Fräulein Else

Inszenierungsfoto | mit: Veronika Petrovic, Julia Rani, Sandra Maria Huimann, Maria Sommer (v. l.) Foto: C. Beier

Stückentwicklung nach Arthur Schnitzler/ Uraufführung an den Landesbühnen Sachsen

Das Stück von Arthur Schnitzler „Else“ bietet einen Exkurs in die Wiener Moderne des 19. Jahrhunderts.Vier Schauspielerinnen beginnen in der Bühnenmitte als weibliche Skulptur. Mit diesem Bild eröffnet Jan Meyer seine Regiearbeit zu Arthur Schnitzlers „Else.“ Arthur Schnitzler, ein viel gespielter Autor und studierter Mediziner kommt in seinen Stücken und seiner Literatur (Novelle) der menschlichen Psyche seiner Figuren sehr nahe. Die Idee, Gedanken und Konflikte hier auf vier weibliche Figuren zu verteilen, bietet für den heutigen Theaterbesucher vielleicht lebendigere Bezugspunkte, als eine eindimensionale Erzählweise, die sich gute Literatur erlauben darf.

Else T. Tochter eines Wiener Rechtsanwaltes, befindet sich für einige Urlaubstage im Nobelkurort

San Martino di Castrozza in Trentin. Sie bekommt ganz unerwartet Post von ihrer Mutter. Es ist ein Expressbrief mit der Bitte für Elses Vater, der Mündelgelder veruntreut habe und kurz vor der Verhaftung steht, eine hohe Summe von 30.000 Gulden als benötigtes Darlehen zu erbitten. Der Kunsthändler Dorsday ist für Else der einzige mögliche Ansprechpartner. Sie schildert ihm die schwierige familiäre Situation. Der Kunsthändler willigt zwar ein, stellt aber Bedingungen. Er fordert als Gegenwert das 19-jährige Mädchen für eine Weile ungestört nackt betrachten zu dürfen.

Else ist empört. Mit der Regie-Idee, das Thema mit vier Frauen zu besetzen, erlebt der Zuschauer

ihre Empörung auf unterschiedliche Art und Weise. Vielleicht sogar vierfach? Das Dorsday Forderungen stellt, hat Else im Stück offenbar nicht bedacht. In der damaligen Zeit des 19. Jahrhunderts kommt seine Bitte einer Tragödie gleich. In dieser Konfliktsituation, in welcher die vierfache Else Handlungsspielräume und Assoziationen zwischen Todessehnsucht und Liebesbedürftigkeit spielerisch zu gestalten weiß, darf das Publikum betrachten und sich selbst Gedanken machen über die Welt von gestern.

Oder ist diese Welt doch mehr auf die Gegenwart zu übertragen als ursprünglich vermutet? Falls man das Alter der Protagonistin als Schlüssel nimmt?

Fest steht, dass ihr nicht genug Mittel in die Hand gegeben werden, um sich gegen die Forderungen von Vater und Mutter zu wehren. Während des Spiels erfährt das Publikum, dass der Rechtsanwalt in Gestalt des Vaters ziemlich oft kurz vor dem finanziellen Bankrott stand.

Wie geht Else mit der Bitte von Dorsday, einem älteren Herren um? Sie möchte sich mit dem Gönner nicht alleine im Zimmer aufhalten, der sie nackt sehen möchte. Sie denkt sich aus in einem schwarzen Mantel gehüllt, den sie unmittelbar auf ihrer bloßen Haut trägt im Musiksalon zu erscheinen und dem Gewünschten nachzukommen. Das tut sie auch. Die vier Frauen erzählen sich auf der Bühne gegenseitig, wie sie in eine ausgedachte Ohnmacht fallen und wie die Reaktionen auf ihre jugendliche Erscheinung sein könnten. Im ursprünglichen Stück von Schnitzler wird sie (Else) in ein Hotelzimmer gebracht. Dort liegen Schlafmittel bereit. Ob der tiefe, todesähnliche Schlaf ihre Probleme lösen wird?

Interessant ist, das die Stück begleitende Schauspieldramaturgin Elisabeth Guzy fast ausschließlich Anleihe in der Bildenden Kunst bei Gustav Klimt und Egon Schiele nimmt. Die beiden Maler lebten und arbeiteten in Wien der damaligen Zeit, kamen aber aus völlig verschiedenen sozialen Schichten.

