So., 1. Dez.. 2013 – 00:01
Es muss kurz nach ’89 gewesen sein. Eine beständige Eiseskälte hielt die Stadt seit einer Woche schon fest im Griff. Am Nachmittag eines Januartages spazierte ich inmitten der Weinberge auf den Höhen des Eggersweges, der hier ganz unmerklich die terrassierte Reblandschaft zerschneidet. Der eisblaue Himmel war von dieser wintereigenen Klarheit, wo selbst das fahle Sonnenlicht jede Wärme versagte. Doch im Hinunterblicken war ich erstaunt, das Häusermeer mehr ahnen, als sehen zu können. Ein dichter Dunst legte einen dicken Schleier über die Niederung des Tales. Die Erscheinung war voller farblicher Nuancen. Unter dem großen grauen Grundton, der wie ein Generalbass die Stimmung beherrschte, mischten sich, nahezu aquarellhaft, alle nur erdenklichen (Farb-) Töne. Nein, es war kein wettertypisches Phänomen – sondern das Produkt der unzähligen Ofenfeuerungen vor meinen Augen.
In den folgenden Jahren verschwanden nach und nach die alten Heizungen. Viel später war dieser dunstüberzogene Himmel fast undenkbar. Es war so einfach geworden, ein Knopfdruck befreite einen von Dreck und Schlepperei. Und heute? Die breite gas- und ölheizende Klientel scheint der gewonnenen Bequemlichkeit, zumindest punktuell, ein wenig überdrüssig zu sein.
Nostalgie? Autonomie? Wie auch immer – eine überaus große Rückkehr der Gemütlichkeit scheint das Gebot der Stunde zu sein. Die Zunft der Ofen- und Kaminbauer erlebt eine erstaunliche Renaissance.
Ich zumindest mag den vertrauten Geruch, der mir fahrradfahrend kürzlich wieder ganz bewusst in die Nase stieg. Ein Stück Vergangenheit? Ein Stück Zukunft? So gesehen war gestern vielleicht doch die gute Zeit von morgen? Aber genug jetzt, ich muss Holz nachlegen…
Sascha Graedtke
Mi., 20. Nov.. 2013 – 13:23
Zum Titelbild
Etwa am Kulminationspunkt dieser Straße finden wir die Adresse Hoflößnitzstraße 56 mit einem in der Stützmauer (das Gelände steigt an) befindlichen Torbogen. Dieses Landhaus einschließlich der Einfriedung wurde 1912 von der Kötzschenbrodaer Baufirma Felix Sommer (vormals A. Neumann) fertig gestellt. In der Syenitmauer mit oberem Holzzaun steht der gemauerte und verputzte Torbogen in Form eines Korbbogens. Die Gestaltung einschließlich des zweiflügligen Holztores ist ausgewogen, innere Flanken und der Bogen werden wie auch der Schlussstein durch Staffelung der Kanten betont und die Verdachung folgt dem Bogen, hat jedoch an den Enden leicht gegenläufige Aufschwünge. Besonders gefällig wirkt hier die konkave Wölbung der Torflügeloberkanten, die mit dem Korbbogen ein liegendes Oval, quasi ein Auge, bilden. Die Torflügel sind im Spritzwasserbereich geschlossen, wirken aber im größeren Oberteil durch senkrechte, gedrechselte Stäbe transparent. Ein kräftiger Farbdreiklang betont die Gestaltung zusätzlich: Putz Gelbocker mit weißen Akzenten, alle Holzteile Opalgrün (etwa RAL 6026). In Nähe von Haus Hoflößnitz und Spitzhaustreppe gelegen, kommen auch viele Radebeulbesucher hier vorbei und können so diese Toranlage wahrnehmen.
