Mit Gerhard Schöne poetisch durch das Jahr


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… von flüchtigen Momenten …

imzwischensein | Teil II
prozessuale Rauminstallation
Dresden | 2021

 

Wann fühlen Sie sich frei?

Ein wenig hoffte ich, manch einer von Ihnen hätte die online-Version des Aprilheftes entdeckt und mutig seine Antwort dort hineingetragen …

Es scheint, wir Menschen neigen dazu, unser Augenmerk eher auf äußere Begrenzungen und Einschränkungen zu lenken. Könnte es aber sein, dass wir den eigentlichen Freiraum, den ein jeder von uns in sich trägt, vor Nähe einfach übersehen – den Raum des Geistes, der Phantasie und des Wahrnehmens? Würden wir diese stille Quelle als den uns einzig frei verfügbaren Raum anerkennen, wie auch jenen der anderen achten, gelänge uns vielleicht, frei und trotzdem miteinander zu sein?

Mai 2021. Die Installation wandelte sich täglich. Papiere kamen hinzu. Aus jeder Antwort, die mir die Menschen sandten, formte ich ein papierenes Gebilde, einen Gedankenraum. Niemals gleich und doch sich ähnelnd füllten sie schwebend, zart die drei Ebenen der Galerie. Sie reagierten auf jeden leisesten Hauch einer Bewegung. Und während sie sich für einen flüchtigen Moment sanft noch berührten, gaben sie sich doch schon wieder frei ….

Constanze Schüttoff

Radebeuler Miniaturen

In eigener Lache
Eine Danksagung

In der Nacht zum Hmmstag ist Schloß Castlewood vollständig ausgebrannt. Der alternde Lord hatte, einer guten Gewohnheit folgend, vor dem Zubettgehen die Kerze auspusten wollen. Allerdings nahm er zuvor, einer ebenso guten Gewohnheit folgend, einen kräftigen Schluck eines diesmal hochprozentigen Whiskys. Die Atemluft über der Kerze erzeugte eine Stichflamme, die sofort die Gardine erfaßte. Der Lord versuchte, nachdem er sich mit der erforderlichen Würde einen weiteren Schluck eingeschenkt hatte, mit der Flasche auch sich selbst in Sicherheit zu bringen. Indessen hatte das Feuer von dem Raum Besitz ergriffen. Ein Fenster barst. Das Weitere erledigte der Wind. Die Ortsfeuerwehr war überfordert.
Bereits am nächsten Morgen gab es in Castlewood Forest eine malerische Ruine zu besichtigen. Das Tourismusamt entwarf ein Marketingkonzept mit profunder Werbung. Feuergegerbt bot der Lord selbst, die Flasche noch immer in der Hand, Führungen durch die verrußten Mauern an…

Sag mal, was geht denn in dir vor? ruft Ulrike, während sie mir verbotener Weise bei der Arbeit über die Schulter schaut.
Ich blicke auf und lache ihr ins Gesicht. Ulrike zieht erschrocken den Kopf zurück und schüttelte sich: Wie spät ist es jetzt?
Es ist elf durch, sag ich, die richtige Zeit für den ersten Schluck.
Paß wenigstens auf, daß du unsere bescheidene Hütte hier nicht auch so abbrennst, Touristen lockst du so jedenfalls nicht an. Sie zieht die Flasche hinter der Vase vor, die ich dort gut verborgen geglaubt hatte.
Keine Sorge, sag ich, 40%iger brennt nicht …
Sieh mal, rede ich weiter, das jüngst in diesen Blättern angekündigte Ereignis meine Unwichtigkeit betreffend, ist dank strahlender Sonne in schöner Heiterkeit vorübergegangen. Es hat mir eine Fülle guter Wünsche eingebracht und zahlreiche erlesene Flüssigkeiten die nicht nur bedankt, sondern auch gewürdigt und vor allem genossen werden wollen.
Ich denke, kalauert Ulrike, du wolltest nie „Genosse“ werden …
Bin ich auch nicht, damals, aber heute geht es um die Gegenwart, ums Ge – Nies – Sen! Das ist doch der einzige Grund, weshalb diese Köstlichkeiten immer wieder neu geschaffen werden! Und es ist die beste Möglichkeit, den Schenkenden den schuldigen Dank zu sagen: Hat geschmeckt!
Weiß schon, lacht Ulrike, dir hat es noch nie an einem Grund zum Trinken gefehlt.
Und das bleibt auch so, zumal in diesen Tagen, die, nüchtern betrachtet, kaum zu ertragen sind. Oder soll ich das alles schnöde in den Keller tragen und schimmeln lassen?
Das nicht, aber wie wärs, wenn du nicht alles auf einmal trinkst? Langsamkeit ist die Mutter des Genusses.
Der Wein ist offen, nutze den Tag, wie es der unvergessliche Horaz formuliert hat (so ähnlich jedenfalls), und dieser altehrwürdigen Tradition darf und will ich mich jedenfalls nicht entziehen.
Entziehen, ha – ruft Ulrike, das ist das Stichwort: die Kur wirft ihre Schatten voraus…
Oh, mit dem Schatten käme ich klar, sage ich, allein die Kur kann warten – noch ist nicht aller Dank vollbracht …

