbau des Hoflößnitz-Schlößchens«
Emil Högg, heißt es dort, habe die ihm gestellte Aufgabe der Erhaltung und Wiederherstellung des Bauwerks »in ausgezeichneter Weise im Sinne moderner Denk­malpflege gelöst. Er hat alle Zutaten, die angeblich zur Verschönerung des Schlößchens vor kaum einem Dutzend Jahren dem Bau angefügt worden waren, beseitigt und den alten Zustand wiederhergestellt. Eine solche unnütze und ganz stilwidrige Zutat war ein blechernes Türmchen, das viel zu schwer für den Dachstuhl war, daher die Sparren durchgedrückt und die ganze Dachfläche eingebogen, da­mit aber dem Regen dauernden Eintritt verschafft hatte. Eine zweite solche Zutat war der Putz, mit dem man das alte Fachwerk zugedeckt hatte. Eine dritte war die ganz sinnlose, häßliche Terrassenbrüstung nebst einer geschweiften Freitreppe, die man vor 13 Jahren an der Gartenseite angelegt hatte. Nachdem alle diese Verballhornungen und Fälschungen gefallen sind und das Schlößchen wieder in­stand gesetzt worden ist, hat das Gebäude ein ganz anderes, nämlich sein ursprüngliches Aussehen zurückge­wonnen: es ist wieder ein schmuckes, stattliches Wein­berghaus mit Fachwerk geworden, in der Weise, wie es im 17. Jahrhundert erbaut worden ist.«

Das Lusthaus der Hoflößnitz vor und nach der Sanierung 1912, Foto: Archiv Hoflößnitz

Der Beitrag endete mit einem in dieser Serie schon mehrfach erklungenen Wunsch: »Hoffentlich finden sich nun auch bald die Mittel, das reizende, alte Bauwerk zu einem Weinbergs-Museum auszugestalten.« Diese Hoffnung war damals jedoch gerade wieder auf die sprichwörtliche lange Bank gerückt, denn der Verein stand in Er­mangelung eines wirtschaftlichen Konzepts ein Jahr nach Gründung bereits vor der Insolvenz. Der Finanzbedarf war unter- und die Spendenbereitschaft deutlich überschätzt worden. Aus der Lößnitz gingen zwar einzelne Schenkungen von Museumsobjekten ein, aber keinerlei größere Geld­spenden, und im Bauverlauf auftretende Defizite konnten nur mit Darlehen der Oberlößnitzer Sparkasse überbrückt werden.
Dass diese gewährt wurden und das ganze Projekt nicht den Bach hinab ging, ist dem Oberlößnitzer Gemeindevorstand Bruno Hörning zu verdanken. 1913 übernahm dieser im Verein das Schatzmeisteramt, und als sowohl der neue Vereinsvorsitzende Dr. Artur Brabant wie auch sein Stellvertreter Oberst v. Kretschmar 1914 in den Krieg zogen, lastete alle Verantwortung auf ihm. Als die Gläubiger drängten, entschied Hörning sich dafür, der »Hinwurstelei« ein Ende zu setzen und das Konkursverfahren einzuleiten. Um zu retten, was zu retten war, legte er dem Gemeinderat von Oberlößnitz eine vertrauliche Denkschrift vor, die den Ankauf des Grundstücks empfahl und zwei Szenarien skizzierte: Man könnte die Immobilie maximal ausnutzen, das Grundstück parzellieren und verkaufen und das Schlösschen als »zufälliges Überbleibsel« behandeln. Er favorisiere aber die »ideale Seite«: Als Eigentümerin könnte die Gemeinde die Nebengebäude und Weinbergsflächen vermieten bzw. verpachten und im Schlösschen z. B. eine Konditorei mit Weinschank einrichten lassen. Das zusammengetragene Museumsgut ließe sich im alten Pressraum des Pressenhauses präsentieren, zu dem der Konditor den Schlüssel erhielte. Am 14. April 1915 beschloss der Gemeinderat, dieser Empfehlung folgend, den »Erwerb aus idealen Gesichtspunkten« für 105.000 Mark, was der Summe der Verbindlichkeiten des Hoflößnitzvereins entsprach, also weit unter dem inzwischen gestiegenen Wert, und verabschiedete in der gleichen Sitzung ein »Ortsgesetz zum Schutze und Erhaltung des Schloßgrundstückes ›Hoflößnitz‹ sowie dessen Umgebung gegen Verunstaltung«. (Fortsetzung folgt.)
Frank Andert

Editorial

Mit dem Wonnemonat Mai startet auch das vielfältige Radebeuler Kulturleben wieder mit vollem Programm durch!
Um den umfänglichen Angeboten annähernd gerecht zu werden, hat unser Verein wiederholt keine Kosten und Mühen geschont. das vorliegende Heft mit vier weiteren Seiten auszustatten.
An erster Stelle möchten wir diesmal Werbung in eigener Sache machen: im Rahmen unserer Lyrik-Serie, in diesem Jahr dankenswerterweise mit Gedichten von Stephan Krawczyk versehen. ist es uns gelungen, den bekannten Liedermacher für ein Konzert am 2.8. im Weingut Karl Friedrich Aust in Radebeul zu gewinnen. Nähere Informationen dafür ?nden Sie auf Seite 29 im Heft! Bitte sichern Sie sich rechtzeitig Karten, die Plätze sind aufgrund der intimen Örtlichkeit begrenzt! Zum 1.5. startet zudem die nunmehr traditionelle Radebeuler »WeinBergKulTour« 2024 mit einer musikalischen Wanderung von unterschiedlichsten künstlerischen Formaten durch zahlreiche Weingüter. Hier können Sie Literatur, Tanz, Puppenspiel und theatrale Elemente erleben.
Und schließlich sei als Großveranstaltung noch auf das nunmehr 31. Karl-May-Fest verwiesen. Vom 10.-12.5. bildet der Lößnitzgrund mit dem diesjährigen Motto »Karl Mays Traum« wieder den vertrauten Rahmen für Abenteuer und Begegnungen auf dem Friedenspfad, für die Weiten des Wilden Westens und fernen Orient.
Mit der langjährigen künstlerischen Leitung aller Radebeuler Feste. unter Leitung von Helmut Raeder, kündigt sich in diesem Jahr im Übergang zum Herbst zudem ein Paradigmenwechsel an.
Mehr dazu im Juni-Heft. Bleiben Sie gespannt!

