Ein Jahr »Arbeitsgemeinschaft Geschichte Radebeul«

Für die Stärkung von Erinnerungskultur und Vermittlung regionaler Geschichte des 20. Jahrhunderts
Im Herbst 2022 jährt sich zum ersten Mal die Gründung der »Arbeitsgemeinschaft (AG) Geschichte Radebeul«. Engagierte Bürger der Stadt und aus der Stadtverwaltung haben sich 2021 zu dieser AG zusammengeschlossen, um im Sinne einer lebendigen Erinnerungskultur sowohl Forschung und Wissensvermittlung zu regionalen oder lokalen Ereignissen und Epochen des letzten Jahrhunderts zu unterstützen wie auch Gedenkveranstaltungen zur Erinnerung an Opfer aus Radebeul und der Region zu organisieren. Im Mittelpunkt stehen dabei die Zeit des Nationalsozialismus und seine Opfer in und um Radebeul sowie der Einbezug von Schülern Radebeuler Schulen in die Auseinandersetzung mit diesem Themenkreis.
Die AG Geschichte hat sich aus zwei Gruppen gebildet, die hinsichtlich ihrer engagierten Mitglieder und thematischen Schwerpunkte eine große Schnittmenge aufwiesen, einmal einer Arbeitsgruppe zur Organisation des Gendenkens an den 75. Jahrestag des Kriegsendes 1945, zum anderen einer Gruppe von Bürgern, die sich bereits 2009 zusammengefunden hatten, um jährlich an zentralen Gedenktagen wie dem 9. November (Novemberpogrome 1938) und dem Gedenktag zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar (Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz 1945) Veranstaltungen durchzuführen.
Im Jahr 2020 beging die Bundesrepublik Deutschland den 75. Jahrestag der Beendigung des Zweiten Weltkrieges. Ende 2019/Anfang 2020 trafen sich mehrere Aktive mit dem Oberbürgermeister und entwarfen ein Veranstaltungsprogramm zu diesem Anlass (Themen: Gedenktag 27. Januar 2020, Schulmann-Gedenken an die kampflose Übergabe Radebeuls an die Rote Armee am 7. Mai 1945, Erinnerung an die Befreiung des Kriegsgefangenenlagers Zeithain am 23. April, Friedensgebet zum 8. Mai, Erinnerung an die Novemberpogrome an den Stolpersteinen in der Moritzburger Straße und weitere). Die Corona-Pandemie führte jedoch zur Streichung vieler geplanter öffentlichen Veranstaltungen. Erst im Mai 2020 konnte sich die Gruppe wieder treffen und beschloss, bis zum September 2020, anlässlich der 81. Wiederkehr des Kriegsbeginns vom 1. September 1939, eine Ausstellung zu einem zentralen Verbrechenskomplex der NS-Herrschaft zu erarbeiten und zu präsentieren, dem Einsatz ausländische Zwangsarbeiter in der Kriegswirtschaft, der auch in Radebeul stattfand. Auf der Grundlage bereits längerer Forschungen von Klaus-Dieter Müller zum Thema Zwangsarbeit (das Buch dazu ist im Herbst 2021 erschienen, Amtsblatt Radebeul, Mai 2022, S. 35) und zusätzlichen Archivrecherchen wurde von diesem und Frank Andert eine Ausstellung zum Thema »Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz. Deutsches Reich – Sachsen – Radebeul« erarbeitet und mit einer Vortragsveranstaltung am 18. September 2020 im Gymnasium Luisenstift eröffnet. Da im Herbst 2020 die Pandemie wiederum zu verstärkten Einschränkungen des öffentlichen Lebens führte, blieb dies unsere einzige öffentliche Veranstaltung in geschlossenen Räumen. 2021 wurde die Ausstellung vom 23. Juli bis 5. September im Weinbaumuseum Hoflößnitz in erweiterter Form erneut gezeigt; am 1. September 2021 gab es dazu in der Hoflößnitz zwei Vorträge zum Thema. Schon am 15. Juli 2021 hatte die AG an den 80. Jahrestag des am 22. Juni 1941 erfolgten deutschen Überfalls auf die UdSSR mit der Vorführung des Films »Das Wunder von Leningrad« erinnert, der die dreijährige Blockade von Leningrad thematisiert.
Das andere »Standbein« der AG Geschichte bilden Mitunterzeichner eines 2009 von Thomas Berndt entworfenen offenen Briefes, in dem die mangelnde Aufmerksamkeit seitens der Radebeuler Einwohnerschaft für Gedenkveranstaltungen zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus beklagt und eine breitere gesellschaftliche Basis hierfür eingefordert wurde. Aus den 25 Ernstunterzeichnern des offenen Briefes kristallisierte sich ein Arbeitskreis heraus, dem u.a. die Radebeuler Courage-Preisträger Ingrid Lewek und Thomas Berndt sowie Ingrid Claußnitzer und Roland Hering angehörten und der von einigen Stadträten unterstützt wurde. In den folgenden Jahren organisierte dieser Arbeitskreis jeweils am 27. Januar Gedenkveranstaltungen an verschiedenen Orten sowie zu verschiedenen Opfergruppen und Verbrechenskomplexen des Nationalsozialismus (Vernichtungslager Auschwitz, »Euthanasie«-Verbrechen, Kriegsgefangenenlager Zeithain, »Judenlager« Hellerberg, Ghetto Theresienstadt, frühes KZ Hohnstein, um nur einige zu nennen). Das Neue an diesen Veranstaltungen war, dass der Arbeitskreis bei der Vorbereitung ganz bewusst auf die Radebeuler Oberschulen und Gymnasien zuging, die im jährlichen Wechsel eigene Projekte entwickeln sollten, was dank des Engagements der Geschichtslehrerinnen und -lehrer auch gelang. Zum Teil konnten zu den Themen beeindruckende Recherchearbeiten von Schülern der Klassenstufen 9 bis 11 präsentiert werden. Die Kreismusikschule unterstützte diese Veranstaltungen. Als weiteres Thema kamen Gedenkveranstaltungen an die Opfer der Novemberpogrome jeweils am 9. November hinzu. Gleichwohl war die Basis für eine gelingende Gedenkarbeit nicht stabil (Belastung der wenigen Aktiven, Aufwand für die Motivation und Betreuung von Schülerprojekten, finanzielle Unterstützung), so dass die Gruppe um Thomas Berndt 2018 dem Ältestenrat des Stadtrates eine kritische Bestandsaufnahme ihrer bisherigen Bemühungen vortrug und Änderungen anmahnte.
In dieser problematischen Lage entwickelte sich dann die schon beschriebene Initiative zum 75. Jahrestag des Kriegsendes, die ebenfalls nur einen kleinen Teil ihres Programmes verwirklichen konnte. Im Herbst 2021 gab es daher erste konkrete Überlegungen, das Nebeneinanderbestehen zweier Initiativgruppen zu beenden und eine auf Dauer und Stabilität ausgerichtete neue »AG Geschichte Radebeul« unter Beteiligung von Mitarbeitern der Stadtverwaltung zu gründen. Eine erste gemeinsame Veranstaltung konnte am 11. November 2021 im Kulturbahnhof mit einem Vortrag des Radebeuler Historikers Daniel Ristau (inzwischen Mitglied der AG) »Pogrom / Gewalt. Die Novemberpogrome in und um Radebeul 1938« durchgeführt werden; eine umfassende, von ihm konzipierte Ausstellung zu den sächsischen Novemberpogromen war gleichzeitig im Kulturbahnhof zu sehen. Zum traditionellen Gedenken am Rosa-Luxemburg-Platz trugen Schüler Radebeuler Schulen Textpassagen aus einer Publikation über die verfolgte Dresdner Jüdin Henny Brenner vor, umrahmt von Musik.
Eine weitere Veranstaltung fand im März 2022 statt. In Erinnerung an die Entstehung wilder und früher Konzentrationslager im März 1933, wo auch Radebeuler Bürger inhaftiert und umgekommen waren, wurde am 11. März 2022 der aktuelle Film unter dem Titel »Folterkeller in Wohnquartier« gezeigt, der auch die Radebeuler Opfer im Konzentrationslager Hohnstein/Sächsische Schweiz beleuchtet. Im Anschluss gab es eine lebhafte Diskussion unter Beteiligung der beiden Regisseure des Filmes, des Oberbürgermeisters und der Besucher. Die Veranstaltung konnte am 24. Mai 2022 im Riesaer Stadtmuseum wiederholt werden. Im weiteren Jahresverlauf wird es wie gewohnt am 17. September eine Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den Sturz Salvador Allendes am 11. September 1973 geben; am 9. November 2022 folgt noch eine Vortragsveranstaltung im Kulturbahnhof, wo die von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem erarbeitete Ausstellung »Lichter im Dunkel: Frauen während des Holocaust« zu sehen sein wird. Gleichzeitig blicken wir schon auf das Jahr 2023 voraus (27. Januar, 23. April, 7./8. Mai, 9. November) und wollen uns für die Verlegung weiterer Stolpersteine in Radebeul einsetzen. In der Diskussion sind auch Veranstaltungen zu geschichtlichen Ereignissen der Zeit ab 1945.
Die AG Geschichte Radebeul versteht sich ausdrücklich nicht als unpolitisch, aber als strikt überparteilich. Weil sie nicht als Verein organisiert ist, bestehen auch keine inneren Hierarchien. Einzelne oder mehrere sind jeweils für bestimmte Veranstaltungen verantwortlich und führen sie federführend durch. Die AG umfasst inzwischen rund ein Dutzend Mitwirkende, unter ihnen auch Frau Dr. Gabriele Lorenz und Alexander Lange vom Kulturamt der Stadt Radebeul sowie Romy Leidhold vom Stadtarchiv. Informationen zu den Veranstaltungen werden regelmäßig im Amtsblatt veröffentlicht, zudem nach Möglichkeit auch in der regionalen Presse. Weitere Informationen zur AG Geschichte können in Kürze über die Website des Stadtarchivs Radebeul abgerufen werden.

