Ein armer Teufel wünscht sich »die Hölle«

Radebeul, das zeigten gerade wieder die Jubiläumsausstellungen der Städtischen Kunstsammlung und der Stadtgalerie, hat seit langem eine beeindruckende Künstlerdichte aufzuweisen. Schon im 19. Jahrhundert zog es mehr Maler-, Musiker- und SchriftstellerInnen in die an Reizen reiche Lößnitz, als im kollektiven Gedächtnis Platz finden. Zu den inzwischen gründlich Vergessenen zählt auch der einst weit über die Grenzen seiner sächsischen Heimat hinaus bekannte Zeichner und Schriftsteller Carl Reinhardt, der nach bewegtem Leben 1877 als Redakteur und Gastwirt in Kötzschenbroda starb.

Bild: F. Andert, illustrierte Zeitung von 1877


Am 25. April jährt sich Reinhardts Geburtstag zum 200. Mal. Aus diesem Anlass hier ein ursprünglich nicht für die Öffentlichkeit bestimmtes, autobiographisch aussagekräftiges Gedicht, mit dem der damals noch in Dresden ansässige Spaß- und Pechvogel 1867 beim sächsischen König Johann den ersten Band der neuen Prachtausgabe von Dantes »Göttlicher Komödie« zu schnorren versuchte:

»Zürne nicht, mein lieber, guter, gnäd?ger König, wenn ich Dir
Diese Verse voller Füße lege zu den Füßen hier.
Viele kommen, viele bitten Dich um Geld, um eine Stelle;
Ach, ich strebe nicht nach beidem, meine Sehnsucht ist die Hölle!
Jenes alten Dante?s Hölle, die erschien bei Teubner jetzt,
Die Du, lieber gnäd?ger König, hast in?s Deutsche übersetzt,
Die ich gerne haben möchte, und mir doch nicht kaufen kann,
Weil ich bin, Du wirst es hören, ein vierfach geplagter Mann.
Erstens bin ich Maler worden, das bedaur? ich jetzo sehr,
Denn bei diesen schlechten Zeiten kauft ja niemand Bilder mehr!
Es ist schade um die Leinwand, die mit Farben man bemalt;
Conterfeit man Mond und Sonne, es wird nimmermehr bezahlt. –
Zweitens nahm ich mir ein Weiblein schon vor fünfundzwanzig Jahren,
Damit bin ich fast noch schlechter als mit meiner Kunst gefahren.
Sie ist zwar mein liebes Gustel, stets das Herz mich zu ihr zieht,
Doch sie schenkte mir vier Jungen mit gesundem Appetit.
Ach ich ward ein Ugolino, doch ich ward es umgekehrt,
Da nicht ich aß meine Jungen, sondern sie mich aufgezehrt.
Vier Paar Röcke, vier Paar Westen, vier Paar Stiefeln brauchten die,
Wenn mir armen Malerseele ein Paar machten schon viel Müh. –
Drittens bin ich arm wie Hiob, plage mich mit Sorgen schwer,
Doch das hindert mich sehr wenig, bin einmal kein Millionär.
Habe trotzdem Equipage, fahre flott mit Schusters Rappen,
Die mit meines Fahrstuhls Lenker hinter mir beständig trabben,
Da ich viertens, – und jetzt kommt nunerst das schlimmste meiner Leiden –
Mich mit Gicht und Podagra muß schon seit zwanzig Jahren streiten.
Nun sag an, mein gnäd?ger König, bin ich da nicht ohne Zweifel
Einer Deiner ärmsten Sachsen, so ein rechter armer Teufel? […]
Faßt Dich nun ein mild? Erbarmen, ei, so schenk? ein Exemplar
Mir geplagtem Supplikanten, dessen Wunsch es längst schon war.«

Im Gegensatz zu Reinhardts meisten anderen Unternehmungen hatte dieses in trochäischen Achthebern versiert gereimte Bittgesuch den gewünschten Erfolg, der König ließ ihm das Buch zuschicken. Wer mehr über den Zeichner und Schriftsteller, Gelegenheitsdichter und Gastwirt Carl Reinhardt erfahren möchte, hat dazu ab 17. April in einer kleinen Kabinettausstellung des Sächsischen Weinbaumuseums Hoflößnitz Gelegenheit. Denn auch der seinerzeit generell recht übel beleumundete Elbtalwein war in Bild und Text wiederholt Zielscheibe seines Spottes. Am 25. April, Reinhardts 200. Geburtstag, lädt das Museum um 19 Uhr zu einer Kuratorführung ein.

Frank Andert

Abschied von einem Freund

Die Nachricht vom frühen Tod des Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Meißen, Herrn Rolf Schlagloth, hat auch in den Reihen des Vereins für Denkmalpflege und Neues Bauen Radebeul e.V. Betroffenheit und Trauer ausgelöst.

Bild: F. Kratz


Wir durften Herrn Schlagloth als einen stets freundlichen, immer ansprechbaren kompetenten Fachmann kennenlernen. Er war jederzeit bereit, sich unsere Anliegen im Bemühen um den Erhalt des besonderen Charakters der Stadt Radebeul – insbesondere durch großzügige Förderung des Bauherrenpreises – zu eigen zu machen. Als Vereinsmitglied ging sein Engagement weit über das „dienstllich Notwendige“ hinaus.

