Der erste Weltkrieg am Luisenstift

In vielen Publikationen wird an die europäischen Ereignisse vor 100 Jahren gedacht. In allen Bereichen hat diese „ Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“, wie es manche Historiker bezeichnen, ihre Spuren hinterlassen, so selbstverständlich auch am Luisenstift.
„Der Gedanke an den Krieg erwacht mit uns am frühen Morgen, er begleitet uns am Tage auf Schritt und Tritt, und er liegt noch auf unserer Seele, wenn wir uns am Abend zur Ruhe begeben.“1 So schreibt Elisabeth von Prittwitz, die Oberin des Luisenstifts, im Oktober 1914.

Im Haus selbst war man bemüht, die langen großen Ferien, sie waren mit 7 Wochen länger als je zuvor, zu nützen, Klassenräume und den langen Gang mit hellen Farben zu schmücken und dann diese Katastrophe. Acht Schülerinnen hatten sich abgemeldet. Pastor Professor Amelung, seit 1887 Religionslehrer im Stift, bekam Anfang August seine Einberufung als Sanitätsunteroffizier im Feldlazarett in Dresden. Ein halbes Jahr später schickte man ihn als Feldprediger nach Givet, Gouvernement Namur. Es war sein Wunsch, im Krieg seelsorgerisch tätig sein zu dürfen.
Es war schon schwierig, die Konfirmationsfeier am 26. März 1915 gut vorzubereiten. Die Eltern waren wie immer eingeladen. Man bemerkte mit Freude, dass auch viele Väter gekommen waren. Pfarrer Wagner wollte die Feier eigentlich gestalten, als stünden wir im Frieden. Aber der Tenor änderte sich schnell: Kampf, Krieg, das Wort hat heute einen furchtbaren Klang, der nur gemildert wird, wenn wir innerlich rasch hinzufügen: Verteidigungskrieg für König und Vaterland, daher wie Recht so Pflicht.
Wo waren die Gedanken der 14-jährigen Mädchen? Hörten sie überhaupt noch zu? War man in Gedanken in Zeithain, wo das Mutterhaus, die Diakonissenanstalt Dresden, ein Lazarett eingerichtet hatte? Die Schülerinnen halfen, der Bedarf an Wollsachen, Strümpfen und Wäsche war groß. Auch Feldpostbriefe übergab man der Post in Kötzschenbroda.
Inzwischen gehörte es zum Pflichtprogramm, sich täglich eine Presseschau anzuhören. Die Oberin selbst informierte. Welche Nachrichten bekam man von zu Hause?
Im Januar 1915 wurde Herr Brand, Lehrer der Naturwissenschaften, eingezogen. Er übernahm die Bewachung eines russischen Gefangenlagers in Westpreußen. Auch der Mathematiklehrer, Herr Tischendorf, musste die Schule verlassen.
Unruhe machte sich im Luisenstift breit. Die Hausordnung wurde nicht wie sonst befolgt. Wie konnte man dem begegnen?
So musste das Direktorium nach eingehenden Beratungen den tieftraurigen Beschluss fassen, mehrere Eltern zu bitten, ihre Kinder aus dem Stift abzuholen.
Die anhaltende Kälte im Winter 1916/17 zwang in vielen Schulen, so auch im Luisenstift, zu besonderer Vorsorge. Die Kohlen wurden knapp. Man rückte zusammen, heizte nur wenige Zimmer. Das sollte sich im kommenden Winter wiederholen. Gerüchte, die sich immer mehr verdichteten, tauchten auf, es käme zu großen Reiseschwierigkeiten. So schickte man die Kinder aus Norddeutschland, Schlesien und Österreich bereits Mitte Dezember in die Weihnachtsferien.
Im Februar 1916 gab es großen Jubel unter den Mädchen. „ Heute noch, spätestens morgen, reisen die Kinder ab. Das kleine Haus wird geschlossen. Margarethe geht für die Zeit der Kohlenferien ins Mutterhaus.“, verkündete die Oberin.