Thomas Gerlach

Keine Glosse

Das Ding mit der Badekur

Eigentlich wollte ich mich nicht in die große Weltpolitik einmischen. Unser Blätt‘l kurvt ja um die heimatlichen Themen und verlässt selten den regionale Raum. Schließlich wollte Vorschau & Rückblick ja auch nie mit dem Blättchen, dem letzten Nachfolger der berühmten, eine Zeitlang von Carl v. Ossietzky geleiteten Weltbühne, konkurrieren. Aber manchmal fordern die Ereignisse eben, die eigene festgefügte Haltung aufzugeben und den Denkapparat in Bewegung zu setzen.

Wegen des zutreffenden Tucholsky-Satzes „Soldaten sind Mörder“ wurde Ossietzky 1932 zu einer Haftstrafe verurteilt. Nur auf Grund der sogenannten „Weihnachtsamnestie“ kam er schon nach 227 Tagen vorzeitig frei! Darauf können vermutlich die heutigen Protestierer in Russland nicht hoffen. Ossietzky hatte eben 1914/1915 nachgedacht, sich so von seiner anfänglichen Kriegsbegeisterung gelöst und zu einer pazifistischen Grundhaltung gefunden. Vielleicht aber hatte er sich auch an den aufsehenerregenden Roman der Friedensaktivistin Bertha von Suttner Die Waffen nieder erinnert, der 1889 in Dresden erschien.

Nun sind ja die Deutschen auch ein wenig zu bedauern. Sie hatten halt eine schwere Kindheit. Also, nicht der Einzelne, aber eben das Volk, so im Ganzen. Das lag sicher nicht nur an den Preußen, bei deren der männliche Nachwuchs schon mit dem Säbel an der Seite geboren wurde. Auch die Sachsen waren dem „klingenden Spiel“ nicht abgeneigt und hatten einen Drang nach Osten, genauer nach Polen. Da versuchten sie es ausnahmsweise mal mit „Diplomatie“. Grundsätzlich aber ist der Deutsche mit dem Militärischen groß geworden. Die „politische[n] Null“, wie Ossietzky den deutschen Generalfeldmarschall und Politiker Paul v. Hindenburg einmal bezeichnete, hatte sich ja mit dem makabren Satz „Der Krieg bekommt mir wie eine Badekur.“ hervorgetan. An seinem unsäglichen Erbe tragen noch heute über 50 Gemeinden in der Bundesrepublik, unter anderem auch Radebeul. Dort befindet sich der „Ehrenbürger Hindenburg“ durchaus in Gemeinschaft mit anderen fragwürdigen Größen (s. wikipedia).

„Nie wieder Krieg!“ war die einhellige Meinung aller, die das Inferno des Zweiten Weltkriegs überlebt hatten. Die etwa 60 Millionen Toten, darunter mehr Zivilisten als Soldaten, so glaubte man damals, wären Mahnung für alle Zeiten. Die Traumen waren noch nicht aufgearbeitet, die Trümmer nicht beseitigt, da krachte es schon wieder in anderen Ecken der Welt. Allein zwischen 1945 und 1953 kam es zu sieben kriegerischen Auseinandersetzungen, in denen auch vier europäische Staaten verwickelt waren, die alle noch an den Folgen des gerade beendeten Weltkrieges litten. Der Koreakrieg (1950–1953) forderte damals etwa 3 Millionen Tote! Hatte man nichts gelernt?! Offensichtlich wollte man nichts lernen!

Gerade dieses Russland müsste es doch besser wissen. Aus der einstigen Sowjetunion wieder hervorgegangen, hatte es einen erheblichen Anteil an den 27 Millionen getöteten Sowjetbürgern im Zweiten Weltkrieg zu beklagen. Es mag sicher nicht nur die „späte Geburt“ sein, die den Präsidenten der Russischen Föderation Wladimir Wladimirowitsch Putin zu einem kalten Machtpolitiker werden ließ. Mir scheint, dass die geopolitischen Bestrebungen um Vormachtstellung in der Welt die Menschheit immer wieder an den Rand des Unterganges bringt. Noch gut kann ich mich an die „fliegenden Festungen“ der USA mit einsatzbereiten Atombomben oder die Kuba-Krise auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges erinnern. So ein risikoreiches „Kriegsspiel“ braucht kein Mensch! Ein Angriffskrieg ist durch nichts zu rechtfertigen, egal wer ihn führt! Und Flüchtlinge bleiben eben Flüchtlinge, egal woher sie kommen!

