Eine Glosse

Frauentag?

Na typisch, werden die Leserinnen jetzt aufschreien, da kommt er wieder zu spät, der Herr Motzi! Frauentag war vor einem Monat!

Um ganz ehrlich zu sein, bei mir gibt es gar keinen Frauentag, einen Männertag aber auch nicht. Besaufen kann ich mich das ganze Jahr über, da brauche ich keinen extra Tag dafür. Schließlich ist meine Frau auch nicht nur am Frauentag eine Frau. Und einen Rucksack – mal bildlich gesprochen – haben wir ja alle zu tragen. Die Frage ist doch nur, wo wir diesen Rucksack her haben beziehungsweise, wer ihn uns angedreht hat. Da scheinen mir die Ansichten nun doch reichlich auseinander zu gehen.

Katja Kulisch meint jedenfalls, dass sich die Frauen ihren Rucksack vor etwa 300.000 Jahren aufgelesen haben könnten, als die Sippen in Höhlen lebten und die Männer immer auf der Jagd waren. Also nicht nach Frauen, sondern nach Schnitzel und Elefantenkeulen. Für eine Fleischmahlzeit musste man damals, wie Forscher herausgefunden haben wollen, noch 75 Kilometer laufen! Da hatten die Männer natürlich keine Zeit, die Höhle auszukehren oder etwa die Kleinen in den Schlaf zu wiegen. Andererseits kann doch wirklich keiner behaupten, dass sich damals die Männer nicht um ihre Sippe sorgten. Es war eben diese Fähigkeit zu einer gemeinsamen arbeitsteiligen Tätigkeit, die den Homo sapiens hervorbrachte und durch die er sich vom Menschenaffen trennte. Sonst würden wir vermutlich heute noch alle auf den Bäumen sitzen.

Auch wenn die Evolution des Menschen nicht aufhört, habe ich bisher noch nie von einem „Frauen-Kümmerin-Syndrom“ oder gar von der Herausbildung eines „Sorge-Gens“ bei Frauen gehört.

Diese Problematik scheint mir doch mehr mit der Kulturgeschichte der menschlichen Gesellschaft zusammenzuhängen – also eher hausgemacht. Keine Frage, die von Katja Kulisch aufgezeigte Doppelbelastung der Frau ist real vorhanden. Sie scheint gar „evolutionsbiologisch“ begründbar zu sein, können Männer nun mal keinen Nachwuchs gebären. Den Frauen aber gewissermaßen die Schuld an dem Umstand noch in ihre Schuhe zu schieben und glaubhaft machen zu wollen, dass deren Situation durch persönliches Aushandeln mit dem männlichen Partner grundlegend zu verbessern wäre, mutet letztlich wie eine Verhöhnung an, zu der die patriarchalische Gesellschaft und deren später teils christlich geprägter Alltag nicht unwesentlich beigetragen haben. Da war freilich die „Rippe vom Adam“ nur eine Etappe auf dem Weg bis heute, wo Frauen in dieser Bundesrepublik im Jahr 2020 immer noch im Schnitt 18 Prozent weniger verdienten als Männer und die Spitzenwerte schon mal um die 30 liegen können! Davon liest man allerdings nichts in Katja Kulischs Titelbeitrag des Radebeuler Amtsblattes vom 1. März 2022.

Soziologisch spielten Frau, Familie, Haushalt eher eine untergeordnete Rolle in der Gesellschaft, auch wenn die Erforschung der Sozialgeschichte in den letzten 20 Jahren geradezu in Mode gekommen ist. Nicht nur die festgefahrenen althergebrachten Rollenklischees dominieren, wenn etwa die Historikerin und Soziologin Merith Niehuss noch 1999 von den „hinzuverdienenden Mütter[n]“ schrieb. Die Tatsache, dass sich heutzutage, wie etwa in den 1950er bis 1970er Jahren, die Berufsauswahl für Frauen in der BRD nicht nur auf Friseuse, Verkäuferin, Sekretärin, Lehrerin oder Erzieherin beschränkt, hat zweifelsfrei mit dem Aufkommen des Neoliberalismus, aber auch der stärker gewordenen Frauenbewegung zu tun. Die kapitalistische Durch-Organisation aller Lebensbereiche der Gesellschaft, führte letztlich zu dem etwas makabren Volksspruch „Gott erhalte mir die Arbeitskraft meiner Frau“.

Merith Niehuss sieht dies vermutlich ähnlich, wenn sie sich als Präsidentin der Bundeswehrakademie München insbesondere für die Förderung „weiblicher Nachwuchskräfte“ und einer verstärkten Forschung in der Nanotechnik einsetzt, welche auch den weiblichen Bundeswehrkräften bei der Bekämpfung der Gegner Vorteile verschaffen soll. Das erleichtert mit Sicherheit den aufgebürdeten Rucksack, meint

Euer Motzi

Ein Moritzburger Original wird fehlen- Dieter Zenker (1932-2022)

Den älteren unserer Leser wird beim Erinnern an frühere Besuche im „Wildgatter Moritzburg“ sicher auch der damals nicht zu übersehende „Jäger“ einfallen, der dort als Tierpfleger tätig war und ziemlich regelmäßig Greifvögel im Fluge vorführte. Es war Dieter Zenker, der dort von 1958 bis zum Eintritt ins Rentenalter 1997 als Cheftierpfleger arbeitete. Fotos von ihm mit Adler oder Falke auf der Faust wurden auch häufig bei der Berichterstattung über jagdliche Veranstaltungen, z.B. Jagdmessen und Hubertusfeste, oder in der Fachpresse („Unsere Jagd“) zur Illustrierung der Falknerei verwendet. Insofern war er trotz seiner Bescheidenheit und Zurückhaltung ziemlich populär. Wie wurde ein Tierpfleger eines relativ kleinen Wildparks zum wohl bekanntesten Falkner der DDR?

Foto: W. Gleinisch

Geboren war er am 15.12.1932 in Meerane. Nach der Lehre als Gärtner begann er 1951 in der Baumschule Teschendorf in Dresden-Niederwartha zu arbeiten. Das in der Nähe befindliche Staubecken und dessen Umgebung waren schon damals wegen der dort überwinternden Vogelwelt, insbesondere Wasservögel und Vögel der Feldflur, ein besonderer Anziehungspunkt für Naturfreunde und Ornithologen aus dem Raum Dresden/ Radebeul. Den Vogelreichtum nutzend überwinterten regelmäßig Wanderfalken, deren Jagdweise Dieter Zenker und seine Freunde faszinierten. Unter diesen Eindrücken begann wohl sein Interesse an der Falknerei.

Den Tieren näher zu sein war sicher der Grund, warum er 1953 begann als Gärtner im Dresdner Zoo zu arbeiten. Diesem Drang folgend, erlernte er dort fast zwangsläufig noch den Beruf des Zootierpflegers. Als 1958 die Wildzuchtstation Moritzburg gegründet wurde, war Dieter Zenker mit seinen Fähigkeiten eines „Zootier-Gärtners“ als Mitarbeiter besonders geeignet, so dass er von Anfang an als Cheftierpfleger dort arbeiten konnte, was letztlich zu seinem wesentlichen Lebensinhalt wurde.

1959 begann Dieter Zenker die Falknerei mit einem Habicht und widmete sich damit einer ca. dreitausend Jahre alten Jagdmethode, die auch im Mittelalter zur höfischen Kultur gehörte. Während nach dem 2. Weltkrieg in der BRD der 1923 in Leipzig gegründete Deutsche Falkenorden als Bund für Falknerei, Greifvogelschutz und Greifvogelkunde seine Arbeit fortführen konnte, dauerte es in der DDR bis 1958, dass die Falknerei einen offiziellen Status erhielt. Dem Radebeuler Biologen und Naturschützer Dr. Hans Schiemenz (1920-1990) gelang es schließlich, dass die Falknerei vom Deutschen Kulturbund übernommen und dem Gebiet Ornithologie und Vogelschutz zugeordnet wurde. Wer einen Greifvogel als „Jagdkumpan“ nutzen wollte, musste allerdings noch in die Gesellschaft für Sport und Technik eintreten. Erst mit der Neuorganisation der Jagd 1961 wurde an der Obersten Jagdbehörde eine Arbeitsgruppe Falknerei und Greifvogelschutz mit Untergliederungen in den Bezirken gebildet. Heute dürfen Falkner erst nach bestandener Jäger- und Falknerprüfung aktiv werden.