Die durchaus akzeptable, vielleicht sogar geniale Idee, vier Frauen von der männlichen Übergriffigkeit erzählen zu lassen, spielen facettenreich manchmal sogar mit Humor. Zu sehen sind Sandra Maria Huimann, Veronika Petrovic, Julia Rani und Maria Sommer.

Zur Premiere dankte das Publikum, den Spielern und dem Regieteam mit anhaltendem Applaus.

Die Stückentwicklung nach Arthur Schnitzler „ Fräulein Else“ ist unbedingt zu empfehlen.

Angelika Guetter


Nächste Termine:

2.3, 19.4, jeweils 20 Uhr an des LBS (Studiobühne)

Schreibwerkstatt im Lößnitzgymnasium

In der Schreibwerkstatt, die von Oktober 2023 bis Ende Januar 2024 erneut am Lößnitzgymnasium Radebeul stattfand, kamen wöchentlich schreibbegeisterte Schüler*innen zusammen, um gemeinsam mit der Autorin und Slam Poetin Marsha Richarz und dem Radebeuler Autor Thomas Gerlach Texte zu schreiben. Jede Woche gab es Tipps rund ums Schreiben und einen neuen Schreibimpuls, der die Schüler*innen zum Schreiben inspirieren sollte. In den letzten Wochen wurden ausgewählte Texte überarbeitet. Einige Ergebnisse zum Schreibimpuls „Schreibe einen passenden Text zu einer Schlagzeile“ und zum Thema „Lieblingsort“ können Sie in den kommenden Ausgaben einige Texte lesen.

Lieblingsort

Was machst Du, wenn du nicht weißt, was Dein Lieblingsort ist? Ja, ich weiß, das ist eigentlich eine dumme Frage, die sehr schnell und sehr einfach beantwortet werden kann. Du brauchst Dir nur die Frage zu stellen: Wo bin ich am liebsten?
Mein Problem ist, ich bin an vielen Orten gern. Aber vielleicht ist die Frage: „Wo bin ich am liebsten?“ zu ungenau, vielleicht sollte ich die Frage genauer formulieren. Was ist für mich der Ort, wo ich mich am wohlsten fühle, wo ich immer sein kann, wo ich gern bin, wo ich hingehen kann, wenn es mir schlecht geht? Nun ja, macht das die Frage nicht viel leichter zu beantworten? – Bei genauerer Betrachtung – nicht unbedingt.
Was tust du also, wenn du eine kurze Geschichte zu deinem Lieblingsort schreiben sollst und nicht mal weißt , über welchen Ort du schreiben möchtest? Noch dazu kann mein Lieblingsort ja auch der Ort sein, wo mein Lieblingsmensch ist, oder?
Das würde aber doch heißen, dass der Lieblingsort je nach Aufenthalt des Lieblingsmenschen variiert? Und das würde ja auch heißen, dass die Schule oder die Arbeit meiner Eltern mein Lieblingsort wären und das ist jetzt nicht unbedingt der Fall. Damit komme ich schon zu meinem nächsten Problem: Wer ist mein Lieblingsmensch? Sind es meine Eltern oder ist es mein Freund oder meine beste Freundin? Ist es nicht unfair, die eine Person den anderen vorzuziehen?
Es ist nicht so, dass mir keine Orte einfallen, die mein Lieblingsort sein könnten. Aber zum einen bin ich sehr schlecht, was Entscheidungen angeht, denn ich bin nie hundertprozentig mit der Entscheidung zufrieden. Zum zweiten ist unter den möglichen Orten kein Ort, der sich besonders hervorhebt. An allen Orten geht es mir fast gleich gut, das variiert immer ein bisschen, je nachdem, was für einen Tag ich gerade hatte.
Zusammengefasst, ich kann mich weder entscheiden, was für einen Lieblingsort ich habe, noch welchen Lieblingsmenschen ich habe. So etwas festzustellen kann schon etwas frustrierend sein. Was kann ich in dieser Situation also machen?