Am 26. August 1915 vermeldete die Oberste Heeresleitung, die Festung Brest- Litowsk sei gefallen. Im Luisenstift nahm Pastor Wagner diese Nachricht zum Anlass, in einer Dankesrede der tapferen Soldaten zu gedenken. Und es gab schulfrei. Weitere Lehrer wurden in den Kriegsdienst eingezogen.
Einerseits sollte das Leben im Stift in gewohnter Weise weitergehen, aber die Kriegsereignisse waren nicht auszublenden. So trafen sich die Schülerinnen mittwochs am Abend zur Kriegsgebetsstunde in der Kapelle in Bethesda2. Neben den gewohnten Liedern stimmte man auch alte Vaterlandslieder an.
Sollte man sich nicht von den goldenen Stiftsringen trennen, die die ehemaligen Luisenkinder zum Abschluss ihrer Schulzeit bekamen und sie als Kriegsopfer spenden? Ersatz zu beschaffen, war nicht möglich. Also verwarf man diesen Gedanken. Vorerst, wie sich herausstellen sollte.
Später aber musste man die goldenen Ringe durch silberne ersetzen.
Das Stiftungsfest aus Anlass des 60. Jubiläums des Hauses fiel aus, des Krieges wegen.
Marianne Freiin von Welck, inzwischen neue Oberin im Stift, wandte sich zu Kriegsende an ihre Schülerinnen:
Ihr könnt Euch denken, daß in den schrecklichen Revolutionstagen unser liebes Stift wie ein Friedensasyl war, das von allen traurigen Geschehnissen wenigstens äußerlich völlig unberührt blieb. Aber durch die Zeitung erfuhr doch ein jeder mit blutendem Herzen von der Absetzung bzw. Abdankung seines geliebten Landesherren.
Daneben gab es andere Sorgen. Viele Mädchen erkrankten an Grippe. Sie führte zu Unterrichtsausfall, zumal besondere Quarantänebestimmungen einzuhalten waren. In Bethesda waren die Pocken ausgebrochen.

Der Fortbestand des Hauses stand nie Infrage, 37 Schülerinnen gingen ab, 73 traten ein.
Frank Thomas
Zeugnisse der Schulgeschichte des Luisenstiftes werden gern angenommen.

Von der Faszination der Märchen…!

Im Coswiger Museum Karrasburg ist die Ausstellung „Großmutter erzählt…“ zu erleben

Pinocchio begegnet dem Wolf

Pinocchio begegnet dem Wolf Foto: W. Zimmermann

Die Bremer Stadtmusikanten

Das Märchenutensil Spinnrad Foto: W. Zimmermann

Es ist das altbekannte und dennoch immer wieder neue Bild, das sich bei einem Rundgang durch die aktuelle Ausstellung im Coswiger Museum Karrasburg dem Besucher eröffnet. Dabei ist es völlig gleich zu welcher Altersgruppe dieser Besucher gehört. Denn die Verbindung zwischen den Generationen knüpfen all jene Märchen, die über die Jahrhunderte hinweg von Generation zu Generation immer wieder weitererzählt wurden. Ein wahrhaft dankbares Thema für eine entsprechende Ausstellung über die Weihnachtsfeiertage hinweg und ins neue Jahr 2015 hinein.
„Großmutter erzählt…“ – so der Titel der Ausstellung – wird zum Mittler zwischen den Generationen. Und weil die Welt der Märchen geradezu unerschöpflich scheint und es auch immer wieder neue erzählende Großmütter (und Großväter) geben wird; deshalb sind Märchen nicht nur ein dankbares, sondern auch ein geradezu unerschöpfliches Thema.
Die Ausstellung bietet darüber hinaus auch einen virtuellen Spaziergang in die Märchenwelt. Das heißt, der kleine ( und große) Besucher begegnet auch jeder Menge hinlänglich bekannter Figuren. Als da sind: der böse Wolf; die Bremer Stadtmusikanten Esel, Hund, Katze und Gockelhahn; der Froschkönig, der Pinocchio bzw. Burratino und viele andere mehr. Zuzüglich bestimmter Utensilien aus der Märchenwelt wie es bspw. das Spinnrad ist. Oder der tiefe Brunnen, die tickende Standuhr und der geheimnisvolle dunkle Wald. Und natürlich Großmutter oder Großvater oder auch beide zusammen.