Sascha Graedkte

 

Zum Titelbild


Holzschnitte von Michael Hofmann

Der 4. Monat im Jahreskreis wurde wegen seiner oft und rasch wechselnden Wettererscheinungen lange Zeit auch „Wandelmond“ genannt. Mit dem Blatt „Aprilstürme“ zeigt ihn der Künstler von seiner heftigen Seite: Der Regen kommt, wohin du auch gehst, immer von vorn, dem Sturm, der seine Kraft auf Böen konzentriert, ist kein Schirm wirklich gewachsen. Gleich darauf aber strahlt die Sonne voller Unschuld vom Himmel, allerdings nicht ohne höchstselbst dann und wann lächelnd ein paar „ohnmächtige Schauer körnigen Eises in Streifen über die grünende Flur“ zu streuen.
Einmal mehr beeindruckt Michael Hofmann durch die Einfachheit der Form: Dem Wirrwarr aus Wind und Wetter gibt er durch die strenge Ordnung sich überkreuzender Diagonalen einen festen Rahmen. Indem er die stürzenden und sich stemmenden Figuren und sogar den berstenden Regenschirm in diese Ordnung einfügt, lässt er die Starre lebendig werden.

Die Holzschnitttechnik lebt von äußerster Verknappung der Formen. Seit dem 16. Jh. durch Tiefdrucktechniken als Mittel der Buchillustration weitgehend abgelöst, blieben ihr zunächst lediglich die populären, Kuriositäten verbreitenden Bilderbögen. Auch Flugblätter und volkstümliche Gebetszettel wurden per Holzschnitt vervielfältigt. Ein letzter Höhepunkt der Dürerzeit wird in den Totentanzdarstellungen von Hans Holbein d.J. gesehen. Erst später entwickelte sich der Holzschnitt zu einer eigenen Kunstform, die schließlich im Farbholzschnitt ihre Krönung erfuhr, in dem es Michael Hofmann in den letzten fast fünfzig Jahren zu eigener Meisterschaft gebracht hat.

Thomas Gerlach

 

 

Die Redaktion lädt ein

Freitag, 12. April, ab 19 Uhr

Lesung „Radebeuler StadtGeschichte(n)“

Wir Menschen schauen gern zurück
Auf das was war und was gewesen.
Seit Jahren gibt es, welch ein Glück,
ein Heft dafür. Zum Selberlesen.

Auf „Vorschau“ wurde es getauft,
Ab vierundfünfzig rausgebracht,
für kleines Geld recht gern gekauft
und dreiundsechzig dichtgemacht.

Warum nur diese irre Posse?
Bestand für jemanden Gefahr?
Es gab wohl manche heikle Glosse,
wohl manchen spitzen Kommentar,

wohl manches flotte Dichterwort –
doch nie und nimmer, glaubt es nur,
ging es um Raub, Betrug und Mord!
Egal, es siegte die Zensur.

Doch nicht für immer! Nein! Es kam
Die „Wende“ und ein Neubeginn!
„Die Vorschau“ wurde ohne Scham
Mit „Rückblick“ jetzt zum Hauptgewinn.

Man durfte schreiben, wenn es drängte,
Man konnte sagen, wie es war.
Kein Niemand mehr die Themen lenkte –
„Oh Freiheit, du bist wunderbar!“

Kultur, Geschichte, Politik,
Vereine, Künstler und Natur,
Porträts und Glossen und Kritik –
Die „Vorschau“ war auf jeder Spur.

Aus Archiven, übers Bauen,
Berichte, Reden, Reflexionen,
Mit Liebe auf den Weinbau schauen,
Texte schreiben, die sich lohnen.

Die Texte, ach, wer kennt sie noch?
Wer liest aus Heften, die vergilben?
Wer holt „Die Vorschau“ wieder hoch
Und widmet sich den alten Silben?

WIR tun das, liebe Leserschaft,
Und laden ein mit uns zu hören,
wie alter Texte frische Kraft
Auch zur Gegenwart gehören!

Liebe Leserinnen und Leser, wir würden uns sehr freuen, wenn Sie zusammen mit uns am

Freitag, 12. April, ab 19 Uhr

in den Räumen des Familienzentrums in Altkötzschenbroda 20 auf Schatzsuche in alten Heften der „Vorschau“ und von „Vorschau & Rückblick“ gehen! Lassen Sie sich überraschen, was wir aus den Tiefen der Vergangenheit ans Licht der Gegenwart fördern werden…

Damit wir besser planen können, bitten wir um eine Anmeldung auf einem der beiden Wege:

Email: vorschau100@t-online.de
SMS: 0175 4622441

Bitte geben Sie jeweils Ihren Vor- und Zunamen an und ggf. die Anzahl weiterer Personen.
Vielen Dank!

Für die Redaktion
Bertram Kazmirowski

Radebeul liest …

Bücherkisten und allerhand Lesungen an ungewöhnlichen Orten

Die Radebeuler Gewerbetreibenden, Händler und Gastronomen gestalten den April zum bunten Frühlingsevent: Überall in Radebeul-Ost und in Radebeul-West / Kötzschenbroda laden Bücherkisten und Lesebänke zum Verweilen und Stöbern ein. Gern können Bücher auch ausgeliehen und mit nach Hause genommen werden.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe kleiner, feiner Lesungen sowohl für große als auch kleine Leute. Das Besondere daran: Die Lesungen finden an ungewöhnlichen Orten statt, quasi gleich um die Ecke. Fast an jedem Tag im April lädt ein anders Geschäft, eine Galerie, ein Studio oder eine Gaststätte zu sich ein. Hiesige Buchautoren, Schauspieler oder gar die Ladeninhaber selbst nehmen die Zuhörer mit auf kleine Lesereisen. Zu hören sind Radebeuler und Kötzschenbrodaer Geschichte(n), was gut in unser Jubiläumsjahr passt.

