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Mit Gerhard Schöne poetisch durch das Jahr
Mo., 1. Aug.. 2022 – 00:12
Idioten vor dem Herrn
Mo., 1. Aug.. 2022 – 00:11
Ich gehöre einer Kirche an, obwohl ich das dazu gehörige Gebäude selten aufsuche. Ich gehöre auch einem Staatswesen an, obwohl ich den Bundestag nur aus dem Fernsehen kenne. Ich bin nicht mit allem einverstanden, was hier wie dort von der Kanzel beziehungsweise vom Rednerpult verlautbart wird. Doch so, ganz im Allgemeinen, bin ich mit der grundsätzlichen Konstruktion einverstanden. Weshalb ich den anteiligen Obolus, hier den Zehnten, dort den Hundertsten, gerne gebe. Wobei das Wort „gerne“, nun ja, lassen wir’s.
Aber wenn ich mich doch mal in eines der Gebäulichkeiten verirre und mir anhöre, was dort von der Kanzel gesprochen wird, dann könnte ich glatt vom Glauben abfallen. An den von der Demokratie, wahlweise auch vom gesunden Menschenverstand. Wir müssen gar keine 2000 Jahre zurück gehen. Man stelle sich irgendeine Gemeinschaft vor, mit ehernen Grundsätzen oder andere Scheuklappenträger. Da steht aus deren Mitte ein bis dato nicht weiter auffälliger junger Mann auf und verkündet, er habe eine neue Satzung verfasst. Ab jetzt hörten gefälligst Alle auf sein Kommando, denn er sei des großen Vorsitzenden, der wegen anderer Verpflichtungen nie anwesend ist, Sohn. Aber er, und nur er, besuche ihn regelmäßig am Wochenende auf dessen Datsche und sitze dann zu dessen Rechten. Das, müsst Ihr wissen, ist bei vielen idiotischen Gremien so: Rechts zu sitzen ist ein besonderes Privileg. Es ist eng verbunden mit einem anderen Privileg: Oben zu liegen! Aber wir greifen vor.
Was, glaubt ihr, passiert? Dem mittelalten Herrn mit einem klopapierrollenartigen Hut, bemalt in den Landesfarben, direkt hinter dem jungen Mann, entrutscht es: „Du hast ja nicht alle Latten am Zaun.“ Murmelnde Zustimmung im Umkreis. Weiter hinten, wo naturgemäß nur die Hälfte verstanden wird, weshalb sich die Leute ihre Weltordnung aus halb Gehörtem, einem gesunden Halbwissen und Youtube zusammenreimen, kommen Rufe wie: „Rübe ab, Schwanz ab!“ Aus der Ecke ganz rechts hinten knurrt ein alter Haudegen mit Beinprothese und Schmissen auf beiden Wagen: „Dem Knaben fehlt es an Konzentration. Wir hatten früher mal Lager, wo man das lernen konnte.“
Doch der schmächtige junge Mann mit Dreitagebart, typisch Millennial, – die haben wir ja gefressen: Noch kein Haar am Sack, aber `nen Kamm in der Hosentasche – hat ein längeres Retreatment in einem Kohlerestloch der Oberlausitz hinter sich. Dort hat er gelernt, wie gedruckt zu labern ohne zuzuhören. Oder umgekehrt. Unbeirrt hebt er den linken (ja, den Linken!, das hat seine Bewandtnis) Zeigefinger und verkündet mit hoher Fistelstimme in einem altertümlichen Deutsch a la Martin Luther: „Wahrlich, ich sage Euch…“ Der Rest geht im allgemeinen Gebrüll unter.
Also, mich wundert da nix. Der Knabe hat entweder ein Extasy zu viel eingeworfen oder er ist einer jener Verwirrten, die mittels eines Sprengstoffgürtels einen Abgang mit möglichst großem Kollerateralschaden planen, weil das 1.000 Likes auf Insta gibt. Oder, das soll es auch geben, weil er davon ausgeht, dass, wenn er nach Drüben rüber gemacht hat, dort 72 Jungfrauen auf ihn warten.
Was mir auffällt: Im Glauben an irgendwelche Schriften oder Youtube-Videos sind diese Leute unschlagbar. Jedes Argument gegen ihre Behauptung, die Erde sei eine Scheibe, nehmen sie als Bestätigung ihres unbedingten Wissens: Alle anderen sind doof! Aber vor lauter Glaubens-Studium haben sie das Rechnen vergessen. Wenn ich, wer weiß es denn schon genau (?), drei Milliarden Jahre bis zur Auferstehung warten muss, dann hat sich doch die 72-fache Jungfräulichkeit, nach, na!, bei sparsamem Gebrauch, spätestens einer Million Jahren erledigt. Was machen wir dann am Nachmittag? Sudoku?