Die Bremer Stadtmusikanten

Die Bremer Stadtmusikanten Foto: W. Zimmermann

Die Ausstellung ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet worden. Und sie be- und verzaubert nicht nur kleine Besucher, sondern zaubert sichtbar auch Glanz in die Augen der Erwachsenen.
Es fehlen nicht die Kunstmärchen Ludwig Bechsteins, nicht die ausgesprochen populären der Brüder Grimm und auch nicht die des Russen Alexej Tolstoi. Ja selbst dem Amerikaner Walt Disney und seinen zahlosen Figuren huldigt die Schau in der Karrasburg.
Zahlreiche Veranstaltungen bot und bietet das Begleitprogramm; so lasen im Weihnachtsmonat Dezember echte Großmütter und Großväter den Kindern Märchen vor. So führte die Keramikerin Ines Hoferick im Freien die Technik des RAKU-Brandes vor. Und so wurden russische Märchen im Orginal am Samowar gelesen.
„Zwerg Nase“ – ein Puppenspiel mit Volkmar Funke steht noch für den 12. Februar bevor. Und ein Konzert mit dem Dresdner Gitarristen Frank Fröhlich widmet sich am 19. Februar dem „Bücherwurm Fridolin“. Bis zum 22. Februar 2015 ist die Ausstellung noch zu besichtigen.

Der Brunnen des Frosckkönigs

Der Brunnen des Frosckkönigs Foto: W. Zimmermann

Wolfgang Zimmermann

125. Geburtstag von Gerhard Madaus – sein Wirken und bauliche Zeugnisse in Radebeul – eine Einladung

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G. Madaus, Mitte der 1930er Jahre

G. Madaus, Mitte der 1930er Jahre Foto: Radebeuler Stadtarchiv

Bei der Ideenfindung zu geeigneten Themen für das Vereins-Vortragsprogramm 2015 wurde das Jubiläum „125. Geburtstag – Gerhard Madaus (1890 -1942)“ vorgeschlagen.
Ja, da war doch einmal eine Firma Madaus in Radebeul, irgendetwas mit Pflanzenmedizin, konnten wir uns erinnern. In den 90er Jahren hatte jemand auch mal in der Zeitung gelesen, dass die Nachkommen der Familie Madaus Pläne mit dem zurückerworbenen ehemaligen Firmengelände hatten. Und natürlich, da sind doch unlängst Firmengebäude des ehemaligen AWD an der Gartenstraße – ich glaube, das gehörte ehemals zu Madaus – zu einer Wohnanlage umgebaut worden.
Gedankensplitter, noch ungeordnet im Kopf, aber wir ahnten Potential im Thema für einen Vortrag, der Radebeuler über den Verein hinaus interessieren könnte.
Der Verein für Denkmalpflege und neues Bauen stellt sich in seiner Satzung u.a. die Aufgabe, durch Öffentlichkeitsarbeit zur „Stärkung der lokalen Identität“ beizutragen und auf dieser Basis die bürgerschaftliche Diskussion zur „Erhaltung des besonderen Charakters von Radebeul“, gerade im Spannungsfeld von Denkmalpflege und neuem Bauen, zu fördern. Und im Thema Madaus scheint die Breite dieses Anliegens gut vereint. Ein Stück Geschichte von Personen einer zeitweise in Radebeul ansässigen Unternehmerfamilie, ein Stück Industriegeschichte und pharmazeutischer Innovation, die hier stattgefunden hat, könnte beleuchtet werden. Viele Radebeuler haben im AWD gearbeitet und fühlen sich dadurch eng mit Radebeul verbunden. Ein Teil der Produktion und Entwicklungen der Firma Madaus wurden im AWD und seinen Vorläuferfirmen nach dem 2. Weltkrieg weiterentwickelt, obwohl die Firma Madaus Radebeul verlassen hatte. Sicher haben viele in der letzten Zeit die baulichen Veränderungen der ehemaligen Madaus-Gebäude zur Wohnanlage im Vorbeigehen oder auf dem Bahnsteig stehend verfolgt?