Den Auftakt macht am 3. April die Galerie Gisbert, wo aus einem Buch von Tine Schulze-Gerlach gelesen wird, welches – wie sollte es anders sein – in Radebeul spielt. Kinder können sich unter anderem auf „Felix, die kleine Wildsau“ und „Das wunderbare Wollparadies“ freuen. Das Publikum trifft mehrmals auf Karl May, erfährt Sinniges und Unsinniges zum Thema Gesundheit und erlebt, wie es am „Haltepunkt Kötzschenbroda“ zugeht… Am 28. April beschließt die Stadtgalerie die umfangreiche Lese-Runde mit Texten von Thomas Gerlach.

Das vollständige Programm:

– 3. April, 19 Uhr, Galerie Gisbert, Bahnhofstr. 19c
Jens Kuhbandner liest aus „Erinnerung an Maurice“ von Tine Schulze Gerlach

Eine Wohngegend in Radebeul, Ende der 1960er Jahre. Verschiedenste Leute sind dort zu Hause: Ärzte und Schwestern, Betonbauer und Chemielaborantinnen, Lehrausbilder, Schriftsteller und Maler… Ein Spiegel nicht nur jener Zeit.

– 5.April, 18 Uhr, Münch´s Backstube, Meißner Str. 250
Jürgen Stegmann liest „Geschichten aus dem Weinberg“ von Reiner Roßberg
, Winzermeister aus Radebeul

– 9. April, 17 Uhr, Brillenoutlett, Hauptstr. 12
Jürgen Stegmann liest „Wie brate ich eine Maus oder die Lebenskerben des kleinen Roaul Habenichts“

– 10. April, 16.30 Uhr, Lesung für Kinder, Kinderhaus, Altkötzschenbroda 53a Annette Richter liest aus ihrem Buch „Felix, die kleine Wildsau“ Felix ist ein richtiges Wildschwein und lebt nicht im Wald oder im Wildgehege, sondern bei Familie Mückenbein, in einem Dorf, im Haus am Ende einer Huckelstraße. Ein Leben voller Abenteuer, bis etwas passiert…

– 12. April, 15 Uhr, Vika Lädchen, Meißner Str. 81
Lustige Kindergeschichten gelesen von Gabriele Namiß

– 12. April, 19 Uhr, Familienzentrum, Altkötzschenbroda 20
Radebeuler StadtGeschichte(n)
Die Redaktion des kulturellen Monatsheftes „Vorschau & Rückblick“ präsentiert eine Auswahl „bemerkenswürdiger“ Texte aus fünf Jahrzehnten

– 16. April, 18 Uhr, Thalia, Hauptstr. 17
Eine junge Dresdner Autorin/Poetry Slammerin liest aus ihren Büchern

– 17. April, 17 Uhr, Formel Gesundheit, Sidonienstr. 4a
So kommt man in die Jahre…
Älterwerden mit Wilhelm Busch

– 17. April, 19 Uhr, Notschriften-Verlagsladen, Bahnhofstr. 19a
Jens Kuhbandner liest aus seiner Erzählung „Tandaradei“
Meißen 1211: Der Minnesänger Walther von der Vogelweide ist Dienstmann beim Markgrafen. Auf einem Botengang lernt er die Schäferin Anna, eine junge Witwe aus Kötzschenbroda, kennen. Inspiration für eines seiner berühmtesten Lieder…

– 19. April, 19 Uhr, Sonnenhof, Altkötzschenbroda 26
Mandy Hähnel liest als Klara May aus den Werken von Karl May
und verrät dabei so manches Geheimnis. Sie lässt ihn als Helden, Ehemann und vielleicht ein wenig göttlich erscheinen. Mit Witz und Charme erzählt sie von ihren Reisen und erwähnt so manche Episode mit einem Augenzwinkern zwischen Wahrheit und Phantasie.

– 19. April, 19 Uhr, Miss Sporty, Meißner Str. 79
Schon aufgeklärt? Bewusster Leben, bewusster essen

Sinniges und Unsinniges rund um das Thema Gesundheit

– 20. April, 10 Uhr, Osteopathie K. Eulitz, Gartenstr. 13
Finde ein bisschen Glück für jeden Tag

Anregendes zum Nachmachen

– 22. April, 19 Uhr, Reformhaus Schreckenbach, Hauptstr. 13
„Mama, wo warst du?“ gelesen von der Autorin Gitte Herzog

18 Jahre im Kinderheim – ganz anders als erwartet erzählt Gitte Herzog, wie positiv sie aus dieser Zeit hervorging.

– 24. April, 17 Uhr, Fotoatelier Meissner, Meißner Str. 108
Laubengeschichten von Thomas Gerlach gelesen von Jürgen Stegmann
Die kleinen Häuschen prägen das Stadtbild von Radebeul und sind hier und da in unterschiedlichem Zustand anzutreffen. Sie erzählen auf ihre Art interessante Geschichten aus der Lößnitz.

– 24. April, 18 Uhr, SZ-Treffpunkt, Bahnhofstr. 18
Anja Hellfritzsch liest aus ihrem Roman „Haltepunkt Kötzschenbroda“
Die Ruhe in Kötzschenbroda, Ende des 19. Jahrhunderts, täuscht. Eine verschlafene Dorfgemeinschaft im Spannungsfeld der Moderne: Es gibt Aufstieg und Niedergang. Über allem schwebt die verhängnisvolle Liebesgeschichte des Gemeindevorstandes.