Dietrich Lohse
Mi., 20. Nov.. 2013 – 13:23
Zum Titelbild März 2013
Der Grundhof, ein ehemaliges Weingut, Paradiesstraße 66/68, hat mehrere Zugänge. Einer befindet sich als etwas höhere Pforte in einer langen Bruchsteinmauer an der Paradiesstraße und wirkt bogenähnlich durch eine geschweifte Verdachung mit Biberschwanzziegeln, darunter eine ebenfalls geschweifte, doppelte Putzkante. Torflanken und Sturz bestehen wohl aus glatt verputztem Ziegelmauerwerk, das gegenüber der Syenitmauer leicht vorspringt. Die einflüglige Holztür ist an ein Sandsteingewände angeschlagen. Diese lößnitzblau (eine Mischung aus Blau und etwas Grün) gestrichene Tür wurde nach 2000 erneuert, wobei der Bauherr leider auf das ursprünglich vorhandene Lattenwerk in der oberen Hälfte des Türblattes verzichtete. Dadurch wirkte die Pforte früher transparenter und einladender. Durch diese Pforte gingen im Laufe der Zeit viele Menschen, auch die Maler, die hier wohnten, bzw. noch wohnen – Wilhelm Claus, Karl Kröner und Gunter Herrmann – oder die, die hier malen wollten wie Paul Wilhelm. Wann diese Pforte entstanden ist, lässt sich nicht genau sagen, ich würde annehmen noch im 18. Jahrhundert. Mauer und Pforte haben für den Spaziergänger eine ländliche, ja südländische Anmutung, man denkt Bilder von Cézanne und an den oft gebrauchten Vergleich Radebeuls mit der Mittelmeerregion – „Sächsisches Nizza“!
Dietrich Lohse
Mi., 20. Nov.. 2013 – 13:13
Zum Titelbild Oktober 2013
Vor einem durch seine Schlichtheit und Eleganz erst auf den zweiten Blick auffallenden Torbogen steht man in der Weintraubenstraße 7. Leider wissen wir zZ. nicht, wie er um 1920 ausgesehen haben mag, mit passendem, einflügligem Tor und Zaun. Heute irritiert uns der wohl in den 70- oder 80-er Jahren über einem sehr grob strukturierten Sockel aus Großpflaster errichtete sogen. Gewi-Zaun (das Grundstück wurde offenbar damals, vielleicht auch heute von der Stadt, bzw. deren Tochter der Gebäudewirtschaft verwaltet) mit schlecht modifiziertem Tor. Das geht heute besser! Aber vielleicht tritt dadurch die Eleganz des gemauerten und verputzten weißen Bogens mit exaktem Halbkreis und den diesem folgenden oberen Abschluss, der an den Enden gegenläufig ausschwingt, mit Kupferblech abgedeckt ist und eine seitliche Mauer in dreiviertelster Höhe hat, umso deutlicher hervor? In der Mitte fällt uns ein Stuckoval mit seitlichen Girlanden (der linken fehlt ein Glied) und den Buchstaben „M S“ auf – die sich auf den Bauherrn Max Schneider beziehen. Der ließ die Villa 1918 in schwieriger Zeit von den Architekten und Baumeistern Luther & Scholz entwerfen und von der benachbarten Baufirma F. W. Eisold bauen. Es wäre ein Gewinn, wenn hier einmal ein schöner Holzzaun und ein in Höhe und Gestaltung besseres Tor den Gewi-Zaun ablösen könnten … .
Dietrich Lohse
Mi., 20. Nov.. 2013 – 13:13
Zum Titelbild September 2013
Im mittleren Abschnitt der früheren Sophienstraße finden wir bergan auf der rechten Seite die Villa Eduard-Bilz-Straße 23 mit einer besonderen Torgestaltung. Besonders insofern, da hier das Tor in Grund- und Aufriss Schweifungen aufweist. So wird durch die Toranlage neben dem Fußweg ein Raum gebildet, wenn man so will, eine intime Situation. Villa und Einfriedung wurden 1905/06 wohl durch die Fa. Gebr. Ziller/ Nachfolger in „einem Guss“ errichtet. Die Materialauswahl und Gestaltung möchte ich als reichhaltig bezeichnen: an den linken, mit Kugel bekrönten Sandsteinpfeiler schließt sich eine ortsübliche Syenitmauer an, während dem rechten Pfeiler, auch mit Sandsteinkugel drauf, ein weißer Holzlattenzaun auf Sandsteinsockel folgt. Der eigentliche, geschweifte Torbereich hat einen Sockel aus Sandsteinzyklopen, an den Flanken der Toröffnung dagegen finden wir bis zur halben Höhe regelmäßiges Sandstein-Quadermauerwerk. Das hellbeige verputzte Mauerwerk mit Korbbogenabschluss ist auf beiden Seiten in der Höhe abgesetzt und durch drei geschweifte Sandsteinabdeckungen gegen Witterungseinflüsse geschützt. Ein zweiflügliges, weißes Holztor besteht in der oberen Hälfte bis zum Bogen aus senkrechten und in der unteren Hälfte aus diagonal gekreuzten Latten. Die am Tor sitzenden Metallteile, darunter auch ein filigraner Griff, wirken mit anthrazitfarbenem Anstrich bewusst als Kontrast zum Weiß. Leider beginnt sich der rechte Pfeiler vom Mauerwerk abzusetzen – mit einer baldigen Reparatur könnte der Schaden wohl noch in Grenzen gehalten werden.