Helena Bollmann – Klasse 9

„Desiderium“ – Malerei und Grafik von André Uhlig in der Stadtbibliothek Radebeul-Ost

Foto: A. Uhlig

Am 10.2. eröffnete in den Räumen der Stadtbliothek-Ost die neue Ausstellung mit Arbeiten des Radebeuler Malers und Grafikers André Uhlig. Bereits seit 2002 ist es nach der Neueröffnung der Bibliothek im Bahnhofsgebäude Tradition, hier unter der Schirmherrschaft des Kulturvereins Stadtbibliothek Radebeul e.V. bildenden Künstlern eine Plattform zu bieten. In diesem Sinne ergriff einleitend Frau Carola Aschenbach als Gründungsmitglied das Wort, die in den letzten beiden Jahrzehnten zahlreiche Ausstellungen begleitete. Besonders freute sie sich über die weit überdurchschnittliche Anzahl von ca. 50 Gästen, die der Ausstellungseröffnung beiwohnten.
Für die musikalische Umrahmung sorgte der Cellist Christoph Uschner, der mit dem Präludium aus der zweiten Suite für Violoncello in d-Moll von Bach, dem Präludium aus der Jazz Suite für Violoncello solo von Lucio Amanti und schließlich mit „Themen und Variationen“ von Jean Sibelius die Intentionen der Bilder mit ausgewählten Klangwelten nachspürte.
Schließlich eröffnete André Uhlig mit ganz persönlichen Worten seine neue Ausstellung mit dem durchaus geheimnisvoll anmutenden Titel: „Desiderium“. Die Deutung des Wortes ist vielgestaltig, meint im Kern etwa Wunsch, Verlangen oder eben Sehnsucht. So sind seine Bilder und Motive gleichsam Sehnsuchtsorte, die ihn, wie er eindringlich erläuterte, mit der Mal- und Denktradition Caspar David Friedrichs tief verbindet. Ein immer wieder aktuelles Thema über die Sehnsüchte der Menschen, für eine heile Welt ohne Krieg und Zerstörung!
„Es geht um Natur, die schwindet und die es zu schützen und zu respektieren gilt. Jeder für sich. Aber wir, unsere Gesellschaft, bauen alles voll mit Hallen die wir eigentlich nicht brauchen…
Fortschritt, was ist das? Und ist es Fortschritt den wir brauchen? Und so extrem allem Hinterherrennen? Menschen nehmen sich fast für nichts mehr Zeit! Ist es wirklich das, was wir wollten?“

Foto: A. Uhlig

André Uhlig, Jahrgang 1973, arbeitete vor seiner freischaffenden Tätigkeit im Jahr 2009 als Druckinstrukteur bei Planeta und betrieb seine Malleidenschaft nebenberuflich. Von Kindesbeinen an hat er sich mit unterschiedlichsten Techniken vertraut gemacht. Im Mittelpunkt seines Schaffens stehen druckgrafische Arbeiten, in denen u.a. Farbaquatinta, Sandreservage, Kaltnadelradierung, Strichätzung zur Anwendung kommen. Zudem gehören Aquarell, Tusche, Acryl sowie Kohle zu seinem Handwerkszeug. Als Spezialität kann sicher die maltechnische Verwendung von Kaffee angeführt werden, der den Bildern eine ganz eigene Wärme und Tiefe verleiht.
Der Künstler ist auch für unsere „Vorschau“ kein Unbekannter. 2011 zeichnete er mit zwölf grafischen Arbeiten für die Titelbildgestaltung verantwortlich.
In der aktuellen Ausstellung sind 24 Bilder zu sehen, davon fünf Grafiken. Teils entfernt er sich in den farbigen Aquarellen von seinen sonst vertrauten Sand- und Erdtönen. Die in der Natur angefertigten Skizzen werden im Radebeuler Atelier dann meist farbig auf Druckplatte und Papier umgesetzt. Seine Malorte liegen in unmittelbarer Umgebung und führen bis in abgelegene Landstriche des benachbarten Böhmen.
Dort ist im Sommer eine Pleinair-Reise mit tschechischen und deutschen Künstlern geplant – eben an jenen Orten, wo bereits Caspar David Friedrich seine Emotionen und Empfindungen in der Natur einfing.

Sascha Graedtke


Die Ausstellung ist bis zum 30.5. 2024 zu sehen.? Geöffnet: Mo., Di., Do. und Fr., jeweils 10-19 Uhr (Mi. geschlossen). Weitere Infos unter 0351 8305232 oder online auf www.radebeul.de
Der Kulturverein e.V. freut sich über neue Mitglieder. Bei Interesse Frau Carola Aschenbach ( Tel.: 0163/6391251) oder über kultur@kulturverein-stadtbibliothek-radebeul.de kontaktieren.