Alle diese Formalitäten gingen an Dieter Zenker wahrscheinlich mehr oder weniger vorbei, denn seine Form der Falknerei war ja mit den Aufgaben des Wildgeheges eng verbunden. Seine Vorführungen und Übungen zeigten eine ideale Verbindung zwischen Mensch und Tier. Dem Vogel den freien Flug zu gestatten, im Vertrauen auf seine freiwillige Rückkehr, ist die eigentliche Kunst der Falknerei. Dabei konnte Zenker auf irgendwelche Mätzchen verzichten, die heute in Greifvogelshows leider üblich geworden sind und sie zum Event, zur Unterhaltung machen. Er war ein Falkner, wie ihn sich wahrscheinlich auch der Stauferkaiser Friedrich II. (1194-1250), selbst begeisterter Falkner, in seiner umfangreichen Schrift „Die Kunst mit Vögeln zu jagen“ vorstellte. Zenkers Vorführungen wurden immer attraktiver, denn 1963 erwarb das Wildgehege vom Tierpark Berlin einen Steinadler, und 1966 konnte er noch einen Sakerfalken übernehmen, Vögel, die in der DDR sonst kaum frei fliegend zu sehen waren. Auf das Halten von Großfalken mussten die Falkner der DDR vor allem aus Schutzgründen verzichten. Wanderfalken waren vom Aussterben bedroht und Zuchtversuche noch nicht erfolgreich. Es war für viele Besucher der großartigen Kulturlandschaft um Moritzburg ein besonderes Erlebnis, wenn Dieter vor der Kulisse des Unteren Großteiches den Sakerfalken das Federspiel anjagen ließ. Die spektakulären Manöver des Vogels begeisterten die Zuschauer, was auch dem Falkner gefiel.
Da die von Zenker gehaltenen Greifvögel auf ihn geprägt waren, konnte er ihnen sogar tagelang Freiflug gewähren, bei dem sie sich auch teilweise selbst ernährten. Auf diese Weise war es möglich, die Jagdtechnik und das Leistungsvermögen dieser Vögel zu beobachten, was auch zu völlig neuen Erkenntnissen über die Stellung von Greifvögeln im System der Natur führte. Wer Dieters Vertrauen hatte, konnte an seinen Beobachtungen und Erlebnissen teilhaben, so dass sie letztlich auch Eingang in die wissenschaftliche Literatur fanden, wie z.B. in die Monographien über Steinadler und Sakerfalken. Zenker begnügte sich aber nicht nur mit der Beobachtung eigener Vögel, sondern wollte auch ihre Brutgebiete kennenlernen. Für die Begleiter der Exkursionen war seine Kenntnis von subtilen Verhaltensweisen der zu beobachtenden Vögel immer ein Gewinn, denn er konnte oft vorhersagen, was Falke oder Adler gleich machen werden, wie ich es in den bulgarischen Bergen mit ihm erlebt habe.

Dieter Zenker wurde nicht nur als Falkner bekannt. Mit der Handaufzucht von Wölfen und Luchsen wurde er richtig berühmt, weil auch das Fernsehen darüber berichtete. Einen solchen Aufwand konnte er sich nur leisten, weil er die richtige Frau an seiner Seite hatte, die seit 1964 das Leben mit ihm teilte. Ohne „seine Moni“ wäre die Haltung und Pflege von Greifvögeln und Eulen, von Hunden, Luchsen und Wölfen, Rehkitzen und Frischlingen niemals möglich gewesen. Ein ungewöhnlich tiefes Verständnis für die Lebensweise der Tiere stellte eine weitere Grundvoraussetzung dar. Dazu kam sein öffentliches Auftreten in Form von Führungen und der Mitwirkung an Tagungen und vielen jagdlichen Veranstaltungen – er war selbst Jäger. Seine Zeit – auch noch nach Rentenbeginn – war wirklich gefüllt und erfüllt.

Sein aufregendes Leben in der Natur und für die Natur ist am 30.1.22 zu Hause im „Gondelhaus“, unweit der Mole am Fasanenschlösschen Moritzburg, zu Ende gegangen.

Alle, die ihn kannten, werden ihn nicht vergessen. Vielleicht fühlen sich aber auch diejenigen Leser, die ihn bisher nicht kannten, durch diese Erinnerungen angeregt, sich nicht nur für den Schutz von Greifvögeln, sondern wie Dieter Zenker auch, für die Erhaltung der Natur als Ganzheit einzusetzen.

Waldemar Gleinich

Start „Film Club Mobil“

Kinder- und Jugendfilmtheater »Union« , Sidonienstraße 1, am 14.1.1993 Foto: K. (Gerhart) Baum

Anliegen des Radebeuler Kultur e. V. ist es, die Vielfalt von Kunst und Kultur in Radebeul genreübergreifend zu befördern, neu zu beleben und zu vernetzen. So sind unter dem Dach des Vereins verschiedene Fachgruppen aktiv. Die „Cineasten“ engagieren sich speziell im Bereich der Filmkultur. Denn ein Kino der herkömmlichen Art sucht man in der Lößnitzstadt vergebens. Von einstmals drei Kinos existiert in Radebeul – einem Ort mit knapp 34.000 Einwohnern – kein einziges mehr. Die letzte Vorstellung im Filmtheater „Union“ fand am 4. Dezember 1993 statt. Sieht man von der Veranstaltungsreihe „Literaturkino“ in der Stadtbibliothek und verschiedenen temporären Open-Air-Aufführungen in den Außenbereichen ab, sind alle bisherigen Versuche, in Radebeul ein neues Filmtheater zu etablieren, gescheitert.
Mit der neuen Veranstaltungsreihe „Film Club Mobil“ soll zur Wiederbelebung der Radebeuler Kinokultur auf alternative Weise beigetragen werden. Vereine, Einrichtungen der Stadt sowie private Kulturaktive haben bereits ihr Interesse als Mitveranstalter signalisiert und stellen an wechselnden Orten, Räumlichkeiten für Aufführungen und Gespräche zur Verfügung. Dadurch bietet sich die Möglichkeit, in verschiedenen Stadtteilen, neue Partner und Interessengruppen in das Vorhaben einzubeziehen und darüber hinaus ein lockeres Netzwerk zu initiieren.
Für das Jahr 2022 sind sechs thematische Filmclubabende geplant.

In terminlicher und inhaltlicher Abstimmung zwischen allen Veranstaltern, die in Radebeul das Genre Film bedienen, ist die Veröffentlichung eines gemeinsamen Halbjahres-Veranstaltungsplanes vorgesehen. Das alternative Kino-Projekt soll über 2022 hinaus fortgeführt werden. Eine Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Filmverband sowie weiteren Filmenthusiasten in und außerhalb von Radebeul wird angestrebt.

Die neue Veranstaltungsreihe „Film Club Mobil“ startet am 21. April 2022 in der ehemaligen Schalterhalle des Kulturbahnhofes in Radebeul-Ost. Dieser Ort wurde bewusst gewählt, befand sich doch in unmittelbarer Nähe (Sidonienstraße 1) das Filmtheater „Union“. Zur Auftaktveranstaltung soll an die einstige Kinokultur der Lößnitzstadt erinnert werden, vor allem aber an das Kinder- und Jugendfilmtheater, welchem die Kinogänger den liebevoll gemeinten Spitznamen „Flohkiste“ verpasst hatten. Zur Einstimmung wird die Dokumentation „Für immer ausverkauft“ zu sehen sein. Der siebzehnminütige Film aus dem Jahr 1994 von der Medieninitiative Radebeul erinnert an das älteste und letzte Filmtheater der Lößnitzstadt kurz vor dem Abriss. Zu Wort kommen darin auch die verstorbene Stadtarchivarin Lieselotte Schließer und der einstige Filmvorführer Gerd Schindler, welcher zu unserer Auftaktveranstaltung als Ehrengast und Fachmann natürlich herzlich eingeladen ist.
Als Hauptfilm wird „Cinema Paradiso“ aus dem Jahr 1988 gezeigt. Dieser erzählt die Geschichte von einem kleinen altmodischen Kino in der Provinz und von Menschen, deren Sehnsüchte und Träume mit diesem Ort – der zuletzt nur noch als leere Hülle existierte und abgerissen werden sollte – auf eine rührende Weise verbunden sind.