– 25.April, 19 Uhr, Restaurant Brummtopf, Eduard-Bilz-Str. 6
„Nach einem Schlag ist nichts mehr wie es war“ von und mit Heike Herzog
Ein Schlaganfall hat der Autorin einen langen Kampf gegen körperliche Leiden und abgrundtiefe Ängste abverlangt. Wie sie ihn gewinnt, erzählt sie in ihrem Buch.

– 26.April, 18 Uhr, Wolldepot, Hauptstr. 23
„Das wunderbare Wollparadies“ von Manuela Inusa
Susann verbringt ihre Zeit am liebsten in ihrem kleinen Wolle-Laden, und mit ihren Freunden erlebt sie so manches Abenteuer. Für große und kleine Woll-Depot-Fans.

– 26.April, 19 Uhr, Restaurant Brummtopf, Eduard-Bilz-Str. 6
Old Shatterhand und der Fluch des Erfolges, Live-Hörspiel mit dem Theater Heiterer Blick nach Karl Mays „Freuden und Leiden eines Vielgelesenen“
Karl May beschreibt einen angeblich ganz normalen Wochentag in der „Villa Shatterhand“. Wie in seinen Erzählungen vermengen sich dabei Dichtung und Wahrheit. Ein Tag des Jahres 1896 als heiteres Hörspiel.

– 28. April, 15 Uhr, Stadtgalerie, Altkötzschenbroda 21
Jürgen Stegmann liest Texte des Radebeuler Schriftstellers Thomas Gerlach,
Kunstpreisträger der Stadt Radebeul. – Gute Gelegenheit, sich die Ausstellung „Voll das Leben“, Fotografien von Harald Hauswald, in der Stadtgalerie anzuschauen.

Eine vorherige Anmeldung sichert die besten Plätze
lesen@radebeul-gemeinsam.de
Spontane Gäste sind ebenfalls immer willkommen.

Glosse?

Ab geht die Post!

Rathäuser, Schulbauten, Bahnhöfe und Postämter zählten einst zu den herausragenden, stadtbildprägenden Gebäuden eigentlich nahezu jeder halbwegs größeren Stadt. An deren Architektur konnte man sich erfreuen, wenngleich sie auch Ehrfurcht einflößte. Heute ist nicht nur die Bundespost bemüht, die meisten ihrer einstigen Postgebäude zu verscherbeln, und in vielen Fällen sind sie eh schon zu Schandflecken verkommen, als dass sie zur Zierde der Stadt gehören würden. Dabei habe ich mich noch nicht einmal zum eigentlichen Zweck solcher Einrichtungen geäußert und schon gar nicht zu deren Bediensteten.

Der Postbeamte beispielsweise galt einst als Respektsperson! Das machte schon seine „Tracht“ deutlich. Unser „starker August“ hatte das beizeiten erkannt und die Bediensteten der ersten „sächsischen Hofpost“ 1563 in Uniformen gesteckt. Beizeiten hatte also der Staat die Finger in diesem Geschäft. In Sachsen schon gegen Ende des 17. Jahrhunderts! Bei dem gegenwärtigen Zustand des Postwesens fragt man sich allerdings verwirrt, ob unsere Vorfahren allesamt schlauer waren, als die heutigen Herrscher?

In Radebeul-Ost gucken die Bewohner was die Post anbelangt nun erst mal in die Röhre – also nicht in die Rohrpost, wie etwa der Kanzler. Der ist zumindest so schlau, sich nicht auf die Post zu verlassen. Dabei hatten die Radebeul-Ostler so ein schönes Postgebäude! Stilisierte Deutscher Renaissance-Stil! Vermutlich beherbergt es deshalb seit 2007 das Standesamt der Stadt mit dem hübschen Hochzeitsgarten. Bei der Rekonstruktion des historischen Gebäudes ist man allerdings großzügig zu Werke gegangen. Wer kein Alt-Radebeuler ist, kommt nicht auf die Idee, dass sich hinter dessen Mauern einstmals die Post befand. Auch der Namenszug an der Fassade ist bei der „Ertüchtigung“ des Gebäudes geopfert worden.

Die Geschichte der Postgebäude zeichnet überhaupt eine tragische Entwicklung auf. Einst stolze Repräsentanten einer aufstrebenden „Zunft“, fristen sie heute bestenfalls ein trauriges Dasein in zweckfremder Bestimmung.

Aber vielleicht sollte man aus der Geschichte der Post lernen und wie einst zu Beginn der Neuzeit Poststationen wieder in Gasthöfen einrichten. Hierfür gibt es ja in Radebeul durchaus gute Beispiele. Die „Schwarze Seele“ in Altkötzschenbroda oder der Serkowitzer Gasthofn habe einschlägige Erfahrungen damit. Sie könnten doch ihre alte Tradition wieder aufnehmen. Und wenn dann auch noch auf den „reitenden Postboten“ zurückgegriffen wird, kommen die Liebesbriefe oder Mahnschreiben vom Internethändler direkt bis ins Haus und müssen nicht aus irgendeiner Metallkiste am Wegesrand abgeholt werden. Man hätte darüber hinaus noch eine nette Begegnung mit einem menschlichen Wesen, wenn an der Gartenpforte der Postreiter schellt.

Einst transportierte die Post ja nicht nur Briefe, sondern auch Menschen. Ob die aber mit Briefmarken beklebt werden mussten, ist nicht überliefert. Postgebühren waren spätestens zu Beginn des 16. Jahrhunderts üblich. Dieses Thema will ich jetzt nicht auch noch aufgreifen, sonst schwillt vermutlich den Lesern der Kamm. Heutzutage kann man ja schon von einem Halb-Jahres-Rhythmus bei der Erhöhung der Gebühren ausgehen. Da werde ich mir wohl in Kürze einige Brieftauben zulegen müssen. Die sind auf alle Fälle billiger und vor allem nachhaltiger, denn die Briefmarke kann ich ja nur einmal verwenden.

