Viktor Timtschenko im Kultur-Bahnhof in Radebeul

„Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen, als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei, wenn hinten weit in der Türkei die Völker aufeinander schlagen.“, so lässt Goethe im „Faust“ die biederen Bürger während ihres Osterspaziergangs sprechen. Das Aufeinanderschlagen der Völker ist uns inzwischen beängstigend nahe gerückt. Die Berichte aus der Ukraine sind verwirrend und wecken widerstreitende Empfindungen. Die pathetische Beschwörung des Heimatbodens ist aus dem Mund der Regierung in Kiew ebenso zu vernehmen wie von den russischen Separatisten im Osten. Ein grundsätzliches Unbehagen an der Entwicklung in der Region wird für die Radebeuler erweitert um die konkrete Sorge für das Wohlergehen der Partner und Freunde in der ukrainischen Partnerstadt. Der letzte Transport mit Hilfsgütern erreichte Obuchiv im vergangenen September. Vor diesem Hintergrund wurde ein Gast mit ukrainischen Wurzeln zur Veranstaltung im Kultur-Bahnhof in Radebeul am 6. Februar mit besonderer Spannung erwartet. Mehr »

Empfehlung nach Art des Hauses

Zur Premiere von „Dinner für Spinner“ am 14.2.15 in den Landesbühnen

Curt Goetz, einer der meistgespielten, weil einer der handwerklich besten Komödienschreiber deutscher Sprache, machte sich nicht nur um die gute Durchblutung der Lachmuskeln seines Publikums verdient, sondern auch um die messerscharfe Analyse menschlicher Eigenarten. Eine seiner diesbezüglichen Sentenzen lautet: „Wer in einem gewissen Alter nicht merkt, dass er hauptsächlich von Idioten umgeben ist, merkt es aus einem gewissen Grunde nicht.“ In die Irre geht, wer Goetz überhebliche Boshaftigkeit oder gar Verachtung für bemitleidenswerte Minderbegabte unterstellt. Vielmehr meint er mit „Idioten“ die ungezählt große Schar an Menschen, die aufgrund einer ganz eigenartigen Schrulle oder eines sehr speziellen Spleens ihre Umwelt verstörend bereichern, weil sie eben aus der Norm zu fallen scheinen. Bei genauerem Hinsehen, so Goetz, stellt sich jedoch heraus, dass fast alle Menschen – also auch jene, die in einem Theatersaal sitzen – mehr oder weniger einen kleinen Vogel haben. Und aus der Warte eines Komödienschreibers ist das ja auch gut so, denn so ist an Belustigungsgegenständen kein Mangel. Mehr »

Besuche erwünscht?

Schulen stehen immer unter genauer Beobachtung der Öffentlichkeit. So auch in Sachsen. Beklagt werden gegenwärtig Unterrichtsausfall, mangelhafte Bausubstanz und die Modalitäten des Übergangs von der Grundschule an weiterführende Schulen.

Doch wie war das früher?

Liest man die Jahresberichte, wird eine andere Tendenz sichtbar. Mehr »

„Naundorf im Wandel der Zeit“

so heißt das Motto des 10. Dorf- und Schulfestes, das vom 19.- 21. Juni 2015 in Radebeul-Naundorf gefeiert wird. Auf diesen Höhepunkt im 80. Jahr der Radebeuler Stadtgeschichte wollen wir Sie, verehrte Leser, schon heute hinweisen. Wie Sie auf dem Foto sehen, wandelt sich gerade das Schulgebäude auf der Bertheltstraße in Naundorf. Ein neuer und moderner Anbau ist fertig geworden, den die Kinder und Lehrer schon im Herbst des vergangenen Jahres in Besitz nehmen konnten. Im Moment bekommt auch das alte Schulhaus mit der weithin sichtbaren Uhr eine helle attraktive Außenhaut. Mehr »

Ein Künstler aus dem Volke

Zur Erinnerung an den Radebeuler Maler und Grafiker Horst Hille (1941-2015)

»Meine Bilder sind meine eigene
nicht endende Geschichte
und diese ist voller Menschen.«

Horst Hille, Tagebuchaufzeichnungen
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Editorial

Woran denken Sie bei der Farbe Rot?

An den Ohrwurm von Chris de Burgh „The Lady in Red“? Rot ist die Farbe der Liebe. Gerade war Valentinstag, da werden gern rote Rosen geschenkt, als Ausdruck für größte Zuneigung.