Und jetzt stell ich mir einen fiesen Gott vor, in Personalunion Allah, Shiva, Gaia und was sich die Pastoralassistenten hinieden noch ausgedacht haben: Der ruft den massenhaften Erd-Flüchtlingen zu: Herhören Leute! Ich habe einige Idioten, die da unten in meinem Namen sprachen, machen lassen, weil ich keine Lust hatte, mich einzumischen, ob sie sich nun Moses, Mahdi, Stalin, Hitler oder Höcke nannten. Ich sage Euch nur eins: Ich habe den Adam nicht als erstes geschaffen, weil er immer der Erste sein und oben liegen sollte, sondern weil ich mir das Beste bis zum Schluss aufheben wollte.
Dem Vernehmen nach spricht ja jenes höhere Wesen, das wir verehren, durch einen Dornbusch. Wie sich jetzt im Himmel herausstellt, handelt es sich um den geilsten Scheiß an Subwoofer, den der himmlische Elektrofachmarkt auf Lager hat. Jedes einzelne Wort von des Höchsten Rede ist auch in den hintersten Reihen zu hören und zu verstehen. Dorthin verbannen nämlich die Hutträger und andere selbsternannten „starken Männer“ die Jungfrauen.
Ihr Idioten vor dem Herrn habt ja keine Ahnung, was Euch da drüben wirklich blüht.
Als PS noch etwas Blasphemisches:
Maria und der kleine Jesus sitzen im Tempel. Der Rabbi spricht heute aber arg lang. Nach einer Weile rutscht der kleine Jesus auf seiner Bank herum. Es entspinnt sich ein geflüsterter Dialog:
Halt doch mal stille.
Ich muss mal.
Pscht!
Aber ich muss mal.
Pscht!
Mami…
Pscht!
Da setzt sich der kleine Jesus kerzengerade auf, hebt den linken (!!!) Zeigefinger und verkündet in einem hellen Knabensopran:
Wahrlich, ich sage Dir: Mami, ich muss mal.
Burkhard Zscheischler
Leserbrief
Mo., 1. Aug.. 2022 – 00:10
Sehr geehrter Herr Graedtke,
dem Artikel von B. Zscheischler, „Reden kostet nix, …“, möchte ich ausdrücklich beipflichten. Prima, dass Sie und Ihre Redaktionskollegen ihn ins Heft aufgenommen haben!
Die Analyse des Autors betreffend die schon seit einigen Jahren bis heute bestehende tatsächliche und rechtliche Situation rund um – privates – Bauen (Wohnungsbau) in Radebeul ist m.E. brilliant formuliert.
Ich plädiere daher nachdrücklich dafür, dass der Artikel von Herrn Zscheischler aus dem Juni-Heft mit dem m.E. vorbildlichen 6-Punkte-Plan zur „informellen Einwirkung“ auf potentielle Bauwillige und deren Architekten umgehend von der V&R-Redaktion dem Oberbürgermeister Wendsche formell zugeleitet wird. Herr Wendsche möge bitte den Artikel lesen und Sorge dafür tragen, dass der Vorschlag Herrn Zscheischlers in kurzer Zeit realisiert werden kann. Die Bauvorhaben in Radebeul werden m.E. davon positiv beeinflusst werden.
Mit herzlichem Gruß
Stephan Fussel, Radebeul
Radebeuler Miniaturen
Mo., 1. Aug.. 2022 – 00:09
Sommerabendbierosophie
Immer wieder und – wie Ulrike unkt – immer öfter (aber der Schein trügt natürlich!) sitze ich auf meinem Stammhocker am Faß. Wenn das allgemeine Wachstum gelingen soll, müssen wir alle schon ein bißchen mittrinken. Meist perlt auch gleich, ich bin immer pünktlich, ein kühles Frischgezapftes vor mir im Glas. Diesmal jedoch heißt es warten: Der Gastwirt meines Vertrauens erscheint mit einem leeren Faß in der Tür. Ich muß erstmal wechseln, sagt er. Ich sehe schon, sage ich, der „Biererhaltungssatz“: Die Summe aller Fässer ist immer gleich, aber aus einem leeren kannste nix mehr rausholen.
Genau, sagt er, wie im richtigen Leben. Wo nix ist, geht selbst der Kaiser leer aus.
Doch schon wenig später ist die Welt wieder rund, sprichwörtlich „aus dem Vollen geschöpft“ leuchtet mir das Erhoffte entgegen.
Ein neues Fasss macht richtig Spasss …
Wieder ein Gleichnis: Brunnen, Kiesgrube, Steckdose, oder eben Bierfaß: Du kannst nur rausholen, was drin ist. Nichts ist unendlich verfügbar. Die einfachste Stammtischlogik führt so den Traum vom ewigen Wachstum ad absurdum.
Der Wirt zieht sich wortlos hinter seine Hähne zurück. Er hat sich den Nachmittag mit Steuerunterlagen verdorben und keine Lust, nun auch noch über Mark-Wirtschaft zu bierosophieren.