Auch wenn im Radebeuler Osten die Mini-Post abgängig ist, so kann man dem einerseits unschönen Vorgang doch auch eine gute Seite abgewinnen. Zu mindestens zeitweilig lernten die Ostler so auch mal Radebeul-West kennen und erfahren, dass hier auch nicht alles Gold, ist was in der Bahnhofstraße glänzt. Mittlerweile, so hört man, hat der Postdienst im Konsum auf der Meißner Straße Unterschlupf gefunden. Da muss sicherlich erst ausprobiert werden, wie sich die Briefe und Pakete mit der fetten Mettwurst vertragen, meint

Euer Motzi

Türoberlicht-Leuchten in Radebeul

Na, geht Ihnen, lieber Leser, liebe Leserin, schon ein Licht auf, wohin uns die Überschrift führt? Wenn nicht, dann bitte dranbleiben!

Körnerweg 5

Diesem Detail, es klingt in der Überschrift wie ein Exot der Architektur, in Radebeul nachzugehen, war für mich mit Entdeckerfreuden verbunden, ein interessantes Detail mit praktischem Nutzen. Nach Stand meiner Recherchen kann ich z.Z. an sechs Standorten derartige Leuchten nachweisen. Ist es ein Radebeuler Phänomen – ich glaube nicht, kann aber gerade kein Beispiel aus Dresden, Meißen, Görlitz oder Freiberg benennen. Sie sind in der Regel an größere, bzw. repräsentativere Gebäude gebunden, z.B. Schulen, öffentliche Bauten oder große Villen. Die gefundenen Oberlichtleuchten entstanden im Zeitraum zwischen 1910 und 1930, eine Zeitspanne mit rascher Folge von Baustilen und Bauepochen: Jugendstil, deutscher Werkbund, Reformbaukunst, Heimatstil und Bauhaus, hauptsächlich aber Reformbaukunst und Heimatstil. Da es sich um repräsentative Bauten handelt, lassen sich die zugehörigen Architekten leichter ermitteln als bei unbedeutenderen Bauten. Es sind das hier: Prof. Emil Högg, Felix Sommer (Büronachfolger von Adolf Neumann), Otto Rometsch, und die Gebr. Kießling. Denkbar auch bei Arbeiten von Max Steinmetz (Nachfolger im Büro Gebr. Ziller), Oskar Menzel sowie Schilling & Gräbner, die aber keine solchen Leuchten in Radebeul hinterlassen haben.

Altkötzschenbroda 40

Marienstr. 12a

Altkötzschenbroda 40Das bewusst gestaltete Detail einer Oberlicht-Leuchte hatte seine Wurzeln sicherlich in historischen Laternen oder Lampions – als Leuchtmittel dienten dann u.a. Wachskerzen. In einer größeren Glasfläche, dem Oberlicht einer ein- oder zweiflügligen Eingangstür, sitzt, besser gesagt schwebt, ein gläserner Kubus, der sich nach außen und innen wölbt und so den Raum für eine elektrische Lampe ergibt. Die Rippen dieses Kubus stehen in einem mehr oder weniger spannungsreichen Verhältnis zu den Sprossen des Oberlichtes. Die

Meißner Str. 64

Ledenweg 2

Straße des Friedens 58

Gesamtgestaltung ist besser, wenn es im Bereich von Oberlicht und Leuchte nicht zu eng zugeht, also anders als beim Beispiel Meißner Str. 64. Die elektrische Zuleitung sollte geschickt plaziert sein, um die Gesamtgestaltung nicht zu stören. Für einen Wechsel des Leuchtmittels ist es erforderlich, dass ein Teil des Kubus abnehmbar ist. Oft wurde die Beleuchtung einer repräsentativen Eingangstür mit einer oder zwei seitlichen, im Mauerwerk verankerten Leuchten organisiert, das dürfte auch heute noch üblich sein. Die hier beschriebenen Oberlichtleuchten können den Eingangsbereich einer Villa ebenfalls ausreichend belichten haben aber den Vorteil, dass Licht nach außen und innen abgestrahlt wird. Ein Dresdner Denkmal-Kollege hätte, vor so einer Leuchte stehend, sicherlich gesagt: das sieht aber putzig aus, typisch Radebeul! Betrachten wir nun die betreffenden Radebeuler Häuser in zeitlich geordneter Folge, da steht an erster Stelle die Villa von Emil Högg, Marienstr 12a, der 1910 von Bremen kommend an die TH Dresden berufen wurde. Der neue Wohnsitz von Högg in Radebeul stellt sich als ausklingender Jugendstil dar. Er verwendete da über der einflügligen, hohen Eingangstür eine solche Oberlichtleuchte. Im Ledenweg 2 finden wir die stattliche, 1915/ 16 erbaute Fabrikantenvilla von J. W. Hofmann. Man wundert sich, dass eine solche Bauleistung mitten im 1. Weltkrieg möglich war. Sie wurde von Architekt Felix Sommer entworfen, der Hauptzugang befindet sich hier auf der Westseite. Das zweiflüglige Portal ist so aufwändig gestaltet, dass man die besagte Leuchte erst auf den zweiten Blick wahrnimmt. Die Berufsschule auf der Straße des Friedens 58, für Radebeuler Verhältnisse ein monumentaler Bau, wurde 1921 vom Entwurfsbüro der Gebr. Kießling bearbeitet. In der gestalterischen Betonung der Eingangssituation über 3 Etagen finden wir über der zweiflügligen Tür auch eine solche Oberlichtleuchte. Der Gestalter von zwei Wohnhäusern am Grundhof war Otto Rometsch. 1924/ 25 wurde ihm mit dem Bau des Verwaltungssitzes der Gröbawerke (regionale Elektroversorgung) im Körnerweg 5 ein Großauftrag angetragen. In der Mittelachse über der Eingangstür des symmetrischen Neubaus wurde ebenfalls als Lichtquelle und Blickfang eine Oberlichtleuchte eingefügt. Hier bestehen die Teile des Oberlichtes aus gemustertem Glas. Nach einem Brand im Jahr 1934 wurde der Dachreiterturm nicht wieder aufgebaut. Die Gebr. Kießling hatten dann beim Bau des Gemeindehauses der Friedenskirche, Altkötzschenbroda 40, noch mal eine Gelegenheit, eine Oberlichtleuchte über dem Eingang einzubauen. Interessant ist hier der Saal im OG (zugleich Winterkirche) mit einer gewölbten Holzdecke nach Zollinger Art. Etwas abweichend von den vorgenannten Beispielen ist es bei einer weiteren Oberlichtleuchte beim Zugang zur Gaststätte „Zu den Linden“, Meißner Str. 64. Über einer einflügligen Tür hat das Oberlicht einen Leuchtkasten mit einer Figur – die Gestaltung wirkt hier aber eng und gedrückt. Diese Eingangstür zur Gaststätte dürfte von einer Umgestaltung von um 1930 stammen, genauere Daten liegen nicht vor.

