Es tat sich was in der Finsteren Gasse

Sensible Gemüter unter den Lesern möchten vielleicht weiterblättern, denn sie könnten vermuten, in den folgenden Zeilen wird „Schröckliches im Sinne einer Moritat“ ausgebreitet, etwa der Überfall einer Postkutsche, ein Diamantenraub oder gar Mord! Aber nein, ich kann Sie versichern, es wird eher harmlos, es geht um Straßenbau, genauer gesagt, um die Reparatur eines Radebeuler Weges namens Finstere Gasse. Die meisten Radebeuler werden diesen Wander- und Verbindungsweg (er ist Teil des Radebeuler Weinwanderweges) in Niederlößnitz sicherlich kennen, u.a. auch deshalb, weil im August 2014 hier die pressewirksame Elch-Geschichte ihren Anfang nahm. Interessant ist der Weg sicher zu jeder Jahreszeit, am angenehmsten aber im Sommer, wenn man beim Aufstieg den Schatten der Bäume und die Feuchte der alten Mauern wie eine Erfrischung spürt.

»Finstere Gasse im Winter 2010«, Thilo Hänsel

»Finstere Gasse im Winter 2010«, Thilo Hänsel


Der Weg Finstere Gasse ist im steilsten, mittleren Abschnitt sehr alt, mindestens so alt wie das Minckwitz’sche Grundstück, dessen östliche Flanke der Weg bildet, also etwa 300 Jahre, wahrscheinlich aber noch älter. Ein unterer und ein oberer Abschnitt haben straßenähnlichen Charakter, doch in der Mitte der Finsteren Gasse war immer nur ein Weg. Ältere Radebeuler erinnern sich vielleicht, dass vor etlichen Jahren ein Trabbifahrer die Durchfahrt mal geschafft haben soll. Sicher mit Kratzern, denn der Weg ist eng und das Befahren nicht im Sinne des Erfinders. Über die Jahrzehnte und Jahrhunderte muss der Weg verschiedene Arten von Befestigungen gehabt haben: vielleicht eine leichte Wegedecke (ähnlich der sandgeschlämmten Schotterdecke), da war die Gefahr des Abspülens bei Starkregen natürlich groß, eine Pflasterung, die aber auch durch Ausspülung lückenhaft wurde und in jüngerer Zeit sogar mal eine Schwarzdecke, die auch nicht lange hielt. Bis zum Jahr 2015 waren von all dem nur noch Reste zu erkennen und es bestand eine erhebliche Unfallgefahr für Benutzer des Weges. In der Situation plante die Stadtverwaltung 2015 dann eine grundhafte Erneuerung – längere Haltbarkeit, eine gute Begehbarkeit (für einen Wanderweg konnte man die Begehung mit hochhackigen Schuhen ausschließen) und relativ kurze Bau- und Sperrzeiten waren unter einen Hut zu bringen.
Entfernung der Schwarzdecke Foto: D. Lohse

Entfernung der Schwarzdecke
Foto: D. Lohse


Das scheint der Stadt mit Wildpflaster, das aus einem ehemaligen Dresdner Kasernengelände stammte (Sekundärverwendung) und auch mit der Wahl der Baufirma Hausdorf aus Tauscha gut gelungen zu sein. Auch die Wahl der eingesetzten Technik, ich sah u.a. einen kleinen, schmalen Bagger, war optimal auf die Enge des Weges ausgerichtet. In der Wegmitte ist das Wilpflaster (wohl eine Syenit- oder Granitart) zu einer flachen Mulde ausgebildet. Ob das Oberflächenwasser darin seinen Weg findet, muss sich noch zeigen.
Wildpflaster, nach der Sanierung Foto: D. Lohse

Wildpflaster, nach der Sanierung
Foto: D. Lohse


Laut Radebeuler Amtsblatt vom April d.J. betrugen die Baukosten 30.000€.

Bisher konnte man, wenn man genau hinschaute, noch ein älteres Recht, das sogenannte alte sächsische Wegerecht, erkennen. Das beruhte darauf, dass Wege und kleinere Straßen in der Mitte flach eingesetzte Grenzsteine, hier Sandstein ursprünglich mit eingemeißeltem Kreuz, hatten und die Anlieger sich jeweils in der Länge ihres Grundstücks und bis zur Mitte des Weges um Bau, Erhalt und Reinigung des Weges kümmern mussten. Die Kommunen hatten also früher mit dieser Art Weg nichts zu tun. Die alten, z.T. noch vorhandenen Grenzsteine der Finsteren Gasse wurden stehen gelassen und so sollte eine Erinnerung an das historische sächsische Wegerecht gezeigt werden. Bei einer Begehung sah ich nur noch wenige davon, was vielleicht auch daran gelegen haben könnte, dass der neue Weg mit Material (Sand, bzw. Feinsplitt) bestreut war, was durch Regen noch eingeschwämmt werden sollte. An anderen Stellen in Radebeul, so z.B. am Strakenweg, konnte man bislang auch noch den Grenzverlauf in der Wegmitte erkennen, doch eine Rechtswirkung geht davon nicht mehr aus, da inzwischen die meisten Rechte abgelöst und die Wege in das städtische System übernommen wurden. Auch hier hatte die Stadt die geschilderte Maßnahme zur Verbesserung der Begehbarkeit eines Weges selbst beauftragt und auch finanziell beglichen.

Unser Dank gilt Frau Heike Funke von der Abteilung Stadtgrün der Stadtverwaltung, die die Koordinierung der Aufgabe übernommen hatte, und auch der o.g. Baufirma. Die Ausführung erfolgte fachgerecht und fügt sich gut in das Landschaftsschutzgebiet der Lößnitz ein – hoffen wir für uns und unsere Gäste auf eine lange Haltbarkeit.

