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Einladung zur Autorenlesung mit Michael Wüstefeld
Sa., 1. Nov.. 2025 – 00:04
Weißes Roß – Geschichten aus der Kindheit – (Teil 11/12)
Sa., 1. Nov.. 2025 – 00:04
Hinweis der Redaktion: Sicher warten viele Leserinnen und Leser bereits auf die Fortsetzung unserer 12-teiligen Serie. Über ein Dreivierteljahr gelang uns die Veröffentlichung passend zu jedem Monat. Aus redaktionellen Gründen war es uns in den letzten Monaten aber leider nicht möglich. Nun der langersehnte Anschluss:
Der Juni
Als Geschäftsleute war es meinen Eltern schlecht möglich, mit uns Kindern zu verreisen. So wurden wir von Oma und zumeist von Tante Emma mitgenommen. Es war am Anfang meines Erinnerungsvermögens, als Oma und Tante Emma mit mir in den Tharanter Wald nach Spechtshausen reisten. Ich hatte ein weißes Wahlkleidchen an (sehr dünner Stoff), das mir die gute Wo mit Kränzeln aus Stickblumen – damals Sammelobjekte in Zigarettenschachteln – verziert hatte. Als es abends zu Bett gehen sollte, war ich nicht zu bewegen, das Kleid auszuziehen und schrie die ganze Pension zusammen. Als Oma und Tante Emma die Geduld ausging, ließen sie mich in dem Kleidchen schlafen. Ich sehe mich heute noch früh in dem Gitterbettchen stehen mit dem total zerknautschten Kleid, das wie ein Lappen an mir herunterhing. Da habe ich mich zum ersten Mal in meinem kleinen Leben tief geschämt. Das hat sich mir eingeprägt. Erinnern kann ich mich auch noch an ein kleines Hexenhaus dort am Waldrand, wahrscheinlich war es ein Kiosk, denn es wurde Milch ausgeschenkt und wir pilgerten jeden Tag dorthin.
Die kleinen Maikätzchen waren Anfang Juni so weit gediehen, dass wir mit ihnen spielen konnten. Geboren waren sie auf dem Heu- oder Garagenboden, versteckt von ihren Müttern und kamen erst zum Vorschein, als sie nicht mehr gesäugt wurden. Die nicht vergeben werden konnten, verkrümelten sich meist von selber. Wurden sie gleich gefunden, musste Vater Petzold sie töten. Zwei wurden aber immer belassen. Streunende Katzen gab es sehr selten, meistens waren sie zu Hause und waren nur auf Raunze, wie man bei uns so schön sagt, unterwegs. Die schwarz-weißen Katzen waren meine besonderen Lieblinge, warum weiß ich auch nicht mehr zu sagen. Große Freude kam auf, als einmal eine Dreifarbige darunter war. Diese bringen Glück, sagten die Leute. Ganz ruhige Kätzchen wurden in dem Puppenwagen herumgefahren, bis sie es satt hatten.
In unserer Kindheit gab es noch viele Mai- und Junikäfer, die kleiner waren. Bei den Maikäfern gab es Schornsteinfeger und Müller mit schwarzen und weißen Pelzchen, und wir tauschten eifrig aus. Noch heute heute fühle ich das feste Klammern der gezackten Beinchen an meinen Fingern. Wir entließen sie aber immer wieder aus den mit frischen Blättern ausgestatteten Einweckgläsern in die Freiheit. Wissentlich haben wir kein Tier gequält, sie waren unsere Spielgefährten und gehörten einfach zu unserem täglichen Leben. Ob sich allerdings die Kohlweißlingsraupen bei uns sehr wohlgefühlt haben, bezweifle ich heute stark. Jedenfalls gaben sie, wenn sie im Blumenkohl oder Kohlrabi ihre Saison hatten, herrliche Besatzungen für unsere Sandburgen ab. Raupen, die immer wieder versuchten auszubüchsen, wurden in den Kerker gesteckt. Eng gesteckte Hölzchen verhinderten das Ausbrechen. Am Ende wurden die Hühner mit ihnen beglückt.