Wer 1991 glaubte, mit der Auflösung des „Warschauer Paktes“ würde sich auch die NATO auflösen, musste sich bald eines Besseren belehren lassen. Die nun erneut in Gang gesetzte Rüstungsspirale wird nicht zu Befriedung beitragen. Ganz im Gegenteil! Die Risiken werden weiter steigen. Da drängt sich mir der Gedanke auf, ob Vernunft und Politik nicht am Ende zwei unvereinbare Dinge sind, meint

Euer Motzi

 

 

 

Tatort Radebeul – der Krimi aus Radebeul

Foto: PR Lügenmuseum

Wirklich spannende neue Tatort-Serien aus Radebeul starten im Frühjahr 22. Jeweils sechs Folgen in sieben Staffeln beschäftigen sich mit faszinierenden und schaurigen Verbrechen von nebenan.
Kaum geht das Lügenmuseum über Bord, gibt es den entsprechenden Krimi dazu. Etwas ist nicht geheuer, damit fängt der Krimi an, konsequente Folge der modernen Welt. Das Rätsel als neuartige Form formuliert unser Misstrauen gegenüber der Gesellschaft. Am Anfang liegt da eine Tote, die alles in Gang bringt. Kommissare ermitteln, am Ende steht der Delinquent da, entblößt, beschuldigt, entlarvt.
In der Fantasie wimmelt es nur so von Ängsten, Intrigen, Entführungen, Verschwörungen, Mord, Totschlag und Hass. Auf der anderen Seite schimmern Hoffnung, Liebe, Radebeul mit seinen Weinbergen und Mentalitäten und vor allem: Gerechtigkeit.
Zum Frühstück hörten die Direktoren des Lügenmuseums ihren Lieblings-Crime-Podcast, wunderbar. Doch plötzlich fliegt ihnen ihre wohlgehütete Vergangenheit um die Ohren und ein actionreicher Höllentrip beginnt. An diesem Tag kommt alles anders, ihr harmonisches Leben gerät aus den Fugen, und sie stecken mittendrin in der Handlung eines Tatort-Krimis aus Radebeul mit dem verheißungsvollen Titel „Das Plüschgewitter“. Es geht darin um eine Himmelsscheibe, ein Loch aus der Zauberflöte von Mozart und ein Tötungsdelikt. Was will man mehr? Sie sind begeistert, bis ihnen klar wird, dass alles in ihrem eigenen Hause passiert, das soll verkauft werden, und im Kellergewölbe aus dem 12. Jahrhundert holt sie plötzlich die von ihnen sorgsam verdrängte Geschichte ein. Ein wilder Tatort beginnt.
Der Regisseur Richard von Gigantikow, bekannt durch die Skulpturengärten auf den Elbwiesen, dreht ohne Proben und ohne Schnitt, er verlangt von den Akteuren volle Aufmerksamkeit. Der Berliner Kameramann Marco Borowski kann ausgezeichnet mit diesen Herausforderungen umgehen. Dazu wurden hervorragende Musiker, Tänzer, Erzähler, Performer und Akteure eingeladen. Die Handlungen spielen im Lügenmuseum, in fotogenen Ruinen und verfallenen Schlössern. Wie eine Büchse der Pandora öffnet sich das Geschehen, alles auf den Tisch, bis er bricht. Selbst Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, und Barbara Klepsch, Sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus, traten auf und spielten mit.
Zum Weltlügentag erlebten die ersten Folgen des Tatort Radebeul im Lügenmuseum ihre Premiere. Es gibt sieben Staffeln mit jeweils sechs kurzen Filmen, die auf dem Kanal und der Webseite des Lügenmuseum verfolgt werden können.
Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

Reinhard Zabka

Die Entwicklung der Energieversorgung

Aus: Nachrichtenblätter EVG 1926-1932/ 40 Jahre Elektrizitätsversorgung 1909-1949. Energiebezirk Ost, Direktion Radebeul

Im Jahre 1867 befasste sich Werner von Siemens mit den Grundlagen der Elektrotechnik und entdeckte dabei das elektrodynamische Prinzip. Mit dieser Erkenntnis baute er die erste Dynamomaschine, den Generator. Damit konnte nun mechanische in elektrische Energie umgewandelt werden. Das war die genialste Erfindung in der Geschichte der Technik und die Grundlage unserer heutigen modernen Energieversorgung.
Allerdings dauerte es noch geraume Zeit bis diese Erfindung praxisreif war, da alle Bauelemente erst entwickelt werden mussten. Um 1890 war es dann soweit, dass die ersten Anlagen in Betrieb gehen konnten. Den Anfang machten größere Fabriken und Stadtwerke (Inselbetrieb). Als Antriebe für die Generatoren dienten Dampfmaschinen, später Dampfturbinen und im geringen Umfang die Wasserkraft.
Betrieben wurden die ersten Ortsnetze mit 110- bzw. 220-V-Gleichstrom, wodurch deren Reichweite stark eingeschränkt war. Letzte örtliche Gleichstromnetze waren bis 1937 und teils noch länger in Betrieb. Die Wende brachte die Umstellung auf Drehstrom (1898) und der Einsatz von Transformatoren. Nun konnten höhere Spannungen zum Einsatz kommen und damit größere Netze bei geringen Verlusten betrieben werden.
Der Aufbau der Stadtwerk-Netze war für die Investoren ein lukratives Geschäft: dichte Bebauung, viele Abnehmer(heute Kunden!), minimaler Aufwand und damit geringe Kosten. Beim ländlichen Raum fehlten diese Prämissen und damit war dieser für Investoren wirtschaftlich uninteressant.
Deshalb wurde im Dezember 1909 der Elektrizitätsverband Gröba (heute Stadtteil von Riesa) als kommunales Unternehmen gegründet. Dazu gehörten die Amtshauptmannschaften Großenhain, Meißen, Oschatz und Döbeln. Ziel war der Aufbau eines eigenen Energienetzes zur Versorgung dieses Gebietes.
Baubeginn war im Frühjahr 1911, wobei gleichzeitig 7 Firmen mit dem Bau begannen. Im März 1912 wurde als erste Gemeinde Pulsen mit Elektroenergie aus dem Netz versorgt. Das gesamte Netz war im Juli 1913 fertiggestellt, nach reichlich zwei Jahren Bauzeit, ohne die heute üblichen Baumaschinen (!).