Der mehrfach preisgekrönte Spielfilm wurde nicht ohne Hintersinn für unsere Auftaktveranstaltung ausgewählt. Schließlich lief „Cinema Paradiso“ zur letzten Vorstellung vor nunmehr 28 Jahren im Filmtheater „Union“. Einige Zeit später erfolgte der Totalabriss des traditionsreichen Kinogebäudes. Doch wo ein Wille ist, da lassen sich auch Räume und Verbündete im Geiste finden.
Karin Baum und Michael Heuser

Sprecher der Cineastengruppe „Film Club Mobil“ im Radebeuler Kultur e.V.

Die Entwicklung der Energieversorgung

Im Jahre 1867 befasste sich Werner von Siemens mit den Grundlagen der Elektrotechnik und entdeckte dabei das elektrodynamische Prinzip. Miit dieser Erkenntnis baute er die erste Dynamomaschine, den Generator. Damit konnte nun mechanische in elektrische Energie umgewandelt werden. Das war die genialste Erfindung in der Geschichte der Technik und die Grundlage unserer heutigen modernen Energieversorgung.

Allerdings dauerte es noch geraume Zeit bis diese Erfindung praxisreif war, da alle Bauelemente erst entwickelt werden mussten. Um 1890 war es dann soweit, dass die ersten Anlagen in Betrieb gehen konnten. Den Anfang machten größere Fabriken und Stadtwerke (Inselbetrieb).

Als Antriebe für die Generatoren dienten Dampfmaschinen, später Dampfturbinen und im geringen Umfang die Wasserkraft.

Betrieben wurden die ersten Ortsnetze mit 110- bzw. 220-V-Gleichstrom, wodurch deren Reichweite stark eingeschränkt war. Letzte örtliche Gleichstromnetze waren bis 1937 und teils noch länger in Betrieb. Die Wende brachte die Umstellung auf Drehstrom (1898) und der Einsatz von Transformatoren. Nun konnten höhere Spannungen zum Einsatz kommen und damit größere Netze bei geringen Verlusten betrieben werden.

Der Aufbau der Stadtwerk-Netze war für die Investoren ein lukratives Geschäft: dichte Bebauung, viele Abnehmer(heute Kunden!), minimaler Aufwand und damit geringe Kosten.

Beim ländlichen Raum fehlten diese Prämissen und damit war dieser für Investoren wirtschaftlich uninteressant.

Deshalb wurde im Dezember 1909 der Elektrizitätsverband Gröba (heute Stadtteil von Riesa) als kommunales Unternehmen gegründet. Dazu gehörten die Amtshauptmannschaften Großenhain, Meißen, Oschatz und Döbeln. Ziel war der Aufbau eines eigenen Energienetzes zur Versorgung dieses Gebietes.

Baubeginn war das Frühjahr 1911, wobei gleichzeitig 7 Firmen mit dem Bau begannen. Im März 1912 wurde als erste Gemeinde Pulsen mit Elektroenergie aus dem Netz versorgt. Das gesamte Netz war im Juli 1913 fertiggestellt, nach reichlich zwei Jahren Bauzeit,
ohne die heute üblichen Baumaschinen (!).

Gebaut wurden:
120 km 60-kV-Ringleitung
1500 km 15-kV- Leitungen
5 Umspannwerke 60/15 kV
700 Ortsnetzstationen

Für den Firmensitz wurde das Rittergut Gröba erworben und für die Belange des EVG umgebaut. Dazu gehörten das 60/15-kV- Umspannwerk mit Schaltbefehlsstelle, Werkstätten, Sozialräumen und Werkswohnungen. Zur sicheren Nachrichtenübertragung (die Deutsche Post war unzuverlässig) hatte die EVG ein eigenes Telefonnetz aufgebaut. Dafür wurde an den Masten der 15-kV – Leitungen ein gesonderter Leitungsdraht mitgeführt.

Der Energiebezug erfolgte von der AG Lauchhammerwerk (Stahlwerke Riesa und Gröditz) aus dem KW -Lauchhammer. Im Jahr 1912 wurde die erste 110-kV- Freileitung in Europa von Lauchhammer über Gröditz nach Riesa gebaut (55 km).

Nach Ende des 1. Weltkrieges hatte sich der EVG drei U-Boot-Dieselmotoren beschafft und diese in Gröba (Dieselzentrale) zur Stromerzeugung aufgestellt (Spitzen-Kraftwerk 5100 PS – 3,8 MW).

Weiterer Energiebezug war von der ASW (AG Sächsische Werke) möglich, aus dem KW Hirschfelde (Zittau) und böhlen (Leipzig). Die ASW war im Besitz des sächsischen Staates und hatte das alleinige Recht in Sachsen Kraftwerke zu errichten und zu betreiben.

Um unabhängig vom Fremdenergiebezug zu werden, plante der EVG ein eigenes Kraftwerk.

Da dies in Sachsen nicht möglich war, wählte man als Standort Plessa im Senftenberger Braunkohlenrevier (Preußen). Baubeginn war Mai 1926, im April 1927 wurde der erste Block mit 18 MW in Betrieb genommen (Endausbau 1942 mit 34 MW). Über eine 12 km lange 60- kV- Leitung zum UW Gröditz erfolgte die Einspeisung in das EVG – Netz.

Nach der ASW betrieb der EVG das zweitgrößte Energienetz in Sachsen. Insgesamt bestanden 1914 bereits 124 Energieunternehmen (z.B. 1895 Lichtwerk Dresden und EW Radebeul – letzteres wurde 1920 vom EVG übernommen).

Im Jahr 1925 wurde der Verwaltungssitz der EVG von Gröba nach Radebeul, Körnerweg 5, verlegt, die technischen Anlagen verblieben in Gröba. Für die versetzten Beamten wurde in Radebeul eine Wohnsiedlung errichtet (Gröbastraße).

Das heute aktuelle Thema Elektromobilität wurde von dem EVG bereits im Jahre 1927 umgesetzt. In diesem Jahr kam in Riesa ein batteriebetriebener Autobus zum Einsatz ( Fahrstrecke 22600 km/
Fahrgäste 67970).

Nach dem 2. Weltkrieg bestand der EVG als kommunales Unternehmen noch bis 1949, wurde dann in den EBO (Energiebezirk Ost) und später in die EVD ( Energieversorgung Dresden) eingegliedert. In den 1960er Jahren wurde die 60-kV-Ringleitung stillgelegt und durch das 110-kv-Netz ersetzt. Im Mittelspannungsbereich erfolgte danach eine Umstellung von 15 auf 20 kV.

Das Verwaltungsgebäude in Radebeul war ab 1955 der Betriebssitz des VEB Energiebau, heute Seniorenheim.

In den Betriebsjahren des EVG kam es auf Grund der noch nicht ausgereiften Technik häufig zu Störungen im Netz mit Versorgungsunterbrechungen. Aus dieser Zeit stammen die Sprüche:

„Schön ist das elektrisch Licht,
doch wenn man’s braucht,
dann brennt es nicht.“

„ Kommt Zeit, kommt Rat,
stehen erst die Masten,
kommt bald der Draht.“

Karlfried Müller
2020/1

Schreibwerkstatt (2. Teil) – Elina Markalous

Elina Markalous – Klasse 12 – Lößnitzgymnasium Radebeul

Bis alles anders ist

Mein Schulweg ist jeden Tag der gleiche. Nichts verändert sich, bis ich bemerke, dass alles anders ist.

Meine Nachbarschaft ist klein, gemütlich. Viele Einfamilienhäuser, Nachbarn, die ich täglich grüße. Straßen, die so eng sind, dass die Autos einer Richtung halten müssen.