Vater hatte viel Sand für einen großen Sandkasten an der Laube anfahren lassen. Der Sandkasten war das Zentrum für uns im Garten. Er war so tief, dass wir im Sitzen unsere Beine bis über die Knie einbuddeln konnten. Dazu wurde mit der Gießkanne der Sand ordendlich nass gemacht, ein Loch gegraben, die Beine nass gemacht und der feuchte Sand ringsum festgeklopft. Es war ein herrlich prickelndes Gefühl. Dann wurde versucht, die Beine vorsichtig wieder hinauszuziehen, ohne dass die Röhren zusammenfielen. Uns fiel eben immer etwas ein.
Vom Sandkasten aus sah ich auch den ersten Heißluftballon meines Lebens, der in Richtung Kirche schwebte. Das waren damals elefantengraue runde Kugeln, nicht zu vergleichen mit einem heutigen bunten Ballon. Aber beeindruckt hat es mich schon bis heute.
Um die Laube herum, genannt nach Mutteln „Villa Maja“, spielte sich auch viel ab. Einmal saß ich friedlich mit meiner Puppe im Arm auf meinem Lieblingsplatz auf Großmutters Schoß. Was plötzlich in Wolfgang hineinfuhr, wird er heute auch nicht mehr sagen können. Jedenfalls riß er mir die Puppe weg, packte sie an den Beinen und schlug sie mit dem Porzellankopf auf die hellen Fliesen vor der Laubentür. Diese rohe Behandlung überstand der Kopf natürlich nicht. Nur ein Scherben ragte aus dem Hals heraus. Großmutter gelang es mich zu trösten, indem sie um den Scherbel, schon dass ich mich nicht verletzte, ein Taschentuch band und mir sagte, dass die Puppe nun krank sei und ins Bett gehörte. Wie Muttel erzählte, bin ich lange mit dem laweden Puppenkind im Puppenwagen herumkutschiert, ich konnte mich einfach nicht von ihm trennen. Zu Weihnachten bekam meine Puppe einen neuen Kopf.
Hin und wieder kamen Heyls Kinder Inge, Erika und Rosi mit ihren Puppenwagen angefahren und wir fuhren gemeinsam auf dem Hof umher. Wie ich mich noch besinnen kann, hatte Inge auch schon einen Sportwagen, Erika hatte ein weißes gängiges Kinderwagenmodell und Klein-Rosi schob eine altertümliche hochrädrige Karre vor sich her. Wir waren glückliche, zufriedene und auch friedfertige Kinder, behütet von verständnisvollen Eltern und Großeltern sowie von allen lieben Verwandten. Inges Lieblingstante war Tante Elly, meine die Tante Rosel. Es war immer wieder ein freudiges Ereignis, wenn die Tanten aus Dresden kamen. Allerdings hatten wir Stiller-Kinder leider keine Großväter, beide waren frühzeitig verstorben. Wir hätten aber gerne wenigstens einen Großvater gehabt und so ernannten wir Vater Damme vom Mühlweg, einen lieben Stammgast, zu unserem Großvater.
Das waren so die Erinnerungen der Kindheit im Juni.
Christa Stenzel/ Christian Grün
„Kaltblütigkeit“ – ein wichtiger Gesundheitsfaktor?
Sa., 1. Nov.. 2025 – 00:03
In Zeiten des Radebeuler Naturheilkundlers F. E. Bilz wurde es „Kaltblütigkeit“ genannt. Heute wird in Fachkreisen von Resillienz oder vom Immunsystem unserer Seele gesprochen. Damals wie heute ist damit die Fähigkeit gemeint, eine Krise gut durchzustehen oder sogar gestärkt daraus hervorzugehen. In unserer Zeit, in der Krisen und Stress allgegenwärtig sind, man denke an die Corona-Pandemie, Klimakrise und Ukrainekrieg, aber auch an berufliche und familiäre Herausforderungen, ist das Wissen um diese Problematik für unsere Gesundheit von außerordentlichem Wert.