Gebaut wurden:

120 km 60-kV-Ringleitung
1500 km 15-kV- Leitungen
5 Umspannwerke 60/15 kV
700 Ortsnetzstationen

Für den Firmensitz wurde das Rittergut Gröba erworben und für die Belange des EVG umgebaut. Dazu gehörten das 60/15-kV- Umspannwerk mit Schaltbefehlsstelle, Werkstätten, Sozialräumen und Werkswohnungen. Zur sicheren Nachrichtenübertragung (die Deutsche Post war unzuverlässig) hatte die EVG ein eigenes Telefonnetz aufgebaut. Dafür wurde an den Masten der 15-kV – Leitungen ein gesonderter Leitungsdraht mitgeführt.
Der Energiebezug erfolgte von der AG Lauchhammerwerk (Stahlwerke Riesa und Gröditz) aus dem KW-Lauchhammer. Im Jahr 1912 wurde die erste 110-kV- Freileitung in Europa von Lauchhammer über Gröditz nach Riesa gebaut (55 km).

Nach Ende des 1. Weltkrieges hatte sich der EVG drei U-Boot-Dieselmotoren beschafft und diese in Gröba (Dieselzentrale) zur Stromerzeugung aufgestellt (Spitzen-Kraftwerk 5100 PS – 3,8 MW).

Weiterer Energiebezug war von der ASW (AG Sächsische Werke) möglich, aus dem KW Hirschfelde (Zittau) und Böhlen (Leipzig). Die ASW war im Besitz des sächsischen Staates und hatte das alleinige Recht in Sachsen Kraftwerke zu errichten und zu betreiben.
Um unabhängig vom Fremdenergiebezug zu werden, plante der EVG ein eigenes Kraftwerk. Da dies in Sachsen nicht möglich war, wählte man als Standort Plessa im Senftenberger Braunkohlenrevier (Preußen). Baubeginn war Mai 1926, im April 1927 wurde der erste Block mit 18 MW in Betrieb genommen (Endausbau 1942 mit 34 MW). Über eine 12 km lange 60- kV- Leitung zum UW Gröditz erfolgte die Einspeisung in das EVG – Netz.

Nach der ASW betrieb der EVG das zweitgrößte Energienetz in Sachsen. Insgesamt bestanden 1914 bereits 124 Energieunternehmen (z.B. 1895 Lichtwerk Dresden und EW Radebeul – letzteres wurde 1920 vom EVG übernommen).
Im Jahr 1925 wurde der Verwaltungssitz der EVG von Gröba nach Radebeul, Körnerweg 5, verlegt, die technischen Anlagen verblieben in Gröba. Für die versetzten Beamten wurde in Radebeul eine Wohnsiedlung auf der Gröbastraße errichtet.
Das heute aktuelle Thema Elektromobilität wurde von dem EVG bereits im Jahre 1927 umgesetzt. In diesem Jahr kam in Riesa ein batteriebetriebener Autobus zum Einsatz ( Fahrstrecke 22600 km/Fahrgäste 67970).
Nach dem 2. Weltkrieg bestand der EVG als kommunales Unternehmen noch bis 1949, wurde dann in den EBO (Energiebezirk Ost) und später in die EVD ( Energieversorgung Dresden) eingegliedert. In den 1960er Jahren wurde die 60-kV-Ringleitung stillgelegt und durch das 110-kv-Netz ersetzt. Im Mittelspannungsbereich erfolgte danach eine Umstellung von 15 auf 20 kV.
Das Verwaltungsgebäude in Radebeul war ab 1955 der Betriebssitz des VEB Energiebau, heute Seniorenheim. In den Betriebsjahren des EVG kam es auf Grund der noch nicht ausgereiften Technik häufig zu Störungen im Netz mit Versorgungsunterbrechungen. Aus dieser Zeit stammt die Sprüche:

„Schön ist das elektrisch Licht,
doch wenn man’s braucht,
dann brennt es nicht.“

»Kommt Zeit, kommt Rat,
stehen erst die Masten,
kommt bald der Draht.«

Karlfried Müller

 

Da ein Helm in Baden-Württemberg und hier Radebeul

Eigentlich hätte dieser Artikel bereits im Märzheft erscheinen können, doch genau da begann der Krieg, den Wladimir Putin in der Ukraine begonnen hatte. Ein Kriegsbeginn und in unserem Heft ein Helm, wenn auch historisch, das paßte nicht! Daraufhin hatten wir in der Redaktion beschlossen, den Text zurückzustellen. Da ein Ende des Krieges leider nicht abzuschätzen ist, wollen wir nun doch unseren Artikel bringen.