 

 

 

 

Erinnerung an den 100. Geburtstag von Werner Juza

Foto: privat

Am 22.3.2024 hätte Werner Juza, geboren in Rodewisch, seinen 100. Geburtstag in Coswig- Sörnewitz, seinem letzten Wohnort, gefeiert. Jedoch war er mit 98 Jahren im August 2022 verstorben.
Wertvolle Erinnerungen, seine Werke und seine besondere Persönlichkeit leben weiter. Seit dem 15. September 1945 lebte er mit seiner Ehefrau Christa und seinen Töchtern Gabriele und Simone in Wachau bei Radeberg. 1947 brach er das Architekturstudium in Weimar ab. 1948 begann er als Autodidakt seine künstlerische Entwicklung, ermutigt und gefördert durch den Seifersdorfer Pfarrer Karl Josef Friedrich und den Dresdner Maler Richard Müller.
Die Würdigung als Künstler soll Werner Juza mit einem Beitrag von Frau Ingrid Susanne Krauss – Wenzkat (1933-2020), mit der ihn eine lange Freundschaft verbunden hatte, aus dem Jahre 2001 erfahren. Diese kunstkritische Arbeit hat auch nach ihrer beider Tod nichts an Gültigkeit verloren.

Foto: privat

„Bodenständigkeit und Weltoffenheit sind die Pole, zwischen denen sich Werner Juzas Schaffen bewegt. Der Widerspruch dieser Lebensformen kann scheinbar kaum größer sein, und doch lassen sie sich sinnstiftend verbinden. Das eigentliche Defizit unseres Alltags liegt in der Bodenständigkeit, ist sie doch völlig aus der Mode. Wie kann, fragt sich jeder avantgardistisch Umtriebige, 50 Jahre lang im gleichen Atelier malen? Werner Juza kann es, und er hatte dennoch stets Symptomatisches und brennend Aktuelles über unsere Welt zu sagen. Wie er heute bei aller Fähigkeit und Bereitschaft zur Abstraktion niemals der kritiklosen Oberflächlichkeit oder raschen Beliebigkeit nachgehen würde, so versuchte er zu DDR-Zeiten ebenso wenig, seine politische Gesinnung hinter fahnenschwenkenden Jubelkompositionen zu verstecken. Im Gegenteil! Mit der Akribie des unbestechlichen Dokumentaristen legte und legt er Schwachstellen bloß, in großformatigen Wandbildern (etwa [1988 das Wandbild „Versöhnung“] in der Dreikönigskirche in Dresden oder [1996 Im „Totentanz/Ostertanz/Fastenzeit-Altar“] in der evangelischen Kirche in Leck, Nordfriesland), ebenso in kleinen, aber schlaglichtartigen Szenen. Juza brauchte und braucht das Auflehnen gegen die Unzulänglichkeiten in Gesellschaft und menschlichem Zueinander; aber er tut es mit Contenance, niemals hämisch oder böse und fast immer mit einem ironischen Lächeln. Er ist gewiss auch kein Maler – Philosoph, der glaubt, die Welt durch die Kunst verändern zu können.
Doch mit zunehmendem Gereiftsein hat er etwas von den frühen Theosophen in sich aufgenommen: er sieht das Ja und Nein in allen Dingen und er weiß ebenso, dass er sich zurücknehmen muss, um sich zu öffnen. „Sich erinnern“, sagte Henry Miller, „ist die Sendung des Menschen auf Erden“, und dieser Sendung ist sich Juza in Bodenständigkeit und Weltoffenheit bewusst. Kunst lässt sich für ihn ohne Wirklichkeitsbezug nicht machen, und dessen Umsetzung kann lyrisch, dramatisch oder satirisch sein, je nach Blick des Künstlers auf den Gegenstand, aus dem sich jenes Arkanum mischt, dass die Gestalt des Bildes oder Blattes am Ende bestimmt.“
Werner Juza war nicht nur Maler, Grafiker, Bildhauer – er hat sich auch schriftstellerisch betätigt, spielte die Orgel im Gottesdienst und verfolgte bis zu seinem Tod gesellschaftliche und politische Themen mit lebendigem Interesse – und er empfing jeden Besucher mit höchster Empathie.
Jeder Mensch hinterlässt Spuren seines Lebensweges, seiner Lebensart. Unterhält man sich heute mit seinen Bildern, kann man sich seinen Mahnungen nicht entziehen: Versöhnung, Achtung und Toleranz, aber auch Haltung und Bescheidenheit gehören zu den wichtigsten Zutaten für ein sinnerfülltes Leben.
Am 24.2. 2024 wird im Werner-Juza-Zimmer der Dreikönigskirche eine Ausstellung mit einer Auswahl seiner kirchlichen Kunstwerke von Dr. Frank Schmidt eröffnet. Am 26.4. ist eine Würdigung in Wachau geplant, er ist Ehrenbürger der Gemeinde. Die Vernissage eines Querschnitts seines Lebenswerkes findet am Abend des 26.4. im Schloss Klippenstein in Radeberg statt .
Vom 17.5. bis 8.9. präsentiert die Städtische Galerie Dresden in einer Sonderausstellung „Christophorus und Liebespaar – Werner Juza zum 100. Geburtstag“, Bilder einer großzügigen Schenkung der Familie.