Bleibe ich also allein mit meinen Weltgedanken, die sich einfach um Schwieriges ranken. Manchmal ist es auch umgedreht, könnte Ulrike jetzt sagen, da verdrehst du das Einfache so, daß es schwierig wird. Schwierig ja, könnte ich kontern, aber dadurch wird’s interessant. Die Tür zur Gaststube zum Beispiel hat, wie ich sehe, eine Klinke. Es bedarf also lediglich der Energie eines Kindes, die Klinke erst runter- und die Tür dann aufzudrücken. Da muß kein fernes Atomkraftwerk aktiviert werden, die automatische Gasterkennungs- und Türöffnungs-mechatronik in Gang zu setzen. Die Tür geht auch nicht ständig auf und zu, nur weil draußen jemand vorüber läuft, der gar nicht rein will. Und sie läßt sich auch bei durchgebrannter Sicherung ganz einfach öffnen und schließen. Klingt nach Steinzeit, funktioniert aber immer und hilft sparen, ohne daß es auffällt.
Wir, also ich und ich, könnten so am Faß eine Klinken-Initiative gründen und damit landesweit ungefähr so viel Strom einsparen, daß die Schließung des Pumpspeicherwerkes Niederwartha nicht mehr ins Gewicht fällt – aber die fällt ohnehin nicht ins Gewicht. Aber viele kleine Dinge könnten schon, wenn sie …
Seufzend nehme ich einen großen Schluck aus dem formschönen Glas. Da stößt mir auf, daß es diesen Trank nie wieder so geben wird: Das zum Getränk vergorene Getreide wird zwar tiefgekühlt zur Köstlichkeit, dann aber in Energie umgewandelt, die sich speziell in Bauchform äußert: Metamorphose ins Megaformlose … So jedenfalls haben es die Götter beschlossen, als sie die Menschheit listig auf den verhängnisvollen Weg der Seßhaftigkeit lockten. Göttlicher Braukunst kann sich – die Biergärten beweisen es – noch heute kaum jemand entziehen. Nur schade, daß dabei die ästhetische Komponente so gründlich aus den Augen verloren wurde.
Wie ich so am Faß darüber meditiere, was „wir“ alles könnten, sehe ich eine Ameise das Glas erklimmen. Sie umrundet zwei, drei Mal den Rand, findet schließlich den ihr offenbar zugedachten Tropfen. Dann richtet sie sich auf, breitet die Flügel aus und fliegt davon.
Woher die Flügel plötzlich kamen?
Egal – es sind die kleinen Dinge, die uns beflügeln, denke ich auf dem Heimweg. Jetzt zum Beispiel wartet Ulrike mit dem Abendbrot.
Thomas Gerlach
Eine Glosse
Mo., 1. Aug.. 2022 – 00:08
Oma und Opa
Schon meine Oma hat mir immer Geschichten erzählt, wahre, erdachte, erdichtete, erträumte und sicher auch gelesene – etwa Grimms Schauermärchen oder gar aus der Bibel. Das war die Zeit als Omas noch tief gläubig waren. Ob die Geschichten vielleicht erfunden, erlogen, erstunken oder im Rausch erlebt sein könnten, kam mir damals überhaupt nicht in den Sinn. Von so etwas hatte ich ja auch keinen „blauen Schimmer“. Völlig unvorstellbar! Da habe ich noch an das Gute im Menschen geglaubt. Obwohl…, so manches kam mir denn doch etwas spanisch vor. Aber meine Oma war wirklich eine liebenswürdige, hochanständige Frau, die keiner Seele je etwas zu Leide tun konnte. Die würde doch nicht…? Und wenn ich mir das jetzt so genau überlege, dann hat Oma auf gar keinem Fall gekifft! Zu jener Zeit dachte ich auch noch, dass alles wahr sei, was Erwachsene mir erzählten. Heutzutage würde ich da nicht einmal mehr für alle Omis die Hand ins Feuer legen.
Wenn ich beispielsweise an Politiker denke, da frage ich mich mitunter, ob die selber an den Unsinn glauben, den sie erzählen. Namen will ich jetzt lieber keine nennen: Nicht, das am Ende der Eine oder Andere noch einen hochroten Kopf bekommt, etwa wie mein Opa, der bei der kleinsten Kleinigkeit immer wie eine Rakete abging und an die Kinder Backpfeifen verteilte und der Oma auch noch gleiche welche anbot, wenn sie sich dazwischen stellte.
Da wird von sicherer Gasversorgung geschwafelt, aber die Speicher sind nur mäßig gefüllt. Die Einen sollten vor Jahren Waffen zu Pflugscharen schmieden, um ohne Waffen Frieden zu schaffen, und bei den Anderen sollen eben diese Waffen den Frieden bringen. Nach dieser Logik ist der Verkauf eigener Immobilien, um sich in fremde einmieten zu können, eigentlich nur eine Frage der geschickten Argumentation. Mein Opa hatte auch immer Recht, und wenn nicht…!