Seine unverstellte Aufgeschlossenheit werden wir in dankbarer Erinnerung behalten.

Verein für Denkmalpflege und Neues Bauen Radebeul e.V.

Der Vorstand

Dr. Jens Baumann, Dr. Grit Heinrich, Roland Helmich

Im Spannungsfeld zwischen Heimat und Fremde

Malerei, Grafik und Objekte von André Uhlig in der Radebeuler Stadtgalerie

Der scheinbar banale Titel „Hier und dort“, den André Uhlig zum Motto über diese Ausstellung stellt, drückt die Position des Künstlers im Spannungsfeld zwischen Heimat und Fremde aus. Heimat, das Geborgensein, die Nähe zum Ort der Geburt, sind ihm ebenso wichtig, wie weite Reisen in die Welt, immer auf der Suche nach neuen Räumen, Menschen und Landschaften. In seinen eindringlichen Prospekten und Panoramen beklagt er die Verwüstung öffentlicher Räume durch globale Einheitsarchitektur und bekundet so seine Liebe zum über Jahrhunderte Gewachsenen Lebensraum. Dabei sind seine Bilder eigentlich ohne Pathos, eher realistisch mit einem Hang zur leichten Abstraktion. Vielmehr spürt man das Interesse am Atmosphärischen, Jahreszeit, Wind und Wetter, Farbe, Licht und Spiegelung in einem umschließenden kosmischen Raum. Darin ist er Romantiker. Leider hat die Globalisierung teilweise zu einer weltweiten Vereinheitlichung des urbanen Raums durch hässliche Standards geführt. Ob in Indien, Irland oder Italien (die Uhlig mehrmals bereiste) oder auch hier kommt es zu einer zunehmenden Entwertung natürlich gewachsener Kulturlandschaften. Jedes Volk der Welt besitzt diesen überlieferten Raum, den es zu pflegen und zu bewahren versucht, um sich kulturell und mental zu erden. Das Kapital frisst sich in die Substanz einer Landschaft. Unbefleckte Natur wird zum Luxusobjekt.

Bild: K. (Gerhardt) Baum


André Uhligs Beitrag beginnt mit der oft dunkel leuchtenden Hügellandschaft seiner Heimat Radebeul. Er ist ein Hier-Gewachsener mit Flügeln, die ihn in die Welt tragen. Die Radebeuler Landschaft birgt die gesunden Kräfte für ein stimmungsvolle Malerei. Gestaffelt und strukturiert durch den traditionellen Weinbau mit seinen Terassen wird man unwillkürlich an die ostasiatische Reiskultur erinnert. Ähnlich wie einige Arbeiten von Paul Wilhelm haben die Kohle-und Tuschezeichnungen etwas chinoises an sich, gerade die Grafik, die hier zu sehen ist erinnerte mich daran. Sparsam und stoisch die Wiedergabe von Berg und Tal. Poetisch und unberührt das Bild im Klang der Stille.

»Winter« 2016, Kaltnadelradierung
Bild: Repro K. (Gerhardt) Baum


Natürlich setzt sich Uhlig auch bildlich mit dem Desaster des Raumes auseinander. Zwei Bilder hinter weit geöffneten Fensterflügeln (Mischtechniken von 2011 und 2018) täuschen einen Fensterausblick vor mit dem Blick auf ein böhmisches Dorf im 18. Jahrhundert (Postkutsche) und vom gleichen Standort aus ist der Focus auf das Dorf in unserer Zeit gerichtet. Unwirklich sind die von Highway und Hochhäusern verstellten Berge. Böhmen ist immer wiederkehrendes Thema seiner Grafik und Malerei. Anderenorts ist Böhmische Lieblichkeit untermischt mit ein wenig morbidem Verfall. Ganze Serien hat Uhlig geschaffen. Auf Fußwanderungen von Radebeul bis ins Altvatergebirge entdeckten er und seine Lebensgefährtin Simona Jurk das Gehen beim Wandern, das Schauen und Festhalten des Augenblicks. Zahlreiche Zeichenbücher füllten sich, wie man in der Vitrine sehen kann.

»Spurensuche in Königsmühle« 2016/2017, Farbradierung
Bild: Repro K. (Gerhardt) Baum