Jürgen Straube

Impressionen unserer Jahresversammlung

am 9.2. im Kellergewölbe des Familienzentrums in Altkötzschenbroda 20.

Schreibwerkstatt: Frau Dr. Hintz mit Schülerin Luise

Vereinsvorsitzende Ilona Rau, Schatzmeister Konrad Oeser

 

 

 

 

 

Leitender Redakteur Sascha Graedtke, stellvertrender Vereinsvorsitzender Bertram Kazmirowski und als Gast Björn Reinemer (Radebeuler Kultur e.V.)

Blick in die Runde mit insgesamt 23 Teilnehmern

Fotos: K. (Gerhardt) Baum

Protokoll unserer Jahresversammlung

Lieber Vereinsmitglieder, liebe Leserinnen und Leser,

wie versprochen, hier die Ergebnisse aus der Diskussion in der Mitgliederversammlung vom 9.2. 2024.
Über zwei Punkte haben wir entschieden:
1. Der Beitragserhöhung von jährlich 25 auf 30 € wurde einstimmig zugestimmt.
2. Das Ende 2023 auf unserem Konto noch vorhandene Geld, welches durch die zahlreichen Spenden zusammengekommen ist, soll als Puffer für etwaige Zahlungsschwierigkeiten erhalten bleiben. Die Kosten für das Erstellen und Drucken für ein Monatsheft belaufen sich auf ca. 1800€. Etwas mehr als diese Summe sollte möglichst auf unserem Konto sein. Eventuell können wir bei Bedarf ein Heft mit erweiterter Seitenzahl drucken.
Auch dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen.
Wir hoffen, diese Entscheidung ist auch in Ihrem Sinn.

Mit freundlichen Grüßen
Ilona Rau
Vereinsvorsitzende

 

 

 

100 Jahre Museum Hoflößnitz – Teil 3

Bevor sich Dr. Hans Beschorners im zweiten Teil unserer Serie zitierte Hoffnung von 1905, das Hoflößnitzschlösschen möge »einen kunstsinnigen Eigentümer finden, der liebevoll seine Hand über all die Herrlichkeiten aus längst vergangenen Tagen breitet«, erfüllte, verdüsterten sich die Aussichten zunächst. Mit dafür, dass es am Ende doch so kam, sorgte schließlich, wenn man so will,

Ein allerhöchster Wunsch

Ausstellung der Lößnitzortschaften 1909, Panoramafoto des Festplatzes von der Sängerhalle aus, Foto: Stadtarchiv Radebeul

Um die Wende zum 20. Jahrhundert zeichneten sich auf dem Hoflößnitzgelände deutliche Veränderungen ab. Mit der Aufschüttung von Straßen und der Aufteilung in Bauparzellen wurde seit 1898 die Villenbebauung vorbereitet. Für den Gutshof der alten Hoflößnitz mit dem historischen Gebäudebestand und dem umgebenden, später sogenannten »Schlossberg« hatte Investor Hermann Hennicke im russischen General Sukhanov-Podkolzin einen vermögenden Interessenten gefunden, der das rund 2,5 Hektar große Anwesen im Zusammenhang erhalten und als repräsentativen Wohnsitz nutzen wollte, aber 1900 schon wenige Wochen nach der Eintragung im Grundbuch starb. Seine Erbin Anna Gregoriewna Zolotoff trug sich von Beginn an mit Veräußerungsabsichten, sträubte sich aber gegen einen Verkauf unter Wert. Im Ganzen war das »Luxusgrundstück« schwer zu vermarkten, woraufhin der von der Baronin beauftragte Agent seit 1908 mit der Idee einer Zergliederung hausieren ging. 18 Parzellen waren vorgesehen; kosten sollte jede, Pi mal Daumen, 10000 Mark, alles in allem 180000. Auch munkelte man, ein großes Berliner Kaufhaus hätte ein hoch dotiertes Angebot für den Kauf der wertvollen Deckengemälde im Schlösschens unterbreitet.
Unterdessen bereitete man in Kötzschenbroda ein Großereignis vor, wie es er Ort noch nicht erlebt hatte. Die Festwiese an der Sängerhalle verwandelte sich in ein Messegelände, auf dem am 22. Mai 1909 die »Ausstellung der Lößnitzortschaften für Handwerk, Gewerbe, Kunst, Gartenbau und Industrie« eröffnet wurde. Rund 300 Firmen und Vereine aus der Region präsentierten dort ihre Erzeugnisse, Dienstleistungen, Steckenpferde und Projekte. Neben den Messehallen war das »Vergnügungseck Alt-Ketzschber« aufgeschlagen, das außer Gaumenfreuden verschiedener Art auch mit einer »Sonderausstellung über die Weinbauzeit in der Lößnitz« aufwartete, gestaltet durch die vom Niederlößnitzer Schuldirektor Ernst Emanuel Erler geleitete Ortsgruppe des Vereins für Sächsische Volkskunde. Außer dem »Friedenstisch« von 1645 und einigen der ältesten Urkunden aus den