Da ein Helm in Baden-Württemberg und hier Radebeul – wie geht das in einem Text zusammen?

Foto: L. Trautmann

Eigentlich hatte ich das etwas kafkaeske Thema (ich bin nicht so für’s Militär – und hier geht’s um ein „hohes Tier“ der sächsischen Armee) gar nicht auf meinem Zettel, gemeint ist der Plan, worüber ich in nächster Zeit für die Vorschau schreiben möchte. Andererseits habe ich hier schon über diverse Hobbys geschrieben, wie das Sammeln von Münzen oder Briefmarken. In die Reihe würde ja das Militaria-Sammelgebiet passen, auch wenn es etwas spezieller ist. Und ich denke mal, Militaria-Sammler müssen ja nicht zugleich Militaristen sein, oder?
Eines Tages im Herbst 2021 bekam ich einen Anruf von einem Bekannten aus Vaihingen, dessen Stimme freudig erregt klang, als er mir sagte, dass er gerade einen prächtigen Generalshelm für seine Uniformen- und Militaria- Sammlung erworben habe, den im 19. Jh. ein General der sächsischen Armee getragen hat. Über den Erwerb eines solch seltenen Stückes und den Preis schweigen Sammler meist, so auch hier. Die Person, der dieser Helm einst gehörte, war Adolf von Rabenhorst (1846-1925), damals General der sächsischen Artillerie. Gratuliere, sagte ich, aber wieso rufst du mich da an? Nun, dieser sächsische Offizier soll nach seiner Abdankung in einem Radebeuler Stadtteil gewohnt haben. Deshalb bat mich der Sammler, ob ich als „alter Radebeuler“ wüsste oder ermitteln könnte, wo genau der Wohnsitz des Herrn von Rabenhorst gewesen wäre, in Ober- oder Niederlößnitz.
Auf Anhieb wusste ich das nicht und ich habe es eigentlich, wie schon oben angedeutet, auch nicht so mit dem Militär. Also musste ich wieder mal in die Recherche gehen. Überraschenderweise war das Stadtarchiv, das ich zuerst kontaktierte, etwas kurz angebunden und verwies mich an das neu aufgelegte Stadtlexikon. Da das in meinem Regal steht, fand ich einen von Rabenhorst, aber es war leider nicht der Gesuchte, sondern sein Vater Bernhard von Rabenhorst (1801-1873), auch General, jedoch der Infanterie. Zum Sohn Adolf von Rabenhorst wusste das Stadtlexikon nichts zu sagen.

Wohnhaus Ledenweg 34 Foto: D. Lohse

Der Hinweis im Stadtlexikon, dass Bernhard von Rabenhorst in Schloss Hoflößnitz gewohnt hätte, erwies sich als falsch. Zutreffend als Wohnsitz dieses Offiziers könnte eher Oberlößnitz gewesen sein, wie mir Frank Andert sagte. Er hätte in anderem Zusammenhang schon ähnliche Verwechslungen erlebt – Oberlößnitz ist ein Stadtteil von Radebeul und die Hoflößnitz ist ein bekanntes Grundstück und Bauensemble in Oberlößnitz. Nur am Rande möchte ich erwähnen, dass Bernhard von Rabenhorst, also der Vater, 1848/49 als Befehlshaber des mobilen Korps der Reichstruppen eine aus heutiger Sicht unrühmliche Rolle bei der Niederschlagung der Maiaufstände gespielt hatte. Damals war es aber für seine Karriere dienlich, er wurde dann sogar sächsischer Kriegsminister und 1856 in den Adelsstand erhoben – Sachen gibt’s!
Doch zurück zu seinem Sohn Adolf von Rabenhorst. Der ehemalige Träger des Helms hatte offenbar eine geschichtlich weniger spektakuläre Rolle gespielt als sein Vater. Als General kommandierte er das 2. Feldartillerie-Regiment der sächsischen Armee. 1904 ging er in den Ruhestand und ließ sich dann 1910 in Niederlößnitz nieder. Im Adressbuch der Gemeinde wurde ich hinsichtlich der Adresse nicht fündig. Ein Brief an das Militärhistorische Museum Dresden brachte mich aber der Lösung ein kleines Stück näher. Frank Andert, der Leiter des Museums Hoflößnitz, kannte dann die Hausnummer und wusste auch, dass sich der Straßenname mal geändert hatte, ein Dankeschön an ihn. Der General a.D. wohnte in der damaligen Schulstraße 24 zur Miete, die Adresse des gleichen Hauses wurde später in Ledenweg 34 geändert. Er war verheiratet mit Frau Margarete von Rabenhorst, geb. Freiin von Hausen (1850-1918). Ob Kinder zu der Familie gehörten ist mir nicht bekannt. Ich habe keine Hinweise gefunden, dass er in der Niederlößnitzer Zeit noch Ämter begleitet hätte oder anderweitig in Erscheinung getreten wäre. Als sicher ist anzunehmen, dass er dem Kötzschenbrodaer Militärverein angehört hat. Auch ein Bild oder Foto von ihm konnte ich leider nicht finden, wir müssen uns also mit einem Foto seines prächtigen Helms begnügen. Das Grab des Ehepaares von Rabenhorst fand ich auf dem Dresdner Garnisonsfriedhof, heute auch als Nordfriedhof bekannt.
Besonders die Gemeinden Ober- und Niederlößnitz waren um 1900 als beliebte Ruhesitze für Adlige, Industrielle, Staatsdiener und auch Offiziere bekannt. Leute, die meist in Dresden oder anderen Orten ihr Geld verdient hatten, und sich dann gern in der Lößnitz einen Alterssitz suchten und meist auch fündig wurden. Das führte zu einer zeitweilig ungünstigen Altersstruktur in diesen Gemeinden, sie waren etwas überaltert.
Als ich meinem Bekannten schließlich die gewünschte Adresse durchsagen konnte, überraschte er mich mit der Meldung, dass er gerade jetzt auch die Uniform eines sächsischen Generals erwerben konnte, die zwar nicht Adolf von Rabenhorst getragen hatte, aber doch dienstgradmäßig zu og. Helm passt. Das nenne ich Sammlerglück!
In einem Radebeuler Reformhaus sah ich gesunde und schmackhafte Säfte, die ich schon probiert hatte, von gleichem Namen, aber einen Zusammenhang zu den o.g. hohen Offizieren konnte ich nicht herstellen.