Für die AG Geschichte Radebeul: Dr. Klaus-Dieter Müller

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Wir würden uns sehr freuen, wenn noch andere an diesen Themen und diesen Anliegen Interessierte zu uns stoßen könnten; insbesondere wollen wir die Kooperation mit interessierten Lehrern und ihren Schülern verstärken (Kontakt: Stadtarchiv Radebeul, Romy Leidhold, Tel. 0351-8305252).

Radebeuler Miniaturen

Das Urteil

An delphischem Lorbeer war ihm nie gelegen. Ein Denkmal, dauerhafter als Erz? Um Himmelswillen, bloß nicht!
Im Stillen vergessen wollte er werden, denn das Vergessen war es, das ihm zeitlebens verwehrt geblieben ist.
Hoffnungsvoll war er zur Welt geboren, wie jedes Kind. Die Mutter aber sah bald den Soldaten in ihm, den Helden, der er nicht war und der er nicht werden konnte. Erspart blieb ihm nichts: Siebzehnjährig sollte er im letzten Aufgebot „für Führer, Volk und Vaterland“ die Kartoffeln aus dem Feuer holen. Aber da waren keine mehr. Ohne großen Schaden angerichtet haben zu können, geriet er in Kriegsgefangenschaft. Immerhin hatte er mehr erlebt, als gut für ihn war. „Schön ist die Jugend, sie kehrt niemals wieder …“ daß ich nicht lache! Ha!
Als er nach Hause kam, waren die Jugend vorbei und die Gesundheit ruiniert. Was ihm blieb, waren Magenkrämpfe, Darmkoliken und schwere Träume, für die kein noch so geschulter Mediziner auch nur den Hauch einer Ursache finden konnte. Was ihm verwehrt blieb, war das Vergessenkönnen.
Erst als er mit achtundachtzig Jahren starb, war der Krieg für ihn beendet.