Bildnis Schuldirektor E. E. Erler, Gemälde von Gustav Neuhaus im Familienbesitz

Gemeindearchiven waren hier vor allem weinbaugeschichtliche Zeugnisse und Gerätschaften zu sehen. Als König Friedrich August III. die unter seiner Schirmherrschaft stattfindende Messe am 23. Juni 1909 kurz vor Schluss doch noch besuchte, soll er sich, wie bei solchen Gelegenheiten üblich, beifällig auch darüber geäußert und Behördenvertretern gegenüber den Wunsch ausgesprochen haben, »diese Ausstellung müsse erhalten bleiben«. Für Erler, der diese Äußerung 1961 in einem Brief an den Radebeuler Bürgermeister erwähnt, begann damit die unmittelbare Vorgeschichte des Hoflößnitz-Museums. Denn wo in der Lößnitz hätte eine solche Präsentation besser untergebracht werden können, als im ehemals königlichen Weinbergschlösschen in deren Herzen?
Das Fragment einer Privatakte im Radebeuler Stadtarchiv (OL 1785) wirft etwas Licht darauf, wie die Idee Gestalt zu gewinnen begann. Anfang 1910 trat danach »eine Anzahl Herren aus den Lößnitzortschaften in lockerem Verbande zusammen«, um die Frage zu prüfen, ob ein Erwerb des Hoflößnitzgrundstücks für Museumszwecke möglich wäre. Unter der Hand zog man Erkundigungen über die Eigentumsverhältnisse und den Grundstückwert ein. Wer die Mitglieder dieses »Hoflößnitz-Komitees« waren, bleibt in der Quelle leider unklar; genannt sind einzig Staatsarchivar Dr. Woldemar Lippert (Niederlößnitz) und Oberst Hans Alfred von Kretschmar (Radebeul), zwei engagierte Mitglieder des Sächsischen Altertumsvereins und der Historischen Gesellschaft zu Dresden. Kretschmar wurde mit der Leitung des »Museums-Ausschusses« betraut und im März 1910 beauftragt, sich mit Regierungsvertretern in Verbindung zu setzen, um Chancen auf finanzielle Unterstützung beim Grundstückskauf auszuloten. Auch wollte man versuchen, Prinz Johann Georg, den für seine kunstgeschichtlichen Interessen bekannten Bruder des Königs, für die Angelegenheit zu erwärmen. Ein Zwischenfazit lautete ernüchternd: »Staatliche Beihilfe ist nicht zu erwarten, es bleibt also nur der Versuch, Privatpersonen dahin zu interessieren. Das ist nun natürlich nicht so leicht u. bedarf geraume Zeit der Entwicklung.« Tatsächlich kam jedoch schon bald Bewegung in die Sache. (Fortsetzung folgt.)
Frank Andert