Dietrich Lohse

Schreibwerkstatt (3. Teil) – Carolin Wahl

Mein Schulweg

Wenn ich jetzt morgens zur Schule gehe, ist es noch dunkel. Pünktlich sieben Uhr stehe ich dann, völlig verschlafen, vor dem Tor und muss mich erst einmal an die Kälte gewöhnen. Mein Atem verbreitet sich mit dampfenden Wolken in der Luft. Ich fasse kurz noch einmal meine Gedanken zusammen, stecke meine Hände tief in die Taschen und dann geht es los, ob ich will oder nicht.
Zuerst die Straße, wo der kleine Dackel wohnt. Jeden Morgen steht er am Tor, und wenn ich komme, wedelt er mit dem Schwanz und steckt seine kleine feuchte Nase durch die Latten des blauen Holzzaunes. Ich bleibe kurz stehen und erzähle ihm, wie meine Woche bis jetzt war. Er sitzt da und hört mir aufmerksam zu. Irgendwann schaue ich auf die Uhr und erschrecke: Ich sollte mich jetzt auf jeden Fall beeilen. Ich verabschiede mich schnell von meinem kleinen Freund und setze meine morgendliche Reise fort.
Am Rosa-Luxemburg-Platz ist noch kein Mensch. Das Gebäude der Musikschule ragt imposant in den Himmel. Die rosa Farbe lässt sich durch die Dunkelheit nur erahnen. Dong. Dong. Die große Uhr erinnert mich daran, dass es schon viertel ist und ich kurz davor bin, zu spät zu kommen.
Ich trete in die Pedale, so schnell ich kann. Mein Atem wird schneller, die Dampfwolken dicker. Schon bald ist meine Kraft erschöpft. Ich sollte mehr Sport treiben, fällt mir da wieder auf. Nur schade, dass mir solche Gedanken immer vor der Schule kommen, wenn ich nun wirklich keine Zeit habe. Nachmittags habe ich das dann wieder vergessen und meine guten Vorsätze lösen sich in Luft auf. So wie mein Atmen gerade.
Ich werde wieder langsamer. Inzwischen bin ich bei der katholischen Kirche. Die Sonne geht langsam auf und vereinzelte Lichtstrahlen brechen sich in dem bunten Glas, das das große Kreuz ausfüllt. Die Welt beginnt, langsam wieder Farbe anzunehmen.
Immerhin ist es jetzt nicht mehr so weit. Ich sehe schon das Hauptgebäude meiner Schule. Die beiden Figuren, die über dem Brunnen angebracht sind, schauen mich an. Ich kann ihre Blicke nicht so ganz deuten. Auf jeden Fall scheinen sie nicht gerade froh, mich zu sehen. Ich lächle sie an, um sie zu besänftigen, aber sie reagieren nicht – natürlich nicht. Über hundert Jahre alte Figuren aus Stein können ja wohl kaum auf meine Bemühungen reagieren. Oder doch? Für einen kurzen Moment scheint es, als würde der linke Kopf mir frech die Zunge herausstrecken. Bei genauerem Hinschauen scheint aber alles unverändert. Verwirrt und etwas verärgert über die Dreistigkeit des alten Herrn aus Stein schüttele ich meinen Kopf und widme mich lieber wieder den Personen aus Fleisch und Blut.
Ich sehe andere Schüler, die das Schulhaus betreten. Man kann an ihren Blicken erkennen, ob sie sich auf den Tag freuen oder nicht. Zwei Mädchen zum Beispiel sitzen auf der Treppe und schauen sich noch einmal die Vokabeln für den Französischtest an. Die eine rattert die Vokabeln nur so runter, anscheinend hat sie gut gelernt, während die andere frustriert aufstöhnt und das Buch verärgert in ihren Rucksack packt.
Ein letztes Mal trete ich ordentlich in die Pedale. Das letzte Stück ist das schwerste. Der Berg ist ganz schön steil, aber irgendwie schaffe ich es, mich auch dort hochzutransportieren.
Mit Schwung sause ich in den Schulhof. Dort sehe ich erleichtert, dass ich noch nicht zu spät bin. Eine ganze Horde Jugendlicher tummelt sich da. Sie lachen, spielen Ball oder reden einfach. Zufrieden steige ich vom Fahrrad und freue mich auf einen neuen Tag voller unvorhersehbarer Ereignisse.