Dietrich Lohse

Ein vollendetes Leben

15. Februar 1927 – Max Manfred Queißer – 4. Mai 2016

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrhundertelang;
und ich weiß nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.

(Rilke)

Als geschlossener Kreis ist der Ring eine vollkommene Form; in jedem Schließen eines Kreises liegt Vollendung.

Foto: G. Queißer

Foto: G. Queißer


Am 4. Mai 2016 hat sich der Lebenskreis des Malers Max Manfred Queißer geschlossen. Wie Rilke, so glaube ich, hat auch er versucht, baumgleich seinem Leben Ring um Ring hinzuzufügen, jeden Wandel, jede große oder kleine Veränderung als einen Zugewinn begrüßend. So wurde Manfreds Leben ein vollendetes Leben.

Das war keineswegs selbstverständlich.

Im Februar 1927 wurde er in Freital geboren. Als er 1933 in die Schule kam, war schon alles darauf ausgerichtet, ihn und seine Mitschüler auf das sogenannte große Ziel ihres Lebens vorzubereiten: Den Heldentod. Tatsächlich folgte dann nach einer Lehre zum Maschinenschlosser 1944 die Einberufung zum Kriegsdienst, der für ihn (zum Glück nur) in sowjetischer Kriegsgefangenschaft endete. Es dürfte ihm sehr schmerzlich geworden sein erleben zu müssen, daß das Wort Heldentod nun auch unter uns, in der freiesten aller möglichen Gesellschaften, wieder angekommen ist. An den traumatischen Erlebnissen der Zeit zwischen 1944 und 1948, die er selbst als gestohlene Jahre bezeichnete, hat er bis in seine letzten Tage hinein schwer zu tragen gehabt.

Auf der Suche nach dem Leben begann Manfred zu malen, die Ateliers befreundeter Maler waren hier seine Lehrstuben.

Die Suche nach einem Beruf führte 1968 zu einer Promotion an der TU Dresden, der einundzwanzig Jahre wissenschaftlicher Tätigkeit als Kultursoziologe folgten. Dank enger freundschaftlicher Beziehungen zu Friedrich Kracht, Karl-Heinz Adler und der Genossenschaft Kunst am Bau verlor er die Kunst auch während seiner Berufsjahre nie ganz aus den Augen. Als Mitglied des redaktionellen Beirates der Fachzeitschrift Form+Zweck lag ihm die Belebung des BAUHAUS-Gedankens besonders am Herzen.

So gelang es ihm, Ring um Ring zu einem Leben zu fügen.

Gerlinde, seine zweite Ehefrau, mit der er seit 1976 in Radebeul lebte, brachte neue Farben ins Spiel: Sie teilten nun Leben und Werk. Die agile kleine Frau teilte mit ihm ihre Jugend, die freie Innenarchitektin bezog ihn gern in ihre Projekte ein. Gemeinsam entwickelten sie künstlerische Gestaltungskonzepte. Schließlich ermunterte sie ihn, sich ab 1990 mit neuer Energie der Malerei zu widmen und organisierte ihm, als er die Sicherheit wiedergewonnen hatte, weit über Radebeul hinaus zahlreiche Ausstellungen.

Friedrich Schorlemmer nannte in seiner Gedenkrede drei Säulen, um die sich die Ringe dieses Lebens zogen: eine politische Philosophie, die Musik und die Malerei. Andreas Schorlemmer fügte hinzu, was alle verband: die Liebe.

Frucht dieser Liebe war Sohn Friedemann, der in seinem Namen Vaters Hoffnung trägt, nie wieder einen Krieg erleben zu müssen. Hoffen heißt, schrieb Friedrich Schorlemmer, an einen Überschuß glauben und aus solchem Vertrauen Handlungskraft gewinnen.

Max Manfred Queißer hat, vom Vertrauen der Liebe getragen, eine Handlungskraft besessen, die ihn bis fast zuletzt den Pinsel führen und ihn auch dann noch immer wieder zu Spaziergängen aufbrechen ließ, als ihm das Alter schon das Gehen unmöglich machen wollte. Der große Mann mit dem herzlichen Lachen und dem wehenden weißen Haar fehlt nun im Stadtbild, denn er hat den letzten Ring vollendet und ist ein Teil geworden vom großen Gesang.

Thomas Gerlach

Auslobung für den 17. Bauherrenpreis der Stadt Radebeul 2016

verein für denkmalpflege und neues bauen

zur Förderung von Architektur und Baukultur

Der Preis wird gemeinsam vom „verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul e.v.“ und der Großen Kreisstadt Radebeul verliehen. Er ist eine Anerkennung für herausragende und ortstypische Baugestaltungen oder Sanierungen von Bauvorhaben (gewerbliche, öffentliche und Wohngebäude einschließlich besonders gelungener Garten- und Freianlagen) innerhalb des Radebeuler Stadtgebietes.

Der Bauherrenpreis wird in maximal drei Kategorien (Denkmalpflege und Sanierung, Neues Bauen, Garten- und Freiflächengestaltung) vergeben. Er kann in jeder Kategorie auch geteilt vergeben werden.

Vorschlagsberechtigt ist jede natürliche und juristische Person. Den Preis – bestehend aus einer Urkunde und einer Plakette – erhält der Bauherr.

Bis spätestens 31. Juli 2016 (Posteingang) können anschriftgenaue Vorschläge unter Beifügung von aussagekräftigen Fotos und kurzer schriftlicher Begründung oder ein entsprechend gestaltetes Poster (nicht größer als 80 x 60 cm) mit dem Vermerk bzw. der Überschrift „Vorschlag zum Bauherrenpreis 2016“ bei der Jury (verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul e. v., c/o Roland Helmich, Wilhelm-Eichler-Straße 20 oder Stadtverwaltung Radebeul, Technisches Rathaus, Pestalozzistr. 6 in 01445 Radebeul) eingereicht werden.