Jeder Morgen ist gleich, bis ich bemerke, dass die Forsythien blühen und es Frühling ist. Auch jetzt grüße ich meine Nachbarn, die Autos halten nicht immer, wenn sie mich und mein Fahrrad eigentlich durchlassen sollten. Die Vögel zwitschern und meine Freundin fragt, ob ich für Mathe gelernt habe.

Jeder Morgen ist gleich, bis ich bemerke, dass Jeans selbst am Morgen zu warm sind und es Sommer ist. Die Nachbarskinder lärmen beim Fußballspielen, die Autos halten manchmal. In der Pause kauft jemand Eiscreme und teilt mit uns allen.

Jeder Morgen ist gleich, bis ich die Gänse ziehen sehe und es Herbst ist. Ich überlege, ob ich meinen Nachbarn nach seinen Kakteen frage. Ich habe gelernt, in der Mitte der Straße zu fahren, damit die Autofahrer gezwungen sind zu halten. Ich nehme mir Tee in die Schule mit und beschwere mich mit meinen Freunden, dass das Schulgebäude so kalt ist.

Jeder Morgen ist gleich, bis auf einmal der erste Schnee fällt und es Winter ist. Die Nachbarn sehe ich jetzt beim Schneeschippen, auf die Autos muss ich nicht mehr achten, da ich sowieso nicht mehr Fahrrad fahre. Meine Schwester und ich werfen auf dem Schulweg Schneebälle hin und her.

Jeder Morgen ist gleich, bis ich irgendwann keinen Schulweg mehr habe. Nichts verändert sich, bis ich bemerke, dass alles anders ist.

Ich bin nun bald erwachsen, irgendwann ziehe ich weg, versuche meinen Weg in der Welt zu finden. Ich werde andere Nachbarn grüßen, mich über andere Autofahrer ärgern und andere Freunde finden.

Mein Schulweg bedeutet mir meine Welt, denn meine kleine Nachbarschaft wird irgendwann nur noch Teil meiner Erinnerung sein. Denn nichts ändert sich, bis ich bemerke, dass alles anders ist.

Erstunterzeichner

Offener Brief des Radebeuler Kultur e.V.
zur Situation des ehemaligen „Gasthof Serkowitz“ und des Lügenmuseums

Prof. Ralf Kerbach, Maler, Grafiker, Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste – Prof. Dr. phil. (i. R.) Gerd Koch, Berlin – Peter Graf, Maler, Träger Radebeuler Kunstpreis, Radebeul – Jens Kuhbandner, Verleger, Träger Radebeuler Kunstpreis, Radebeul – Thomas Gerlach, Schriftsteller, Träger Radebeuler Kunstpreis, Radebeul – Prof. (em.) Detlef Reinemer, Bildhauer, Träger Radebeuler Kunstpreis, Radebeul – Uwe Wittig, Radebeuler Stadtrat, Radebeul – Uwe Proksch, Geschäftsführer Kulturfabrik Hoyerswerda – Karin Baum, Dipl. Kunstpädagogin, Kulturaktivistin i. D., Stadtgaleristin a. D., Radebeul – Prof. (em.) Annerose Schulze, Künstlerin, Radebeul – Fritz Peter Schulze, Bildhauer, Radebeul – Prof. Bernd Guhr, Theaterwissenschaftler, Dozent, Schauspielpädagoge, Leipzig – Dr. Sandra Wirth, Politikwissenschaftlerin, Vizepräsidentin des Bundes Deutscher Amateurtheater, Präsidiumsmitglied des Deutschen Musikrates, Leipzig – Gabriele Reinemer, Dipl. Bildhauerin, Radebeul – Dr. Tobias J. Knoblich, Dezernent für Kultur und Stadtentwicklung der Landeshauptstadt Erfurt, Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft e. V., Mitglied im Kulturausschuss des Deutschen Städtetags (Erfurt) – Wolf-Dieter Gööck, Sänger, Schauspieler, Regisseur, Radebeul – Torsten Tannenberg, Geschäftsführer des Sächsischen Musikrates e. V., Dresden – Barbara Plänitz, Dipl. Sozialpädagogin, Radebeul – Ilona Rau, Vorsitzende „Vorschau und Rückblick“, Coswig – Dr. Bertram Kazmirowski, Lehrer, Vorstandsmitglied „Vorschau & Rückblick“, Dresden – Sascha Graedtke M.A., Chefredakteur „Vorschau und Rückblick“, Radebeul – Sigrid Herrmann, Kosmetikerin, Radebeul – Andreas Herrmann, Techniker, Radebeul – Dirk Strobel, Dramaturg, Regisseur, Theaterpädagoge, Dresden – Karen Graf, Malerin, Radebeul – Karola Smy, Malerin, Grafikerin, Kreischa – Wolfgang Smy, Maler, Grafiker, Kreischa – Matthias Kratschmer, Industriedesigner, Radebeul – Karl Uwe Baum, Präsidiumsmitglied des BDAT, Radebeul – Irene Wieland, Freischaffende Künstlerin Grafik und Skulptur, Radebeul – Larsen Sechert, Theaterwissenschaftler, Regisseur, Clown, Leipzig – Thomas Teubert, Inhaber Weinkeller Am Goldenen Wagen, Radebeul – Petra Schade, Malerin, Grafikerin, Fotografin, Radeburg – Burkhard Schade, Fotograf, Radeburg – Roland Friedel, Schauspieler, Rundfunksprecher a. D., Leipzig – Gudrun Postl, Kosmetikerin, Radebeul – Klaus Liebscher, Maler, Restaurator, Radebeul – Antje Herrmann, Kommunikationsdesignerin, Dresden-Cossebaude – Maxi Baum, Erzieherin, Dresden – Gisela Streufert, Lektorin, Radebeul – Ute Hartwig-Schulz, Bildhauerin, Künstlergut Prösitz, Grimma, OT Prösitz – Michael Linke, Regisseur, Schauspieler, Musiker, Bautzen – Tim Schreiber, Pantomime, Dresden – Jan Oelker, Fotograf, Radebeul – Iduna Böhning-Riedel, Geschäftsführerin Kunsthaus Raskolnikow e. V., Dresden – Dorothee Kuhbandner, Malerin, Grafikerin, Inhaberin Galerie Weitblick, Radebeul – Sylvia Fenk, Bühnen- und Kostümbildnerin, Meißen – Christina Koenig, Dipl. Kommunikationswirtin, Autorin, Keramikerin, Meißen – Manuel Frolik, Künstler, Dresden – Kornelia Lindner, Buchbindermeisterin, Radebeul – Johannes Lindner, Dipl.- Restaurator, Radebeul – Bettina Zimmermann, Freischaffende Künstlerin Malerei, Zeichnung, Objekte, Klipphausen – Michael Heuser, Schauspieler, Radebeul – Michaela Mayer, Sachkundige Bürgerin, Fraktion „Bürger für Meißen“/SPD, Meißen – Birgit Freund, Vorsitzende Fremdenverkehrsverein Radebeul e. V. – Michael Freund, Bürger, Radebeul – Sophie Cau, Malerin, Radebeul – A. Leliveld, Unternehmer, Radebeul – Katrin Leliveld, Unternehmerin, Radebeul – Gisbert Uthoff, Angestellter, Radebeul – Ulrike Kunze, Bühnen- und Kostümbildnerin, Radebeul – Lydia Hempel, Geschäftsführerin Landesverband Bildende Kunst Sachsen e.V., Dresden – Stefan Voigt, Künstler, Radebeul – Gudrun Brückel, Künstlerin, Dresden – Christiane Latendorf, Dipl. Malerin Grafikerin, Dresden – Cornelia Konheiser, Künstlerin Malerei, Grafik, Radebeul – Michael Lange, Fotograf, Quohren – Bärbel Voigt, Malerin, Grafikerin, Radebeul – Gabriele Seitz, Fotografin, Radebeul – Klaus Brendler, Dipl.-Pädagoge, Vorsitzender des Vereins Dresdner Geschichtsmarkt, Dresden – Gudrun Trendafilov, Künstlerin, Dresden – Christine Fuchs, Bürgerin, Radebeul – Maja Nagel, Filmemacherin, Malerin, Grafikerin, Nossen/Eula – Biliana Vardjieva-Winkler, Künstlerin, Dresden – Daniel Bahrmann, Fotograf, Meißen – Karen Roßki, Malerin, Dresden – Birgit Schaffer, Ingenieurin, Dresden – Marion Arnold, Laborantin, Käbschütztal, OT Canitz – Uwe Arnold, Informatiker, Käbschütztal, OT Canitz – Gerald Leuschner, Werkschutzkraft, Moritzburg, OT Friedewald – Regine Wollmerstädt, Bürgerin, Radebeul – Bodo Pietsch, Forstingenieur, Jäger, Radebeul – Heidi Pietsch, Dipl. Ingenieurin Arbeitswissenschaft, Radebeul – Christian Martins, Verkäufer, Radebeul – Margret Plänitz, Schneiderin, Radebeul – Stefan Hoth, Teamleiter, Radebeul – Carmen Grüdl, Angestellte, Radebeul – Phillip Grüdl, Angestellter, Radebeul – Christian Plänitz, Rentner, Radebeul – Sandra von Holn, Regisseurin, Schauspielerin, Sängerin, Leipzig – Ingrid Fiedler, Verwaltungsangestellte, Radebeul – Dieter Hoffmann, Klempner, Radebeul – Regina Richter, Rentnerin, Radebeul – Rainer Richter, Restaurator, Radebeul – Annett Müller, Verkäuferin, Radebeul – Daniel Nicolaus, Dipl. Sänger, Radebeul – Bettina Löschner, Teilkonstrukteurin, Radebeul – Dr. Klaus Löschner, Architekt, Radebeul – Frank Andert, Museumsleiter, Radebeul.