Editorial

Im Rechenschaftsbericht unserer Jahresmitgliederversammlung im Februar 2024 erwähnte ich u.a., dass „Vorschau & Rückblick“ auch für neue Ideen in der Stadtgesellschaft als Medium zur Verfügung steht. Ein Aufruf kam im letzten Jahr von Chajim Grosser, der das Lößnitzbad aktivieren möchte. Für zwei Personen war das der Anstoß zum Handeln. Zwei Dinge spielen dabei eine große Rolle: 1. Die schlechte Wasserbeschaffenheit – im Sommer verhindert Blaualgenbefall leider regelmäßig in der größten Hitze das kühle Nass zu nutzen – und 2. ein kulinarisches Angebot in der anliegenden Gaststätte. Vielleicht wissen Sie, dass der Betreiber der beliebten „Leibspeiserei“ in Radebeul- Ost auch der Pächter der Badgaststätte ist. Ihm und seiner Mitstreiterin lässt es keine Ruhe, dass das „Lößi“ so wenig genutzt wird. Er weiß, dieses Naturbad war vor Jahren im Hochsommer, vor allem während der Schulferien, der Freizeittreff für sehr viele Besucher. Bei einer Einwohnerzahl von über 30.000 eine angemessene Erholungsoase! Der Umnutzung vom Freibad zum Badesee vor einiger Zeit kann man ja durchaus auch gute Seiten abgewinnen, wenn das mit der Wasserqualität nicht wäre. Aber der Wunsch vom Baden zu allen Zeiten bleibt noch ein Traum. Den zu verwirklichen bedarf es u.a. vieler Mitstreiter, die es zusammenzubringen gilt.
Was schon realisiert werden kann, ist wieder Leben in die Gaststätte zu bringen. Das soll nun im März passieren. Im Veranstaltungskalender unseres Heftes finden Sie, liebe Leserinnen und Leser, Hinweise auf die ersten Veranstaltungen. Bildende Kunst, Musik und Kulinarisches einzeln oder zusammen sind dahin gehend ein Neuanfang.
Ich hoffe, dass viele diese Angebote nutzen werden und neugierig sind, wie es denn im „Lößi“ weitergehen könnte. Engagierte Menschen sind herzlich willkommen, besonders aus Naundorf! Mich als „alte“ Naundorferin freut diese Initiative und ich werde sie unterstützen, das sei schon mal gesagt.

Ilona Rau

10. Thematischer Filmclubabend

Die Filmauswahl korrespondiert im Radebeuler Jubiläumsjahr mit städtisch relevanten Themen. Gezeigt wird am 29. Februar 2024 um 19 Uhr in einem sanierten DDR-Plattenbau (OS Radebeul-Mitte, Wasastraße 21, Neubau) der DEFA-Film „Die Architekten“. Im Anschluss erfolgt ein Gespräch über „Verhinderte, abgerissene und sanierte Plattenbauten in Radebeul“. Eingeladen sind dazu auch Architekten, Ingenieure und Bauarbeiter.

Die Vorlage für den Film „Die Architekten“ entstand 1988, gedreht wurde von 1989 bis 1990. Die Premiere fand am 21. Juni 1990 im Berliner Kino „International“ statt. Die Besucherresonanz war verständlicherweise gering.

Der Film ist ein kritischer Abgesang auf die DDR. Gezeigt wird die „Demontage einer Illusion“. Beschrieben wird das Lebensgefühl einer Generation, die trotz besten Bemühens an den Realitäten scheiterte. Die Botschaft, dass man die DDR von unten her verändern könne, hatte sich mit dem Mauerfall erledigt. Plötzlich war eine neue Zeit angebrochen. Die alten Maßstäbe galten nicht mehr. Die am Film Beteiligten stellten sich die Frage nach dem bisherigen Sinn. Einige Passagen wurden nachgedreht und glücklicherweise wieder verworfen. So blieb der Film in seiner Aussage schlüssig.

Der Regisseur und Drehbuchautor Peter Kahane (geb. 1949) gehörte zu jenen „jungen“ Filmemachern, die sich in einem „Manifest der Nachwuchsgruppe“ gegen die Kulturpolitik der Verhinderung wendeten. Sie begehrten auf gegen Agonie und Gleichgültigkeit. Der Film „Die Architekten“ ist eines der letzten Filmprojekte, die in der DDR realisiert wurden.

Der Hauptdarsteller Kurt Naumann (1948 – 2018) hatte an der Theaterhochschule „Hans Otto“ in Leipzig studiert. Vor und nach dem gesellschaftlichen Umbruch trat er in verschiedenen Theatern auf und wirkte in zahlreichen Filmen mit. Er arbeitete mit Regisseuren wie Castorf und Schlingensief zusammen, spielte an der Seite von Corinna Harfouch und Katrin Saß. In der Rolle des David Brenner im Film „Die Architekten“ beeindruckt er durch ein diffiziles und eindringliches Spiel.