Die Schäden jener bösen Jahre vor 1945 sind noch längst nicht behoben, auch wenn die Frauenkirche „schön wie nie…“ über Dresden ragt. Selbst wenn der letzte Zeitzeuge erlöst sein sollte, tragen wir Nachgeborenen weiter an dieser Last, bis ins vierte Glied.
Gut siebzig Jahre immerhin lebte die Hoffnung auf ein NIE WIEDER!
„Schwerter zu Pflugscharen…“ diese schöne Vision trug auch ich jahrelang am Ärmel. Doch spätestens mit dem Anschlag auf die Twintowers begann die Illusion zu bröckeln. Nun ist sie zerstört.

Ich bin dankbar, daß meinem Vater das Erlebnis des Rückfalls in die Steinzeit der Gewaltrhetorik erspart geblieben ist!

Am 1. September 1939 begann der zweite Weltkrieg. Wir haben immer noch nichts gelernt. Und es besteht keine Aussicht auf Besserung.
Wir Nachgeborenen der Kriegsväter und Kriegsgroßväter sollten uns zusammentun und als Menschheit den Ehrentitel „homo sapiens“ (d. i. „der verständige Mensch“) für immer als ungerechtfertigt zurückgeben!

Im Augenwinkel nehme ich wahr, wie Ulrike auf Zehenspitzen aus dem Zimmer schleicht und leise die Tür hinter sich zuzieht …
Thomas Gerlach

WeinBergKulTouren verbinden

SkaZka Orchestra Trio Foto: Radebeuler Kulturverein e.V.

Mit über 30 Einzelkünstlern, Künstlerinnen und Gruppen 2021 gestartet, entwickelt sich das Format auch in diesem Jahr zum Publikumsmagnet. Einmalig ist dabei das Zusammenwirken von Winzerinnen und Winzern mit dem Radebeuler Kultur e.V. zum Wohle der Kultur sowie der Stärkung unserer einmaligen Region. Keine andere Stadt ins Sachsen hat das Glück, so viele Weingüter und Straußwirtschaften über das Stadtgebiet verteilt zu haben, wie Radebeul.

The Saxonz Foto: Radebeuler Kulturverein e.V.

Per Pedis oder mit dem Fahrrad kann den Bands hinterher gewandert beziehungsweise geradelt und die Natur dabei erkundet werden. Zur Halbzeit in diesem Jahr lässt sich jetzt schon eine Steigerung der Besucherzahlen vermelden. Eine bunte Mischung von Genres beginnend mit Folk, Chanson, Jazz, Blues, bis hin zu Pop sowie Swing lockt Besucher aller Generationen sowohl aus der Nachbarschaft als auch aus der Ferne. Keine Frage, — die WeinBergKulTour soll als „niedrigschwelliges“ Angebot weiter bestehen. Eine erste Prämierung durch den Simultanplusfond 2021 half dieses Jahr mit großartigen Künstlerinnen und Künstlern zu bestücken. Dabei stammt ein Teil aus Radebeul, ist regional verwurzelt, während andere aus weiteren Teilen Deutschlands, Polens, Tschechiens, Frankreichs, Islands oder Burkina Faso anreisen. Wichtig ist die Vermittlung von Lebensfreude sowie der unglaublichen Vielfalt von Musik. Das Publikum kann beim Hören ein gutes Getränk von den Weinhängen der Lößnitzstadt genießen, bevor nach 30 Minuten das Bandsset endet und freundliche Rekommandeure um eine Spende in den Hut für die jeweilige Gruppe und das Projekt bitten. Zwei Mal gibt es 2022 noch die Chance, dabei zu sein und mindestens einen der elf teilnehmenden Orte mit Freunden oder der Familie zu besuchen, bevor es dann 2023 weiter geht.

Janosch Bianco
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Nächste Termine sind: 4.9. + 16.10.22 jeweils ab 13 Uhr. Mehr Infos finden sich unter: www.radebeuler-kultur.de