F. E. Bilz verstand unter „Kaltblütigkeit“ nicht wie im klassischen Sinne „Gefühlskälte“ oder „Mangel an Empathie“, sondern eher eine mentale Haltung, die mit einer gewissen Selbstbeherrschung und innerer Ruhe zu tun hatte. Dabei ging es ihm um die Fähigkeit, in stressigen oder schwierigen Situationen ruhig zu bleiben und rationale Entscheidungen zu treffen – also eine Art emotionaler Kontrolle und Gelassenheit.
Er sprach häufig darüber, wie wichtig es ist, den Körper und Geist in Balance zu halten. Eine „Kaltblütigkeit“, die Bilz als positiv ansah, war demnach die Fähigkeit, das Gefühl der Angst oder Panik zu überwinden, um klug und zielgerichtet zu handeln. Diese Selbstbeherrschung sah er als wichtig an für ein gesundes Leben.
Selbstbeherrschung setzt Achtsamkeit voraus. F. E. Bilz beschäftigte sich zwar nicht direkt mit dem modernen Konzept der „Achtsamkeit“ im Sinne von Meditation und Achtsamkeitsübungen, wie wir es heute kennen, jedoch befürwortete er eine Lebensweise, die ähnliche Prinzipien wie Achtsamkeit beinhaltet, insbesondere in Bezug auf die Selbstwahrnehmung und das bewusste Leben. Er empfahl eine achtsame Haltung gegenüber dem eigenen Körper, der Ausrichtung der Gedanken und der Natur, was sich in seiner Betonung auf gesunde Ernährung, Bewegung, frische Luft und regelmäßige Pausen widerspiegelt.
Die achtsame Lebensweise wird Thema unseres nächsten Bilz-Gesundheitsstammtisches sein. Dazu haben wir die MBSR-Lehrerin Frau Tina Eger eingeladen. Alle die dieses Thema interessiert sind herzlich eingeladen.
Petra Eppinger
Termin: 12.11.2025 18.30 Uhr
Thema: „Stressreduktion durch Achtsamkeit“
Ort: WELLNESS AKADEMIE, Eduard-Bilz-Str. 18, 01445 Radebeul
Anmeldung: bilz-bund@t-online.de, oder Tel.-Nr. 0162 3367046
Der Maler und Grafiker „Ralf Uhlig“ stellt in der Weinstube Aust aus
Sa., 1. Nov.. 2025 – 00:02
Am 8.10. eröffnete in der Weinstube Aust eine kleine Ausstellung mit Arbeiten des Radebeuler Künstlers.
Zuvor hingen hier Bilder seines Sohnes André Uhlig, der sich ebenso seit vielen Jahren einen bemerkenswerten Ruf in der Radebeuler Künstlerszene erworben hat. Beide erzählten am Abend über ihre gemeinsamen künstlerischen Anfänge, und wie eindrücklich die Erlebnisse im gegenseiten Miteinander von Anerkennung und Kritik waren.
Ralf Uhlig, Jahrgang 1948, hatte als Werkzeugmacher in der Planeta gearbeitet und sich zum Ausgleich seit frühester Jugend mit Malerei und Grafik beschäftigt. Als Autodidakt besuchte er Malzirkel, nahm zur Fortbildung an Werkstattwochen teil, belegte Lithografiekurse und hat sich u.a. die Aquarelltechnik selbst erarbeitet. Prägend für seine handwerklichen Kenntnisse waren insbesondere die langjährigen Anleitungen des Radebeuler Malers Dieter Beirich. Viele Jahre war er zudem im Tiefdruckkreis Riesa e.V. aktiv gewesen, bis heute nimmt er an den alljährlichen Radebeuler und Dresdner Grafikmärkten regelmäßig teil. Aktuell ist er zudem im Künstlerkreis „Kunstspuren“ beteiligt.
Die insgesamt zwölf Bilder thematisieren mit einem durchaus romantischen Blick bekannte Radebeuler Landschaften und Gebäude. Den Motiven nähert er sich mit unterschiedlichsten Techniken wie Aquarell, Öl, Ölkreide, Holzschnitt oder Sandreservage.