Die Krux war nur, dass ich damals nicht klein bleiben wollte, etwa wie „Eddy – Der Elefant“ von Hans Traxler. Als Opa mir später erklärte, dass der Regenwurm auch so ein Herz habe wie er, glaubte ich das natürlich nicht mehr und habe ihn müde belächelt. Was wir beide damals aber nicht wussten, ist die Tatsache, dass der Regenwurm gar über 10 Herzen (sogenannte Gefäßschlingen) verfügt, die aber mit Nichten so aussahen wie unsere Herzen. Die Wirklichkeit ist eben verzwickter, als wir beide sie uns vorzustellen vermochten. Das mussten in der letzten Zeit auch so manche Minister erfahren.
Da bewahrheitet sich eben, dass sich der Mensch in einem lebenslangen Lernprozess befindet. Nur hat sich das leider noch nicht überall herumgesprochen. Deshalb fängt man mitunter immer wieder von vorn an, bestimmte Dinge zu erklären. Beispielsweise, dass der Neubau einer Schule in einem dicht besiedeltem Wohngebiet keine gute Idee ist oder die Erhaltung eines Gebäudes mitunter besser und nachhaltiger ist als dessen Abriss.
Klar, geschwindelt habe ich auch manchmal, aber nur ein wenig. Erwachsene aber sagen immer die Wahrheit – so glaubte ich jedenfalls. Weil…, ja, warum eigentlich? Weil sie eben Erwachsene sind! Und wenn sie, die immer Recht haben, nicht gestorben sind, dann ist das eben auch heute noch so!
Euer Motzi
Die Dresdner Bahn in Berlin wird wiederaufgebaut, endlich – und jetzt sogar viergleisig !!
Mo., 1. Aug.. 2022 – 00:07
Seit 17. Juni 1875 verbindet diese Bahn die Städte Dresden und Berlin – auch über Radebeul. Insbesondere erzeugte der Betrieb auf dieser Strecke mit Diesel-Schnelltriebwagen und dem legendären dampfbetriebenen „Henschel-Wegmann-Zug“ (Bild 1) in den 1930er Jahren mit einer Fahrzeit von nur 100 Minuten großes Aufsehen in aller Welt.
Die Berliner S-Bahn (Bild 2) mit ihrem 750 Volt-Gleichstrombetrieb teilte sich die seit 1885 zweigleisige Strecke ab 1939 bis Mahlow, ab 1940 bis Rangsdorf mit der Fernbahn im Gemeinschaftsbetrieb.
Die Zerstörung der Bahnanlagen und des Anhalter Bahnhofes in Berlin im 2. Weltkrieg und die Demontagen des zweiten Gleises ab 1945 als Reparation für die Sowjetunion führten, trotz anschließender Wiederaufbauarbeiten, zu drastischen Einschränkungen im Bahnbetrieb. Da der Endbahnhof der Dresdner Bahn nun im westlichen Teil der geteilten Stadt lag, realisierte die Deutsche Reichsbahn noch vor der Stadt den Berliner Außenring. Seit dessen Inbetriebnahme am 18.5.1952 wurden alle Reisezüge von und nach Berlin auf einem Umweg um Westberlin geführt.
Auf der Dresdner Bahn in Berlin fuhren nunmehr nur noch die S-Bahn und wenige Güterzüge. Die Anlagen der Fernbahn hatten ihre Bedeutung verloren und verfielen. Der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 beendete auch den Betrieb der S-Bahn über die Stadtgrenze hinaus in Berlin-Lichtenrade. Auch gab es in den 1980er Jahren Zeiten, in denen der S-Bahnbetrieb in Westberlin gänzlich ruhte.
Mit dem Fall der Mauer baute die damalige Deutsche Reichsbahn einen Teil der S-Bahnstrecke eingleisig bis Blankenfelde wieder auf.
Für kurze Zeit gab es nun auch wieder Güterverkehr in geringem Umfang für städtische Abfälle auf der Dresdner Bahn zwischen Berlin-Tempelhof über Mariendorf und Mahlow im Gemeinschaftsbetrieb mit der S-Bahn und weiter über Zossen zum Schöneicher Plan.
Die Planungen für den Wiederaufbau der Fernbahn mit einem neuen Bahnhof in der Mitte der Stadt verzögerten sich enorm, da endlose Einsprüche wegen befürchteter Lärm- und Umweltbelastungen beachtet werden mussten. Erst am 13.11.2015 erfolgte der Planfeststellungsbeschluss zum nunmehr am 5.2.2019 erfolgten ersten Spatenstich für den Baustart.
Kompliziert wird die Baumaßnahme vor allem dadurch, dass nach heutigen technischen Anforderungen eine Gleichstrom-S-Bahn mit 750 Volt nicht mit einer Fernbahn von 15000 Volt Wechselstrom im Gemeinschaftsbetrieb fahren kann. Dies hat unter anderem dazu geführt, dass die Gesamtstrecke viergleisig ausgebaut wird (Bild 3) und auch sämtliche beschrankten Bahnübergänge durch Brücken ersetzt werden müssen. Nur dann kann ein Fernzug mit einer Geschwindigkeit von bis zu 200 km/h zwischen Dresden und Berlin verkehren.