Bild: Josefine Lippmann

20 Jahre Kulturverein Stadtbibliothek Radebeul e.V.

Mit der Eröffnung der Erlebnisbibliothek am 08. Juni 2002 im historischen Bahnhofsgebäude in Radebeul Ost gründete sich am 21. August 2002 der Kulturverein der Stadtbibliothek Radebeul e.V..
Zu Beginn fanden sich 16 engagierte Radebeuler zusammen, um die Bibliothek mit neuen Ideen zu unterstützen. In der Veranstaltungstätigkeit sollten gemeinsam interessante Projekte angeregt, organisiert und durchgeführt werden.
Neue Veranstaltungsreihen wurden geboren: die Gespräche über Literatur (jeden ersten Montag im Monat um 17.30 Uhr), das Literaturkino (jeden zweiten Donnerstag im Monat um 17 und 20 Uhr) und die vierteljährlich wechselnden Ausstellungen Radebeuler Künstler und Künstler des Umlandes.
In den 20 Jahren stellten etwa 72 Künstler ihre Werke in den Räumen der Bibliothek aus. Darunter examinierte Künstler und Autodidakten auf den Gebieten Malerei, Grafik und Fotografie.
Mehr als 200 Literaturgespräche über Werke der Weltliteratur sowie zeitgenössischer Literatur fanden statt. Außerdem wurden ca. 400 Kinoveranstaltungen mit anspruchsvollen Filmen (u.a. Literaturverfilmungen, Familien-, Jugend- und Kinderfilmen) gezeigt.
Vereinsmitglieder wählten kenntnisreich die zu besprechenden Bücher und die gezeigten Filme aus, übernahmen die Organisation und Werbung für die Veranstaltungen. Eine Arbeit, die viel Aufwand erforderte. Und nicht zu vergessen: auch die vierteljährlich wechselnden Ausstellungen in den Räumen der Bibliothek wurden mit Liebe zum Detail vorbereitet und betreut. Bis heute können die Besucher in der Bibliothek Kino erleben, literarisch diskutieren und sich interessante Ausstellungen ansehen.
Am Montag, den 5. September geht es in den Literaturgesprächen über Sasa Stanisics Roman „Herkunft“. Im Literaturkino am Donnerstag, den 8.9. wird der Oscar-prämierte Film „Nomadland“ gezeigt.
Vereinstätigkeit ist auch dazu da, um soziale Unterschiede abzuschwächen. Die Veranstaltungen stehen allen Bevölkerungsschichten offen. Auch einkommensschwache Familien sollen Zugang zum Kulturprogramm erhalten. Viele Veranstaltungen haben freien Eintritt, beim Literaturkino entfällt der Unkostenbeitrag für Radebeul-Pass-Inhaber.
In der aktuellen Ausstellung von Markus Retzlaff sind noch bis
28. Oktober 2022 „Radierungen im kleinen und großen Format“ zu sehen.
Am Samstag, den 10. September um 17.00 Uhr findet die Midissage zur Ausstellung statt (Sidonienstr. 1c).
Der Kulturverein Stadtbibliothek Radebeul unterstützte auch Projekte der Bibliothek zur Leseförderung von Kindern und Jugendlichen, wie die „Radebeuler Kinder-Lese-Kino-Tage“, den „Jahrmarkt des Wissens“, die „RADEBULer-mitmach-ERLEBNIS-Woche für Kinder“, die „Bücherkiste“ – für Schüler der 5. bis 8. Klassen, das Kinderkino in den Sommer- und Herbstferien und vieles mehr.
Es ist schön zu sehen, welche Früchte die langjährige Zusammenarbeit trägt. So sind die Veranstaltungen des Vereins für viele Radebeuler Mitbürger und mittlerweile auch für Besucher aus dem Umland zu einer festen Größe im privaten Kalender geworden.
In den 20 Jahren kam auch das Vereinsleben nicht zu kurz. Neben den regelmäßigen Treffen wurden runde Geburtstage und Weihnachten gefeiert, Wanderungen organisiert und Ausstellungen besucht, wie z.B. der Besuch des Richard-Wagner-Museums in Graupa, des Großen Zittauer Fastentuchs und weitere interessante Besichtigungen.
Und die Geschichte ist natürlich noch nicht zu Ende. Auch in Zukunft möchte der Verein die Bibliothek bei der Veranstaltungstätigkeit unterstützen und freut sich weiterhin auf eine konstruktive Zusammenarbeit.

Der Kulturverein Stadtbibliothek Radebeul e.V. bedankt sich für die finanzielle Unterstützung durch die Stadt Radebeul und durch die Meißner Sparkassenstiftung sowie bei dem Amt für Kultur und bei den Bibliotheksmitarbeiterinnen für die organisatorische und fachliche Betreuung bei den vielen Veranstaltungen.
Immer auf der Suche nach engagierten Mitgliedern, die das Team bei der Vereinsarbeit unterstützen, sind alle Interessenten herzlich willkommen, die die Freude an Literatur und an der Organisation von kulturellen Veranstaltungen mit uns teilen möchten.

Die Mitglieder des Kulturvereins Stadtbibliothek Radebeul e.V.

 

Mit einem Lächeln dem Leben begegnen

Tine Neubert gestaltet das Etikett für die diesjährige Wein-Sonderedition zum Wandertheaterfestival

Foto: A. Wirsig

Vielleicht ist es ja so gewesen: Irgendwann vor 45, 47 oder auch schon 50 Jahren bemerkte die Radebeuler Schülerin Tine Neubert, dass die aus Langeweile im Schulunterricht entstandenen, in Hefter und auf Zettel verewigten Kritzeleien eigentlich ganz gut gelungen waren. In der Pause bekam sie anerkennende Worte ihrer Freundinnen für die Männchen mit großen Füßen und spitzen Nasen. „Die sind ja lustig!“ riefen sie aus, und wer genau hinhörte, der bemerkte, dass sich auch ein bisschen Neid unter das Lob gemischt hatte. Vielleicht ist es auch anders gewesen und hat die Kunstlehrerin das talentierte Mädchen unmerklich gefördert, ihre Begabung zielgerichtet unterstützt, weshalb der Kunstunterricht ihr Lieblingsfach war. Vielleicht war es auch eine Mischung aus beidem, sodass aus dem Mädchen, das einst Tierpflegerin oder Tierärztin werden wollte, mit der Zeit eine Künstlerin wurde, die autodidaktisch inzwischen einen unverwechselbaren Stil ausgeprägt hat. Tine Neubert malt überwiegend „Gute-Laune-Bilder“ in Tusche und mit Aquarellfarben, wodurch sie vor allem Kinder, Jugendliche und Erwachsene anspricht, die das Leben mit einem Augenzwinkern zu leben verstehen – oder gern so leben würden. Tine Neuberts Figuren sind einerseits Träumer, Faulenzer und Lebenskünstler, also Abbilder dessen, was viele von uns Erwachsenen insgeheim auch gern ab und an sein würden. Wer sehnt sich denn nicht danach, dem durchgeplanten und auf Effizienz ausgerichteten Alltag einmal zu entfliehen und für eine kleine Weile ein heiteres Leben zu führen? Andererseits hat sich Tine Neubert in ihren Figuren nun doch den Berufswunsch der Tierpflegerin auf ganz kreative Weise erfüllt, denn viele gut gelaunte Tiere bevölkern ihre Bilder: zottelige Hunde, verschlafene Uhus, Pinguine im Frack, Frösche in Badehosen, Pferde mit Blumenkränzen in der Mähne und noch viele andere Kreaturen, die Tine Neuberts Fantasie entsprungen sind. „Ich finde, mit Humor lassen sich die kleinen und großen Herausforderungen des Alltags viel besser meistern.“