Für das leibliche Wohl sorgte wie immer herzlich die Gastgebergeberfamilie Aust mit Sekt delikatem Buffet.
Sascha Graedtke
Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten der Weinstube in den kommenden Monaten zu sehen.
Öffnungszeiten: Fr.: 15-21 Uhr, Sa./ So./ Feiertag: 11.30-21 Uhr
Vom Begeisterungssog nicht ganz erfasst
Sa., 1. Nov.. 2025 – 00:01
Zur Premiere von „Hamlet“ am 18.10.2025

Alexander Wulke, Michael Berndt- Cananá, Julia Rani, Tuan Ly, Moritz Gabriel, Julia Vincze (v. l.) Foto: R. Jungnickel
Wer Shakespeares “Hamlet” auf den Spielplan setzt, weckt beim Publikum Erwartungen und Vorfreude. Erwartungen, weil einerseits die Fallhöhe beträchtlich ist, denn groß ist die Zahl renommierter Darsteller und Regisseure, die sich dieses Stoffes angenommen haben (Ich hörte in Gesprächen am Premierenabend von noch erstaunlich frischen Erinnerungen an den letzten „Hamlet“ am Haus unter Carsten Ramm mit Matthias Henkel in einer seiner größten Rollen in der Spielzeit 1996/97). Andererseits sind die Möglichkeiten zur unverhofften Neu- und Wiederentdeckung wie bei kaum einem anderen Werk immens, denn dieses Stück sei wie ein „Schwamm“, der die „Gegenwart aufsauge“ (wie es im Programmheft heißt), und Gegenwart ist schließlich immer. Vorfreude, weil man als Theaterliebhaber das eine oder andere Zitat aus diesem Stück mit sich herumträgt und nur darauf wartet, bis man beispielsweise den Protagonisten (hier: Michael Berndt-Cananá) am Beginn des 3. Aktes den berühmtesten aller Monologe über das Sein oder Nicht-Sein sprechen hört. Nun also machten sich Intendant Manuel Schöbel (Regie), Johannes Frohnsdorf (Dramaturgie), Ralph Zeger (Bühne) und Sabine Moncys (Kostüme) als maßgebliches Inszenierungsteam an dieses Werk und präsentierten ihre Lesart in einer Textfassung von Erich Fried aus den 1960er Jahren, was zumindest eine überraschende Wahl ist und den kundigen Zuschauer aufmerken lässt. Denn in dieser Textfassung kommen einige der bekanntesten Verse in anderer Form daher, so ist die Welt nicht „aus den Fugen“, sondern „aus dem Leim“, so hat nicht der „Wahnsinn“ Methode, sondern die „Tollheit“. Das Stück entfaltet sich auf einer Bühne, die am Anfang noch für Aufmerksamkeit sorgt: Metallgestelle und Holzelemente im Hintergrund, zu beiden Seiten eine Anzahl an die Antike gemahnende Skulpturen, von denen man allerdings schon bald nicht weiß, wozu sie eigentlich gut sein sollen. Über die gesamte Spieldauer wird sich an dieser Konstellation nichts Wesentliches ändern, womit schon ein Mangel benannt ist. Mag es auch praktisch sein, auf lange Umbaupausen verzichten zu können, so ermüdet es das Auge, auf die immer gleiche Staffage blicken zu müssen, zumal in letzter Zeit multifunktionale Gestelle häufig das Mittel der Wahl zu sein scheinen. Zwar kommt schon im ersten Teil ein mobiler Billardtisch dazu, der geschickt in verschiedener Funktion Verwendung findet, aber mehr Belebung erfährt die Bühne nicht. Deutlich vielgestaltiger werden die Akteure in Schale geworfen, was allerdings nicht unbedingt unmittelbar zur Sinnstiftung beiträgt. Der Bösewicht König Claudius (Grian Duesberg, der für meinen Geschmack mit der Rolle etwas fremdelt) kommt als geleckter Geck mit trumpscher Haarfarbe daher. Seine Frau Gertrude (Sandra Maria Huimann hat vor allem im ersten Teil starke Momente als selbstbewusste Königin) trägt zeitlos elegante Kleider. Polonius (Alexander Wulke interpretiert den höfischen Günstling solide und schnörkellos) wiederum steckt ordensreich dekoriert in einer Armeejacke neueren Zuschnitts. Dessen Tochter