André Uhlig verbrachte seine Kindheit in Radebeul. Der Vater, Ralf Uhlig, selbst Maler, förderte das Talent, immer einen „Pinsel in der Hand“. Im Zeichenkurs bei Gerhardt Rost (im Unterricht an der Grundschule) wurden die elementaren Grundlagen gelegt. Privatunterricht bei Dieter Beirich verfeinerte das intensive Sehen und Gestalten. Eine Druckerlehre folgte. Auch die Musik begeisterte den jungen Mann. Mit 17 Jahren nahm er Gitarrenunterricht bei Herbert Voigt in Radebeul. Jahre als Gitarrist der Dresdner Rockband „The Novikents“ folgten. Im Jahr 2000 vervollkommnete er sich in der Lithographie in Kursen von riesa efau. Intensive Beschäftigung mit dem Tiefdruck im „Freundeskreis Tiefdruck“ bei Wolfgang Bruchwitz legte den Grundstein für die Radierung. Insbesondere Kaltnadel und Farbradierung prägten seine Handschrift. In jedem Jahr veröffentlicht der Freundeskreis einen Tiefdruckkalender. 2007 ging Uhlig in die Selbständigkeit nach einer aufreibenden Arbeit als Druckinstrukteur bei der KBA-Planeta AG. Auf Reisen (nach England und Venedig) entdeckte er die natürlichen Erden und Sande aber auch Kaffee, die er seinen Bildern seitdem beimengt, vor allen Dingen bei Mischtechniken und Kohlezeichnungen.

Von den Themen, die Uhlig in seine Bilder nimmt, sind es vor allem weite Felder in der Umgebung, die Weinberge in Radebeul, der Herbstwald in Böhmen (auf zahlreichen Wanderungen mit Skizzen festgehalten), alte Weiden an der Elbe, Ruinen und historische Bauwerke (vor allem in Böhmen), die Steilküste bei Rügen, Wieck, Strand und Straßenzenen in der Dresdner Neustadt, sowie Impressionen von Reisen nach Indien, Italien, Irland, England und anderswo. Soeben ist er aus Indien zurückgekehrt, auf einer vierwöchigen Reise in die Ausläufer des Himalaja hat er die dort lebenden Menschen und die indische Landschaft lieben gelernt. „Indien liebt man oder man hasst´es“. sagt er verschmitzt. Mit einem indischen Freund wurden Projekte realisiert, so ein Workshop mit den Drucktechniken für Kinder.

In Uhligs Bildern herrscht eine Strenge und ein seltsam stiller, sonorer, erdiger Klang. Die Konturen durch das Schwarz stark umrissen, dämmern und dunkeln die Bilder. Die Motive bekommen eine Festigkeit und eine innere Balance, die sich auch in der Bildern von alten Fachwerkhäusern zeigt, deren Statik sich als fest und unerschütterlich erweist. Der böhmische Wald wird zum Geheimnis, besonders im herbstlichen Glanz, die fernen Städte am Mittelmeer, wie Nester an den Berg geschmiegt leuchten und glänzen im Licht. Die harte Kaltnadel hebt das Detail besonders hervor, während die Mischtechniken leicht impressionistisch sind und ein lichter Dunst über die Bilder gelegt ist. Warmfarben sind die Indienbilder, die Häuserreihen am Fluss, ähnlich wie in Venedig mit seiner Poesie des Wassers, der Spiegelungen und Kanäle. Eine Vitrine mit Reise-Mitbringseln, darunter auch ein Flacon mit Gangeswasser, gibt der Ausstellung den letzten Schliff.

Ich danke Ihnen!

Heinz Weißflog

Laudatio zur Ausstellungseröffnung am 16. März 2018
Die Ausstellung wird bis zum 29. April 2018 gezeigt. Am 20. April findet um 19.30 Uhr mit dem Künstler ein Galeriegespräch statt.

Editorial 4-18

Zwischen Town und Zaun!

Die Überschrift klingt zunächst vielleicht seltsam.

Aber sprachgeschichtlich sind die beiden Wörter eng verbündet. Town, der heutige Begriff für Stadt im Englischen, ist tatsächlich der deutschen Sprachwanderung entlehnt und leitet sich von Zaun ab. Dies hat vielerlei Gründe. Viele Städte haben sich in den Jahrhunderten mit Stadtmauern oder Abgrenzungen umgeben. Dresden soll mit seiner einstmaligen Stadtmauer hier nur ein historisches Beispiel sein. Lange Zeit umgab es eine enge Einfriedung im Stadtkern.

Einfriedung, ein schönes Wort.

Dies sollte nur eine Einleitung zu uns nach Radebeul sein. Die Stadt ist reich an schönsten Zäunen.

Fast jedes Haus ist umsäumt von Zäunen. Aus Holz und Metall mit allen Facetten. Daraus hat sich eine große städtebauliche Kultur entwickelt. Viele historische Zäune an zahllosen Villen hatten in den letzten Jahrzehnten ihren Platz verloren. Viele wurden in Sanierungen der letzten Jahrzehnte wieder erschaffen! Ein herrliches Zeichen für die Denkmalpflege und dem Sinn der Restaurierung.

Es wird Frühling.

Fahren Sie mit wachsamen Augen durch die Stadt. Beispielhaft für einen neuen Zaun, der uns aber nicht trennen sollte, sei die neue und überaus denkmalgerechte Einfriedung auf der Marienstraße 21 genannt.

Herzlichen Dank an die Eigentümer für ihre Hingabe!