Rot ist anregend, aufregend auch in Verbindung mit Schwarz. Eine Flamencotänzerin in Rot und Schwarz ist – toll! „Rot und Schwarz“ mit Gerard Philipe? Morgenrot und Abendrot? – Blut, der „Saft des Lebens“ ist rot. Mehr »

Titelbild Februar 2015

Unter den vielen in Deutschland noch erhaltenen Bismarcktürmen nimmt der Cossebauder Turm schon eine Sonderstellung ein: er stammt nicht aus der Feder von Architekt Wilhelm Kreis (sein Modell „Götterdämmerung“ wurde vielfach variiert und gebaut), er ist eher klein und hat nicht so eine Silhouettenwirkung wie der Radebeuler Turm.
Nach Plänen des Loschwitzer Architekten Richard Kolbe wurde der Turm – oder sollte man besser von Kubus sprechen – auf der Cossebauder Herrenkuppe im Jahr 1913 errichtet. Er hat einen quadratischen Grundriss (3,2m x 3,2m), eine Höhe von nur 4,5m, besteht aus Syenit und Kunststein und trug eine Feuerschale. Die Westseite zierte ein vom Radebeuler Bildhauer Richard König bearbeitetes Bismarck-Porträt. Insgesamt eine bescheidenere und stillere Reminiszenz an den ehemaligen deutschen Reichskanzler als an den meisten anderen Orten!
Nach 1945 erlebte der Turm Zerstörungen von ein paar Details, teils politisch gewollt, teils durch gewöhnlichen Vandalismus – nach 1989 konnten diese Details (Porträt, Schrifttafel) jedoch wieder ergänzt und der Kubus saniert werden. Auch das Umfeld macht heute einen gepflegten und einladenden Eindruck. Ein Spaziergang dahin lohnt sich auch für jene, die keine Bismarckverehrer sind, man hat eine lohnende Aussicht über einen Teil des Elbtals.
Dietrich Lohse

Titelbild Januar 2015

Am linkselbischen Ufer stand nahe dem Dorf Gohlis schon sehr lange eine hölzerne Bockwindmühle, die jedoch 1828 ein Sturm zerstörte. Nach vier Jahren Bauzeit drehten sich 1832 dann die Flügel einer neuen Holländermühle, die größer und sicherer war als die Bockwindmühle. 1914 stellte der Müller Max Heide jedoch den Mahlbetrieb ein. Fortan war die Mühle nur noch als Publikumsmagnet für die Gaststätte nebenan da. Mit der Elbfähre (inzwischen längst eingestellt) kamen auch viele Gäste aus Radebeul zur Mühle und zur Gaststätte. Der Krieg hatte der Windmühle 1945 selbst nicht schaden können, doch setzten nun allgemeiner Verfall und Vandalismus ein.
1954 verhalf der Radebeuler Baumeister Franz Jörissen zusammen mit Spezialisten der Gohliser Windmühle wieder zu Flügeln und einem authentischen Aussehen – sie hätte sogar Getreide mahlen können, wenn Bedarf bestanden hätte. Sie war zu allen Zeiten auch ein beliebtes Motiv für Künstler, so erinnere ich mich an Aquarelle von Günter Schmitz mit Elbe und Mühle (V+R 04 u. 06/93). Interessant war 1982 die Herausgabe einer Briefmarke zu 25 Pfennig mit der Gohliser Windmühle – da der Bauzustand aber schon wieder schlecht war, benutzte man eine Bildvorlage von 1977! In den 80er Jahren versuchten dann VEB Denkmalpflege Dresden, VEB (K) Bau Radebeul und LPG Frühgemüsezentrum einzeln oder auch gemeinsam den Verfall der Mühle aufzuhalten. Bis 1989 waren bei der schlechten Wirtschaftslage aber nur Teilerfolge möglich. Am vollständigen Bild der Holländermühle am Elbradweg konnten wir uns erst wieder nach der Wende erfreuen.
Dietrich Lohse