Das Thema „Madaus“ wurde im Beirat des Vereins für das Programm 2015 für gut befunden und ich konnte weitere Schritte zur Vorbereitung angehen. Wer hat Kenntnis zu diesem Komplex? Erste Idee war – im Stadtlexikon steht doch etwas zu Madaus – und mit Frank Andert, den ich dazu anrief, traf ich auch gleich auf den Richtigen, der die historischen Details des Themas beleuchten kann. Wie ich las, wurde die Firma nicht in Radebeul gegründet und erst 1929 aus Platzgründen nach Radebeul verlegt. Man griff auf vorhandene Gebäude zurück und erweiterte diese für seine Belange. Auch gab es mehrere Standorte, an denen die Firma in Radebeul wirkte.

Radebeul-Ost, Gartenstraße 22

Radebeul-Ost, Gartenstraße 22 Foto: M. Mitzschke

Für den inhaltlichen Schwerpunkt der Naturheilmittel und diesbezüglicher homöopathischer und biochemischer Entwicklungen, eingebunden in den Geist der damaligen Zeit und bezogen auf die Verdienste der Firma Madaus, brauchte ich aber einen sehr speziellen Referenten. Das Glück war mir hold und ich fand mit Frau Dr. Marina Lienert sogar eine Radebeuler Wissenschaftlerin, die profunde Kennerin der Medizingeschichte ist. Im Gespräch mit ihr erfuhr ich viele für mich neue zeitgeschichtliche Facetten, in die das Wirken von Gerhard Madaus und der Firma Madaus in Radebeul eingebettet ist.
Und auch zum dritten Themenkomplex – Umbau des Firmengebäudes zur Wohnanlage – gelang es,  einen Referenten mit Kenntnissen aus erster Hand zu gewinnen. Über Vermittlung der Ventar Immobilein AG Böblingen, die das Projekt Gartenstraße 22 als Projektentwickler betreute, wurde ich mit Herrn Thomas Hanselmann, dem Gründer des Architekturbüros a³ Architekten Dresden, bekannt. Dieses Büro leistete Planung und Bauleitung für dieses Projekt. Sowohl das ehemalige Produktionsgebäude von 1910/12 als auch das Hauptverwaltungsgebäude von 1932/33 stehen unter Denkmalschutz. Er wird beleuchten, was an Bausubstanz vorgefunden wurde, welche Ansprüchen man in der Veränderung der Gebäude umsetzen wollte und wie sich Denkmalpflege und neues Bauen, hier mit moderner Wohnkultur, vereinen ließen.

Putte mit Kolben, Burhart Ebe, 1933

Putte mit Kolben, Burhart Ebe, 1933 Foto: M. Mitzschke

Vom Bahnsteig aus sehe ich jedenfalls beleuchtete Fenster, es herrscht wieder Leben in den Gebäuden.
Vielleicht ist es auch für die neuen Bewohner der Madaus-Gebäude interessant, wie viele Themen sich um ihr neues Zuhause ranken. Hier besteht das Angebot etwas zu hören, was Identität vermitteln kann. Und es ist auch gar nicht weit.