Sascha Graedtke

Nachtrag zum Artikel über Reinhold Langner

Nachdem der erste Teil meines Textes über den Künstler Reinhold Langner erschienen war,
meldete sich Constanze Herrmann, eine Enkelin des Künstlers, bei mir. Sie war froh, dass sich noch mal jemand mit ihrem Großvater befasst hatte. Bei einem kurzfristig vereinbarten Treffen, erfuhr ich noch ein paar Details aus dem Leben des Künstlers – da war aber der zweite Teil meines Textes schon im Druck. So will ich die Neuigkeiten nun als Nachtrag formulieren.
Die Wohnadresse Hammeraue 27 in Dresden-Briesnitz von Langner, die ich ermittelt hatte, ist richtig, jedoch nur bis 1939. In diesem Jahr hatte er sich in Dresden-Ockerwitz ein eigenes Haus gebaut, bei dem er als gelernter Maurer selbst mitgearbeitet hatte. Und da wohnte er bis zu seinem Tode 1957.

Foto: D. Lohse

Foto: D. Lohse

Zu den von mir bereits erwähnten Langner-Ausstellungen kommt noch die 2003 in der Bergstadt Schneeberg hinzu; als Holzschnitzer hatte er ja eine besondere Beziehung zu der Schnitzkunst des Erzgebirges. Das Interesse vor Ort war groß.
Einem Hinweis, besser wohl einer schwachen Vermutung, von Frau Herrmann bin ich in der Zwischenzeit nachgegangen und in der „Hoflößnitz“ in Radebeul fündig geworden. Da befindet sich ein von Langner geschnitzter Boden samt Widerlager eines Weinfasses. Hierbei handelt es sich um ein Auftragswerk des Dresdner Weingroßhändlers Valentin Franz. Der Auftrag wurde in den dreißiger Jahren erteilt und Reinhold Langner gestaltete den Boden in Eiche – ein komplettes Fass war nicht bestellt. Der Fassboden diente in den Geschäftsräumen des Weinhändlers als Schmuck, bzw Werbung. Das Weingeschäft in der Grunaer Straße wurde 1945 vollständig zerstört. Der Fassboden konnte durch glückliche Umstände gerettet werden und fand nach dem Krieg dann den Weg ins Radebeuler Weinbau-Museum, ist aber derzeit nicht in der Dauerausstellung zu sehen. Ich danke Herrn Andert, dass ich ihn trotzdem sehen konnte und ich danke auch Herrn und Frau Herrmann aus Dresden für die freundliche Begegnung.
Wenn ich es überschlage, haben wir jetzt vier Spuren von Langners Holzkunst in Radebeul, vielleicht ist das ja noch nicht der letzte Stand?

Dietrich Lohse

Bürgerbeteiligung- aber wie?

In der Mitgliederversammlung von Vorschau & Rückblick Anfang Februar diskutierten wir über die Möglichkeiten von Bürgerinnen und Bürgern, sich zu kommunalen Themen zu äußern beziehungsweise auch Einfluss auf Entscheidungen nehmen zu können. Diese werden in Grundzügen nachfolgend aufgezeigt.
Laut Hauptsatzung der Stadt Radebeul sind der Stadtrat und der Oberbürgermeister Organe der Stadt, zuletzt gewählt am 25.Mai 2014. Die 34 Stadträte/Innen gehören zu sechs Fraktionen: der CDU-Fraktion (11), der Freie Wähler-Fraktion (8), der Bürgerforum/Grüne-Fraktion (5), der LINKEN-Fraktion (4), der SPD-Fraktion (3) und der FDP-Fraktion (2). Eine Stadträtin vertritt die NPD. Stadtratssitzungen sind jeden 3. Mittwoch im Monat . Die Tagesordnungen und Themen finden Sie im Netz unter www.radebeul.de /Einwohnerportal/Stadtrat/Sitzungskalender-Ratsinformationssystem oder im Schaukasten vor dem Rathaus. Im Amtsblatt stehen sie leider nicht- Prinzipiell können Sie sich mit Ihren Anliegen an die von Ihnen gewählte Fraktion wenden, natürlich auch an alle anderen gewählten Vertreter. Die meisten Fraktionen unterhalten ein Bürgerbüro.
Hier sind nun für Sie, liebe Leserinnen und Leser, die einzelnen Büros aufgeführt:
Mitglieder der CDU-Fraktion Radebeul sind nach Anmeldung im Büro des Mitgliedes des Sächsischen Landtages, Dr. Matthias Rößler, in Altkötzschenbroda 32 zu treffen. Unter www.cdu-fraktion-radebeul.de können Sie sich anmelden. Wenn Sie kein Internet haben, wird es schwierig.
Besser geht es bei der Freie Wähler-Fraktion. Hier ist das Bürgerbüro in Altkötzschenbroda 5, dienstags von 10-12 und donnerstags von 17-19 Uhr besetzt, Telefon 0351 47978424, im Netz www.freie-waehler-radebeul.de.
Die Bürgerforum/Grüne-Fraktion öffnet donnerstags 16.30 – 18.00Uhr ihr Büro auf der Güterbahnhofstr.1 in Radebeul-West, im Netz unter www.buergerforum-gruene.de.
Die SPD-Fraktion erreichen Sie im Bürgerbüro des sächsischen Wirtschaftsministers Martin Dulig auf der Meißner Str.273 in Radebeul-West donnerstags 12-19 Uhr, Telefon 0351 6538989(AB). Im Netz unter www.spd-radebeul.de .
Die Linke-Fraktion ist montags zwischen 9 – 12 Uhr auf der Wasastr. 50 in Radebeul-Mitte zu erreichen, zusätzlich besteht jeden 1.Montag im Monat zwischen 16 – 18 Uhr die Möglichkeit, eine Stadträtin oder einen Stadtrat zu sprechen, Telefon 0351 838165, im Netz unter www.dielinke-radebeul.de.
Die FDP-Fraktion ist unter www.fdp-radebeul.de im Netz zu finden. Der Fraktionsvorsitzende Frank Sparbert ist telefonisch unter 0351 8305106 erreichbar.