Offener Brief des Radebeuler Kultur e.V.

Werte Leserinnen und Leser,

der Vorstand des Radebeuler Monatsheftes e.V. hat sich entschlossen, der Bitte des Radebeuler Kultur e.V. nachzukommen und dessen Offenen Brief in Sachen Serkowitzer Gasthof an den Oberbürgermeister Bert Wendsche und die Radebeuler Stadträte in unserem Monatsheft „Vorschau & Rückblick“ zu veröffentlichen.

Wir glauben, dass es sich bei dem ehemaligen Gasthof und dem Lügenmuseum um zwei für die Stadtgesellschaft bedeutende kulturelle Träger handelt, deren Zukunft uns nicht gleichgültig sein kann. Deshalb wollen wir mit zu einer möglichst allseitigen Information beitragen und die Suche nach einer vernünftigen Lösung für den Erhalt des Serkowitzer Gasthofes und den Verbleib des Lügenmuseums in Radebeul unterstützen.

Der Offene Brief wird mitgetragen von über 90 Erstunterzeichnern aus Politik, Kultur, Kunst und der Bürgergesellschaft von Radebeul und weiteren Orten der Bundesrepublik. Wer das Anliegen des Briefes unterstützen will, wende sich bitte an den Radebeuler Kultur e.V. Gern nimmt auch die Redaktion Zuschriften in dieser Angelegenheit entgegen.

Der Vorstand

Hinweise
Der Offene Brief kann beim Radebeuler Kultur e.V. unterzeichnet werden. Rückfragen sind ebenfalls an den Verein zu richten. Kontakt: Radebeuler Kultur e.V., 01445 Radebeul, Meißner Straße 21, info@radebeuler-kultur.de, www.radebeuler-kultur.de.
Informationen zum Lügenmuseum sind unter www.luegenmuseum.de, info@luegenmuseum.de, Tel.: 0176/99 02 56 52 erhältlich.


An den
Oberbürgermeister
Bert Wendsche
und
die Mitglieder des Stadtrates Radebeul

 

Offener Brief des Radebeuler Kultur e.V.zur Situation des ehemaligen „Gasthof Serkowitz“ und des Lügenmuseums

Der unter Denkmalschutz stehende ehemalige „Gasthof Serkowitz“ in Radebeul fand bereits im Jahr 1337 eine erste urkundliche Erwähnung. Gut erhalten sind der Ballsaal sowie zwei Sgraffiti des Dresdner Künstlers Hermann Glöckner (1889–1987). Nach einer Zeit des Leerstandes erwarb die Stadt Radebeul das Gebäude im Jahr 2007 für 10.000 Euro aus einer Zwangsversteigerung und stellte dessen Räume 2012 dem Lügenmuseum zur Verfügung. Ein dauerhafter Erwerb oder gar eine Sanierung war nicht geplant.
Heute ist die Situation in der Stadt aber eine andere. Mit dem Lügenmuseum hat Radebeul eine kulturelle Attraktion erhalten, welche europaweit ausstrahlt. Es wird sowohl von Besuchern aus der Lößnitzstadt, als auch aus der näheren und ferneren Umgebung gern aufgesucht und gehört mit seinen verlässlichen Öffnungszeiten an den Wochenenden und während der Schulferien zu den bevorzugtesten Zielen in Radebeul, vor allem auch von jungen Familien. Die Homepage gibt Einblick in die vielfältigen Aktivitäten des Lügenmuseums und seiner Akteure. Für Touristen ist das Lügenmuseum ein bevorzugter Anziehungspunkt, wie aus Umfragen hervorgeht.

Das Lügenmuseum wurde und wird maßgeblich durch den Künstler Reinhard Zabka geprägt. Sein Frühwerk wurzelt in der einstigen DDR-Dissidentenszene. Nach dem gesellschaftlichen Umbruch fand Zabka auch internationale Anerkennung. So war er im Jahr 1990 mit der Installation „Labyrinth der Erinnerung“ auf der Biennale in Venedig vertreten.

Der kontakt- und experimentierfreudige Künstler zeigt seine Werke seit 1990 in einem eigens dafür geschaffenen Museum. Dessen Aufnahme in den Museumsverband Brandenburg erfolgte 1995. Der große Zuspruch erforderte eine räumliche Erweiterung. Ein ehemaliges Gutshaus in Gantikow wurde ab 1997 für das Lügenmuseum zum neuen Domizil. Im Jahr 2000 erkannte der brandenburgische Landesverband LAG-Soziokultur das Lügenmuseum als soziokulturelles Zentrum an. Um den Fortbestand des Museums auf eine breitere Basis zu stellen, wurde im Jahr 2008 der Verein „Kunst der Lüge“ gegründet. Die Schließung des Lügenmuseums und der Weggang des Künstlers Reinhard Zabka aus Gantikow wurden sehr bedauert.
Mit Reinhard Zabka ist ein international anerkannter Künstler nach Radebeul gekommen, dessen Kunstmuseum auf unterhaltsame Weise Gegenstände mit geschichtlichem Bezug oder des Alltags in neue Zusammenhänge stellt. Kinetische Objekte, Licht- und Klanginstallationen erfreuen aufgeschlossene Besucher jeden Alters und bringen sie zum Innehalten, Staunen, Nachdenken oder Träumen.

Von seinem Basislager „Lügenmuseum“ aus zieht er in die Welt und kehrt mit neuen Kontakten, Erkenntnissen und Inspirationen nach Deutschland zurück. Im Ergebnis entstehen dort wie hier intermediale Gemeinschaftsprojekte, wie zum Beispiel in Radebeul das alljährliche Labyrinth auf den Elbwiesen. Erwähnenswert ist auch das Engagement zum 700-jährigen Ortsjubiläum von Serkowitz oder zum kulturellen Neustart unter Pandemiebedingungen.

Die Förderung seiner Projekte durch renommierte Einrichtungen wie die der Kulturstiftung des Bundes sind ein Beleg für die hohe Wertschätzung, welche dem Schaffen von Reinhard Zabka entgegengebracht wird. Für sein Wirken als Objektkünstler und Kunstinitiator wurde Reinhard Zabka im Jahr 2016 der Radebeuler Kunstpreis verliehen. Im Jahr 2021 erfolgte die Aufnahme des Lügenmuseums in den Sächsischen Landesverband Soziokultur.