Der Verein für Denkmalpflege und neues Bauen lädt herzlich  ein zum Vortrag:
„125. Geburtstag von Gerhard Madaus – sein Wirken und bauliche Zeugnisse in Radebeul“
am Freitag den 27. Februar 2015, 19.30 Uhr im Vortragsraum der Stadtbibliothek Radebeul Ost im Kulturbahnhof.

Wir würden uns freuen, wenn wir mit unserer Prognose richtig lägen, dass viele dieses Thema interessieren könnte und wir Sie im Kulturbahnhof begrüßen dürften. Vielleicht gelingt es für die, die nicht kommen können, im Mai Heft einen Artikel mit dem Rückblick auf die Veranstaltung in V&R zu veröffentlichen.

Michael Mitzschke

Sie lieben ihre Stadt

Die Radebeuler (Basis)Kultur bereitet den 80. Jahrestag der Stadtgründung vor

Radebeul ist schon ein eigenartiges Gebilde. Zehn Ursprungsgemeinden liegen wie rein zufällig an, auf und hinter den Hängen sowie in den Niederungen des rechten Elbtales, als hätten sie nichts miteinander zu tun. Die Bergbewohner „ticken“ anders als die Talbewohner, die Kötzschenbrodaer scheinen sich mit den Radebeulern nicht grün zu sein und die Alt-Radebeuler „Am Kreis“ machen ohnehin ihr eigenes Ding. Kein Wunder, wurde doch am 1.1.1935 „zwangsvereinigt“, was sich über hunderte von Jahren getrennt entwickelt hatte. Noch immer tut man sich mit diesem Datum schwer und würde lieber so manche unschöne Begebenheit, die dem endgültigen Zusammenschluss der Städte Radebeul und Kötzschenbroda vorausgegangen war, in ein großes Schlagloch kehren.

Das "Theater Heiterer Blick" (Uwe Wittig und Jan Dietl) mit einer Persiflage zum 75. Stadtgeburtstag

Das „Theater Heiterer Blick“ (Uwe Wittig und Jan Dietl) mit einer Persiflage zum 75. Stadtgeburtstag Foto: K. Baum