Carolin Wahl
Klasse 8 – Lößnitzgymnasium Radebeul

Denk mal an Radebeul

Die Untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises Meißen und der Verein für Denkmalpflege und neues Bauen e.V. bieten Sprechstunden in Radebeul an.

Die Denkmalschutzbehörde, die seit 10 Jahren von Großenhain aus ihre Aufgaben erfüllt, kommt wieder nach Radebeul, vorerst an drei Terminen: am 28. April, 19. Mai und 30. Juni 2022, jeweils von 15 bis 18 Uhr in das Ladenlokal im Auszugshaus des Familienzentrums Radebeul , Altkötzschenbroda 20.

An diesen Terminen werden Olav Helbig, Sachgebietsleiter Denkmalschutz im Landratsamt Meißen, oder eine Vertreterin sowie Robert Bialek vom Denkmalverein oder eine Vertretung teilnehmen. Es wird in erster Linie darum gehen, Präsenz als Ansprechpartner zu zeigen, zu informieren und interessierten Bürgern in Radebeul einen kurzen Weg zur Denkmalpflege zu bieten. Nutzen Sie die Chance und den Abstecher nach Altkötzschenbroda für Ihr Denkmal.

 

Putz mal in Radebeul

Ergänzend an die Frühjahrsputzaktion der Stadtverwaltung Radebeul im April wird der Verein für Denkmalpflege und neues Bauen e.V. eine Müllsammelaktion durchführen. Je nach Bedarf entlang des Elbufers und / oder an vom Verein mitgestalteten Plätzen (Fontainen-, Platanen- , Bilzplatz , Ziegeninsel, Bismarckturm, …) oder anderen „Müllecken“ (gern entsprechende  Hinweise an uns) . Müllsäcke werden gestellt, Entsorgung wird gesichert, Handschuhe bitte mitbringen. Treffpunkt ist der Anger Altserkowitz am 21.05.2022, 9.00 Uhr.

 

Schau mal in Radebeul

Nach der im letzten Heft angekündigten und nun absolvierten 5. Bauherrenpreiswanderung des Denkmalvereines gilt es den Blick auf weitere potenzielle würdige Objekte zu lenken. Der 19. Bauherrenpreis wird dieses Jahr ausgelobt. Nutzen Sie Ihre Frühlings- Stadt- Spaziergänge und dokumentieren Sie aus Ihrer Sicht besonders gelungene Beispiele  sanierter oder neu gebauter Häuser, Plätze und Gärten. Die Auslobung der Stadtverwaltung und des Denkmalvereines wird in Kürze veröffentlicht.

 

Thomas Rosenlöcher – ein Nachruf

Was wir mit Thomas Rosenlöcher verbinden – ein ganz persönlicher Nachruf

Redakteur Sascha Graedtke, Thomas Rosenlöcher und seine Frau im Anschluss der Lesung unter den Kastanienbäumen von Hoflößnitz Foto: Karin (Gerhardt) Baum

Die meisten Leser werden sich noch daran erinnern, dass wir 2019 in unserem Heft allmonatlich Texte vom Dresdner Dichter Thomas Rosenlöcher abgedruckt hatten. Und all jene, die dabei waren, werden sich sicherlich gern noch an die stimmungsvolle Lesung mit ihm im Festsaal der Hoflößnitz erinnern. Eine solche Lesung, die wir gern noch einmal wiederholt hätten, wird es leider nicht mehr geben können, denn Thomas Rosenlöcher ist kurz vor Ostern in Kreischa verstorben. Die Feuilletons auch der überregionalen Medien würdigten ihn zurecht als einen bedeutenden Autor, der insbesondere der Dresdner Seele, der sächsischen Lebensart, der ostdeutschen Mentalität Stimme verliehen und diese deutschlandweit vernehmbar gemacht hat. Rosenlöchers Tod berührt uns beide auf ganz persönliche Weise, wie wir im Folgenden erzählen möchten.