Für kleinere Anliegen können Sie sich natürlich auch an Mitarbeiter/Innen der Stadtverwaltung wenden. Sollte das erfolglos sein, dann nur zu, gehen Sie zur öffentlichen Fragestunde immer vor der Stadtratssitzung oder wenden Sie sich an IHRE Abgeordneten.
Viel Erfolg!

Ilona Rau

Ist das Kunst oder kann das weg?

Die Frage, was ist Kunst, bewegt seit Jahrhunderten die Gemüter. Freilich wird sie erst in unserer Zeit so radikal gestellt, was sicher noch auf andere Aspekte in der Entwicklung der Gesellschaft verweist. Und mit dieser Frage schwingt auch immer wieder der Vorwurf des Dilettantismus mit, wobei man heute diesem durchaus positive, befreiende Aspekte gegenüber dem Professionellen zuspricht.
Andererseits hält sich hartnäckig die allgemeine Meinung, dass Kunst eben von Können und nicht von Kunsthonig komme. Markus Lüpertz, ehemaliger Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie, pflegte darauf zu erwidern, dass es dann eben „keine Künstler, sonder Könner“ geben müsste.

Kunst kann man sicher nicht erlernen oder lehren, weder an Kunstschulen noch autodidaktisch. Sie ist einem gegeben und nicht zu verwechseln mit handwerklichem Vermögen. Erlernen kann man die Organisation dieser Prozesse. Was aber macht dann Kunst aus? Das Handwerk, wie es Schiller in der Zeit der Aufklärung forderte, ist es also nicht. Allein die naturgetreue Abbildung von Landschaften, das Zeichnen einer Person sind noch keine Kunst. Man erwirbt dadurch Anerkennung, aber keine Künstlerschaft.

Kunst definiert die Wissenschaft als etwas Kreatives, Neues, etwas Einmaliges und somit noch nie Dagewesenes. Es wird also im Idealfall mit ihr und durch sie eine andere Ebene, als die des Faktischen und Wirklichen erklommen. Mehr denken, mehr wagen, über das Erlaubte hinaus. Nicht von ungefähr galten und gelten große Künstler als Visionäre, Vorwegnehmer ihrer Zeit. So etwa wie Alfred Jarry, der 1893 den pervertierten Kleinbürger Udu literarisch zeichnete. Dieser Kleinbürger zog 22 Jahre später klingenden Spiels in den Ersten Weltkrieg. Oder etwa John Heartfields Fotomontage „Krieg und Leichen – Die letzte Hoffnung der Reichen“ von 1932, der mit dieser Arbeit den kommenden Krieg vorhersah.

Grundsätzlich aber existiert kein feststehender Kunstbegriff. Ein Joseph Beuys hat diesen gehörig „durcheinander“ gebracht. Er griff den sich seit den 1920 Jahren entwickelten „erweiterten Kunstbegriff“ auf und setzte ihn mit der vorhandenen Kreativität eines jeden Menschen gleich. Dieses Verständnis tendiert zu der heute festzustellenden Auffassung, dass jeder den Anspruch erheben kann, zu definieren, was Kunst sei, ja, wie Kunst gemacht werden soll. Künstler ist, wer sich als solcher fühlt. Allgemeine Maßstäbe zur Kunst und zu Künstlern gehören somit längst der Vergangenheit an. Dies mag auch der Grund sein, warum die oft langatmigen
Ausstellungseröffnungen mit Reden von sogenannten Kunstexperten und musikalischen Darbietungen in den Galerien und Ausstellungstempeln immer seltener werden, warum aber auch andererseits die Betrachter immer verständnisloser vor den sogenannten Kunstwerken stehen. Der Zugang wird ihm verwehrt, weil den künstlerischen Äußerungen der allgemeinverständliche Ansatz, die Chiffre fehlt, an die der Betrachter oder Leser anknüpfen könnte. Die rein subjektive Kunstäußerung muss somit auf das subjektive Unverständnis stoßen, da der Zugang zur subjektiven Welt des Anderen verschlossen bleibt. Aus diesem Teufelskreis ist schwer zu entfliehen. Man kann sich zweifelsfrei Künstler dünken, ob dies aber auch der andere so sieht, ist nicht ausgemacht. Noch schwieriger aber wird es, wenn man Anspruch auf Öffentlichkeit einfordert. Denn auf der anderen Seite steht nicht nur der subjektive Betrachter, sondern auch der subjektive Verleger oder Galerist, der seinerseits subjektiv entscheidet, was in sein Verlagsprofil oder in seinen Kunsttempel passt.
Ein Recht darauf ausgestellt oder gedruckt zu werden, hat somit niemand, es sei denn, er schafft sich selbst die Möglichkeit.