Wer für die Einreichung Hilfe benötigt, kann sich vertrauensvoll an ein Jurymitglied wenden! Unter den Vorschlägen können auch bisher nicht ausgezeichnete Bauvorhaben sein, die zum wiederholten Male eingereicht werden.

Die Beurteilung richtet sich an den folgenden Bewertungskriterien aus:

  • • Städtebauliche Einordnung unter Berücksichtigung der Ausgangssituation, dabei Beachtung der Maßstäblichkeit und einer angemessenen Wirksamkeit in den öffentlichen Raum
  • • Erhaltungsgrad des historisch gewachsenen Zustandes, Erhalt der historischen Substanz und Aufnahme ortstypischer Gestaltungselemente
  • • Realisierung einer gebietsspezifischen Nutzung – Verhältnis bisheriger zu neuer Nutzung
  • • Angemessene Verwendung umweltgerechter Baustoffe, Bautechniken und Bauweisen sowie Verwendung regenerativer Energien
  • • Landschaftstypische Pflanzenverwendung und dem Gebietscharakter entsprechender Materialeinsatz und dessen Zusammenspiel

Für die nicht öffentlich tagende Jury wurden als Mitglieder benannt (jeweils in alphabetischer Reihenfolge)

Seitens des Vereins: Dr. Jens Baumann, Robert Bialek, Thomas Gerlach, Prof. Dr. Heinrich Magirius, Gudrun Täubert, Iris Wilhelm (Stellvertreter: Elisabeth Aust, Jens Bergner, Dr. Grit Heinrich, Gunar Richter, André Schröter, Jürgen Tauchert)

Seitens der Stadt (Stadtrat / Stadtverwaltung): Ralf Buchert, Johannes Domasch, Dagmar Flämig, Dr. Jörg Müller, Uwe Queißer, Gabriele Schirmer, (Stellvertreter: Günther Despang, Heike Funke, Marion Hartung, Romy Helfrich, Marcus Hesse, Wolfgang Zimmermann)

Die Bekanntgabe der Preisträger erfolgt erst bei der öffentlichen Preisverleihung am Freitag, den 4. November 2016, um 19.30 Uhr, in der Sparkasse Radebeul-West, Hermann-Illgen-Straße 28.

Zusätzlich wird ein Publikumspreis vergeben: In der Zeit vom 24. Oktober bis zum 4. November 2016 erhalten die Besucher der Ausstellung aller eingegangenen Vorschläge die Möglichkeit, ihre eigene Wertung vorzunehmen. Die Ergebnisse werden unmittelbar vor der öffentlichen Preisverleihung bekannt gegeben.

Im Übrigen gilt die Satzung über den Bauherrenpreis der Stadt Radebeul in ihrer gültigen Fassung.

Dr. Jens Baumann, Vorsitzender des vereins für denkmalpflege und neues bauen radebeul e. v.

Dr. Jörg Müller, Erster Bürgermeister der Großen Kreisstadt Radebeul

Editorial 06-16

Erinnern Sie sich noch an Räume oder an Raucherabteile in Zügen die nach kaltem Rauch rochen, um nicht zu sagen, stanken? Ich erinnere mich an den ersten Gebrauchtwagenkauf nach der Währungsunion 1990. Als wir da an ein »Raucherauto « gerieten, erledigte sich das Begutachten von selbst. Und die Krönung allen Übels: Der Besuch einer Gaststätte oder Kneipe, der am folgenden Morgen mit dem »Entsorgen« der stinkigen Klamotten nachwirkte. Das war besonders lästig bei mehrtägigen Reisen. Der Kleidungswechsel am nächsten Tag musste einkalkuliert sein. Um so erfreulicher die Entscheidung der EU, den gesetzlichen Nichtraucherschutz zu fordern. So entschieden die Ministerpräsidenten 2007 auch in Deutschland sich für entsprechende gesetzliche Grundlagen. Hier sind sie also Ländersache. Jetzt haben wir eben 16 verschiedene Varianten des Nichtraucherschutzes. In allen öffentlichen Einrichtungen, in Krankenhäusern, Schulen und Gaststätten und Hotels gilt mit kleinen Hintertürchen das Rauchverbot. Merkbar für alle war dieses Anliegen auch in Filmen. Qualmende Darsteller verschwanden weitgehend von der Bildfläche. Um so erstaunlicher ist es, dass neuerdings hier ein Wandel stattfindet. In zahlreichen Filmen greifen nervöse Polizisten, gestresste Väter oder Damen der »guten« Gesellschaft zur Zigarette. Das fällt auf! Und um es hautnah zu erleben, kann man nach 23 Uhr in einigen Kneipen der Neustadt wieder erleben, dass die Aschenbecher auf die Tische verteilt werden. Bekannt sind diese Verstöße schon lange, aber keiner kontrolliert. Und so bleibt einem nur, die Kneipe zu verlassen oder s.o… Diese Wahl hat man aber nur als Gast. Nichtraucherschutz gilt jedoch für alle! Hier besteht Handlungsbedarf, die Schockbilder tun es garantiert nicht.