Außer der Gaststätte sind alle o.g. Gebäude Kulturdenkmale. Somit erscheint der weitere Erhalt dieser Art von Leuchten in Radebeul nicht gefährdet. Damit hat der Verfasser wieder ein schillerndes Nischenthema gefunden – zum „Welt retten“ taugt es leider nicht!

Dietrich Lohse

Fotos: D. Lohse

Rückblick auf ein ungewöhnliches Projekt

Langzeitworkshop „Mein Haus – Meine Stadt“ in der Stadtgalerie Radebeul

Wie in „Vorschau & Rückblick“ angekündigt, wurden am 6. März die Ergebnisse der Langzeitworkshops „Mein Haus – Meine Stadt“ in der Stadtgalerie Radebeul präsentiert. Der Start erfolgte am 6. Februar. Über einen längeren Zeitraum arbeiteten mehrere bildende Künstler mit Kindern und Jugendlichen an der Thematik mit unterschiedlichen Materialien und Techniken. Zur Abschlusspräsentation mit zahlreichen Gästen, unter ihnen die Teilnehmer der Werkstatt und deren Angehörigen, sprach Roswitha Maul über die Entwicklung der Idee und besonders über die vielen, dabei entstandenen fruchtbringenden Kooperationen. Nachfolgend ein Auszug aus der Laudatio:

„Seit 8 Jahren mache ich das Ganztagsangebot Keramik in der Oberschule Radebeul-Mitte und nun ist es das erste Mal, dass ein Projekt, was ganz klein, in unserer Keramikwerkstatt im Keller der Schule begonnen hat, in einer so großen Ausstellung gezeigt wird. Wir hatten angefangen, die Häuser, in denen wir leben, aus dem Gedächtnis nachzubauen. So fing alles an. Manche konnten sich schwer zwischen den zwei verschiedenen Häusern, bei Mama oder Papa entscheiden. Manche haben vielleicht auch ein Traumhaus gebaut. Es entwickelte sich schnell die Idee, dass wir mit den Werken mal was anderes machen wollten, als es nur mit nach Hause zu nehmen.
Parallel entwickelte sich auch in der Stadtgalerie Radebeul bei den MitarbeiterInnen Alexander Lange und Magdalena Piper, der Wunsch vom herkömmlichen Ausstellungskalender mal auszuscheren und etwas Neues auszuprobieren. … aus den gewohnten Strukturen auszubrechen und sich auf neue Kooperationen einzulassen. …Vom erfolgreichen Ergebnis können Sie sich überzeugen … Große Kohlezeichnungen in denen 3 bis 5 Namen draufstehen, in denen Stadtansichten entwickelt wurden, wo Gebetshäuser verschiedener Religionen nebeneinanderstehen, wo der Wunsch nach grünen Spielplätzen neben Pferdeställen, touristischen Ausflugzielen von Radebeul neben Graffittikunst und Pfefferkuchenhäusern steht und freundlich leuchtende Fenster eine Einladung ausstrahlen.
Die Zusammenschau von städtischen Impressionen, die wir in Radebeul heute finden oder wir vielleicht in Zukunft finden werden, zeigen uns die Arbeiten, die in den Ferienworkshops entstanden sind. Ich danke Magdalena Piper für die Organisation und Suche nach Kooperationspartnern, Kommunikation mit Schulen und Schulhorten und den Künstlerkolleginnen Maja Nagel, Maria Haberjahn und Mechthild Mansel für die Durchführung der Workshops. Rasant wurde hier in den Räumen in den Ferien gearbeitet. Magdalena Piper und ich konnten gar nicht alles hängen, was entstanden ist. So Viele Ideen, habt Ihr, liebe TeilnehmerInnen umgesetzt.“(sic!)

Die Bildhauerin Roswitha Maul gehörte zu jener Künstlergruppe, die bis zur Kündigung der Räume durch den neuen Besitzer in der „Alten Molkerei“ auf der Fabrikstraße in Radebeul-West ihr Domizil gefunden hatte. Obwohl sie jetzt in Dresden lebt, ist die Verbindung zu Radebeul nicht abgerissen. Bereits vor einigen Jahren hatte sie sich an den themenorientierten Gemeinschaftsausstellungen der Stadtgalerie Radebeul beteiligt. Gegenwärtig leitet sie im Rahmen der Ganztagsangebote einen Keramikkurs an der Oberschule Radebeul-Mitte.