kuBa

Sachsen dreht am Museumsrad

Heutzutage sind Begriffe dehnbar. Jeder mag unter einer Sache verstehen, was ihm genehm ist. Der Begriff „alternative Fakten“ ist zwar zum Unwort des Jahres erklärt und stellt scheinbar die Welt auf den Kopf, aber man sollte es nicht so verbissen sehen. Alles ist möglich, nichts steht mehr fest: Ist es nun ein Museum oder ist es keins? Woran will man das heute noch festmachen?
Die Sächsische Landesstelle für Museumswesen in Chemnitz und deren Leiterin Katja Margarethe Mieth berufen sich auf die „Ethischen Richtlinien für Museen“ vom Internationalen Museumsrat ICOM und verweigert dem Lügenmuseum in Radebeul die Anerkennung als Museum. Grund: Die Richtlinien werden nicht erfüllt.
Das Vorstandsmitglied der ICOM Deutschland Prof. Dr. Dr. Markus Walz stellt hingegen klar, dass die Richtlinien nur als Handreichungen zu verstehen seien. Liest man dieselben, so ist unschwer zu erkennen dass es sich hierbei um idealtypische Beschreibungen handelt, die auf die tatsächlichen Profile der Einrichtungen herunter zu brechen sind. Wer sie also als Richtschwert benutzt, muss sich fragen lassen, welche „ethischen“ Grundsätze hier hochgehalten werden sollen.
Mit dem Urteil der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen begibt sich die Behörde in auffallende Nähe zu einer schon länger zurückliegenden Bewertung dieses Museums durch die Kulturstiftung Sachsens. Dessen Geschäftsführer schätzte damals ein, dass die Radebeuler Einrichtung keinesfalls zum „Premiumsegment“ der Region zähle und dieser eher Schaden zufügen würde.
Diese Einschätzung war da schon ehrlicher: Das ungewöhnliche Museum, welchem vormals im Bundesland Brandenburg die Anerkennung nicht verwehrt wurde, passt also nicht ins Verständnis des Mainstreams. Mag es daran liegen, dass es zur Entfaltung von Phantasie, zur Schärfung der Sinne, zur Ergründung der Dinge hinter den Erscheinungen, zur Freude an der Kunst und besonders zum Widerspruch anregt? Das Schlimmste aber, was man vermutlich diesem Museum vorwerfen muss ist, keine klaren Aussagen und Positionierungen zu haben. Ein Leitbild sucht man auf seiner Webseite vergebens. Gut, dass es immer wieder Institutionen wie die Landesstelle für Museumswesen und die Kulturstiftung Sachsen gibt, die genau wissen, was der Bevölkerung zugemutet werden kann. Kulturelle Bildung soll schon sein, aber doch nur nach meinem Proporz!
Vielleicht sollten bestimmte Kreise auch einmal darüber nachdenken, ob sie noch auf dem richtigen Dampfer sitzen. Die Welt ist offener und differenzierter geworden. Auch das Verständnis von Kunst und deren Position in der Gesellschaft hat sich gewandelt. Doch der Anspruch an die Kunst aus der Zeit der Aufklärung sitzt tiefer, als man glaubt. Ein Spruch vom „Bayerischen Rundfunk aus den 1990er Jahren scheint sich verfestigt zu haben: „Wir sagen ihnen, was sie hören wollen!“ Und wer nicht hören will, dem entziehen wir die Steuerbefreiung, denn was ein Museum, was kulturelle Bildung ist, bestimmen wir. Ist das Freiheit?!
Ach ja, schon ein Blick ins Besucherbuch dieses Nicht-Museums lohnt sich durchaus und bildet ungemein.

Karl Uwe Baum

Ist das so…?

Eine Nachbetrachtung zur Bürgerversammlung in Radebeul-West

Am 8. Februar dieses Jahres fand in Kötzschenbroda eine Bürgerversammlung zum Sanierungsgebiet Radebeul-West statt. Das Bauamt der Stadt Radebeul in Person des neuen Sachgebietsleiters für Stadtplanung, Olaf Holthaus, stellte nochmals ausführlich die Ergebnisse der im Sommer 2017 erfolgten Umfrage vor. Die Sächsische Zeitung berichtete am 10./11.2.2018 darüber. Allgemeiner Tenor in der Zeitung: Es gab unterschiedliche Meinungen zu den drei Vorschlägen für die Sanierung der Bahnhofstraße. War das so? Nein! Geschätzte 80 Prozent der anwesenden Bürger sprachen sich gegen den von der Stadtverwaltung favorisierten 2. Vorschlag (alte Bäume fällen, neue pflanzen, mehr Parkplätze) aus. Diese Variante sei notwendig, da der gewonnene Platz für den von der CDU-Fraktion vorgeschlagenen Wochenmarkt (ein Frischemarkt) benötigt wird.