Ilona Rau

Der Finanzbeamte & Karikaturist Fred Carganico

Ein Finanzamt ist kein Spielhaus, sondern eine mächtige Behörde, die nur zu gern, mehr oder weniger diskret, auf ihre Macht hinweist, auch davon Gebrauch macht und bei vielen Menschen relativ leibnahen Groll hervorruft, aber seine eigenen Bürger wiederum mit einem bestimmenden „Hochachtungsvoll“ auf Distanz hält. Frohsinn mag da nicht aufkommen. Vielmehr zwingt sich einem förmlich die Frage auf, welchen Typen von Menschen das tägliche Mahnen,Verwarnen und Gegängele tatsächliche berufliche Erfüllung bringen kann.

Ohne Humor ist es nicht zum aushalten. Den hatte in jedem Fall einst der Moritzburger Fred Carganico und seines Zeichen hochrangiger Finanzbeamter, passionierter Jäger und begnadeter Zeichner und Karikaturist. Zugegeben, eine nicht alltägliche Melange.
Nach dem Studium in Berlin und Freiburg,1908 Gerichtsreferendar, 1920 Regierungsrat, Oberregierungsrat bis schließlich zum Direktor des Breslauer Finanzamtes, konnte der 1886 im Kreis Hameln Geborene, alle Stufen der Behörden-Karriereleiter souverän erklimmen.
Nahezu während der gesamten Zeit muss Carganico gezeichnet haben, denn bereits 1924 konnte er seine Arbeiten in einem eigenen Buch “Jäger und Wild in Reim und Bild“, erschienen im Breslauer Heger-Verlag, herausbringen. Das sorgfältig gegliederte 176 Seiten umfassende Buch, zeigt uns im zweiten Kapitel “Vom Hoch-und Steuerwild“, das im Finanzamt-Nord durchaus keine Eisbären, auf Schollen treibend, und im Finanzamt- Süd weder Palmen noch Löwen zu finden sind.
Der Nachwelt von Heute jedoch, ist Fred Carganico durch eine weitere Besonderheit jederzeit präsent: Er hinterließ außer zwei größeren Bildern auch über 140 Karten, die er scheinbar von leichter Hand, eigenhändig meist farbig zeichnete und mit den passenden Bildunterschriften versah. Zu sehen sind u.a. karikierte Familienmitglieder, Jagd-,Wald- und Naturszenen.10 Fred 39

Doch es ist nicht nur die stattliche Anzahl von, vor allen Dingen für das private Umfeld Carganicos, geschaffenen Kleinode, die es lohnend macht, sich etwas intensiver mit seinem Schöpfer zu beschäftigen. Vielleicht war das Zeichnen und Reimen auch für Fred Carganico eine Möglichkeit, den alltäglichen Balanceakt zwischen Ernst und Heiterkeit besser zu bewältigen. Auch überdurchschnittlicher Erfolg im Beruf kann kein Garant für immerwährendes privates Glück sein: In beiden verheerenden Weltkriegen, wird Carganico jeweils schwer verwundet und als er nach der Kriegsgefangenschaft 1945 endlich wieder nach Haus kommt, findet er seine Frau Dorothee in einem hoffnungslosen Zustand der Schwermut an, welchem sie im Mai 1946 schließlich erliegt. Er selbst übrigens, wird in dieser Zeit im Rahmen von Reparationsleistungen zu Demontagearbeiten in Dessau herangezogen.
Kurz darauf wird er die Witwe des gefallenen Revierförsters von Moritzburg und Tochter des Rittergutpächters Otto Kühn aus Rödern Luise Stiller heiraten. Trotz des großen Altersunterschied von über zwei Jahrzehnten verlebten sie in der ehemaligen Hofküche unmittelbar neben dem Moritzburger Fasanenschlößchen schöne Jahre.
Fred zündete sich gerne ein Pfeifchen an und genoss die Zeit umgeben von wundervoller Natur, bis zu seinem Tod 1966.

Warum sollen uns Fred Carganicos Karikaturen noch heute interessieren?

Eine Antwort auf diese Frage konnten interessierte Besucher bereits im Herbst 2014 im neugestalteten Besucherzentrum am Fasanenschlößchen finden. Von vielen Mitgliedern der Familie aus ganz Deutschland im Rahmen der Ahnenforschung zusammengetragen, zeigte eine Ausstellung in unmittelbarer Nähe seines ehemaligen Wohnortes, erstmalig im öffentliche Raum, über 80 Arbeiten Fred Carganicos.

10 Fred Carganico vorm Fasanenschlößchen

Fred Carganico vorm Fasanenschlößchen

Zwei glückliche Umstände ermöglichten die Ausstellung: Zum Einen, Teile, der in der näheren Umgebung ansässigen Familie, die glücklicherweise ein Gespür für das Potenzial der kleinen Kunstwerke hatte und zum Anderen die Unterstützung der Moritzburger Schlossverwaltung, die den hohen Unterhaltungswert der Arbeiten Fred Carganicos erkannten.

In der Sächsischen Zeitung war im September 2014 zu lesen:“Die Wiederentdeckung eines Talentes“. Dem ist nichts hinzuzufügen, denn zu entdecken gibt es bei Fred Carganico immer noch viel.
Dass Carganico überhaupt einem noch größeren Publikum bekannt wird, wäre ihm postum zu wünschen. Die vielbeachtete Ausstellung im Moritzburger Fasanenschlößchen kann ein guter Anfang gewesen sein. Man darf gespannt sein, denn der Moritzburger Bürgermeister Herr Jörg Hänisch zeigt sich für weitere Projekte, im Sinne Fred Carganicos, sehr interessiert. In Radebeul könnte Ähnliches noch realisiert werden. Vielleicht auch ein Kompendium in gedruckter Form, welches alle Arbeiten Fred Carganicos zeigt. So auf einen für das Jahr 2017 in Vorbereitung befindlichen Kalender, man darf in jedem Falle gespannt sein.