Ophelia (Vega Fenske, deren etwas zu harte und dialektal eingefärbte Diktion überrascht) muss sich mit scheinbar willkürlich zusammengesetzten Stoffen und Farben als Girlie der Gen Z präsentieren. Einzig Hamlet und Horatio (Julia Rani überzeugt auf ganzer Linie als empathischer, kämpferischer Charakter und Freund Hamlets) wirken in ihrem Schwarz stimmig und eins mit ihrer Rolle, was möglicherweise als bewusste Lenkung der Sympathie zu verstehen ist. Dieses Potpourri an Kostümierung kann möglicherweise als Fingerzeig dafür herhalten, dass sich die im Stück verhandelten Themen und Konflikte einer zeitlichen Zuschreibung entziehen und die anfangs erwähnte Dauer-Gegenwart ja alle möglichen Moden und Geschmäcker umfasst. Wer nun aber geglaubt hat, dass die Inszenierung Signale einer frischen Lesart hin auf unsere Gegenwart sendet, der irrt sich. Ob man das nun als angemessenen Verzicht auf verkrampfte Modernisierung sieht oder als verpasste Chance auf Aha-Effekte, das mag von Besucher zu Besucher verschieden sein. Im Ganzen ergibt sich aber das Bild einer unentschlossenen Inszenierung im Hinblick auf die Wahl der Mittel, was den Sog des Stückes abschwächt. Wenn also die Umsetzung des Stückes Fragen aufwirft und auch etwas Enttäuschung produziert, so trägt der Text natürlich noch immer, fesselt der Stoff an sich. Michael Berndt-Cananá ist eine überzeugende Besetzung für diese herausfordernde Rolle. Man nimmt ihm das Changieren zwischen strategisch untersetzter Tatkraft gerade im Teil vor der Pause und zögernder Verstörtheit vor allem nach der Pause ab; man versteht seine existenziell empfundene Verunsicherung angesichts des offenbarten Geheimnisses zum Mord an seinem Vater; man fühlt mit ihm beim Verlust Ophelias. Stark ist Hamlets Wutausbruch im Gespräch mit seiner Mutter, beeindruckend sein finales Fechtduell mit Ophelias Bruder Laertes (Oliver Natterer). Für einen grotesk-heiteren Kontrapunkt in bester shakespearscher Tradition (im Original treten zwei Clowns an dieser Stelle auf) sorgen kurz vor Ende vier Totengräber (Moritz Gabriel, Renat Safiullin, Matthias Avemarg und Alexander Wulke) mit einer an den Barbershop-Gesang erinnernden Nummer nebst Formationstanzeinlage. Ein Totenkopf als Spielobjekt zwischen Hamlet und einem der Totengräber macht danach deutlich, dass sich mit Entsetzen eben doch gut Scherz treiben lässt. Julia Vincze in zwei Rollen (Schauspieler und Fortinbras) sowie Thomas Förster als Priester und Geist von Hamlets Vater und Tuan Ly als Tänzer ergänzen die Riege der Akteure, Berthold und Hubert Brauer sorgen zudem für musikalische Impulse (etwa bei der Begleitung von Ophelias Klagelieder).
Was bleibt von diesem Abend? Ein freundlich-wohlgefälliger, aber keineswegs euphorischer Applaus nach gut drei Stunden Spielzeit und damit die Erkenntnis, dass eine starke Textvorlage Ansprüche produziert, die erst einmal eingelöst werden wollen. Die Anerkennung dafür, dass sich die Landesbühnen redlich und kreativ bemühen, ihrem Publikum jenseits der eigentlichen Inszenierung noch einen thematischen Mehrwert zu liefern, denn die Angebote im Glasfoyer laden zum Mitmachen (z.B. Gestaltung eines eigenen Geistes mit KI, Einladung zum Formulieren von Assoziationen zum Sein und Nichtsein) und Mitfreuen (im Raum verteilte Leckereien mit morbidem Charme) ein. Und es bleibt der Wunsch, dass Klassikerinszenierungen auch weiterhin fester Bestandteil des Spielplanes der Landesbühnen Sachsen bleiben und damit deren Funktion als Ort der Pflege einer mehr als 2000 Jahre alten Theatertradition weiter gestärkt wird.