Historische Ansichtskarte mit Blick in die Bahnhofstraße Foto: Stadtarchiv Radebeul

Ist das so, dass das Gebiet um die Bahnhofstraße nur belebt werden kann, wenn die Bäume, die laut eines Gutachtens vermutlich noch 20 Jahre stehen könnten, gefällt werden? Ist das so, dass nur ein Frische-Wochenmarkt am Sonnabend mit mindestens 12 Standplätzen für spezielle Marktfahrzeuge die Straße beleben und die ansässigen Händler wirtschaftlich unterstützen könnte? Woher diese Erkenntnisse stammen, wurde allerdings den versammelten Bürgern nicht mitgeteilt. Gibt es vielleicht ein Marktkonzept oder eine Bedarfsanalyse für den Stadtteil Radebeul-West, womit diese Feststellung untersetzt ist? Das würde sicher die Bürger sehr interessieren. Was ist, wenn die Bäume gefällt sind und der so alternativlos eingeforderte Markt nicht greift? Was ist, wenn der Frischemarkt erfolgreich ist, aber die sechs Bäcker, die sechs Fleischer und die fünf asiatischen Händler mit ihrem Angebot von Obst, Gemüse bis hin zur Bekleidung absterben, weil der Frischemarkt zwingend ebensolche Ware bereithält? Was ist, wenn sich nicht ausreichend Händler für diesen neuen Markt finden, da diese schon lange ihre „Reviere“ abgesteckt haben? Was ist, wenn das, was Cornelia Bielig, zuständig in der Stadtverwaltung für Märkte und Feste, in der Bürgerversammlung aus langjähriger Erfahrung heraus zu einem Markt in der Bahnhofstraße einschätzte, zutrifft? Ist es so, dass in der Bahnhofstraße kein Breitband-Kabel für den schnellen Internetanschluss verlegt werden kann, wie Olaf Holthaus ausführte, wenn die alten Bäume stehen bleiben? Keiner kennt offensichtlich die tatsächliche Situation und die mögliche Entwicklung in diesem Stadtgebiet genau. Viel Ungeklärtes gibt es allein zu dem Punkt Wochenmarkt.
Damit waren aber die Fragen zur Bürgerversammlung noch nicht erschöpft. So wunderte man sich, dass nur drei mögliche Varianten zur Sanierung der Bahnhofstraße zur Auswahl stehen, wo doch eine vierte Variante (u.a. mit schrägen Parktaschen) dem Bauamt der Stadt bereits vor der Abstimmung des Stadtrates bekannt war? Warum scheint es immer nur um die Bahnhofstraße zu gehen, wo doch das Sanierungsgebiet bedeutend größer ist. Was also ist mit dem „Schulcampus“ und dem dort geplanten dreigeschossigen Schulneubau? Was bedeutet das für das angrenzende Wohngebiet? Welche Verdichtung des ruhenden und fließenden Verkehrs wird dadurch hervorrufen? Gibt es hierzu eine Verkehrsplanung und wie sieht diese aus? Existiert wirklich nur ein Vorschlag für die Umgestaltung des Platzes vor dem Bahnhofsgebäude? Wieso gibt es überhaupt einen Vorschlag für die Gestaltung dieses Ortes, wenn die weitere Nutzung dieses Hauses noch völlig unklar ist? Ist eigentlich die Planung einer Bustasche unmittelbar nach der Kurve Bahnhofstraße / Güterhofstraße sinnvoll? Auch interessierte sehr, warum sich die Auswertung der Sommerumfrage 2017 bis zum 20. Dezember jenes Jahres hinziehen musste, obwohl die Erkenntnisse bereits Ende September 2017 feststanden und warum es nun eine zweite Umfrage nur bei den Händler geben muß?
Aber die allerwichtigste Frage bleibt, die alle immer wieder bewegt, wo sind die Maßnahmen die besonders zur „Erhaltung und Entwicklung […] als Standort für Wirtschaft, Kultur sowie als Orte zum Wohnen, Arbeiten und Leben dienen“, wie es das Förderprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ festgeschrieben hat?
Hat es vielleicht eine Bedeutung, wenn aus berufenem Munde zu vernehmen ist, dass nur mit der Variante 2 eine geförderte Sanierung zu erwarten sei? Geht es am Ende gar nicht um Variante 1, 2, oder 3, sondern nur um Fördermittel?
Zugegeben, nicht all diese Fragen sind auf der Bürgerversammlung gestellt worden, aber sie drängen sich einem auf, wenn man über den Sachverhalt länger nachdenkt. Befriedigende Antworten auf die dort gestellten Fragen, so schien es, haben die Anwesenden an jenem Donnerstag aber nicht erhalten. Es ist zu wünschen, dass die Bürger auch weiterhin zum Sanierungsgebiet Radebeul-West gefragt werden und ihre Vorschläge – wenn sinnvoll – auch in die Planung mit einfließen.
Karl Uwe Baum

Zum Ableben von Klaus Kaufmann – Formgestalter und Innenarchitekt

 

Im April 2004 konnte die Redaktion „Vorschau und Rückblick“ Klaus Kaufmann mit einem Artikel von Dietrich Lohse zum 80. Geburtstag recht herzlich gratulieren. (s. auch Vorschau und Rückblick, Heft 4, 2004)
Nun ist Klaus Kaufmann am 03.02.2018 im Alter von 93 Jahren verstorben.