Als vor nunmehr sechs Jahren das Städtische Kulturamt, genauer gesagt das Sachgebiet Kunst- und Kulturförderung auf den Gedanken kam, die 75. Wiederkehr dieses Verwaltungsaktes feierlich zu begehen, waren nicht alle davon begeistert. Geld gab es jedenfalls keins für dieses Vorhaben. Aber eingedenk des etwas abgewandelten Spruches „Gott denkt, das Volk lenkt“ entstand wie aus dem Nichts eine Initiative von unten. Das Jahr 2010 wurde kurzerhand zum Festjahr erklärt und ein Programm mit über fünfzig Veranstaltungen aufgelegt. Wie aber war das möglich?
Trotz aller Zwistigkeiten lieben die Radebeuler ihre Stadt. Und so bereicherten sie das Festjahr mit vielen interessanten Beiträgen. Wer dabei war, erinnert sich noch heute gern an den bunten Veranstaltungsreigen. Stellvertretend genannt sei die Aufführung des eigens aus diesem Anlass geschriebenen Theaterspektakels zur Entstehungsgeschichte der Stadt Radebeul, welche vom Naundorfer Dorf- und Schulverein in Szene gesetzt wurde und im Rahmen der Radebeuler Begegnungen im Hof des Rathauses sogar eine zweite Aufführung erlebte.
Nun steht wieder ein Jubiläum an: 80 Jahre Radebeul. Zur Anlaufberatung am 15. Januar im Lügenmuseum waren alle gekommen, die in der Radebeuler (Basis)Kultur zu den Aktivsten zählen und wieder gern etwas für ihre Stadt leisten möchten. Auch wenn die Aktion sehr kurzfristig angelaufen ist, gewissermaßen wurde aus der Hüfte geschossen, so liegen schon jetzt zahlreiche Angebote der Kulturvereine und -einrichtungen für das Festjahr 2015 vor. Da treten wieder die Radebeuler Chöre und das Theater „Heiterer Blick“ zu vielerlei Gelegenheiten auf, die Modelleisenbahner planen eine zusätzliche Aktion, der „verein für denkmalpflege und neues bauen“ will gemeinsam mit dem Radebeuler Kunstverein eine Plastik aufstellen, die Naundorfer werden die Veränderungen ihres Ortes in der jüngsten Vergangenheit zeigen, „Radebeul-West macht mobil“ mit einem Frühlingsspektakel, das Kunsthaus Kötzschenbroda, die Galerie mit Aussicht und der Kultur-Bahnhof zeigen Sonderausstellungen, die Stadtgalerie richtet mit ihrem Sommerprojekt den Blick in eine visionäre Zukunft und die AG Stadtmuseum, das Lügenmuseum sowie die Serkowitzer Volksoper planen mit den Anwohnern eine Veranstaltung unter dem Motto „700 Jahre Serkowitz“. Alles kann hier aus Platzgründen nicht aufgezählt werden. Dies ist auch nicht nötigt. Wie aus dem Kulturamt zu erfahren war, soll das komplette Programm bis Ende Februar in gedruckter Form erscheinen. Über Veranstaltungen, die vorher stattfinden, wird im kulturellen Monatsheft „Vorschau und Rückblick“ informiert.
Dass sich die Radebeuler immer mehr für die Radebeuler interessieren, ist wohl auch auf die Veranstaltungsreihe „Radebeuler Begegnungen“ zurückzuführen, die im Jahr 2000 ins Leben gerufen wurde und von Mal zu Mal wachsenden Zuspruch erfährt. In diesem Jahr führt der Weg von Lindenau in die Nieder- und Oberlößnitz und macht natürlich Station am ehemaligen Rathaus, wo der letzte Bürgermeister von Kötzschenbroda bis zur Zwangsvereinigung die Amtsgeschäfte führte.
KUB

Editorial 15-02

Bald ist es vollendet, das wohl ambitionierteste Großprojekt auf Radebeuler Flur. Nicht weniger als ein ganzer Stadtteil mit zahllosen Einfamilienhäusern ist in den letzten 15 Jahren am Rand der „Jungen Heide“ emporgewachsen. Rückschläge von Investoren blieben nicht aus, sodass das einst auf dem Reißbrett entworfene Gesamtgebilde nicht zustande kam. Nun treffen hier aber noch Orientierung suchende Häuslebauer auf eine ausstellungsreife Musterhaussiedlung par excellence, die wohl selbst im weiteren Umfeld seinesgleichen sucht. Vom Entwurf einer Kinderzeichnung, über die beliebte Doppelhaushälfte, bis hin zur gezähmt gediegenen Stadtvilla ist alles wohl verteilt und parzelliert.
Nur noch vereinzelt klaffen Baulücken, fast wohltuend für das Weite suchende Auge, im verdichteten Bebauungsplan vom „Dichterviertel Oberlößnitz“.
Selbstredend hat sich im übrigen Radebeuler Stadtgebiet im letzten Viertel Jahrhundert so einiges getan. Zahlreiche Villen haben den Charme im Geiste ihrer einstigen Bauherren zurückerhalten. Andere reizvolle Objekte blieben, wenn manchesmal sicher auch aus finanziellen Gründen, von den vielfältigen Angeboten der Nachwendeästhetik nicht verschont.
Insgesamt darf sich die Stadt mit ihrer weitgehend geschlossenen Bebauung aus ihrer Gründerzeit jedoch glücklich schätzen. Nicht wenige Neubauten haben das überwiegend homogene Gepräge durchaus bereichert und heiter ergänzt. Gleichwohl ist in den letzten Jahren die Tendenz nicht zu verleugnen, dass eine zu forcierte Lückenbebauung oder überdimensionierte Baukörper die einst angelegte Großzügigkeit durchaus gefährdet oder zerstört.
Es bleibt zu wünschen, dass Stadtplaner, Bauherren und Bürger auch zukünftig kritischen Auges geplante Bauprojekte in der Gemeinde begleiten.