1996 in Dresden

Im Januar 1996 hatte ich meine erste Begegnung mit ihm. Ich begleitete eine Freundin in das Café Büchel auf der Hauptstraße in Dresden, weil sie für eine Projektarbeit zu Rosenlöchers Gedichten ein Interview mit ihm führen und mich als Fotografen und fachliche Unterstützung dabei haben wollte. Schon damals beeindruckte mich seine Nahbarkeit, Bodenständigkeit, auch sein Interesse an mir als Germanistikstudenten. Wir fanden schnell gemeinsame Themen. Ermutigt durch diese unverhofft unkomplizierte Erfahrung gewann ich Rosenlöcher vier Jahre später für ein Projekt im Deutschunterricht einer 11. Klasse. Die Schüler setzten sich mit einigen seiner Texte auseinander und schrieben ihm daraufhin Briefe, in denen sie ihre Gedanken und Fragen ausbreiteten. Der Dichter lies mich dann anlässlich eines Besuches bei ihm in Kleinzschachwitz wissen, dass ihn die Sicht der Jugendlichen sehr interessiert hätte, denn normalerweise bekäme er Zuschriften nur von erwachsenen Lesern. Wieder einige Jahre später, es muss 2010 oder 2011 gewesen sein, hatte ich den Einfall, Thomas Rosenlöcher zu einer Lesung an der Schule einzuladen, an der ich damals arbeitete. Ich weiß noch, dass es ein grandioser, weil unterhaltsam-bildender Nachmittag war, an dessen Ende ich mir eines seiner inzwischen auch erschienenen Kinderbücher, „Das langgestreckte Wunder“ kaufte, denn inzwischen war ich dreifacher Vater geworden. Was mir an Rosenlöcher bei meinen Begegnungen immer imponiert hatte, war seine aus dem Herzen kommende Hinwendung zum Moment und den Menschen, die diesen Moment mit ihm teilten. Diese Haltung gepaart mit großer Lebensweisheit spricht aus einer seiner Widmungen für mich in einem seiner Bücher: „Denn wer begriffen hat, wie kurz das Leben ist, hat Zeit.“ Danke, lieber Thomas Rosenlöcher, für Ihre Zeit.
Bertram Kazmirowski

Meine Autorensuche für unsere Lyrikseite des Jahres 2019 führte mich als kühne und doch so naheliegende Idee zu Thomas Rosenlöcher, der mir bis dahin mit einigen Bändchen in meinem Bücherregal seit den Wendejahren bereits wohlvertraut war. Nachdem ich ihn im Herbst 2018 zur Ansicht und Lektüre einige Exemplare unserer „Vorschau“ geschickt hatte, erhielt ich schon bald die Zusage von ausgewählter Lyrik für den kommenden Jahreskreis. In der Folge kam es für Detailbesprechungen und weit über das Jahr hinaus zu einem regen Schriftverkehr und zahlreichen amüsanten Telefongesprächen, nicht selten auch zu fortgeschrittener Stunde. Heute darf ich es wohl als Privileg betrachten, seine wohlbekannte Stimme im Duktus einer selbstbewusst vorgetragenen sächsischen Mundart nicht nur als Kolumne im Radio, sondern oftmals direkt am Telefonhörer gehört zu haben. Zu seiner Bodenständigkeit zählte wohl auch, dass er nach zwei, drei Telefonaten sagte: „Ach, was soll das alberne Gesieze, ich bin der Thomas“, was im inspirierenden Austausch fast zu einer zarten Freundschaft führte.

Zur Lesung am 13.9.19 im Festsaal von Hoflößnnitz

Als literarischen Höhepunkt unseres Lyrik-Projektes 2019 war es mir ein besonderes Anliegen eine Lesung mit Rosenlöcher in Radebeul zu organisieren. In dankbarer Kooperation mit den Mitveranstaltern von Hoflößnitz gelang uns dies am 13.9.19 im wunderschönen Festsaal. Der Abend wurde zu einem überaus gelungenen Ereignis, weshalb die Gäste erheitert und mit zum Teil persönlichen Widmungen in erstandenen Büchern den Raum verließen. Der „Vorschau“- Redaktion und einigen Freunden wurde im Anschluss die Ehre zuteil, diesen herrlichen Herbstabend unter den Kastanienbäumen von Hoflößnitz mit Thomas Rosenlöcher und seiner ihn stets begleitenden Frau bei Wein und verzweigten Gesprächen verbringen zu dürfen. Mit diesen Bildern im Kopf werden wir ihn in Erinnerung behalten.
Wenige Monate später folgte das kulturelle Corona-Vakuum. Im Frühjahr 2021 erhielt ich schließlich eine letzte Mail von ihm mit vielleicht unerkannt ahnungsvollen Vorzeichen:
„Und dichten tu ich schon weiter; scheint freilich eher nur noch langsamer zu gehen als sonst; weil die Zeit stille steht und heimlich doch noch rascher rennt als sonst.“

Sascha Graedtke

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