Roswitha Maul

Repros: K. (Gerhardt) Baum

Schreibwerkstatt:

Hey Freund

Ich wollte dir noch was sagen
Ich.. Ich danke dir
Ich danke dir für alles, was du getan hast
Dafür, dass du mich ins Licht geführt hast
Dafür, dass du mir geholfen hast, wenn ich dich brauchte
Und für mich da warst, als ich dich am nötigsten hatte
Dafür, dass du bei all den beschissenen Sachen dabei warst, denn ohne dich wäre die Zeit vielleicht nie vorbeigegangen
Ich danke dir dafür, dass du mich liebst
Dafür, dass du meine Fehler ruhen lässt und mich nicht an sie erinnerst
Ich danke dir dafür, dass du ein Freund bist
Mein Freund
Du bist das Wort, das nur fünf Menschen in meinem Leben für mich sind
Früher hatte das Wort weniger Bedeutung
Aber nachdem ich dich kennengelernt habe, hatte ich nur noch fünf Freunde
Denn wenn mich jemand fragt, was ein Freund für mich ist,
Dann bist du der Inbegriff
Eine Person, die bedingungslose Liebe und Unterstützung gibt
Der ich alles anvertrauen kann
Und bei der ich weiß, dass sie mich nie absichtlich verletzen würde
Und wenn das nicht meine Voraussetzungen für eine Freundschaft wären,
Dann hätte ich zwanzig Freunde mehr
Aber ich habe die zwanzig Freunde nicht nötig
Denn ich habe dich, und das ist alles, was ich an einer Freundschaft brauche
Ich danke dir
Ich danke dir, dass du für mich mein Inbegriff für Freundschaft bist
Und ich diesen Luxus habe, dich meinen Freund nennen zu dürfen
Danke

Antonia Ubbelohde – Klasse 9
Lößnitzgymnasium Radebeul

Radebeuler Thaut-Motive einst und jetzt, Teil II

Radierungen von Johannes Thaut und Fotografien von Friedhelm Kratz

Als ich im Juni 1984 die Leitung der Kleinen Galerie in Radebeul-Ost auf der Ernst-Thälmann-Straße 20 (heute Hauptstraße) übernahm, war Johannes Thaut der erste Künstler, mit dem ich eine Personalausstellung realisieren durfte. Die Besucher gaben sich die Klinke in die Hand, denn der Radebeuler Maler und Grafiker war nicht nur für Sammler ein Begriff, deren Erwerbungen wohlverwahrt in Grafik-Schränken ihr Dasein fristeten. Radierungen mit Thaut-Motiven schmückten, liebevoll gerahmt, zahlreiche Wohnzimmerwände. Selbst die Gaststätte vom Klubhaus „Heiterer Blick“ hatte man damit ausgestattet.

Johannes Thaut in seinem Radebeuler Atelier auf der Moritzburger Straße, Aufnahme Mitte der 1970er Jahre, Foto Privatarchiv Thaut

Wenngleich Johannes Thaut im Jahr 1921 in Radebeul geboren wurde, kam er erst über viele mehr oder weniger abenteuerliche Umwege, die ihn bis nach Schweden führten, wieder 1955 nach Radebeul zurück. Geprägt durch seine Biografie, engagierte er sich in der Lößnitzstadt weit über das eigene künstlerische Schaffen hinaus. So gehörte Johannes Thaut zu jenen Künstlern, die den Radebeuler Grafikmarkt mit ins Leben gerufen hatten und sich dafür einsetzten, dass Radebeul eine kommunale Galerie erhielt, in deren Galeriebeirat er bis zu seinem Tode Mitglied war. Erfahrungen und Wissen gab er in den Mal- und Zeichenzirkeln des Arzneimittelwerkes Dresden (AWD) und des VEB Planeta weiter.

Wenige Tage nach seinem 66. Geburtstag verstarb Johannes Thaut am 28. Mai 1987. Die Radebeuler Stadtgalerie würdigte ihn im Jahr 1995 mit einer Gedenkausstellung. Gezeigt wurde ein Querschnitt des Gesamtschaffens, darunter Skizzen, die in Kneipen entstanden sind, Grafiken, Aquarelle und Gemälde mit Motiven unterschiedlichster Art sowie Entwürfe von Wandbildern, welche Johannes Thaut gemeinsam mit den Radebeuler Künstlern Gerold Schwenke und Günter Schmitz gestaltet hatte. Diese vielfältige, wiederum sehr gut besuchte Überblicksschau, sollte schließlich die vorletzte Ausstellung am alten Galeriestandort sein.

Porträtfoto Friedhelm Kratz, Foto Privatarchiv Kratz

Während sich die Galerie nach der Kündigung des Mietvertrages für zwei Jahre im Exil befand, knüpften deren Mitarbeiter bis zur Wiedereröffnung am neuen Standort in Altkötzschenbroda im September 1997 vielgestaltige Kontakte und halfen mit, alternative Ausstellungsmöglichkeiten zu erschließen.

So wurde 1997 (Eröffnung im April) in der „Rathausgalerie“, angeregt durch den “verein für denkmalpflege und neues bauen“, aus Anlass des 10. Todestages von Johannes Thaut die Ausstellung „Thaut-Motive einst und jetzt“ gezeigt. Die Motive der ausgewählten Aquatinta-Radierungen bildeten die Vorlage für die Fotografien von Friedhelm Kratz. Welche Tücken damit verbunden waren, schilderte der Vereinsvorsitzende Thomas Gerlach in seiner Eröffnungsrede. „Die schlichte Undurchführbarkeit einer solchen Idee wurde uns bewußt, da waren die Einladungen schon so gut wie gedruckt. Von dem Wunsche beseelt, dem grafischen Vorbild gerecht zu werden, hat Friedhelm Kratz Fotos geschossen, wie er sie aus sich heraus nie aufnehmen würde.“ Was dem Künstler „nicht in den Kram paßte“, hatte dieser ignoriert, um den Blick freizugeben „auf Dinge, die ihm wichtig waren“. Der Fotograf wiederum konnte nichts weglassen, denn er war an die Realität gebunden.

Spätestens hier stellt sich die Frage: Warum also noch einmal Thaut-Motive?