Foto: B. Kazmirowski

Tine Neubert, die seit 30 Jahren in München lebt, kann sich die Freiheit nehmen, ihrer Kunst ohne wirtschaftlichen Druck nachzugehen. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass sie ihre Tuschezeichnungen, Acrylbilder und Aquarelle nicht zwanghaft den Regeln des Kunstmarktes unterwirft. Erlaubt ist, was ihr gefällt – und vor allem den Betrachtern, womit sie jedoch weniger die Kritiker der Feuilletons im Sinne hat als die kunstinteressierte Öffentlichkeit. Die Freude an dem, was unter ihren Händen entsteht, merkt man ihren Werken an, diese lächeln dem Betrachter quasi entgegen. Ihren beruflichen Alltag verbringt sie übrigens seit 35 Jahren als Bibliotheksassistentin für wissenschaftliche Bibliotheken, vor der Wende in der Fachbibliothek für Sozialhygiene an der Medizinischen Akademie Dresden, nach ihrem Umzug nach München zuerst bei der Linde AG, seit 16 Jahren am Deutschen Jugendinstitut.
Als begabte nebenberuflich aktive Künstlerin hatte sich Tine Neubert schon hierzulande einen Namen gemacht, bevor sie Anfang der 1990er nach Süddeutschland gezogen war. Bereits in den 1980er Jahren hatte sie erste Erfahrungen durch eine Zusammenarbeit mit der Radebeuler Puppentheatersammlung sowie dem Puppentheater Dresden und dem Tanztheater Leipzig beim Bühnen- und Puppenbau gesammelt. In den 1990er Jahren zeichnete sie Cartoons für die Sächsische Zeitung und den Elbhangkurier und seit 2009 nimmt sie regelmäßig am Radebeuler Grafikmarkt und an intermedialen Kunstprojekten teil. Hinzu kamen etliche Auftragsarbeiten für die evangelische Oberschule in Radebeul zur Gestaltung von Unterrichtsmaterialien und Illustrationen für die Kinderarche Sachsen e.V., worunter ganz aktuell anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Vereins die Gestaltung eines Weinetikettes für den Wein vom eigenen Weinberg fällt. In München wiederum ist Tine Neubert seit mehr als 20 Jahren mit einem Stand auf dem Schwabinger Künstler- und Kunsthandwerker-Weihnachtsmarkt vertreten und hat sich in vielfältiger Weise auch als Gebrauchsgrafikerin Anerkennung verschafft. In Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Werkstatt München zeichnete sie für die Gestaltung von Kalendern, Präsentationen, Broschüren, Tassen und Adventskalendern verantwortlich. Hinzu kommen auch noch Illustrationen für Lehrbücher, für die Lernplattform „Digitale Schule Bayern“ und für ein Literaturmagazin für Kinder. Heiterkeit strahlen auch ihre Postkarten mit Münchener Motiven aus, wobei es ihr eben nicht um die klassischen Ansichten von Frauenkirche, Viktualienmarkt oder Olympiastadion geht: „Die Bewohner Münchens illustriere ich oft und gerne: Seien es Nackerte im Englischen Garten, ausgelassenes Feiervolk bei einer Isarfloßfahrt oder die Blasmusik am Chinesischen Turm. Vorlagen für neue Bilder tummeln sich überall.“
Der nicht ganz ernst gemeinte Blick auf das Leben, der sich in den vielen nicht ganz ernst gemeinten Figuren ausdrückt, war sicherlich einer der Gründe, warum der Radebeuler Förderverein des Internationalen Wandertheaterfestivals an Tine Neubert mit der Bitte herantrat, das Etikett für die Wein-Sonderedition 2022 zu gestalten, die seit vielen Jahren fester Bestandteil der Festivaltradition ist. Tine Neubert lädt mit ihrem Entwurf die Käufer dieses besonderen Weins, übrigens ein Bio-Johanniter vom Weingut Hoflößnitz, dazu ein, die beim Genuss empfundene Heiterkeit in den Aufführungen des Festivals künstlerisch verwandelt zu entdecken. „Stelzenläuferin und Feuerschlucker geben sich ein Stelldichein, dazu Musik, Theater und die Winzer aus Radebeul und Umgebung bieten die Schätze aus ihren Weinkellern an – das ist die Verbindung von Internationalem Wandertheaterfestival und Weinfest. Fröhlich und leicht geht es zu auf diesem Fest! Altkötzschenbroda als Ort des Geschehens und die Hoflößnitz, wo die Reben für diesen Wein stehen, dürfen natürlich auch nicht fehlen. Mit großer Freude habe ich das Etikett für die Jubiläums-Edition gestaltet und wünsche viel Spaß beim Betrachten der Flasche und Genuss beim Leeren des köstlichen Inhalts.“ Und so mögen all jene, die Ende September eine dieser limitierten Flaschen erwerben, sich beim Schmunzeln über das Etikett auch gleich noch das erste Novemberwochenende vormerken, an dem Tine Neubert beim Radebeuler Grafikmarkt vertreten sein und ausstellen wird. Das wäre doch eine gute Gelegenheit, mit der Künstlerin über die Verbindung von Wein, Theater und Kunst ins Gespräch zu kommen – mit einem Lächeln im Gesicht…

Bertram Kazmirowski

 

 