Die Architekten
1989/1990, DDR, DEFA, Gruppe Babelsberg, 102 Minuten, FSK 0

Regie: Peter Kahane; Drehbuch: Thomas Knauf, Peter Kahane;
Musik: Tamás Kahane; Kamera: Andreas Köfer; Besetzung (Auswahl): Kurt Naumann, Rita Feldmeier, Ute Lubosch, Wolfgang Greese, Jörg Schüttauf

Der Architekt Daniel Brenner ist Ende Dreißig. Trotz Bestnoten hatte er bisher nur Busstationen und Telefonhäuschen projektiert. Durch Vermittlung seines ehemaligen Architekturprofessors eröffnen sich für Brenner neue Möglichkeiten. Für ein tristes Berliner Neubaugebiet soll er ein kulturelles Zentrum entwerfen. Brenner nimmt den Auftrag unter der Bedingung an, dass er sich die Mitarbeiter selbst auswählen darf. Doch das Interesse ist verhalten. Ehemalige Kommilitonen befinden sich bereits in der „inneren Emigration“ oder sind in den „Westen“ gegangen. Schließlich kann er einige überzeugen, mitzumachen. Voller Enthusiasmus stürzt sich die Gruppe in die Arbeit. Groß ist die Hoffnung, dass sich die Idealvorstellungen von einem schönen lebendigen Stadtzentrum mit Gaststätten, Geschäften, Kulturstätten, einem Kindergarten und Grünanlagen in die Praxis umsetzen lassen. Doch immer neue Hürden bauen sich auf, das Kollektiv zerfällt und auch Brenners Ehe zerbricht. Seine Frau verlässt mit der Tochter die DDR. Als dann endlich von einer Tribüne aus, mit blumigen Worten der Baubeginn verkündet wird, ist vom ursprünglichen Entwurf nichts mehr übrig. Als Brenner am Abend allein vor der leeren Tribüne sitzt, kippt, kriecht und schließlich im Dreck liegen bleibt, erklingt eine kraftvolle Musikpassage aus Händels „Messias“.

Karin Baum und Michael Heuser
Sprecher der Cineastengruppe „Film Club Mobil“ im Radebeuler Kultur e.V.


Anmerkung: unter Verwendung von verschiedenen Filmbegleitmaterialien und Wikipedia-Eintragungen

Information und Reservierung unter: 0160-1038663

 

Zum Titelbild

Pünktlich zum krönenden Abschluss der Faschingszeit erscheint auf unserem Titelblatt der „Zecher im Weinberg“.

Halb sitzend, halb liegend hingebreitet, den linken Arm hinterm Kopf verschränkt, schwenkt er in der Rechten die Weinflasche, das nur allzu rasch wieder leere Glas erneut zu füllen. Hinter ihm thront der Weinberg.

Mit sparsamen weißen Linien ist die Szene aus der schwarzen Fläche geschnitten. Weiße Flecken – der östliche Himmel überm Berg, die Lagerstatt des Zechers – weisen auf die kommende Zeit des Lichtes hin. Ein liebevolles Detail mildert die grobe Geste unbeherrschten Trinkens: Von weißem Vogel frech beäugt, stellt sich ein schwarzer Kater schlafend.

Der Künstler liebt die stillen Freuden, die gleichwohl immer wieder ungestüm aus ihm herausbrechen. Und er hat den Geist dieser Tage erfaßt: Das Wort „Fasching“ (mhd. „vast-schanc“) bezeichnet den in Strömen fließenden „Fasten-trunk“, womit eine ältere Tradition der Fruchtbarkeitsrituale aufscheint. Das seit dem 17. Jh. gebrauchte Wort „Karneval“ bezeichnet den Abschied vom Fleisch („carne vale“: „Fleisch, lebe wohl“), kann sich aber auch auf den „carrus navalis“ beziehen, den „Schiffskarren“, der anläßlich von Frühlingsumzügen zum Wiederbeginn der Schifffahrt zum Einsatz kam.

Indem Michael Hofmann mit seinen Holzschnitten Geschichten erzählt, greift er auf die Anfänge seiner Kunst zurück. Zu Beginn des 15. Jhs. nämlich kam zunächst das Einzelblatt in Umlauf, bevor sich ab Jahrhundertmitte die Buchkunst durchsetzte, und der Holzschnitt als Mittel zur Illustration in die zweite Reihe trat. (1600)

Thomas Gerlach

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