Gründe gibt es viele. Die Verleihung des Stadtrechtes an Kötzschenbroda und Radebeul vor 100 Jahren bot sich geradezu an. Gemeinsam mit dem Fotografen Friedhelm Kratz wollten wir als Betreiber des Kunsthauses Kötzschenbroda einen Beitrag zum Festprogramm leisten, welcher im Bezug zur Radebeuler Stadtgeschichte steht. Allerdings wurde 2024 ein ähnlicher Denkfehler wie 1997 gemacht. Man hatte sich alles schlichtweg viel zu einfach vorgestellt. Nach nunmehr einem halben Jahrhundert sollten also die einstigen Motive von Johannes Thaut ein zweites Mal fotografisch dokumentiert werden. Doch die Originalgrafiken waren nur noch rudimentär verfügbar. Der zweite Schreck erfolgte dann unmittelbar vor Ort. Doch das können sich die Ausstellungsbesucher selbst anschauen.

Das Kunsthaus Kötzschenbroda gehört zu den temporär Offenen Häusern der Lößnitzstadt. Das heißt, Haus und Garten werden nur zu besonderen Anlässen geöffnet. Das Jubiläumsjahr ist ein solcher Anlass. Aber warum nun dieses Thema? Der Reiz besteht in dessen Brisanz, denn die Begriffe „Heimat“ und „Volkskunst“ sind sehr ambivalent besetzt.

Johannes Thaut »Am Kroatenweg« (Kroatengrund), Aquatintaradierung, 1970er Jahre Repro Karin Baum

Aufnahme von Friedhelm Kratz 1997, neue Tore in der Weinbergsmauer, statt Sandweg Pflaster und Asphalt Foto Friedhelm Kratz

Nichts bleibt, wie es war. Das einzig Beständige ist die Veränderung. Was existiert noch nach 50 Jahren von dem, was die Ausflügler in die einstmals ländlich anmutenden Lößnitzortschaften vor den Toren der Kunstmetropole Dresden angezogen hat? Ist die Bezeichnung „Kulturlandschaft“ pure Nostalgie? Wo gibt es sie noch, die urigen Weinstuben, Ausflugslokale, Bauerngehöfte, Winzerhäuser, Herrenhäuser oder Sandwege? Nimmt die Wärmedämmung den Fassaden die Patina? Werden Schilderwälder, architektonische Dreistigkeiten, Blechlawinen, Werbung von erlesener Penetranz als störend wahrgenommen oder hat man sich schon daran gewöhnt?

Der 35 Jahre jüngere Friedhelm Kratz hat Johannes Thaut nie persönlich kennengelernt. Und doch gibt es Vieles, was beide verbindet. Beide haben sehr praktische Berufe erlernt: Johannes Thaut – Dekorationsmaler, Friedhelm Kratz – Maurer. Das hat sie geprägt. Sowohl der künstlerische Autodidakt als auch der „Hobbyfotograf“ haben zahlreiche, des Darstellens werte Motive unmittelbar vor der Haustür gefunden und damit auch eine Art Zeitdokument geschaffen.

Johannes Thaut, unbezeichnet (Meierei), Aquatintaradierung, 1970er Jahre Repro Karin Baum

Aufnahme von Friedhelm Kratz 2024, ein blickdichter Zaun nimmt die Sicht auf das ehemalige Ausflugslokal und den Gästegarten Foto Friedhelm Kratz

Johannes Thaut war sehr vielseitig. Die mehr oder weniger bekannten Radebeul-Motive stellen nur einen kleinen Ausschnitt des Schaffens dar. Seine enge Beziehung zu den „einfachen“ Menschen drückt sich auch darin aus, dass er als ein „humorvoller Chronist des Alltags“ beschrieben wird. Die künstlerischen Grundlagen hatte er sich in Abendkursen an der Dresdner Kunstakademie und in der privaten Malschule von Otte Sköld in Stockholm erworben.Friedhelm Kratz wurde 1956 in Trebnitz/ Sachsen-Anhalt geboren. Er erlernte den Maurerberuf, weil er großes Interesse am Bauen und Gestalten hatte. Neben der täglichen Arbeit blieb ihm dann noch Zeit zum Fotografieren, zunächst hauptsächlich auf Reisen. Mit dem Umzug nach Radebeul im Jahr 1985 begann er die Reize der Gartenstadt und deren versteckte Schönheiten zu entdecken. Natur und Architektur, Verfallendes und Saniertes bieten ihm ständig neue Motive. Fachlich bildet er sich in Kursen unter Leitung eines erfahrenen Berufsfotografen weiter.

Johannes Thaut »Turmhaus mit Garten«, Aquatintaradierung, 1970Repro Karin Baum

Schon damals löste die Ausstellung mit den Thaut-Motiven Problemdiskussionen aus. Seitdem sind 27 Jahre vergangen. Wiederum hat sich Vieles verändert. Und es stellt sich erneut die Frage: Welche Entwicklung hat die Radebeuler Kulturlandschaft genommen?

Der Schwerpunkt dieser kleinen Ausstellung liegt auf dem Dokumentarischen, was dem Fotografen Friedhelm Kratz nur einen begrenzten Spielraum lies, um eigene Intentionen zu verfolgen. Dessen war er sich von vornherein bewusst und dafür sei ihm auch noch einmal gedankt. Gedankt sei auch dem Ehepaar Günter und Hannelore Thaut, deren Anliegen es war und ist, die Erinnerung an den Radebeuler Maler und Grafiker Johannes Thaut in einem produktiven Sinne lebendig zu erhalten.

Karin (Gerhardt) Baum

Das Kunsthaus Kötzschenbroda ist offen auf Anfrage. Vernissage mit Kaffee, Kuchen und kurzen Reden am 7. April um 16 Uhr, Anmeldung erbeten unter 0160-1038663, info@kunsthaus-koetzschenbroda.de

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