Eine zusätzliche Aufgabe für die Dresdner Bahn in Berlin wird es durch den „Flughafen-Express FEX“ geben, der in Mahlow von dieser Strecke abzweigt und den neuen Flughafen BER auf einer völlig neuen Strecke innerhalb von nur 20 Minuten mit dem Zentrum Berlins verbinden soll.
Der zeitliche Rahmen für all diese großen Investitionen an dieser Bahn reicht bis in das Jahr 2025. Danach ist sogar noch eine Verlängerung der S-Bahn vom jetzigen Ende in Blankenfelde bis nach Rangsdorf, so wie einst bis 1961 geplant.
Wilfried Heinrich, Dresden
Katze aus dem Sack!
Mo., 1. Aug.. 2022 – 00:06
Serkowitzer Gasthof auf dem Markt
Nicht erst seit dem Beitrag im Stadt-Radebeul-Teil der Sächsischen Zeitung vom 2./3. Juli 2022 von Silvio Kuhnert war vielen Radebeulern klar, dass der Stadtrat und die Stadtverwaltung an der Erhaltung des Serkowitzer Gasthofes und des einmaligen Lügenmuseums nicht interessiert sind. In einem Dreispaltenbeitrag berichtete Kuhnert anlässlich der am 1. Juli dieses Jahres erfolgten „Ausschreibung für ein öffentliches Bieterverfahren“ ausführlich über die Situation des Objekts und die museale Einrichtung. Den Ausschreibungstext kann man im Juli-Amtsblatt der Großen Kreisstadt nachlesen oder auf der Homepage der Stadtverwaltungen unter dem Stichwort „Ausschreibungen“ einsehen.
Nun wird auch dem Letzten klar geworden sein, warum aus dem Stadtrat und dem Rathaus auf den Offenen Brief des Radebeuler Kultur e.V. vom 29. März 93 Tage lang keine Antwort erfolgte. Man schwieg sich aus, weil man nicht antworten wollte und bereits andere Pläne in der Tasche hatte. Diese sichtbare Ignoranz gegenüber dem Anliegen eines Teils der Radebeuler Stadtgesellschaft lässt ein Verhalten zu Tage treten, die einer demokratisch verfassten Gesellschaft schlecht zu Gesicht steht, weil diese nur dann gut funktioniert, wenn sie auf einem Miteinander aufbaut.
Um dieses Schweigen zu durchbrechen, stellte ich als Radebeuler Bürger zur ersten Stadtratssitzung nach der Wahl, gerichtet an den Stadtrat und den wiedergewählten Oberbürgermeister Bert Wendsche, die Frage nach den Gründen für das Ausbleiben einer Antwort. Sinngemäß erwiderte der Oberbürgermeister daraufhin, dass eine Antwort erst nach der Ausschreibung des Objektes erfolgen könne. Warum eigentlich…?
Ob nun gewollt oder nicht, aber mit dieser Erklärung nahm der Oberbürgermeister vorweg, was in einem möglichen Antwortschreiben des Stadtrates und der Stadtverwaltung vermutlich enthalten sein könnte. Es ist die unumstößliche Verweigerung jedweder Diskussion über eine andere Lösung, als die vom Stadtrat und der Verwaltung favorisierte. Man weigert sich, mit der Stadtgesellschaft in einen Austausch zu treten und gemeinsam zum Wohl von Radebeul nach anderen Lösungen zu suchen. Mit der erfolgten Ausschreibung gedachte man offensichtlich „vollendete Tatsachen“ zu schaffen und jeglicher Diskussion aus dem Wege gehen zu können. Es ist also stark zu vermuten, dass diese Position der Verantwortlichen auch unmittelbar nach dem Eingang des Offenen Briefes keine andere war als gegenwärtig. Mithin entpuppen sich letztlich das Schweigen und das Aussetzen der Ausschreibung bis nach den Wahlen als ein taktisches Manöver. Der Bürger muss sich getäuscht vorkommen. Was in diesem speziellen Fall überdeutlich sichtbar wird und exemplarisch für andere Vorgänge stehen mag, ist das Fehlen eines ergebnisoffenen Diskurses mit der Stadtgesellschaft. Ebenso unverständlich bleibt, wie ein 2007 gefasster Entschluss 15 Jahre später, ungeachtet aller Veränderungen und Entwicklungen, heute durchgesetzt werden soll.
Noch nachdenklicher wird man, wenn einem bewusst wird, dass sich die neuerliche Ausschreibung kaum von der vor reichlich neun Jahren unterscheidet. Auch damals favorisierte man vorzugsweise eine Nutzung des denkmalgeschützten Objektes als Gasthof unter Einbeziehung des Ballsaals. Der Verkauf kam nicht zustande, obwohl das gesetzte Mindestgebot weit unter den heute geforderten 310.000 Euro lag. Schon damals schien die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens nicht gesichert.