In unserer Reizüberflutenten und vom XXL- Eventcharakter geprägten Zeit, wirken die kleinen lebensfrohen Bildchen nahezu harmlos und bescheiden. Vielleicht aber liegt gerade darin der Zauber von Fred Carganicos Zeichnungen im Jetzt und Hier.

Übrigens, hinter Tante Micke verbirgt sich keine Geringere, als Fred Carganicos Frau Luise.

Uwe Wittig

Weitere Informationen zu Fred Carganico bei Frau Ute Krancher (0172-3672849) oder
Frau Ulrike Scholz (0152.08727542). Übrigens werden auch immer noch weitere Arbeiten zur Vervollständigung der Sammlung gesucht!

„Nimm dich in acht!“

Georges Bizets Oper „Carmen“ hatte an den Landesbühnen Sachsen Premiere

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»Carmen« mit Patrizia Häusermann (Mitte)       Foto: H. König

möchte man der jungen Frau zurufen. Ihre eigenen Worte, mit denen sie ihre Verehrer am ausgestreckten Arm verhungern lässt. Eine Carmen steht vor uns, die nicht der Männer verzehrende Vamp ist, sondern eine mit Schönheit und erotischer Ausstrahlung „Geschlagene“. Eine, die glaubt, alles im Griff zu haben, aber dennoch unaufhaltsam dem Abgrund zusteuert. Mit dieser Carmen könnte man fast Mitleid haben. Wie sie völlig unaufgeregt und ohne große Pose die Männerwelt…aber sie will doch nur spielen!

Dies alles geschieht bei Patrizia Häusermann in schöner Einheit von gesanglichem und darstellerischem Können auf hohem Niveau. Auch durch sie zieht das bekannte Geschehen auf der Bühne den Zuschauer neu in den Bann. Ein Solistenensemble, das Patrizia Häusermann adäquater Partner ist, sei hier wenigstens zum Teil genannt; Kay Frenzel als Don José – glaubhaft in der Entwicklung seiner Rolle; Michael König als Leutnant Zuniga – hin- und hergerissen zwischen dem Macho und dem Staatsdiener; Paul Gukhoe Song als Escamillo; selbstverliebt, schön anzusehen und zu hören; Anna Erxleben als das Bauernmädchen Micaela, der man ihre naiven, aber forschen 17 Jahre abkauft und nicht zuletzt Antje Kahn als Mercedes, auch in dieser Rolle eine Freude was Stimme und Bühnenpräsenz anbelangt.

Man ist es ja nicht anders gewohnt, dass der Chor der Landesbühnen Sachsen (Leitung: Sebastian Matthias Fischer) sowie der Gastchor „ChoruSa“ (Leitung: Elke Linder) in bester Verfassung sind und das auch deutlich machen.

Aber – und das muss unbedingt gesagt werden – ein guter Choreograph bringt einen Chor auch zum Tanzen: und wie! Glückwunsch an Katrin Wolfram, deren Handschrift sich wohltuend durch die gesamte Inszenierung zieht und solche Höhepunkte schafft, wie sie mit dem Chor der Straßenkinder im 1. Akt entstanden sind.

Überhaupt, dem gesamten Regieteam ist es mit „Carmen“ gelungen eine moderne Inszenierung auf die Bühne zu stellen ohne vordergründige Modernismen zu bemühen. Als Regisseur konnte Manuel Schöbel (konzeptionelle Vorbereitung: Gisela Zürner und Ute Raab) – im schnörkellosen, praktikablen Bühnenbild und mit schlichten, spanisches Flair assoziierenden Kostümen (beides: Stefan Wiel) seinen Darstellern Raum geben. Es war auch klug sich für die Felsenstein’sche Fassung zu entscheiden und damit – in Felsenstein’scher Manier – unmotivierte Tanzeinlagen zu vermeiden. Aber der „Meister“ hätte sie gewiss auch nicht an anderer Stelle wieder eingefügt, wo doch Musik und Text alles vortrefflich erzählen.

Sei es drum, auch eine Inszenierung ist wie ein „wilder Vogel“, der an diesem Abend (der heimlichen 2. Premiere) fast drei Stunden um den Orchestergraben flog und sich durch die Elbland-Philharmonie unter der Leitung von Hans-Peter Preu zu wirklich großer Oper aufschwang.

Gabriele Zimmermann

„Tafeln“ in Radebeul

Glaubt man einigen Medienberichten, so leben und wohnen in Radebeul nur wohlsituierte Bürger und Millionäre. Doch es gibt auch Menschen, die auf Lebensmittelspenden und das Engagement ehrenamtlicher Mitarbeiter angewiesen sind.

Jeden Mittwoch verteilen wir in der Ausgabestelle der Radebeuler Tafel gespendete Lebensmittel an ca. 50-70 Tafelgäste.

Seit Anfang 2015 koordiniere ich im Auftrag der Radebeuler Kirchen die Ausgabestelle der Lebensmittel. In enger Zusammenarbeit mit der Dresdner Tafel , denn wir können uns keinen eigenen Fuhrpark oder ein Kühlhaus leisten, werden wöchentlich die Supermärkte und andere Geschäfte in Radebeul und Dresden angefahren und Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abläuft oder die auf Grund des Aussehens nicht mehr verkauft werden können, von ebenfalls ehrenamtlich arbeitenden Kraftfahren abgeholt.

Eine Besonderheit der Radebeuler Tafel ist das Tafelcafé. Damit die Gäste nicht bei Regen und Kälte anstehen müssen, können sie im Gemeindehaus der Friedenskirche Kaffee trinken und Kuchen essen. Besonders freue ich mich, dass seit einigen Monaten das Dresdner Backhaus mit ihrer Filiale in Radebeul wöchentlich Torten und Kuchen vom Vortag zur Verfügung stellt, die ich dann kostenfrei verteilen kann. Der größte Dank sind dann die glänzenden Augen in die ich schaue.