In eigener Sache

Ilona Rau zum 70. Geburtstag – Eine Würdigung

Foto: D. Lohse

In diesem Jahr feiern wir in drei aufeinanderfolgenden Monaten den runden Geburtstag eines Redaktionsmitgliedes. Im Juli und August wurde die seit mehr als 20 Jahren aus Bertram Kazmirowski und Sascha Graedtke bestehende, intern scherzhaft noch immer so bezeichnete „Jugendredaktion“ gemeinsam stattliche 100 Jahre alt, was unsere Vereinsvorsitzende Ilona Rau in ihren Glückwünschen dezent anklingen ließ. Nun ist Ilona Rau im September selbst an der Reihe und tritt in den glücklichen Kreis derjenigen ein, die ihr achtes Lebensjahrzehnt mit Agilität und Tatkraft angehen können, denn das ist ja nicht selbstverständlich. Seitdem ich Redaktionsmitglied bei „Vorschau und Rückblick“ bin, es sind nunmehr 28 Jahre, erlebe ich Ilona Rau als die treibende Kraft des Vereins und damit verbunden auch des Redaktionslebens, denn Aufgabe des Vereins „Radebeuler Monatsheft e.V.“, dem sie seit mehr als 20 Jahren vorsteht, ist ja die allmonatliche Herausgabe des Heftes. Verein und Redaktion sind sich darin einig, dass Ilona Rau eine öffentliche Würdigung eigentlich schon lange verdient gehabt hätte, die nun anlässlich ihres runden Geburtstages endlich erfolgt.

Liebe Ilona! Wer greift ordnend und zielorientiert in unsere bisweilen wuchernden Redaktionsdiskussionen ein und bringt damit Dinge und Themen voran? Du! Wer denkt alljährlich daran, rechtzeitig eine Mitgliedsversammlung des Vereins einzuberufen, schreibt die Einladungen dazu, organisiert den Raum, kümmert sich um ein freundliches Willkommen aller Gäste und leitet die Versammlung? Du! Wer netzwerkt in Radebeul und in den Nachbargemeinden mit großem Engagement und hält damit auch „Vorschau und Rückblick“ immer wieder erfolgreich bei Behörden, Einrichtungen, Gewerbetreibenden, Künstlern und anderen Interessierten im Gespräch? Du! Wer kümmert sich darum, dass alle rechtlichen Belange der Vereinsarbeit sachlich und geräuschlos von Statten gehen? Du! Wer hält also seinen Kopf für praktisch alles hin, was unser Verein tut oder unterlässt? Du! Liebe Ilona, soviel „DU“, ohne welches es unser gemeinsames „WIR“ in Redaktion und Verein gar nicht gäbe! Oft wird unterschätzt, welcher Anstrengungen und Disziplin es für dich bedurfte, den organisatorischen Überbau für das Heft, also den Verein, durch die Fährnisse der letzten beiden Jahrzehnte zu lenken. Denke noch einmal an die dramatische finanzielle Lage des Vereins in den Jahren nach der Finanzkrise, als wir um jeden Euro betteln mussten, weil Anzeigenkunden weggebrochen waren. Erinnere dich an die Sorgen, die wir uns nach Dieter Malschewskis Tod 2009 um die Zukunft des Heftes machen mussten, als plötzlich ein leitender Redakteur fehlte. Rufe dir ins Gedächtnis zurück, dass auch die Abgänge von Frank Andert und Ulrike Kunze sowie das krankheitsbedingte Ausscheiden von Wolfgang Zimmermann das Redaktionsschiff zeitweilig arg ins Schlingern brachten, weil mit jedem von ihnen auch Kompetenz und Erfahrung gingen. Nicht zu vergessen die letzten zweieinhalb Jahre der Pandemie, in denen unser Redaktions- und Vereinsleben arg eingeschränkt war und wir uns kaum treffen konnten. Aber du, was hast du gemacht? Du hast nicht dem Vergangenen nachgetrauert oder mit den Verhältnissen gehadert, sondern uns alle ermutigt in die Zukunft zu schauen und „das Beste daraus zu machen“. Dazu gehört(e), dass du neuen Ideen immer aufgeschlossen gegenüber stehst. Ob es nun die Organisation von Veranstaltungen ist (wie die Lesung mit Thomas Rosenlöcher), ob es die Teilnahme des Vereins an Messen oder am Grafikmarkt betrifft oder ob es um die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen wie dem Kulturverein Radebeul geht – immer ist für dich entscheidend, Kunst und Kultur in der Breite zu stärken und unser Monatsheft dabei sichtbar zu platzieren. Dazu gehört schließlich auch, dass du von Anfang an sehr dafür warst, dass die „Vorschau“ im Internet vertreten ist und wir uns als Verein dort aussagekräftig präsentieren.
Liebe Ilona, für all das Genannte möchten wir dir sehr herzlich danken! Wir gratulieren dir zu deinem Geburtstag und wünschen dir noch viele Jahre in unverminderter Gesundheit und mit nie versiegender Energie, in denen du deine weitgespannten Interessen pflegen und auch für deine Familie da sein kannst! Gestatte uns schließlich, mit diesem Beitrag einen dringlichen Wunsch öffentlich machen, der wie kein zweiter dafür steht, was du uns bedeutest: Wir wünschen uns, dass du noch so lange, wie es dir deine Gesundheit erlaubt, unsere Vereinsvorsitzende bleibst und du auch weiterhin mit konstruktivem Engagement unser Redaktionsteam bereicherst. “Vorschau und Rückblick“ irgendwann einmal ohne Ilona Rau? Diesen Gedanken schieben wir gaaaanz weit weg! Mindestens bis zum nächsten runden Jubiläum!

Im Namen des Vereins und der Redaktion
Bertram Kazmirowski

Schreibwerkstatt (7. Teil)

Hallo, Schule – ich komme!