Wohl glaubt heute die Stadt, sich mit einer Reihe von Bedingungen absichern zu können. Auch soll die „Veräußerung frei von Nutzungsverhältnissen“ erfolgen. Eingedenk des Ergebnisses der ersten Ausschreibung scheint der Wunsch nach einer Nutzung als Gaststätte eine reine Beruhigungspille zu sein. Da aber das Gebiet um den ehemaligen Serkowitzer Gasthof im Flächennutzungsplan der Stadt als „Mischgebiet“ ausgewiesen ist, könnte rein theoretisch der künftige Besitzer das Gebäude auch als Tischlerei oder Tatoostudio nutzen. Mit einem Verkauf ist also noch lange nicht gesagt, dass auch alle Probleme vom Tisch sind.
Eines scheint allerdings sicher. Kommt es zu diesem unsäglichen Akt, erleidet die Stadtgesellschaft einen zweifachen schweren Verlust. Schon heute ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu prognostizieren, dass der ehemalige Gasthof durch den Verkauf der Öffentlichkeit entzogen wird und bestenfalls als Wohnhaus (ver-)endet. Das Lügenmuseum freilich wird wohl ganz aus der Stadt vertrieben. Das aber kümmert offensichtlich den Stadtrat wenig. Hier wird vernichtet, was die wenigsten von ihnen kennen. Dafür kann man eigentlich keinen Beifall erwarten.
Auf meine zweite Frage an den Stadtrat, ob er sich künftig Radebeul ohne Lügenmuseum vorstellen könne, gab der Oberbürgermeister dann auch nur eine ausweichende Antwort.
Karl Uwe Baum
Weingut Haus Kynast – das kleinste Haus des Ensembles wurde jetzt in Stand gesetzt
Mo., 1. Aug.. 2022 – 00:05
Dieses ehemalige Weingut hat seine freie Lage in der Landschaft weitestgehend beibehalten können, mehr als andere Weingüter in Radebeul und ist allein schon deshalb etwas Besonderes. Die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude des Weingutes Haus Kynast, Radebeul-Zitzschewig, Kynastweg 26, wurden nach 1990, nachdem die Eigentumsfrage zugunsten der Familien Klaus und Hans-Peter Muth geklärt war, in Etappen saniert. Da diese Baugruppe recht groß ist, traten zwischen den Bauzeiten der einzelnen Häuser auch Phasen der Bauruhe ein, was in diesem Falle sinnvoll war. Bisher fertiggestellt sind das Fachwerkhaus mit Durchfahrt, das Gärtnerhaus mit ehem. Stall, jetzt Wohnhaus und das Herrenhaus als das größte Gebäude. Entsprechend der verschiedenen Baualter der Gebäude wurden die Fassadenfarben, sofern nicht Originalbefunde da waren, etwas differenziert, jedoch einer Farbgruppe (Gelb, Ocker, Weiß) zugehörig, angewendet. Das Turmhaus und das Badehaus standen mit der Instandsetzung bis 2021 bzw. 2022 auf der Warteliste. Jetzt laufen Voruntersuchungen für die Baumaßnahme Turmhaus (errichtet im 18. und 19. Jh.).
Für mich überraschend (dienstlich bin ich als Rentner in das Geschehen nicht mehr eingebunden) wurde im Herbst vorigen Jahres damit begonnen, das kleinste Gebäude, das sogen. Badehaus, zu sanieren. Ich war aber angenehm überrascht. In den letzten 30 Jahren lag das Badehaus, von einer Notsicherung mit einer Lage Wellbit auf dem Dach mal abgesehen, brach, weil keine neue Nutzung zu finden war. Im Laufe des 20. Jh. war das Badehaus auch als Waschhaus und später nur noch als Abstellraum genutzt worden. Da der Verfall voranschritt, musste offenbar jetzt eine Planung und die Instandsetzung zur Rettung des barocken Badehauses eingeleitet werden. Die Planung der Maßnahme lag wieder in den Händen von Architekt Volker Röhricht, der auch bei den bisherigen Sanierungen im Kynast tätig war. Es ist ein gutes Verhältnis zwischen dem derzeitigen Bauherrn Hans-Peter Muth und dem Radebeuler Architekten ersichtlich.
Bei gelegentlichen Spaziergängen sah ich die verschiedenen Bauzustände an dem kleinen Gebäude: die Erneuerung des Dachstuhls (Fa. Damm / Reichenberg), die Dachdeckung mit roten Biberschwanzziegeln (Fa. Theile / Radebeul), Maurerarbeiten (Herr Bormke / Radebeul), Putzarbeiten (Fa. Hentschel / Ebersbach-Neugersdorf) und Tischlerarbeiten (Fa. Holz u. Glas / DD-Cossebaude).