Ilona Rau

Der »schwedische See-Hund« von Kötzschenbroda

Dass 1645 zu Kötzschenbroda der Waffenstillstand zwischen Sachsen und Schweden im Dreißigjährigen Krieg unterzeichnet wurde, ist allgemein bekannt. Anders steht es um ein Ereignis, das sich elf Jahre zuvor hier zugetragen hatte und von manchen Zeitgenossen ebenfalls, aber reichlich verfrüht mit dem bevorstehenden Ende der sächsisch-schwedischen Auseinandersetzungen in Verbindung gebracht wurde. Mehr »

Eine Emigration aus Labenbrod

Jörg Bernig hat in Kötzschenbroda seinen neuen Roman vorgestellt

Nach einer ganzen Reihe von Ehrungen in der weiten Welt erhielt Jörg Bernig dann im vergangenem Herbst auch den Kunstpreis von Radebeul, wo er sich als Schriftsteller niedergelassen hat. Sein literarisches Werk ist hier entstanden. Das sind drei Gedichtbücher, vier Romane und ein Essayband. Die landschaftlichen und kulturhistorischen Beziehungen von Radebeul, aber auch ganz beiläufige Beobachtungen auf den Wiesen und Mauern von Kötzschenbroda, speisen manche seiner Gedichtzeilen. Mehr »

„Segne oder ich schieße!“

Slawomir Mrožeks schrille Komödie „Tango“ hatte an den Landesbühnen Sachsen Premiere

Es sind bereits die ersten Minuten dieses Abends die so ganz anders verlaufen, als man das eigentlich vom Theater gewohnt ist. Denn die Distanz zwischen Zuschauerraum und Bühne wird quasi schon in der ersten Szene aufgehoben. Als die Familie nämlich die Oma ins Bett schickt. Die alte Dame (Olaf Hörbe) hört auf den Namen Eugenia, trägt ein knallbuntes Kleid, schmückt sich mit einer überdimensionalen Halskette und trägt zudem quer auf dem Kopf ein Basecap spazieren. Schriller kann eine Bühnenfigur kaum gezeichnet werden. Mehr »

Dietrich Lohse zum Geburtstag

Offener Brief an einen würdigen Adressaten

Lieber Dietz,

um es gleich vorwegzunehmen: Ja, ich weiß, dass es Dir gar nicht recht ist, diesen offenen Geburtstagsbrief an Dich hier in „Vorschau & Rückblick“ abgedruckt zu sehen, denn Du nimmst Dich gern zurück. Deine Verdienste gelten Dir wenig, weshalb Du nicht gern im Mittelpunkt stehst. Du wirst mich spätestens bei der nächsten Redaktionssitzung Anfang Januar dafür tadeln, dass ich Dir auf diese Weise zum 70. Geburtstag gratuliere und mit Bestimmtheit darauf beharren, dass Du eine solche öffentliche Würdigung gar nicht verdient hast. Mehr »

Radebeuler feiern 80. Stadtgeburtstag

auf heitere, phantasievolle, nachdenkliche und tolerante Weise

Die Idee, den Jahrestag eines umstrittenen „Verwaltungsaktes“ festlich zu begehen, reifte während der Veranstaltungsreihe „Basiskultur im Dialog“. Und so bot der 75. Stadtgeburtstag erstmals im Jahr 2010 den Anlass für Radebeuler Kulturvereine, Initiativgruppen, Kultureinrichtungen, Künstler und aktive Bürger, ein ganzjähriges Programm auf die Beine zu stellen. Was ursprünglich als einmaliges Langzeitexperiment angedacht war, hatte schließlich so gut funktioniert, dass es sehr schade wäre, wenn es keine Fortsetzungen geben würde. Mehr »

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