Mein Weg von zuhause in die Schule startet immer um 7.25Uhr. Im Winter ist es dann dunkel, manchmal stürmt es. Oft frieren meine Freundinnen und ich, und wir müssen mit unseren Fahrrädern auf der glatten Straße sehr vorsichtig sein. Im Frühling geht alles viel leichter.
Bald kommen wir auf eine kleine Straße, wo uns eigentlich fast immer ein weißes, großes Auto entgegenkommt. Wohin es wohl fährt? Wir können nicht erkennen, wer drin sitzt.
Dann sehe ich das Haus, in dem meine beste Freundin einmal gewohnt hat. Das ist Mette, die jetzt
mit ihrer Familie in einem eigenen Haus lebt. Noch ein paar Meter und nun leuchtet uns das Haus auf der Gartenstraße entgegen, das ganz neu gebaut wurde. Es ist echt hübsch. Es sind schon Leute eingezogen, glaube ich, weil ich dort abends manchmal Licht sehe.
Am Spielplatz trifft man nur am Nachmittag Leute. Dann spielen da die ganz Kleinen mit verschiedenfarbigen Holzkisten. Und was machen die Eltern ? Sie schauen viel zu oft auf ihr Handy. Aber früh um halb acht ist da natürlich noch keiner. Mit meinen Geschwistern habe ich auf dem Spielplatz immer viel Spaß gehabt.
Nun fahren wir hoch auf die „Rote Brücke“. Die heißt natürlich nicht so – sie ist eine normale Brücke mit einem roten Geländer und führt über die Bahnschienen.Nur noch abbiegen – und schon bin ich da! Es ist noch Zeit ein bisschen mit meinen Freundinnen zu quatschen. Aber dann klingelt es schon…!

Paula Lentz – Klasse 7 – Lößnitzgymnasium Radebeul

Mein Schulweg

Tick Tack Tick Tack… Mist, es ist schon 7:26! Jetzt muss ich mich aber beeilen, um noch die 30. Bahn zu kriegen. Glück für mich, dass ich nur 3 Minuten von der Haltestelle entfernt wohne.
Schnell noch das Tor öffnen… Schlüssel in den Ranzen… Maske… Ach, die Jacke brauch ich ja auch noch. Erleichterung durchströmt mich, als ich die kalte Winterluft einatme und spüre, wie sie sich in meinen Lungen verteilt. Der Winter ist, so finde ich, die beste Zeit des Jahres. Auf dem Weg zur Haltestelle begegne ich wieder der Frau mit den braun-blonden Haaren. Wir kennen uns nicht, weder den Namen noch sonst etwas, aber wir grüßen uns immer. Vielleicht arbeitet sie ja im Krankenhaus oder Kindergarten um die Ecke? Auf jeden Fall finde ich ihre Freundlichkeit super! Sie nimmt mir eine gewisse Anspannung.
An der Ampel angekommen, verschnaufe ich kurz. 1-2 Minuten Warten, weil sich die Ampel an den Zeiten der Straßenbahnen ausrichtet. Gerade als die Ampel grün wird, kommt meine Straßenbahn. Ich hetze über die Straße, steige ein und nehme mir den schweren Ranzen vom Rücken. Wenn ich hier so sitze, drehen sich meine Gedanken meist um Tests, denn entweder schreiben wir welche oder bekommen sie zurück. Und
wenn einer der seltenen Tage kommt, an denen das nicht so ist, schaue ich ohne Gedanken in die Ferne. Doch irgendetwas da draußen erregt immer meine Aufmerksamkeit: sei es ein neues Werbeschild oder ein riesiger Schneemann. Letztes Jahr gab es auch ein mit Lichterketten behangenes Haus. Dieses Jahr habe ich es noch nicht entdeckt, aber ich bin mir sicher, es wird noch geschmückt. Es wäre traurig, wenn nicht, denn es versetzt einen immer in eine gute Stimmung. Zumindest mich. Falls sie es nicht schmücken, ist er oder sie vielleicht krank oder im Urlaub. Vielleicht möchten die Nachbarn es auch nicht, wegen des Lichts. Nach 5 Haltestellen bin ich fast angekommen. Nur noch die Straße runter, um die Ecke… und endlich stehe ich um 7:43 Uhr im Schulhof und quatsche mit meinen Freundinnen.

Emma Zaschke – Klasse 8 – Lößnitzgymnasium Radebeul

Porzellandesign und Keramik

Antje Kempa, Teile eines Bürogeschirrs aus Porzellan, realisiert 1990 bei Weimar-Porzellan in Blankenhain Foto: A. Kempa

Arbeiten von Antje Kempa im Weinbaumuseum Hoflößnitz

Seit einigen Jahren wächst das Interesse am ostdeutschen Design. Es wird nach den Köpfen hinter so populären Produkten wie den Montagemöbeln des VEB Deutsche Werkstätten Hellerau (MDW), dem Moped S 50 und dem Mitropa-Geschirr gesucht. All diese Gestalter vereinte das Ziel, im Aufbau klare, funktionale und ästhetisch ansprechende Gebrauchsgegenstände zu entwerfen. Diese Haltung machte Schule, z.B. an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, wo Antje Kempa, der das Sächsische Weinbaumuseum Hoflößnitz in Radebeul gegenwärtig eine kleine Personalausstellung widmet, zwischen 1987 und 1992 Keramik-Design studierte.
Aufgewachsen in Radebeul, erwarb Antje Kempa (* 1967) das handwerkliche Rüstzeug hierfür mit einer Töpferlehre in der Werkstatt »Karl Louis Lehmann« in Neukirch/Lausitz. In Berlin-Weißensee absolvierte sie, der Idee des berühmten Weimarer Bauhauses folgend, zunächst das Grundlagenstudium. Hier wurde gezeichnet, gemalt und modelliert, was ihren Neigungen entsprach.