Ich hab´s getan

Eine Teilnahme am 26. Winterschwimmen im Lößnitzbad

Den Termin 17. Januar 2015, 14.00 Uhr, hatte ich schon seit Tagen im Hinterkopf, doch ehrlich gesagt, meinen guten, alten „inneren Schweinehund“ auch, und das noch bis zum Morgen des besagten Tages. War nicht Regen prognostiziert? Dann auf keinen Fall! Und würden die starken Sturmböen der letzten Tage wirklich vorbei sein?
Doch schließlich war ich pünktlich da, und nach fast 42 Jahren, damals an einem Wandertag vor den „Großen Ferien“ als Schüler der Klasse 3a der POS Oberlößnitz, Klassenleiter Helmut Ramm, wieder im Lößnitzbad. (Sorry, liebes Radebeul, meine a l t e  Heimat bleibst du immer!) Und nun ging es los. Eintrag in eine Liste, 2 Euro Startgebühr (incl. eines Heißgetränkes und Urkunde). Es wäre völlig überflüssig gewesen, mich jetzt als Greenhorn zu outen, die Teilnehmer kannten sich von zig Treffen, samt der Winterschwimmervereine, die aus der Umgebung angereist waren. Ulkige, karnevalsähnliche Kostümierung war angesagt. Zum Glück war es aber kein Problem, dass ich nur die Badehose dabei hatte. Lustig – lebendig – unkompliziert, so die Stimmung bei den gut 50 waghalsigen Schwimmern, vielen Schaulustigen und lokalen Medienvertretern.9_urkunde
Zur Einstimmung gab es, von Frank Langosch, einem der Organisatoren, geleitet, eine poppige Aufwärmgymnastik nach Musik und schließlich ging es ab ins Wasser, immer schön nach Vereinen geordnet. Schwimmer aus Pirna-Copitz bekamen den Vorzug, sie wollten gleich danach weiterreisen zu einem Nachtschwimmen in Oederan. Ich selbst, keinem Verein zugehörig, fand mich schließlich in der „Gruppe aus Dresden“ wieder, außer mir noch drei junge Leute, die, wie sich später  herausstellte, schon mehrfache Erfahrungen, z.B. beim Elbe-Neujahrsschwimmen, gemacht hatten. Respekt. Na, immerhin tauchte ich nicht ganz zum ersten Mal in eiskaltes Wasser.
Einen Streckenrekord aufgestellt habe ich sicher nicht, das wird hier aber auch nicht erwartet.
Laut meiner namentlichen Teilnehmerurkunde, unterschrieben von OB Bert Wendsche, sowie von je einem Vertreter der einladenden BSV Chemie und dem Kneippverein Radebeul, hatte die Luft 5 Grad und das Wasser 2 Grad. Ältere Teilnehmer beklagten hinterher beim Plausch, dass das Wasser nicht zugefroren war und so mitnichten von Eisbaden gesprochen werden kann! (Stattdessen  schwärmten sie von 2006…) Ich erfuhr nebenher, dass sich die Radebeuler Winterschwimmer das ganze „kalte Halbjahr“ über jeweils samstags und sonntags sowie an allen Feiertagen um 10 Uhr hier treffen.
Auf dem Rückweg zum Bahnhof Kötzschenbroda hatte ich nur ein Gefühl: Ich bin verdammt gut drauf. Winterschwimmen härtet eben ab und reguliert Körper und Geist. Ich sollte es wieder tun…!
Tobias Märksch