Die glückliche Symbiose zwischen einem kulturhistorisch bedeutsamen Baukörper und einem kreativ-schöpferischen Ort mit bundesweiter Ausstrahlung ist ein großer Gewinn für Radebeul. Mit dem Verkauf des Objektes würde diese Symbiose nicht nur zerstört, sondern der überregional anerkannte Künstler und Kunstpreisträger Reinhard Zabka regelrecht aus Radebeul vertrieben. Die historischen Räume wären dann in ihrer Ursprünglichkeit nicht mehr erlebbar, zumal der attraktive Ballsaal mit Bühne die einzige größere Räumlichkeit dieser Art ist, die sich noch im städtischen Besitz befindet.

Die Unterzeichner appellieren eindringlich an die Verantwortungsträger der Stadt, gemeinsam mit den unmittelbar Beteiligten und maßgeblichen Vertretern der kulturellen Szene nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen, mit dem Ziel, das historische Gebäude einschließlich Saal zu erhalten und dem Lügenmuseum eine dauerhafte Existenz in Radebeul zu ermöglichen. Die Potenziale des zwischen Elbradweg und Schmalspurbahn gelegenen Lügenmuseums sollten sinnvoll mit denen des Karl-May-Museums, des Weinbaumuseums und der Stadtgalerie verknüpft werden.

Wir bitten alle Bürger, durch ihre Unterschrift diesen „Offenen Brief“ und damit unser Anliegen zu unterstützen.

Günter Baby Sommer – Vorsitzender
Nora Sandner – Stellv. Vorsitzende
Katharina Sommer – Stellv. Vorsitzende

Anja Wenzel – Kassenwart
Björn Reinemer – Geschäftsführer

Radebeul, den 29. März 2022


Erstunterzeichner

 

Offener Brief des Radebeuler Kultur e.V.
zur Situation des ehemaligen „Gasthof Serkowitz“ und des Lügenmuseums

Prof. Ralf Kerbach, Maler, Grafiker, Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste – Prof. Dr. phil. (i. R.) Gerd Koch, Berlin – Peter Graf, Maler, Träger Radebeuler Kunstpreis, Radebeul – Jens Kuhbandner, Verleger, Träger Radebeuler Kunstpreis, Radebeul – Thomas Gerlach, Schriftsteller, Träger Radebeuler Kunstpreis, Radebeul – Prof. (em.) Detlef Reinemer, Bildhauer, Träger Radebeuler Kunstpreis, Radebeul – Uwe Wittig, Radebeuler Stadtrat, Radebeul – Uwe Proksch, Geschäftsführer Kulturfabrik Hoyerswerda – Karin Baum, Dipl. Kunstpädagogin, Kulturaktivistin i. D., Stadtgaleristin a. D., Radebeul – Prof. (em.) Annerose Schulze, Künstlerin, Radebeul – Fritz Peter Schulze, Bildhauer, Radebeul – Prof. Bernd Guhr, Theaterwissenschaftler, Dozent, Schauspielpädagoge, Leipzig – Dr. Sandra Wirth, Politikwissenschaftlerin, Vizepräsidentin des Bundes Deutscher Amateurtheater, Präsidiumsmitglied des Deutschen Musikrates, Leipzig – Gabriele Reinemer, Dipl. Bildhauerin, Radebeul – Dr. Tobias J. Knoblich, Dezernent für Kultur und Stadtentwicklung der Landeshauptstadt Erfurt, Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft e. V., Mitglied im Kulturausschuss des Deutschen Städtetags (Erfurt) – Wolf-Dieter Gööck, Sänger, Schauspieler, Regisseur, Radebeul – Torsten Tannenberg, Geschäftsführer des Sächsischen Musikrates e. V., Dresden – Barbara Plänitz, Dipl. Sozialpädagogin, Radebeul – Ilona Rau, Vorsitzende „Vorschau und Rückblick“, Coswig – Dr. Bertram Kazmirowski, Lehrer, Vorstandsmitglied „Vorschau & Rückblick“, Dresden – Sascha Graedtke M.A., Chefredakteur „Vorschau und Rückblick“, Radebeul – Sigrid Herrmann, Kosmetikerin, Radebeul – Andreas Herrmann, Techniker, Radebeul – Dirk Strobel, Dramaturg, Regisseur, Theaterpädagoge, Dresden – Karen Graf, Malerin, Radebeul – Karola Smy, Malerin, Grafikerin, Kreischa – Wolfgang Smy, Maler, Grafiker, Kreischa – Matthias Kratschmer, Industriedesigner, Radebeul – Karl Uwe Baum, Präsidiumsmitglied des BDAT, Radebeul – Irene Wieland, Freischaffende Künstlerin Grafik und Skulptur, Radebeul – Larsen Sechert, Theaterwissenschaftler, Regisseur, Clown, Leipzig – Thomas Teubert, Inhaber Weinkeller Am Goldenen Wagen, Radebeul – Petra Schade, Malerin, Grafikerin, Fotografin, Radeburg – Burkhard Schade, Fotograf, Radeburg – Roland Friedel, Schauspieler, Rundfunksprecher a. D., Leipzig – Gudrun Postl, Kosmetikerin, Radebeul – Klaus Liebscher, Maler, Restaurator, Radebeul – Antje Herrmann, Kommunikationsdesignerin, Dresden-Cossebaude – Maxi Baum, Erzieherin, Dresden – Gisela Streufert, Lektorin, Radebeul – Ute Hartwig-Schulz, Bildhauerin, Künstlergut Prösitz, Grimma, OT Prösitz – Michael Linke, Regisseur, Schauspieler, Musiker, Bautzen – Tim Schreiber, Pantomime, Dresden – Jan Oelker, Fotograf, Radebeul – Iduna Böhning-Riedel, Geschäftsführerin Kunsthaus Raskolnikow e. V., Dresden – Dorothee Kuhbandner, Malerin, Grafikerin, Inhaberin Galerie mit Weitblick, Radebeul – Sylvia Fenk, Bühnen- und Kostümbildnerin, Meißen – Christina Koenig, Dipl. Kommunikationswirtin, Autorin, Keramikerin, Meißen – Manuel Frolik, Künstler, Dresden – Kornelia Lindner, Buchbindermeisterin, Radebeul – Johannes Lindner, Dipl.- Restaurator, Radebeul – Bettina Zimmermann, Freischaffende Künstlerin Malerei, Zeichnung, Objekte, Klipphausen – Michael Heuser, Schauspieler, Radebeul – Michaela Mayer, Sachkundige Bürgerin, Fraktion „Bürger für Meißen“/SPD, Meißen – Birgit Freund, Vorsitzende Fremdenverkehrsverein Radebeul e. V. – Michael Freund, Bürger, Radebeul – Sophie Cau, Malerin, Radebeul – A. Leliveld, Unternehmer, Radebeul – Katrin Leliveld, Unternehmerin, Radebeul – Gisbert Uthoff, Angestellter, Radebeul – Ulrike Kunze, Bühnen- und Kostümbildnerin, Radebeul – Lydia Hempel, Geschäftsführerin Landesverband Bildende Kunst Sachsen e.V., Dresden – Stefan Voigt, Künstler, Radebeul – Gudrun Brückel, Künstlerin, Dresden – Christiane Latendorf, Dipl. Malerin Grafikerin, Dresden – Cornelia Konheiser, Künstlerin Malerei, Grafik, Radebeul – Michael Lange, Fotograf, Quohren – Bärbel Voigt, Malerin, Grafikerin, Radebeul – Gabriele Seitz, Fotografin, Radebeul – Klaus Brendler, Dipl.-Pädagoge, Vorsitzender des Vereins Dresdner Geschichtsmarkt, Dresden – Gudrun Trendafilov, Künstlerin, Dresden – Christine Fuchs, Bürgerin, Radebeul – Maja Nagel, Filmemacherin, Malerin, Grafikerin, Nossen/Eula – Biliana Vardjieva-Winkler, Künstlerin, Dresden – Daniel Bahrmann, Fotograf, Meißen – Karen Roßki, Malerin, Dresden – Birgit Schaffer, Ingenieurin, Dresden – Marion Arnold, Laborantin, Käbschütztal, OT Canitz – Uwe Arnold, Informatiker, Käbschütztal, OT Canitz – Gerald Leuschner, Werkschutzkraft, Moritzburg, OT Friedewald – Regine Wollmerstädt, Bürgerin, Radebeul – Bodo Pietsch, Forstingenieur, Jäger, Radebeul – Heidi Pietsch, Dipl. Ingenieurin Arbeitswissenschaft, Radebeul – Christian Martins, Verkäufer, Radebeul – Margret Plänitz, Schneiderin, Radebeul – Stefan Hoth, Teamleiter, Radebeul – Carmen Grüdl, Angestellte, Radebeul – Phillip Grüdl, Angestellter, Radebeul – Christian Plänitz, Rentner, Radebeul – Sandra von Holn, Regisseurin, Schauspielerin, Sängerin, Leipzig – Ingrid Fiedler, Verwaltungsangestellte, Radebeul – Dieter Hoffmann, Klempner, Radebeul – Regina Richter, Rentnerin, Radebeul – Rainer Richter, Restaurator, Radebeul – Annett Müller, Verkäuferin, Radebeul – Daniel Nicolaus, Dipl. Sänger, Radebeul – Bettina Löschner, Teilkonstrukteurin, Radebeul – Dr. Klaus Löschner, Architekt, Radebeul – Frank Andert, Museumsleiter, Radebeul.