Antje Kempa, Vorstufen aus Porzellan zum Diplomgeschirr Lufthansa Partyservice, 1991 Foto: A. Kempa

Im Fachstudium erfolgte die enge Verzahnung von Theorie und Praxis. Bei den eigenen Geschirrentwürfen standen ihr so exzellente Gestalterpersönlichkeiten wie Prof. Christa Petroff-Bohne, Margarete Jahny (sie entwickelte mit Erich Müller das Mitropa-Geschirr) und Ludwig Zepner, Leiter des Kollektivs »Künstlerische Entwicklung« der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen, zur Seite. Nach dem Diplom und beruflichen Stationen in Paris und Berlin kehrte Antje Kempa 1996 in ihre Heimat zurück, wo sie bis 2010 als Fachlehrerin für keramische Berufe am Beruflichen Schulzentrum Meißen tätig war.

Antje Kempa, Entwurf für ein Teeservice, 1993 Foto: A. Kempa

Antje Kempas Gefäßformen tragen oft einen runden, klassischen Charakter. Beim Werkstoff Porzellan muss gegen statische Verformungsprozesse im hohen Brand um die 1400 °C gearbeitet werden. Deshalb werden zunächst Prototypen hergestellt. Den gesamten Weg bis dahin gestaltete Antje Kempa selbst.

Antje Kempa, Schmuckdosen aus Porzellan, realisiert 1994 bei der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen Foto: A. Kempa

Dies ist in der Ausstellung im Bergverwalterhaus der Hoflößnitz anschaulich dargestellt. Bei anderen keramischen Werkstoffen wie Steingut, welches im Brand nicht so empfindlich ist, arbeitet Antje Kempa freier. Das Likör-Service »Karneval in Rio« ist dafür ein gutes Beispiel.
Im Zentrum der Ausstellung steht der Diplom-Entwurf eines Buffetgeschirrs für den Lufthansa Party Service. Die Formenwelt ist an die Flugzeugnasen, die Triebwerke und die Turbinenschaufeln angelehnt. In den Vorstufen zum eigentlichen Geschirr spiegelt sich zusätzlich das runde Logo der Lufthansa mit dem Kranich wider. Neben funktionalen Aspekten wurden auch ökologische Überlegungen aufgenommen. So kann die Untertasse sowohl für die Tassen, die Dressingkännchen und die Dessertschalen eingesetzt werden.
Einen weiteren Teil der Ausstellung bilden frei gedrehte Schalen mit Reduktionsglasuren sowie Fotos von großformatigen Keramik-Objekten, deren Entstehung durch den Radebeuler Bildhauer Prof. Detlef Reinemer begleitet wurde. Neben Entwürfen und Modellen, die den Prozess von der Idee bis zum gebrauchsfertigen Produkt nachvollziehbar machen, sind auch künstlerische Arbeiten Antje Kempas auf Papier zu sehen.

Frank Andert

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Die Ausstellung »Antje Kempa – Porzellandesign und Keramik« im Sächsischen Weinbaumuseum Hoflößnitz in Radebeul, Knohllweg 37, läuft noch bis zum 9. Oktober, geöffnet Di-So 10-18 Uhr. Zur Ausstellung ist ein Begleitheft erschienen.

 

Editorial September 2022

Und es geht doch! – Gelungene Neubebauung im Ortsteil Serkowitz

An der Ecke Serkowitzer Straße/ Südstraße gehen die seit Frühjahr 2021 begonnenen Bauarbeiten allmählich dem Ende zu. Initiiert von der Besitzgesellschaft Radebeul mbH ist an einer städtebaulichen bisher weitgehend unbeschriebenen Kreuzung vom Architekturbüro Stadtprojekt Rogge.Pfau GmbH, Dresden ein ungewohnt attraktives Bauensemble entstanden. (Abb. 3. Umschlagseite)
Die Kubatur der vier giebelständigen „Ackerbürgerhäuser“ orientiert sich ohne Imponiergehabe an der umgebenden dörflichen Bebauung. Und doch werden mit den – baulich zurückgesetzt – durchstoßenden Verbindern, behutsam, aber durchaus mit Gestaltungswillen ganz moderne Akzente gesetzt. Als besonders spannend ist hier der Eckbau zu nennen, wo das 2. OG frech die Dachfläche bis zur Fassadenkante straßenseitig durchstößt.
Die großen und bodentiefen Fenster geben eine Ahnung von der lichtdurchfluteten Heiterkeit der 20 Wohneinheiten, die aus Zwei-bis Fünf-Raum-Wohnungen und Flächen zwischen 49 m² bis 136 m² bestehen. Erwähnenswert ist zudem, das jeweils ein Treppenhaus sparsam zwei Häuser erschließt und die Erdgeschossebenen barrierefrei gestaltet sind.
In heutigen Zeiten dürften sich die künftigen Mieter besonders auch darüber freuen, dass die Wärmeversorgung des gesamten Areals über ein nachhaltiges Wärmeerzeugungssystem mittels Grundwasserwärmepumpe erfolgen wird.
Im vierten Quartal 2022 sollen die ersten Wohnungen nun bezugsfertig sein.
Man darf auf weitere Projekte gespannt sein!

Sascha Graedtke

 

 

 

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… von flüchtigen Momenten …

Datenwolke, gestrandet
begehbare Installation

Habichtswald in Nordhessen | 2018
Stadtpark Großenhain | 2019

 
… ein Sturm weht vom Paradiese her …,

wohin treibt es den Angelus Novus,
wie offenbart sich die Geschichte heute seinem Blick?

unaufhaltsam
die Zeit
und
wir glauben
ihr mit Fortschritt
zu begegnen

die Geschichte
nicht mehr
verwahrt
in papiernen Archiven
gespeichert
in einer digitalen Welt
unsichtbar
scheinbar unendlich zu füllen
steten Zugriff und Überblick versprechend

Was aber,
wenn unsichtbare Datenwolken stranden?

Constanze Schüttoff

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