Aber woher kam eigentlich der Name Badehaus und welche Stellung nimmt das Haus von 1724 innerhalb des Ensembles ein? Offenbar hatte das Herrenhaus (1. Bau wohl 1578, in der heutigen Form 2. Hälfte 17. Jh.) kein Bad und man wünschte sich zu Beginn des 18. Jh. unter gestiegenen hygienischen Ansprüchen ein solches. Da man aber den Einbau eines Feuchtraums in das Herrenhaus scheute, wurde das Badehaus als kleines, separates Gebäude östlich des Herrenhauses angeordnet. Der damals innerhalb des Ensembles gewählte Standort liegt sozusagen im Schatten des Herrenhauses – es war ein Funktionsbau und er sollte kurze Wege zum Hauptgebäude haben. Das Badehaus wurde früher über eine Rohrwasserleitung von einem eigenen, etwa 200m entfernten Brunnen am Krapenbergweg mit Frischwasser versorgt. Es zeigt sparsame barocke Formen im Dach (Mansarddach), bei den Gaupen sowie an den Wölbungen des Traufgesimses. Unser beschriebenes, eingeschossiges Badehaus sitzt in der das Gelände von Südost nach Nordwest verlaufenden Stützmauer, wie im beigefügten Lageplan von Herrn Röhricht ersichtlich ist. Die lange Syenitstützmauer bildet die funktionelle Trennung der Bereiche Weinberg sowie Wohnen, Hof und Park. Ein paar Veränderungen weist das Projekt auf, sie sind aber wegen des Denkmalcharakters gering: Etwa mittig im Dach war ein Schornstein, der nun wegfiel. Das alte Badehaus brauchte keine Treppe, ins Dachgeschoss kam man über eine Außentreppe innerhalb der Stützmauer. Im EG wird ein Wohnraum mit Miniküche sein und im DG soll der Schlafbereich mit WC und Dusche entstehen. Für eine bescheidene Wohnnutzung kommt jetzt eine hölzerne Innentreppe dazu. Die neue Nutzung – Wohnung für minimale Ansprüche, Ferienwohnung oder eine ähnliche Nutzung – steht jetzt, da die Ausbauarbeiten beginnen, aber noch nicht endgültig fest.
Der Anblick des äußerlich fertiggestellten ehemaligen Badehauses ist erfreulich und wertet das Ensemble auf, viele Jahre war an dieser Stelle nur der Verfall zu sehen. Ich hätte nichts dagegen, wenn die Farbe Weiß, bzw. ein gebrochenes Weiß, so bliebe. So könnte sich das kleinste Haus besser neben dem Hauptgebäude behaupten. Darüber, also über die Instandsetzung, hätte sich sicherlich auch Regine Muth (Ehefrau von Klaus Muth, gestorben am 6. Juni 2012) gefreut, deren Herz sehr am Kynast hing.
Andere Themen zu Haus Kynast wurden von mir bereits in Vorschau & Rückblick, Heft 1/96 und 2/16 vorgestellt.
Dietrich Lohse
Weiterführende Literatur:
„Radebeul, Stadtführer durch Vergangenheit und Gegenwart“, Liselotte Schließer, Edition Reintzsch, 1996
„Denkmaltopographie Stadt Radebeul“, Volker Helas, Michael Müller, Mathis Nitzsche, Sax Verlag, 2006
„Sächsisches Weinland, historische Weingüter im Elbtal, Matthias Donath, Edition Sächsische Zeitung, Redaktions- u. Verlagsgesellschaft Elbland mbh, 2010
Schreibwerkstatt (6. Teil)
Mo., 1. Aug.. 2022 – 00:04
Mein winterlicher Schulweg in Radebeul
Es ist kalt draußen. Die Bäume haben kein einziges Blatt mehr und eisiger Wind wirbelt das Laub auf die Straße. Dunkle Wolken sind am tief schwarzen Himmel kaum zu erkennen. Ich ziehe meinen Schal noch etwas tiefer in mein Gesicht und stecke meine Hände weiter in die Taschen meines dicken Mantels. Zum Glück bin ich gleich bei der Haltestelle, um in die Bahn zu steigen. Rechts fahren schnelle Autos an mir vorbei und ihre Lichtkegel streifen meinen Ranzen. In manchen Häusern leuchten noch die Schwibbögen vor den Fenstern oder Christbäume in den Gärten.
Endlich bin ich auf der Bahnhofstraße, beim „Netto“, und gehe den kleinen Weg entlang zur Haltestelle. Da ist auch schon meine Bahn, fast hätte ich sie verpasst. Gerade noch rechtzeitig. Ein wohlig warmes Gefühl beschleicht mich, als ich in die Bahn steige. Ziemlich viele Menschen sitzen in der Bahn.
Ungefähr zehn Minuten später steige ich an der Zillerstraße aus und sehe die andere Straßenbahn aus der anderen Richtung. Aus ihr steigt eine Freundin und wir laufen den kleinen, aber ziemlich steilen Berg hoch.
Links, in einer anderen Straße, ist eine Kirche kaum zu erkennen. Die Lichter in den Fenstern leuchten hell. Wir laufen die Zillerstraße weiter, an den Gärten und Zäunen vorbei. Wenn ich ausatme, schwebt eine kleine Wolke vor meinem Mund. Gleich haben wir es geschafft. Da sind wir auch schon an der Kreuzung bei der Tanzschule Linhart und überqueren die Straße. In der Tanzschule brennt noch kein Licht.