Bundesweit gibt es über 900 Tafeln mit mehr als 2100 Tafel-Läden, in denen ca. 60 000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer tätig sind. Die deutschen Tafeln unterstützen regelmäßig bis zu 1,5 Millionen bedürftige Personen.

Persönlich bin ich sehr dankbar und froh, durch meine Tätigkeit bei der Tafel etwas von dem Glück, das ich in meinem Leben hatte, zurück geben zu können.

Mich beeindruckt auch, welches Zusammengehörigkeitsgefühl und welche Solidarität es unter den Gästen der Radebeuler Tafel gibt. Geht es jemanden gesundheitlich oder mental schlecht, wird sofort informiert, werden Besuche organisiert und Hilfe angeboten. Das ist in unserer Gesellschaft leider nicht mehr selbstverständlich.

Es gibt auch Argumente, die gegen die Tafelausgaben in Deutschland vorgebracht werden. Durch die verlässliche Versorgung armer Menschen würden diese „ruhig gestellt“, zu Demut und Bescheidenheit erzogen. Armut werde nicht bekämpft, sondern verfestigt. Der Staat könne sich beruhigt zurücklehnen.

Auch mir wäre es lieber, wenn meine Funktion als Tafelkoordinator überflüssig wäre, aber es ist meine feste Überzeugung, solange der Bedarf vorhanden ist und Menschen in Not geholfen werden kann, ist es unsere Verpflichtung, dies auch zu tun.

Mein nächstes Ziel ist es, ein Kochbuch zu schreiben, selbstverständlich ohne Honorar, das ich den Tafelgästen kostenfrei zur Verfügung stellen möchte. Ich weiß, welche Lebensmittel verteilt werden und in welchem finanziellen Rahmen gekocht werden kann.

Als Hobbykoch bereitet es mir viel Freude, alte sächsische Gerichte zu finden, die lecker schmecken und mit wenig Geld zu kochen sind. Dazu zählen beispielsweise solche Gerichte wie „Armer Ritter“, „Eier in Senfsoße“ oder „Dresdner Erbseneintopf.“

Dieses Kochbuch möchte ich, wie gesagt, an die Tafelgäste verschenken. Aber auch im Buchhandel möchte ich über einen Verlag das Buch verkaufen. Mit dem Kauf eines Kochbuches finanziert der Käufer ein zweites Buch, das ich dann in der Tafel weitergeben kann.

Für diese Aktivitäten suche ich Spenden, mit denen ich beispielsweise eine Grillfeier, eine Weihnachtsfeier für die Tafelgäste und das Kochbuch finanzieren könnte.

Christian Schmidt

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Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an :

Christian Schmidt, Tel. 0351/8386316, schmidt.theater@googlemail.com

Spenden senden Sie bitte an das Konto der Luther-Kirchgemeinde:

IBAN: DE06350601901667209028, Kennnummer: 1020

Ein gedenkender Rückblick – Was geschah am 25. Februar 1956?

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Bilz-Grab auf dem Friedhof in Radebeul Ost       Foto: D. Lohse

Bei einem Besuch des Friedhofs in Radebeul Ost las ich auf dem Grabstein der Familie Bilz – ich spreche von Friedrich Eduard Bilz (1842–1922) – auch jenes denkwürdige Datum: 25. Februar 1956. An dem Tag starben u.a. die Urenkelinnen von F.E. Bilz, Ursula (14) und Barbara (12) Arnold, bei dem wohl schwersten Eisenbahnunglück in Sachsen. Es ist die Katastrophe, die beim Zusammenstoß zweier Züge am Bahnhof Bornitz zwischen Riesa und Oschatz geschah, bei der 43 Menschen starben und 55 verletzt wurden. Ob noch mehr Radebeuler als die beiden Mädchen ihr Leben bei dem Unglück verloren, weiß ich nicht. Eine stille Erinnerung in unserem Heft erschien mir angezeigt, weil sich dieses Unglück im Februar 2016 zum 60. Mal jährt.