Dietrich Lohse
Mi., 20. Nov.. 2013 – 13:12
Zum Titelbild August 2013
Die Pforte der Mietvilla Roseggerstraße 8 hat eine so straffe Gliederung, dass man hier fast nicht von Torbogen sprechen möchte. Wir werden nicht fehl gehen, diese Pforte mit der Errichtung der Mietvilla von 1903/04 gleichzusetzen – Entwurf Oskar Menzel, Ausführung Fa. F.W. Eisold. Die roten Klinkerpfeiler, -sockel und –flankenmauer stehen in Kontrast zum Putzbau dahinter, was aber hier die Gestaltung eher bereichert. Am oberen Ende der Pfeiler wird jeweils mit einer Lage leicht vorstehender Klinker ein Kapitell angedeutet. Darüber ruht auf einem Holzgebälk ein kleines Walmdach aus roten Turmbibern. Entfernt an einen Bogen erinnert der geschweifte obere Abschluss des Lattentores, auch das gebogene Diagonalbrett der Tür mildert die bereits genannte straffe Gestaltung. Holzteile von Tor und Zaun tragen einen ansprechenden lindgrünen Anstrich. Leider macht offenbar aufsteigende Feuchte den Klinkersteinen Probleme.
Dietrich Lohse
Mi., 20. Nov.. 2013 – 12:39
Zum Titelbild Juli 2013
In eine ältere Weinbergsmauer aus Syenit wurde hier beim Bau der Villa Weinbergstraße 40 durch den Architekten Oswald Haenel, der selbst einige Jahre darin wohnte, diese noch dem Historismus verpflichtete, im Halbrund geschlossene, repräsentative Pforte eingefügt. Um 1980 hatte ein früherer Mieter eigenmächtig versucht, sie für seinen Trabant(?) passend zu machen – einen Stahlträger in Kämpferhöhe eingefügt und die Flanken mit Hammer und Meisel deutlich aufgeweitet. Es gleicht einem Wunder, dass das Tor dabei nicht eingestürzt war! Das Verdienst des heutigen Eigentümers ist es nun, dass diese Veränderungen zurückgebaut und das detailreiche Tor wieder ein Hingucker für die zahlreichen Spaziergänger auf der Weinbergstraße werden konnte. Unter dem geschweiften Ziegeldach mit Putzgesims sitzt mittig im Bogen ein Sandstein-Schlussstein. Die Symbole in der Front des Schlusssteins beziehen sich gleichermaßen auf den Beruf des Architekten wie auch auf die Freimaurer, denen er angehörte – vergleichen Sie bitte V+R 07/10 und 04/12. Bemerkenswert ist auch der hölzerne Strahlenkranz in der lichten Öffnung, wie auch die Gucklöcher in den ansonsten geschlossenen Türblättern. Die helle Putzfarbe entspricht der Farbe der Fassaden der Villa, die Holzteile sind wieder Lößnitzgrün gestrichen. Ich würde mich freuen, wenn von Zeit zu Zeit der Efeuwuchs kurz gehalten werden könnte, damit die Torgestaltung wahrnehmbar bleibt.
Dietrich Lohse
Berichtigung zum Titeltext des Juniheftes: „gephast“ im Sinne einer abgeschrägten Ecke ist falsch und muss laut Duden richtig gefast geschrieben werden, Phase dagegen meint einen Zeitabschnitt (danke Andrea).