Schnell sind wir im Gymnasium Luisenstift und suchen unseren Klassenraum. ‚Wo haben wir jetzt Unterricht?‘, frage ich mich.
Helena Meißner
Klasse 6 – Luisenstift Radebeul
Aufgetankt
Mo., 1. Aug.. 2022 – 00:03
Eindrücke von der Buchmesse in Altkötzschenbroda am 3. Juli 2022
Die Mittagssonne hatte den Dorfanger in Altkötzschenbroda in ein fahlweißes Licht getaucht, die Menschen schmausten, meist beschattet auf dem Grünstreifen platziert, behaglich in geselliger Runde, kaum ein Geräusch störte den nahezu stillgestellten Moment, kurz: das Leben floss gemächlich dahin an diesem Julisonntag. Wohl auch deswegen erfüllte den Hof der Stadtgalerie nicht gerade ein überbordendes Vibrieren, obwohl es allemal Grund wenigstens zur freudigen Erregung gab, fand doch die zweite Auflage der Radebeuler Buchmesse statt. Ausgerichtet von Jens Kuhbandner, seines Zeichens Kunstpreisträger der Stadt Radebeul (2018) und Inhaber des Notschriftenverlages, sollte diese Messe in Fortsetzung der Premiere des Jahres 2021 einen literarischen Impuls setzen und Buchmenschen zusammen bringen. Wenn schon nicht Leipzig in Groß, dann wenigstens Altkö in Klein. Wir von „Vorschau und Rückblick“ waren uns schnell einig gewesen, dass wir mit einem Stand diese kleine, aber feine Messe bereichern wollten. Einerseits ist jede kulturbezogene Initiative unterstützenswert, andererseits ist auch uns jede Gelegenheit willkommen, unser Monatsheft durch Präsentation in der Öffentlichkeit noch bekannter zu machen. Offenbar hatte ich das Glück, einen besonders lebendigen Tagesabschnitt erleben zu dürfen, denn es ergaben sich mehrere gewinnbringende Gespräche. Kurz nach 13 Uhr rollte ein Rad in den Hof, das sich als „Poesie-Tankstelle“ zu erkennen gab. Wenig darauf schon hatte ich die Dresdner Autorin und Musikerin Uta Hauthal in ein Gespräch verwickelt, in welchem sie mir ihr verblüffend sinnreiches Konzept erläuterte und praktisch vorführte: So, wie Straßenmusiker musizieren, rezitiert Uta Hauthal auf öffentlichen Plätzen im In- und Ausland Gedichte verschiedener Autoren. Ich entschied mich dafür, mir kein bestimmtes Gedicht auszusuchen, sondern den Zufall walten zu lassen, und siehe da: Für mich wurde es Uwe Kolbes „Beim Zeitungslesen“, was insofern stimmig war, als dass ich ein passionierter Zeitungsleser bin. An einem benachbarten Stand bot die Dresdner Grafikdesignerin und Illustratorin Sylvia Graupner diverse Artikel zum Kauf an, nachdem sie zuvor aus ihrem ersten eigenen Kinderbuch gelesen hatte. Gleich daneben waren zwei Verlage vertreten, die mich durch ihr regional ausgerichtetes Sortiment begeisterten. Michael Schmidt mit seinem Sonnenblumenverlag und der bekannte Kulturjournalist und Verleger Holger Oertel mit seinem Dresdner Verlag boten eine Fülle interessanter Bücher, Broschüren, Landkarten und Postkarten an, was die Auswahl schwer machte. Noch weitere kleinere Verkaufsstände mit handgemachten Kunstgegenständen und Papierwerken sowie natürlich auch der Gastgeber selbst verlockten zum fachlichen Gespräch und freundlichen Austausch. Gut, dass es diese Initiative vor Ort gibt, die Bibliophile versammelt, die es Autoren in kleiner Runde gestattet, aus ihren Texten zu lesen, kurz: die es mir und anderen ermöglicht hat, Literatur zu tanken und auch jeweilige „Tankstellen“ zu betreiben, ob nun mobil wie Uta Hauthal oder stationär wie die anderen Aussteller inklusive der „Vorschau“. Ein Dank geht deshalb besonders an Initiator Jens Kuhbandner, aber auch an alle anderen, die zum Gelingen des Tages beitrugen, nicht zuletzt an jene unbekannte Gönnerin, die Sascha Graedtke und mir ein Stück selbst gemachter Obsttorte kredenzen ließ. Auch wenn im kommenden Jahr die Leipziger Buchmesse wieder stattfinden sollte, so wäre es doch wünschenswert, wenn es eine dritte Auflage der Radebeuler Buchmesse gäbe – die im Vorfeld unbedingt stärker beworben werden müsste als es dieses Jahr der Fall war!
Bertram Kazmirowski