Bertram Kazmirowski
Nächste Aufführungen: 1.11. 19.30 Uhr, 2.11. 19 Uhr, 21.11. 19.30 Uhr (jeweils Radebeul), 14.11. 19.30 Uhr Meißen, 23.11. 17 Uhr Großenhain.
Editorial 11-25
Sa., 1. Nov.. 2025 – 00:00
Editorial 11-25
Alljährlich erfreuen sich die Liebhaber der bildenden Kunst auf den nunmehr 47. Grafikmarkt, der wie gewohnt zum ersten Sonntag im November, diesmal am 2.11. von 10-18 Uhr, in die Elbsporthalle zu Altkötzschenbroda einlädt.
Unter den rund 100 Mitwirkenden mit tausenden von Arbeiten sind sowohl etablierte als auch junge, durchaus noch unbekannte Künstlerinnen und Künstler zu entdecken. Lassen Sie sich von der Vielfalt an Formaten, Techniken und Handschriften inspirieren. Ebenso werden Werke aus ausgewählten Künstlernachlässen, nunmehr auch von Liselotte Finke-Poser oder Ju Sobing, zu erwerben sein.
Zwischen die Aussteller mischen sich zudem wieder der Radebeuler NOTschriften Verlag, die Stadtgalerie Radebeul, der Meißner Verlag „Das Zündblättchen“ und der Förderverein Internationales Wandertheater Radebeul e.V. mit aktueller Weinedition, wo gern ein Gläschen probiert und eine Flasche des diesjährigen Weines für den guten Zweck erworben werden kann.
Auch wir von der „Vorschau“ werden in bewährter Weise mit einem Stand vertreten sein. Dort haben Sie die Gelegenheit, über das geschriebene Wort hinaus mit Mitgliedern der Redaktion ins Gespräch zu kommen. Zudem besteht die Möglichkeit, in älteren oder gar historischen Heften zu stöbern und etwaige Lücken in Ihren persönlichen Sammlungen zu schließen.
Wir freuen uns auf Sie!
Sascha Graedtke
Zur Titelbildserie
Mi., 1. Okt.. 2025 – 00:11
Winzerhäuser Oktober 2025
Das Winzerhaus Bennostraße 41 in Oberlößnitz unterscheidet sich insofern von den 2025 bisher vorgestellten, dass auf das Attribut „ehemalig“ verzichtet werden kann. Seit Lutz Gerhardt, der im Grundstück aufgewachsen ist und dessen Vater den Weinberg wieder angelegt hatte, hier Weinbau, Kelterei und Ausschank betreibt, ist der Begriff Winzerhaus sicher zutreffend.
1745 gilt als das Jahr der Errichtung dieses Hauses, das Teil eines Ensembles aus Winzerhaus, Nebengebäuden, der jüngeren Villa Steinbach, Park und Weinberg bis hinauf zur Weinbergstraße ist. Das Winzerhaus wurde um 1800 auf der Westseite um eine Durchfahrt, OG und Dach erweitert. Beide Giebel enden jeweils als Krüppelwalmdach. Die Dachdeckung besteht aus roten Biberschwanzziegeln und hat auf jeder Seite zwei Fledermausgaupen. Am Ostende des Firstes finden wir eine Wetterfahne mit göldenem Halbmond. Das EG ist massiv ausgeführt und verputzt, das OG besteht aus Fachwerk, das bis zur Sanierung 2005 verputzt war, seitdem aber wieder sichtbar ist. Die Putzfarbe ist ein helles Ocker, während das Fachwerk etwas dunkleres Ocker aufweist. Der ursprüngliche Pressraum wird im östlichen EG-Raum vermutet, der einen tieferen Fußboden und damit mehr Raumhöhe für die Weinpresse hatte. Das neben dem Hof plätschernde Quellwasser kommt seit alters aus dem oberen Strakengrund.