In eigener Sache

Werte Leserinnen und Leser,

der Vorstand des Radebeuler Monatsheftes e.V. hat sich entschlossen, der Bitte des Radebeuler Kultur e.V. nachzukommen und dessen Offenen Brief in Sachen Serkowitzer Gasthof an den Oberbürgermeister Bert Wendsche und die Radebeuler Stadträte in unserem Monatsheft „Vorschau & Rückblick“ zu veröffentlichen.

Wir glauben, dass es sich bei dem ehemaligen Gasthof und dem Lügenmuseum um zwei für die Stadtgesellschaft bedeutende kulturelle Träger handelt, deren Zukunft uns nicht gleichgültig sein kann. Deshalb wollen wir mit zu einer möglichst allseitigen Information beitragen und die Suche nach einer vernünftigen Lösung für den Erhalt des Serkowitzer Gasthofes und den Verbleib des Lügenmuseums in Radebeul unterstützen.

Der Offene Brief wird mitgetragen von über 90 Erstunterzeichnern aus Politik, Kultur, Kunst und der Bürgergesellschaft von Radebeul und weiteren Orten der Bundesrepublik. Wer das Anliegen des Briefes unterstützen will, wende sich bitte an den Radebeuler Kultur e.V. Gern nimmt auch die Redaktion Zuschriften in dieser Angelegenheit entgegen.

Der Vorstand

Hinweise
Der Offene Brief kann beim Radebeuler Kultur e.V. unterzeichnet werden. Rückfragen sind ebenfalls an den Verein zu richten. Kontakt: Radebeuler Kultur e.V., 01445 Radebeul, Meißner Straße 21, info@radebeuler-kultur.de, www.radebeuler-kultur.de.
Informationen zum Lügenmuseum sind unter www.luegenmuseum.de, info@luegenmuseum.de, Tel.: 0176/99 02 56 52 erhältlich.

5. Bauherrenpreiswanderung

Radebeul Ost – „südlich der Meißner Straße“

Das fünfte Mal ist ja schon fast wie ein kleines Jubiläum, oder? Zumindest können wir uns freuen, dass die Serie der Bauherrenpreiswanderungen nicht wie vieles andere durch Corona unterbrochen wurde.

Zuerst ein kleiner Rückblick auf unsere vierte Wanderung am 8. Oktober 2021. Es trafen sich reichlich dreißig Interessierte am Restaurant Gaumenkitzel in Zitzschewig auf der Coswiger Straße 23. Schön auch für die Gaststätte „Gaumenkitzel“, dass danach von einigen noch die Gelegenheit wahrgenommen wurde, dort essen zu gehen. Die Familie Dr. Kastler hat mit der Sanierung dieses Fachwerkhauses zum einen ein Schmuckstück an der Straße durch das alte Zitzschewig geschaffen, aber damit auch die hoffentlich bleibende Möglichkeit, dieses bei einer Einkehr, bei Speis und Trank mit Freude auch von innen zu erleben. Den Preis erhielt das Gebäude 2008 und es verkörpert in seiner Erlebbarkeit ein Idealbeispiel, traditionelle dörflicher Architektur zu bewahren und eine hochwertige zeitgemäße Nutzung zu ermöglichen. Leider ist davon an der Durchfahrtsstraße durch Zitzschewig schon manches verloren gegangen. Zu hoffen ist nur, dass zukünftige Bauherren sich mit dem baulichen Charakter des Dorfes mehr identifizieren und durch ihre Vorhaben ein Stück dieses Charmes wieder hervorzaubern.

Nun galt es diesmal im Oktober beim Wandern nicht gar zu sehr zu bummeln, da sich für 19 Uhr schon die Dunkelheit angekündigt hatte. Nächstes Ziel, ein paar Schritte weiter, war der Bauerngarten der Familie Schumann auf dem Dorfplatz Altzitzschewig.

Bauerngarten der Familie Schumann in Altzitzschewig
Foto: Archiv – verein für denkmalpflege und neues bauen

Dieser hatte 2003 einen Sonderpreis erhalten Der Garten befindet sich gegenüber dem prämierten Zustand wegen Buchsbaumzünsler etc. gerade etwas in der Umgestaltung. Mit viel Engagement redete sich Frau Schumann, von der wir empfangen wurden, in die Herzen vor allem der Hobbygärtner. Sicher wäre es auch nicht langweilig geworden, wären wir hier geblieben und hätten mit mehr Zeit den liebevollen Details der in herbstlicher Abendsonne am Platz liegenden Häuser noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Aber weitere Preisträger warteten auf unsere Besichtigung.

Bischofspresse mit Freundschaftstempel von der Gartenseite gesehen
Foto: Archiv – verein für denkmalpflege und neues bauen

Vorbei an der Hochwassermarke von 1845 ging es auf dem Bischofsweg zur Bischofspresse. Dort wurden wir herzlich von Familie Wagner empfangen. Am wiedererrichteten Freundschaftstempel, verwöhnt mit Weintrauben aus dem Garten, lauschten wir Herrn Wagner. Er berichtete mit viel Erfahrung von der Geschichte des Hauses und der Sanierung des Anwesens. Die Bauherrschaft erhielt den Preis 2005 für die gelungene denkmalpflegerische Instandsetzung.

Nun ging es hinauf durch das Kirchgässchen zum Publikumpreisträger 2019, den wohl keiner der Anwesenden bisher im Original gesehen hatte – dem Garten der Familie Hofmann auf der Mittleren Bergstraße 18b. Herr und Frau Hofmann waren ganz überrascht, wie viele „Bauherrenpreiswanderer“ bei ihnen hereinschneiten. Sie hatten eine viel kleinere Gruppe vermutet. Aber in bewundernswertem Gemeinschaftssinn der Anwesenden reichten die hübsch vorbereiteten Käsespieße und Weingläschen gut für alle. Neben Erläuterungen zum Garten und zum Haus begann ein sich vertiefender Gedankenaustausch der anwesenden Hobbywinzer zu Pfahlerziehung und pilzwiderstandsfähigen Weinzüchtungen. Somit galt es sich wiederum aufs Thema zu fokussieren und sich loszureißen.

Der Hofmannsche Garten
Foto: Archiv – verein für denkmalpflege und neues bauen

Apropos Publikumspreis – auch im Jahr 2022 wird es eine Bauherrenpreisverleihung geben. Bis 30. Juni können Vorschläge eingereicht werden. Schauen Sie schon mal, was sich seit 2019 oder bisher noch nicht genügend beachtet, in Radebeul baulich Positives getan hat. Der Verein für Denkmalpflege und neues Bauen e.V. wird sich freuen, Einreichungn zu erhalten. Auch freuen wir uns auf eine rege Beteiligung bei der Bewertung des Publikums in der der Preisverleihung vorangehenden Ausstellung, vermutlich wieder in der Sparkasse. An der Ecke zum Knollenweg bzw. unten am Schloss Johannesberg warfen wir in den dämmernden Abend hinein einen Blick hinauf zum im Wächterberg thronenden ehemaligen Wohnhaus des Weinbauberaters Carl Pfeiffer. Auch dieses wurde von Familie Dr. Kastler saniert und erhielt 2003 den Bauherrenpreis für Altbausanierung. Wer Interesse hat, kommt sicher zum Tag des offenen Weingutes noch etwas näher an das Gebäude und die dort mögliche Aussicht.