9-101_03251956 war ich Schüler wie die beiden Schwestern und ich erinnere mich, dass damals in Zeitungen und Rundfunk zwar das tragische Zugunglück genannt wurde, aber lange keine Klarheit zum Hergang des Unglücks und auch zur Zahl der Geschädigten (eine erste Meldung sprach von 32 Toten und 40 Schwerverletzten) bestand. Inzwischen wissen wir, dass der D 94, der vollbesetzt mit Menschen war, die die Leipziger Messe besuchen wollten, mit einem 600m langen, von zwei Lokomotiven gezogenen Güterzug hauptsächlich durch menschliches Versagen in Bornitz zusammenstieß. Doch auch eine Reihe von Begleitumständen könnten das Geschehen ungünstig beeinflusst haben, so dass nun klar wird, warum die Untersuchungen so lange gedauert hatten. Die Züge fuhren in unterschiedlicher Richtung und hätten planmäßig in Riesa eine Vorbeifahrt des D 94 am haltenden Güterzug gehabt. Da aber beide Züge verspätet waren, wurde diese Vorbeifahrt operativ nach Bornitz verlegt. Darauf war das Bahnpersonal von Bornitz offensichtlich nicht vorbereitet und musste spontan handeln. Hinzu kamen extreme Witterungsverhältnisse – Schnee, -22°C und schlechte Sicht, fast Nebel. So wie viele andere Bahnstrecken in der DDR, war auch die Hauptstrecke Dresden – Leipzig wegen nach dem Krieg erfolgter Reparationsleistungen gegenüber der UdSSR eingleisig (die Zweigleisigkeit wurde hier erst 1968 oder 69 wieder hergestellt). Natürlich war die Signaltechnik der Reichsbahn auf einem Vorkriegsstand und nicht mit heutiger Technik zu vergleichen. Aber all das waren nur ungünstige Begleitumstände, entscheidend für den Unglückshergang war die mündliche Übermittlung vom Bahnhofsvorsteher über einen Weichenwärter an das Lokpersonal des stehenden Güterzuges, diesen ein Stück vorzuziehen, damit das Zugende von der anderen Weiche wegkäme. Das kam missverständlich an, so dass der Güterzug mit etwa 10km/h in Richtung Hauptgleis fuhr, wo aber in dem Moment der D-Zug mit freier Fahrt (50 bis 60 km/h) ankam. Der seitliche Zusammenstoß beider Züge war nun nicht mehr zu vermeiden! Der Schaden am Unfallort war erheblich, so dass die Hauptstrecke für zwei Tage gesperrt werden musste. Die vier zur Verantwortung gezogenen Eisenbahner in unterschiedlichen Funktionen bedauerten zwar selbst das Geschehen, wurden dennoch von einem Leipziger Gericht zu Haftstrafen zwischen fünf und einem Jahr verurteilt. Infolge dieses Unglücks wurden in den nächsten Jahren einige technische Verbesserungen und geänderte Vorschriften im Bahnwesen eingeleitet, u.a. der seitliche Flankenschutz bei Weichen.
Ob unter heutigen, verbesserten Bedingungen des Schienenverkehrs so ein Unglück ausgeschlossen werden kann, da wäre ich mit einem klaren „Ja“ eher vorsichtig. Der Zusammenstoß zweier Züge in Bayern bei Bad Aibling im Februar, bei dem auch Menschen starben, ist noch nicht mal drei Monate her!
Ich habe in älteren Zeitungen Fotos zu diesem Unglück gesehen, will aber in voller Absicht, auch unabhängig von eventuellen Urheberrechtsfragen, keine in dem Artikel verwenden. Dagegen möchte ich mit einem stilleren Foto vom Bilz-Grabmal vom Friedhof Radebeul Ost an diese Tragödie erinnern. Das damalige Unglück hatte in Radebeul vor allem natürlich durch den Tod der beiden Mädchen große Betroffenheit und Anteilnahme bewirkt. Die mir als sehr hübsche Schülerinnen erinnerlichen Ursula und Barbara, beide an der Oberlößnitzer Schule lernend, wollten im Februar 1956 außer der Messe hauptsächlich aus familiären Gründen nach Leipzig, wo sie jedoch nie ankamen.
Ich möchte an dieser Stelle noch erklären, wie der Name Arnold in die Großfamilie Bilz passt – da F.E. Bilz zwölf Kinder hatte, ist das nicht so einfach. Eines der jüngsten Bilz-Kinder war Flora Gertrud Frankenstein, geb. Bilz. Ihre Tochter Irmtraut Viktoria Krause, geb. Frankenstein, also eine Bilz-Eenkelin, die noch bis zu ihrem Tod 2005 in der Bilzvilla, Augustusweg 110, gewohnt hatte. Die beiden verunglückten Mädchen nun waren die Töchter von Irmtraut Krause aus erster Ehe (Arnold) und damit die Urenkelinnen von
F.E. Bilz.
Für eisenbahnspezifische Auskünfte danke ich Heinz Hoffmann und Dieter Krause, für Angaben zur Bilz-Familie Frank Andert, alle aus Radebeul, herzlich.

Dietrich Lohse

Mit Tom Tagtraum durch das Jahr 2016 – Teil 5

Du musst Träumen ihre Entstehung zulassen, denn nur so kann irgendwann ein Teil davon auch Wirklichkeit werden.

Zur Rast auf dem Berg Überall

Überall oder Über-All ? Tom Tagtraum ist dieses Mal gar nicht zum Träumen. Er ist sauer und fühlt sich verlassen von aller Welt. Hatte der Tag nicht schon tief in der Nacht mit unruhigem Schlaf begonnen und war dann nicht die Nacht ganz schnell vorbei und in einen grauwolkenschweren Morgen übergegangen? Nein, Tom wollte heute auch gar nicht träumen. Eine Weile schaut er dem Regen zu, der an das breite Fenster des Wohnzimmers schlägt. Tom liegt, wie man so sagt, eine Laus auf der Leber. Kein Wunder freilich bei einer „gerade noch so“ Fünf in Mathe, dem dagegen geringen Gewicht der Eins in Musik, gefolgt vom Dilemma in Chemie. Trotz guter Mitarbeit… Toms winnefarbenes Flitzemountainbike mit Weitsprungfunktion erscheint plötzlich in Grau. Er isst zwar, aber es schmeckt ihm nichts. Bruni, seine Mutter, kann Tom noch zu einem Abendbrottee aus Honig, Fenchel, Anis, Thymian und Salbei überreden. Sein Bett ist frisch überzogen in sonnen- und mondgelben Farben, Tom fällt hinein und schläft sofort tief. Mochte er irgendwas träumen? Nein, diesmal gar nicht…

…seine nebelgraue Sesselliftbahn bringt ihn stattdessen weit hinauf auf den Berg Überall. Der heißt so, weil es einfach keinen höheren Berg gibt. Nein, der Mount Everest als höchster Berg der Erde ist nicht gemeint, auf den fährt ja auch trotz kühnster Träume keine Sesselliftbahn. Die Rede ist vom Berg Überall weit und breit. Tom muss sich schließlich einen neuen Überblick verschaffen auf all das Durcheinander da unten in der Welt und da er nicht wie ein Vogel fliegen kann, trägt ihn seine nebelgraue Sesselliftbahn hinauf. Lassen wir Tom ein wenig entschweben. Lassen wir Tom eine Auszeit.