In einem der Weinkeller hatte ich vor ca. 10 Jahren anläßlich einer Feier auch den Gerhardt-Wein probiert – gut! Dank Winzer Lutz Gerhardt und seiner Familie kann man hier Wein in schöner Umgebung und am Ort der Erzeugung genießen.
Dietrich Lohse
Radebeuler Miniaturen
Mi., 1. Okt.. 2025 – 00:10
Wer, wen und warum?
Habe nun, ach, noch einmal am Faß Platz gefunden – es ist spät im Jahr, da werden die Gelegenheiten zum Draußensein seltener. Wie ich zum Glas greife, steht Elvira neben mir, eine Dame, die ich zu meinem Pech noch nie vorher gesehen habe (hab da echt was verpaßt…). Ich blinzele fragend, sie aber sagt, sag mal …
Sag mal, sagt sie und fuchtelt mit dem Septemberheft vor meine Nase herum, sag mal, hat dein Petersilien-König seine Tochter wenigstens gefragt, ob sie diesen Pharao überhaupt heiraten will?!
Ich stutze einen weiteren Moment, dann wird mir klar, sie meint den Hethiterkönig, von dem im letzten Heft die Rede war. Hattusilis, sag ich, hat nichts mit Gemüse zu tun – aber du hast recht, gefragt hat er nicht.
Naja, wieder typisch … wirft sie ein.
Ja, sag ich typisch und üblich – und das seit Tausenden von Jahren fast bis heute.
Du scheinst das gut zu finden, sagt sie spitz.
Es spielt keine Rolle, wie ich das finde. Es war so. Nicht umsonst findest du bei Theokrit die Verszeile „traurig wie eine Frau nach der Hochzeit“… und traurig war sie, weil der ihr Zugeteilte nicht der Erhoffte war. Freilich ist das Glück, das die Mädchen heute (noch!) bei uns haben, indem sie sich nicht nur den dritten, sondern auch den ersten Ehemann selber aussuchen dürfen, keinesfalls dauerhaft gesichert. Es gibt da auch bei uns deutliche Tendenzen … Du siehst ja, wie schnell es geht, daß die Regenbogenfahne – übrigens seit dem Bauernkrieg Symbol der Freiheit – nicht mehr wehen darf.
Mit den Fürstenhochzeiten hats dann nochmal eine ganz besondre Bewandtnis: Da hatten beide keine Wahl. Das war fast schon so was wie Geschlechtergerechtigkeit. Immerhin gings da um „höhere“ Interessen (was allerdings meist nur Interessen sich höher Fühlender waren). Die hethitisch-ägyptische Hochzeit damals besiegelte eine lange Friedensperiode. Wäre es nicht schön, daran beteiligt zu sein?
Nee, trotzdem, wendet sie ein, ich versetze mich immer in die Situation der Frauen, und wer weiß, was dieser Ramses für ein Ekel war…
Laß mal gut sein, sag ich, aufm Pharaonenthron hättest du dich am Ende auch ganz wohl gefühlt. Und umgeben von anderen schönen Fraun, angetan mit leichten seidigen Gewändern, umschmeichelt von edlen Düften hättest du auch eine gute Figur gemacht. Aber stell dir mal vor, du müßtest als Tochter von Herrn Trump den Genossen Putin heiraten …
Iiihhh nee – ich glaube jetzt brauch ich einen Whisky …
Thomas Gerlach
Glosse
Mi., 1. Okt.. 2025 – 00:09
Sprachlos
Also, mal ehrlich: was heutzutage alles so geschrieben und geredet wird, da kann einem mitunter nur übel werden. Hier wird frech vom Himmel herunter gelogen, dass sich die nichtvorhandenen Balken biegen. Man gewinnt den Eindruck, auf dem Rummel vor einer Wahrsagerbude zu stehen oder in eine Touristinfo geraten zu sein, deren Akteure per se die „Welt“ durch eine rosarote Brille sehen.