Auf der Johannesbergstraße 5 kamen wir schon im Dunkeln an. Diese erhielt 2019 den Bauherrenpreis für Altbausanierung. Ich wollte unter einer Straßenlaterne eigentlich nur ein paar mir zugängliche Informationen über die engagierte Sanierung an das Publikum weitergeben. Doch da hörte ich „wir können auch reingehen“. Welch schöne Überraschung – zwei Herren der Familie Jentzsch hatten an unserer Tour teilgenommen und konnten nun viel persönlicher und detaillierter zur Sanierung berichten. Und vom Hof ergab sich auch ein sonst nicht erlebbarer Blick, was ja auch ein Reiz unserer Bauherrenpreiswanderung ist.

Den Abschluss bildete der Publikumspreis 2016 – die Weinstube Altnaundorf 21. Auch hier ein saisonal erlebbares Kleinod, welches mit viel privatem Engagement wiedererweckt und nun betrieben wird. Etwa 20 Leute blieben noch auf ein Schöppchen Wein mit Zwiebelkuchen in der gemütlichen Gaststube. Und die Wirtsleute ließen sich nicht lange bitten, als „Publikums – Bauherrenpreisträger“ zu ihrem Objekt zu berichten.

Es war eine Tour, zu der wir uns besonders herzlich für all die geplante und spontane Gastfreundschaft, sowie Offenheit der Bauherrenpreisträger bedanken konnten.

Und nun lädt Sie der Verein für Denkmalpflege und neues Bauen e.V. zur fünften Bauherrenpreiswanderung ein. Verraten will ich zur Tour und deren „Perlen“ noch nicht so viel. Aber entgegen einem in der (etwas entfernteren) Presse immer wieder gepflegten Klischee führt die Wanderung zu Bauherrenpreisträgern in Radebeul Ost „südlich der Meißner Straße“.

Und wenn jemand, der Radebeul schon lange kennt, mal Revue passieren lässt, was sich dort alles getan hat, dann wäre es schade, wenn dies nicht auch zu Beachtung und Preisen geführt hätte.

Darüber wollen wir zu unserer Tour sprechen. Denn es gibt auch noch einiges in diesem Gebiet zu richten, was auf einen dem „besonderen Charakter von Radebeul“ entsprechenden Weg gebracht werden sollte. Was das ist, diese Diskussion ist nie abgeschlossen. Nur die aktive, stetige Auseinandersetzung in der Stadtgesellschaft mit diesem Thema wird uns diesen ahnen, bewahren und gemeinsam gestalten lassen.

Da sich die Zahl der Bauwerke mehrt, die in ihren Dimensionen und in ihrer Materialität mit dem Stadtcharakter kollidieren, ist diese Diskussion notwendigen denn je. Die an Gartenzäunen aufgehangenen Plakate klagen diese Entwicklung an und kritisieren die Genehmigung der entsprechenden Gebäude.

Für alle, die vom Bauherrenpreis in Radebeul noch nichts gehört haben, sei dieser nochmals kurz erläutert:

In Zeiten des sich schnell entwickelnden, pulsierenden Baugeschehens in Radebeul wurde der Radebeuler Bauherrenpreis vom Verein für Denkmalpflege und neues Bauen Radebeul e.V. gemeinsam mit der Stadt Radebeul ins Leben gerufen. Von 1997 bis 2011 wurde der Preis jährlich für Neubau, Denkmalpflege und Außenanlagen verliehen. Mittlerweile ist die Intensität des Bauens in der Stadt zurückgegangen und der Preis wird alle 3 Jahre vergeben, zuletzt 2019 (siehe V&R 12/19).

Dieser Preis soll ein Element sein, um die Diskussion zu Auffassungen zur Baukultur in Radebeul zu fördern und öffentlichkeitswirksam zu machen. Er ist auch von der Hoffnung getragen, Bauherren und Investoren zu erreichen und anzuregen, im Vorfeld intensiv über die Wirkung ihrer geplanten Bauwerke in der Stadt nachzudenken.

Die Bauherrenpreiswanderung soll uns wieder einige der in der Vergangenheit prämierten Objekt als Anregung und Erlebnis vor Augen führen.

Seien Sie herzlich zum Start der diesjährigen Bauherrenpreiswanderung eingeladen:
29. April 2022, 18 Uhr vor der Lutherkirche „südlich der Meißner Straße“

Alle sind herzlich eingeladen (besonders auch Leute, die Bauherren sind oder werden wollen). Schon um des Erlebens und des Austauschs willen wird die ca. 2 stündige Wanderung eher gemächlich verlaufen und endet am Robert – Werner – Platz.

P.S. Anregung: Über die Losen-Blatt-Sammlung, die Internetseite des Vereins (www.denkmalneuanradebeul.de) oder Wikipedia findet man die Bauherren-Preisträger und kann sich, wenn man Lust hat, auch mal selbst eine Bauherrenpreiswanderung für einen Sonntagsspaziergang zusammenstellen.

Michael Mitzschke

Wanderausstellung in der Stadtgalerie

Foto: Repro/ Foto Archiv Mail-Art-Projekt

Anfang des Jahres 2021, mitten im Corona-Lockdown, in einer »kunstfreien«, schwierigen und dunklen Zeit startete die Malerin und Grafikerin Petra Schade zusammen mit ihrer Künstlerkollegin Anita Voigt und dem Fotografen Burkhard Schade ein MAIL- ART-PROJEKT!

Die Initiatoren interessierte, was die Menschen in dieser Zeit bewegt. Was haben sie für Gefühle, Ängste, Träume, was haben sie entdeckt, an sich, an anderen, was hat sich für sie verändert, was vermissen sie und was haben sie dazu gewonnen. Dieses Projekt gab den Menschen eine Stimme aus dem Lockdown. Die langsame und kreative Gestaltung einer Postkarte als Ausdruck des eigenen Befindens wurde eine Alternative zum schnellen Schlagabtausch in den sozialen Medien.

Anita Voigt, Petra Schade, Burkhard Schade
Foto: Repro/ Foto Archiv Mail-Art-Projekt

Es wurde ein generationsübergreifendes Stimmungsbarometer, eine Aktion der Hoffnung.

An vielen Orten wurde der Aufruf gehört, diskutiert und weitergereicht. Viele Menschen folgten begeistert der Idee und so trafen von Januar bis März 2021 über 700 Karten ein – aus allen Ecken Deutschlands und darüber hinaus. Menschen aller Altersgruppen, Künstler und Laien gleichermaßen, haben sich mit den elementaren und mentalen Folgen der Corona-Pandemie auseinandergesetzt.

Die verwendeten Techniken sind so vielfältig wie die Ideen und die Inhalte der Karten.

Texte, Grafiken, Fotos und Malerei erzählen von Ängsten und Mut, von Hoffnung und Wünschen, von Kritik und Wut, von privaten Erfahrungen und globalen Fragestellungen.

Dieses kreative »Gesamtwerk« wird nun einer breiten Öffentlichkeit in Form einer Wanderausstellung präsentiert.

Nach dem großartigen Start im Heimatmuseum Radeburg im September 2021 werden alle Postkarten des Projektes vom 19. April bis 22. Mai 2022 in der Stadtgalerie Radebeul gezeigt. Die Eröffnung der Ausstellung ist am 14. April 2022, 19:30 Uhr.

Weitere Ausstellungen sind in Glauchau und Neustadt/Sa. geplant. Letzte Station der Wanderausstellung wird 2023 das Stadtarchiv Dresden mit anschließender feierlicher Archivübergabe sein.

Burkhard Schade

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