Mi., 20. Nov.. 2013 – 12:37
Zum Titelbild Juni 2013
Für die Titelseite unseres Juniheftes habe ich mit der Rosenstraße 18 ein kleineres, aber auch zweiflügliges Tor mit rechteckigem oberen Abschluss gewählt. Es dient ausschließlich dem Fußgängerverkehr zu einer Villa von 1904/05. Der Entwurf der Villa und wohl auch der Einfriedung stammt von Architekt Max Steinmetz, der in der Firma Gebr. Ziller arbeitete – seine Gestaltungen entsprechen dem Jugendstil bis zur Reformbaukunst. Auf die gephasten Sandsteinpfosten sind sich einseitig verjüngende, vertikale Verlängerungen aufgesetzt, auf denen ein horizontaler Sandsteinbalken ruht. Die Unterseite des Balkens ist als Gerade ausgebildet, während die Oberseite eine dezente Schweifung zeigt, die jeweils links und rechts in einer stilisierten Schnecke endet. Wer in der Mittelachse des Balkens die Hausnummer einmeißelte, muss gehofft haben, dass sich diese nie ändern wird!
Über den beiden Holzflügeln wurde ein feststehendes Lattenwerk, ähnlich einem Oberlicht, angeordnet. Die Torflügel sind im oberen Teil mit filigranem Stabwerk gefüllt und gewähren so Durchblicke. Bemerkenswert sind hier auch die Türklinken in Jugendstilmanier. Die Holzteile der Einfriedung, wie auch die Klappläden an der Villa, tragen einen Anstrich im so genannten Lößnitzblau (in der Mischung von Blau und Grün dominiert hier Blau). Im Hinblick auf längere Haltbarkeit von Sandstein und Holz erhielt der Balken eine Kupferblechabdeckung und die Flügel am unteren Ende Kupferblech als Spritzschutz.
Spaziergänger in der Rosenstraße nehmen das Tor als zierlich und heiter wahr.
Dietrich Lohse
Mi., 20. Nov.. 2013 – 12:36
Zum Titelbild Mai 2013
Beim Torbogen der Hauptstraße 62 in Oberlößnitz empfinden wir die Gestaltung als eleganten Schwung – im Lichten ein Korbbogen, darüber eine den Bogen begleitende Bedachung aus Biberschwanzziegeln, die an den Enden in die Horizontale ausschwingt. Diese Bewegung wird durch Zaun und Tor mit geradem oberen Abschluss m.E. noch betont, wobei man nicht weiß, ob der historische Zaun (Zaun und Holztor wurden um 2000 erneuert) wirklich so aussah. Die breiten, gemauerten und verputzten Schäfte stehen auf einem Sandsteinsockel und bilden die Widerlager für den ebenso verputzten Mauerwerksbogen, der sich auf das statisch notwendige Maß beschränkt. Zwei in die Schäfte eingesetzte ovale Briefkästen korrespondieren mit der Rundung des Torbogens. Der farbliche Dreiklang – rote Dachziegel, ockerfarbener Putz und dunkelbraunes Tor und Zaun – hat in der Lößnitz Tradition.
Der Entwurf dieser Villa mit Einfriedung (1905) stammt von Architekt Johannes Heinsius.
Dietrich Lohse
Mi., 20. Nov.. 2013 – 12:35
um Titelbild April 2013
Am Grundstück Augustusweg 77 finden wir einen weiteren großen Torbogen. Der gemauerte und verputzte Bogen folgt exakt einem Halbkreis. Er bekommt eine gewisse Asymmetrie durch eine Konsole am linken (von außen betrachtet) Pfeiler, worauf gleich einem „I-Punkt“ ein Sandstein-Ellipsoid sitzt. Am rechten Pfeiler schließt ein Stück Mauer mit Sandsteinplatten als Abdeckung an. Ein zweiter Ellipsoid fehlt nicht, solche Asymmetrien waren in der Zeit des Jugendstils durchaus üblich. Haus und Einfriedung wurden 1902 vom Dresdner Architekten Oskar Menzel entworfen, unter seinen Radebeuler Villen haben wir hier eine eher etwas schlichtere. Der weiße Torbogen (wohl eine zu empfindliche Farbe, wie die bemooste Wasserspur rechts zeigt) wird wie ein kurzes Tonnendach von roten Biberschwanzziegeln einschließlich entsprechender Firstziegel im Scheitelpunkt bedeckt. Holzzaun und zweiflügliges, grünes Lattentor wurden nach 1995 erneuert. Obwohl es unklar ist, ob das Holztor mit Segmentbogenschluss noch Menzels ursprünglichem Entwurf entspricht, kann es auch so als eine gültige Gestaltung angesehen werden. Ich bin froh, dass dieses Titelbild meinen Menzelaufsatz im Inneren des Heftes ergänzen kann.
Dietrich Lohse