Sollten wir Mut fassen, Du, ich, jeder für sich selbst oder mit anderen gemeinsam, nach deinem, meinem, unserem Berg Überall zu suchen? Mitunter bedarf es im Leben einer Rast. Allein die Möglichkeit diese zuzulassen und ihr einen Platz zu geben, bräche manches Trübtagegrau auf. Ganz schnell. Und überall.

Tobias Märksch

XJAZZ Edition Radebeul

Am 27. und 28. Mai 2016 wird in Radebeul das XJAZZ Festival aufschlagen. Unter der Schirmherrschaft des Radebeuler Schlagzeugers Günter „Baby“ Sommer werden an diesem Wochenende neun Konzerte in den Landesbühnen, dem Weingut Karl Friedrich Aust und in der Lutherkirche zu Radebeul stattfinden.

XJAZZ ist ein genreübergreifendes Jazzfestival, das seit 2014 in Berlin stattfindet. Erstmalig fand das Festival 2016 in Tel Aviv, Istanbul und Reykjavik statt und wird im Mai nun auch in Radebeul ein großes Publikum begeistern.

Genau wie bei seinem Berliner Pendant, präsentiert XJAZZ spannende Künstler und wirft einen Blick über den stilistischen Tellerrand.

Eine Vielzahl hochkarätiger und exklusiver Musiker werden an diesem Wochenende in Radebeul zu Gast sein und die Stadt zu einem Anziehungspunkt für Jazzfans und Musikbegeisterte werden lassen. Das Besondere daran ist, dass am Festivalsamstag alle Musiker nur ein 30-minütiges Set spielen, dies jedoch zweimal am Tag. So haben Festivalbesucher mit dem Festivalpass die Möglichkeit wirklich alle Konzerte und Musiker zu erleben.

Den Auftakt geben am 27. Mai 2016 ab 19 Uhr in der Lutherkirche zu Radebeul die Radebeuler Free Jazz Legende Günter „Baby“ Sommer und der Ausnahme Schlagzeuger Demian Kappenstein. Das Eröffnungskonzert des XJAZZ Edition

Radebeul Festivals gebührt dem gebürtigen Radebeuler und seinem ehemaligem Student und Meisterschüler. Eine einmalige Konstellation: „Der junggebliebene Altmeister trifft auf den „Young Lion“ – ein Ereignis!“ wie schon der Jazzclub Tonne schrieb.

Am Samstag, dem 28. Mai beginnt das Festival um 16 Uhr auf dem Weingut Karl Friedrich Aust ganz im Sinne des Festivals mit einer ausgezeichneten Künstlerauswahl. Hier werden bis in den Abend hinein eine Vielzahl ausgezeichneter Künstler das Publikum begeistern.

Auch hier ist Günter „Baby“ Sommer einer der bedeutendsten Vertreter des zeitgenössischen europäischen Jazz dabei. Für dieses „Wunsch“- Konzert hat er sich den Posaunisten Michael Winkler eingeladen. Der auch als Komponist und Bandleader geschätzte Michael Winkler ist außerdem auch eine Koryphäe der gehobenen Unterhaltung. Ein feinsinniges Duo, welches sich nicht scheut Gäste und Publikum zu fordern.

Zu den ungewöhnlichsten Blüten des jungen, deutschen Jazz gehört wohl das Trio Three Fall. Vom Jazz nehmen Three Fall sich vor allem die Freiheit, das zu tun, was ihnen gefällt, so dass ihre HipHop, Funk und Reggae Wurzeln unüberhörbar sind.

In den Landesbühnen ist XJAZZ ab 19 Uhr präsentiert. Hier wird Echo-Jazz Preisträger Sebastian Studnitzky, der als Wanderer zwischen den Genres Jazz, Klassik und Elektro unterwegs ist, vom Kammerensemble der Hochschule Carl Maria von Weber Dresden begleitet.

Der Komponist und Pianist Martin Kohlstedt hingegen tastet sich unmittelbar in den Körper aus Holz, Filzhämmern und Stahlsaiten vor. Er arbeitet hart an sich selbst und zieht sein Publikum unweigerlich mit. Persönlicher können moderne Kompositionen nicht werden. Der junge Komponist sprengt den Holzkorpus auf und tritt aus dem akustischen Tasten-Kreis, um ihn von außen mit Effekten und Loops unter Strom zu setzen. Das Ergebnis lässt die eine oder andere Grenzerfahrung erwarten – für Künstler und Publikum gleichermaßen.

XJAZZ steht für ein junges zeitgemäßes Verständnis von Jazz, was in Radebeul besonderen Schwerpunkt auf das Instrument Schlagzeug und aber auch generell auf Musikerinnen legt, die nach wie vor noch zu wenig vertreten sind in der Musikbranche.

Das Festival XJAZZ Edition Radebeul wird präsentiert von Dynamite Konzerte, XJAZZ und Günther „Baby“ Sommer sowie dem Radebeuler Monatshefte e.V. von „Vorschau & Rückblick“.

Das gesamte Programm und alle Künstler des XJAZZ Edition Radebeul Festivals unter:

https://www.facebook.com/events/1240554155973814/

Tickets:

http://dynamitekonzerte.com/tickets

Preise:

Konzert am 27.05. 15€ / 8,50€

Konzerte Weingut Aust 30€ / 16,50 €

Konzerte Landesbühnen 30€ / 16,50 €

Festivalpass 50€ / 27,50 €

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