Ich war ihm seit der Zeit meines Studiums der Architektur (1968 bis 1972 an der TU Dresden) sowohl persönlich als auch fachlich sehr verbunden.
Ich erlebte den Kaufmann’schen Haushalt, seine Frau und er, beides Architekten, als eine für mich ganz neue Welt.
Es war ein offenes Haus, es wurden Gäste empfangen, es gab einen großen Freundeskreis, es wurde musiziert, viel gelesen und vor allem mit Lust und Engagement viel gearbeitet. Es herrschte, wie man sagt, eine allumfassende Kreativität.
Bereits mit Beginn des Studiums verdingte ich mich bei dem Ehepaar Kaufmann im damaligen Atelier, im Gartensaal des Hauses Sorgenfrei in der Radebeuler Oberlößnitz als angehender Architekt als „Zeichenknecht“. Neben dem Studium bedeutete das auch, im Nebenjob Geld zu verdienen.
Immerhin stolze 5 Mark der DDR pro Stunde. Dabei lernte ich unglaublich viel vom Handwerk des Architekten. Neben Zeichenarbeit für vielerlei Projekte die bearbeitet wurden, bin ich dann oft mit der Frau des Hauses, eine geborene Jörissen, über die, wie man so sagt, Dörfer gezogen und habe gemeinsam mit ihr Gasthöfe, Ladengeschäfte und andere Baulichkeiten aufgemessen und die Ergebnisse dann aufgetragen.
Klaus‘ Arbeitsweise war äußerst komplex. Die Herangehensweise an seine Aufträge war geprägt von dem Ringen nach Perfektion im besten Sinne des Wortes.
Er war besessen vom Detail. Er nannte es immer: Du musst um die Ecke denken, das hieß, was man im Grundriss entwickelte, musste auch quasi 3-dimensional durchdrungen werden.
Heute, mit der breiten Anwendung der CAD-Zeichentechnik ist das oftmals nicht das Problem (wenn man es beherrscht). Damals wurden die Projekte so ausgelegt, dass neben Grundriss auch sofort Schnitt und Ansicht angelegt wurden, um dieses Um-die-Ecke-Denken frühzeitig prüfen zu können.
Sein Arbeitspensum war atemberaubend: früh waren Baustellen oder Werkstätten zu besuchen, Beratungen zu führen, nachmittags oft bis in den späten Abend hinein wurden die Ergebnisse des Tages gezeichnet und Neues für den kommenden Tag entwickelt.
Neben ganz viel Kaffee, kein Alkohol, kam der Spaß nicht zu kurz. Schallplattenaufnahmen von Emil Steinberger, Karl Valentin oder Spejbl und Hurvínek haben wir rauf und runter gehört, bis wir sie endlich auswendig konnten bzw. haben uns diese so zu eigen gemacht, dass wir uns mühelos in dem jeweiligen Idiom zurechtfanden und aufpassen mussten, um Besucher oder Kunden nicht zu befremden.
In den vielen Stunden der Tätigkeit im Kaufmann’schen Büro lernte ich eine Vielzahl von Kollegen kennen, denen ich noch heute mit großem Respekt und auch Dankbarkeit begegne.
Darüber hinaus half mir meine Tätigkeit letztendlich, einen „richtigen“ Job zu finden. Die Arbeit am „Heiteren Blick“, dem Kulturhaus des damaligen VEB Planeta, brachte mich mit meinem späteren Chef, Herrn Günter Fischer, zusammen, der mir dann letztendlich auch das notwendige Vertrauen für eine weitere Zusammenarbeit entgegen brachte, wofür ich ihm bis heute ebenfalls sehr dankbar bin.
Nach seinem – erzwungenen – beruflichen Rückzug war seine Kreativität jedoch ungebremst.
Unter anderem war es sein Hobby, die Tages- und Jahresereignisse in Versform zu kommentieren und zu interpretieren. Dabei entstanden herrliche, ungeheuer witzige Wortspiele und Reimereien.
Einer der großen Höhepunkte in den letzten Jahren war das von ihm anlässlich seines 88½
Geburtstages inszenierte und von seiner Tochter auch liebevoll und geduldig unterstützte Wochenendfest auf seinem „Landsitz“ in Linstow – Kenner können in Heiterkeit Assoziationen zum berühmten Pettersson (allerdings ohne Kater Findus) nicht leugnen.

Die letzte große Feier im Hotel Stadt Radebeul war kein runder Geburtstag, sondern ein Treffen mit seinen Weggefährten, Kollegen und Freunden aller Altersgruppen – auch mit Rede, Gesang und Gesprächen – wohl verstanden als Abschied von den von ihm geliebten, doch anstrengenden, großen Veranstaltungen.
So wollen wir ihn in Erinnerung behalten.

Dr. Dietmar Kunze

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