Erst neulich las ich in einem hiesigen Mitteilungsblatt von „faszinierende[r] Straßenkunst“, von „lebendige[r] Bühne und „abwechslungsreiche[m] Programm“ ohne das auch nur annähernd zu erfahren war, was ich darunter zu verstehen habe. Für wen waren wohl diese blanken Behauptungen bestimmt? Dachte etwa der oder die Autorin, für die Leser reicht das allemal? Da macht‘s den Beitrag auch nicht besser, wenn hinterher das ganze Programm angehängt wurde, dass man auch an anderer Stelle genauer nachlesen konnte. Einige erhellende Worte zum Anliegen und besonders zur inhaltlichen Ausrichtung der Veranstaltung hätte man sich aber schon gewünscht. Fehlanzeige!
Da haben schon meine Eltern nur noch mit dem Kopf geschüttelt, als ich sie im jugendlichen Alter von vierzehn Jahren auf ihre Frage, wie es denn im Kino so gewesen sei, mit den nichtssagenden Worten „Na schön“ abgespeist habe. Damals war ich noch dumm. Aber der Mensch ändert sich bekanntlich und manchmal entwickelt er sich auch weiter. Heute kann jeder halbwegs intelligente Oberschüler eine genauere Beschreibung von einer Sachlage zu Papier bringen und hat es nicht nötig, auf allgemeine Floskeln zurückzugreifen, verfügt doch ein durchschnittlicher Erwachsener über einen Wortschatz von 8.000 bis 10.000 Vokabeln. Meistens aber, so scheint es mir, sind die Leute einfach nur zu faul, sich beim Sprechen mehr Mühe zu geben und sie begnügen sich im tagtäglichen Gebrauch der Sprache mit 400 bis 800 Wörtern! Das muss man sich mal vorstellen – 800 Wörter! Das sind gerademal 0,16 Prozent des deutschen Wortschatzes! Das will ich einfach nicht glauben! Das würde ja bedeuten, dass die meisten bei ihrer Entwicklung im Grundschulniveau stecken geblieben sind?! – So einen Text hätte ich meiner Frau nicht durchgehen lassen! Aber ja, ich vergaß, dass die deutsche Pädagogik die „Kritik“ abgewählt hat. Nicht mehr erwünscht! Zu negativ! Es werden nur noch die positiven Aspekte hervorgehoben. Könnte es sein, dass dann…?
Es bedarf schon einer gehörigen Portion an Selbstvertrauen, um diesen Text auf die Menschheit loszulassen. Nun könnte man sinnieren, ob es an der Faulheit der Leute, am unsachgemäßen Gebrauch elektronischer Kommunikationsmittel, an der Vernachlässigung der Schreibschrift, am mangelhaften Bildungswesen oder an allem zusammen liegt, wenn 44 Prozent der Schüler keinen Bock auf den Deutschunterricht haben. Mit der Klassik braucht der Lehrer da gar nicht erst zu kommen. Goethe ist doch schließlich kein Popstar!
Ja, in der Schule sollte man fürs Leben lernen. Freilich wird dort noch zu viel auswendig gepaukt. Aber reicht für dieses jetzige Leben nur der Zeitbezug? Kann man Geisteswissenschaften und die Geschichte einfach abwählen? Kalter Kaffee? Oder ist das alles auch eine Frage der Vermittlung und des Geldbeutels? Seit über einem Jahrzehnt bekommen wir den Lehrermangel in Sachsen nicht in den Griff! Schon lange häufen sich auffällig die Events und inhaltsleeren Aktionen in der Kultur. Erst unlängst flatterte mir eine Einladung ins Haus, die kein Wort zum Anliegen der Veranstaltung enthielt. Ich war regelrecht sprachlos. Da kann man sich nur noch mit einer Glosse wehren, meint
Euer Motzi