Verdis Maskenball in Radebeul

Ein Maskenball, Szene mit Kay Frenzel und Anna Erxleben

Ein Maskenball, Szene mit Kay Frenzel und Anna Erxleben       Foto: M. Kross

1859 gelangte Verdis „Un ballo in maschera“ in Rom zur Premiere. Dramatischer Höhepunkt war ursprünglich die Ermordung des reformfreudigen schwedischen Königs Gustav III. durch eine Adelsverschwörung während eines Maskenballs in der Stockholmer Oper im Jahr 1792. Ein Königsmord auf der Opernbühne war zur Zeit der Uraufführung eine äußerst heikle Angelegenheit. Revolutionen und Unabhängigkeitsbestrebungen brodelten überall in Europa. Verdi hat einen Rechtsstreit mit dem Auftrag gebenden Theater in Neapel gewonnen. Dort kommt aber schließlich stattdessen mit „Simon Boccanegra“ ein kaum minder politisch deutbares Stück auf die Bühne. Für die römische Uraufführung wird die Handlung des Maskenballs nach Boston entrückt und aus dem König wird somit ein Graf. In der deutschen Fassung „Ein Maskenball“ wurden im Stammhaus der Landesbühnen Sachsen die schwedischen Verhältnisse zur Darstellung gebracht. Die wurden von Verdi und seinem Librettisten Antonio Somma natürlich opernhaft angereichert durch Liebe, Eifersucht, Sinnliches und Übersinnliches.
Es war zu befürchten, dass dieses große, zweieinhalbstündige Werk das Radebeuler Haus an die Grenzen seiner Möglichkeiten führen wird. Kay Frenzel als König näselte sich eingangs ziemlich in seine majestätische Rolle hinein. Doch mit der Zunahme der Verstrickungen gewann er stimmlich an Überzeugungskraft und hielt sich zum Schluss sehr wacker dem Grafen René von Ankarström gegenüber, der mit überzeugender Individualität vom Gast Hans Christoph Begemann gestaltet wurde. Die Elbland Philharmonie unter Christian Voß schließt das erste Bild noch etwas poltrig. Ebenso ruppig setzt auch noch das Folgende ein. Doch dann gewinnt das Ganze immer mehr an Fahrt. Silke Richter ist eine temperamentvolle und sichere Wahrsagerin Ulrika. Im Hintergrund rotiert als Zeichen zauberischer und höllischer Gewalt ein großes Turbinenrad, wie es in Radebeul ganz ähnlich vor fünf Jahren schon im „Faust“ von Louis Spohr das Mephistophelische Element symbolisierte. Das Bühnenbild ist insgesamt nicht besonders einfallsreich. Die Räume werden leicht aus der Waagerechten gekippt um der Langeweile ihres Anblicks zu entgehen. Der Galgenberg ist ein Klettergerüst auf dem die Raben sitzen. Der liebestrunkene König Gustav hangelt sich dort wie ein Knabe durch die Sprossen.
Regisseur Sebastian Ritschel hat im vergangenen Jahr mit dem „Rosenkavalier“ von Richard Strauss ein ähnlich ambitioniertes Unternehmen am kleineren Theater in Freiberg in Szene gesetzt. Dabei greift er gern auf die aktuellen kurzlebigen Inszenierungsmaschen zurück. In Freiberg war es die Projektion auf den transparenten Vorhang. Hier in Radebeul sind es die pantomimischen Nachstellungen hinter einem Fenster. Doch die Drastik dieser Nebenszenen nimmt der Handlung mehr Kraft, als sie ihr gibt. Das seelische Drama zwischen René und Amelia berührt eben durch die gebändigte Innerlichkeit, die in den gequälten Menschen tobt. Da ist das Überdeutliche dieser Inszenierung deutlich überflüssig. Vor einem großen dunklen Fenster steht René und sieht wie Amelia ihren gemeinsamen Sohn liebkost oder die Attentäter hacken mit Rabenschnäbeln nach dem blutüberströmten König Gustav. Auch sonst neigen die Figurenbewegungen zu heftigem Forcieren. Da springt Miriam Sabba als Page Oskar auf den Tisch. Die Aktenmappen der Staatsbeamten klappen laut auf den Boden. Jede musikalische Wendung wird mit einer körperlichen Drehung begleitet. Wenn aber Musik und die Darsteller zugleich hüpfen, dann droht sich in dieser synästhetischen Tautologie der Verdi´sche musikalische Dynamismus zur Wirkungslosigkeit zu verdampfen. Bei einer so wilden, leidenschaftlichen Musik und Handlung bedürfte es eher eines ruhigen Resonanzbodens von dem das Drama widerklingen kann. In der besuchten Aufführung war eine krankheitsbedingte Störung dazu geeignet, die übertriebene Mimesis der Gefühle wohltuend zu brechen und der Hektik einen beruhigenden Brecher entgegenzustellen. Durch eine Erkältung war Anna Erxleben daran gehindert die Rolle der Amelia selbst zu singen. Sie markierte auf der Bühne nur die Rolle, während vom Proszenium Camila Ribero-Souza die Partie vom Pult sang. Die brasilianische Sängerin vom südthüringischen Theater Meiningen entrückte mit ihrer prachtvollen Stimme und der sicheren Artikulation das Geschehen wieder auf eine unangreifbare Kunstebene. Dass sie die Partie im Gegensatz zu ihren Partnern und allen übrigen auf der Bühne Handelnden auf Italienisch sang, war nur ein weiterer Gewinn für diesen einmaligen Abend.

Sebastian Hennig

Nächste Vorstellungen: 6. März im Theater Meißen, am 7. und 20. März wieder in Radebeul

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