Radebeul – die einstige Großbaustelle

Das erste bewohnte Haus der Friedlandstraße (Nr. 5) – Es musste leider, wie derzeit zu oft in Radebeul, einem Neubau weichen. (abgerissen 2019)
Quelle: Stadtarchiv Radebeul, StBA Bauakten abgerissener Gebäude, Friedlandstraße 5

Wenn man über die Historie der Lößnitz redet, kommt man an der Reblaus-Katastrophe nicht vorbei. Oftmals wird sie als Grund für die historische Parzellierung genannt: stillgelegte Weinbergfla?chen lockten Spekulanten an, die wertlose Grundstücke aufkauften und mit Häusern bebauten. Doch eigentlich war die Reblaus-Katastrophe nur das Tüpfelchen auf dem „i“, denn die Siedlungsent-wicklung begann schon einige Jahre früher. Die zunehmende Industrialisierung und der Anschluss an die Dresden-Leipzig-Eisenbahn hatten auch in den Lößnitzortschaften zu einer regen Bautätigkeit geführt. Fabrikbesitzer, Militärs, Beamte, Rentiers – wer ein bisschen Geld sein Eigen nannte, konnte sich hier seinen Wohntraum zu moderaten Preisen in landschaftlich reizvoller Lage erfüllen.
Im Stadtarchiv kann man seit einiger Zeit die alten Bilanzbücher der Baufirma Gebr. Ziller einsehen, in denen sich diese Entwicklung perfekt nachvollziehen lässt. In den Büchern notierten die Baumeister akribisch alle Ausgaben und Einnahmen. Mitte der 1860er Jahre waren das noch recht wenige – der Bauboom hatte noch nicht begonnen. Beim Lesen schmunzelt man über manch private Ausgabe, die sich zwischen Löhnen, Baumaterialaufwendungen oder den Kosten für Fuhren findet. „Mama Ziller“ bekam wöchentlich 10 Taler Wirtschaftsgeld, ein „Service für Ottos Geburtstag“ kostete etwas mehr als

Lößnitzwarenhaus von Otto Ziller (Augustusweg 11; Foto 1900-1920)
Quelle: Stadtarchiv Radebeul, F – 989

3 Taler, ein Boule-Ball für 3 Taler und 15 Groschen wurde angeschafft und der Bruder in Wien mit 40 Talern unterstützt. Auch in den 1870er Jahren ging es bei Zillers noch gemächlich zu. Die Auftragslage war gut, das ist unbestreitbar, aber noch immer wurden nur einzelne Bauplätze in den Büchern benannt. Erst ab Ende 1870 weitete sich das Ziller‘sche Baugeschehen extrem aus. Im Bilanzbuch ist nun von „Baukomplexen“ die Rede, z. B. vom „Baukomplex Sophienstraße“ oder „Baukomplex Nizzastraße“. Moritz (1838-1895) und Gustav Ziller (1842-1901) erwarben Grundstücke im großen Stil und begannen diese in eigenem Auftrag zu bebauen. Ganze Straßenzüge entstanden unter ihrem Wirken. Das war ein neues Geschäftsgebaren, welches sich nicht nur die Zillers zu eigen machten. Auch andere Baufirmen, wie „Schilling & Gräbner“ mit der „Villenkolonie Altfriedstein“ oder die „Baufirma F. W. Eisold“ aus Serkowitz, waren mit dieser Art des Bauens in der Lößnitz aktiv. Selbst Privatpersonen versuchten, mit Bauspekulation das große Geld zu machen. So hatte beispielsweise der Berliner Kunstgärtner Otto Teske (1847-1904) Familien-Landbesitz im Berliner Umland zu solch hohen Preisen verkauft, dass er sich 31jährig als Rentier in Niederlößnitz niederlassen konnte. Wahrscheinlich ging er davon aus, dass sich Dresden in naher Zukunft ähnlich wie Berlin ausdehnen würde und er die Grundstücke mit Gewinn verkaufen konnte. 1872 erwarb er die Moritzburger Str. 12 mit viel Bau- und Feldland. 1890 zog er in die Schulstr. 22 (heute Ledenweg 30) um. Sein dortiger Grundbesitz war riesig. Er projektierte und erschloss u.a. 1891/92 die untere Thomas-Mann-Straße, die damals inoffiziell „Teskestraße“ genannt wurde, ließ zwei große Mietvillen bauen (Nr. 1 und Nr. 2) und errichtete an der Kreuzung zur Karl-Liebknecht-Str. ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Nicht immer gingen die Spekulationen gut, manch einer brachte sich damit um Kopf und Kragen. Beim einstigen Kötzschenbrodaer Gemeindevorstand Woldemar Vogel endete es 1889 gar im Suizid. Aber zurück zu den Zillers. Wie lief die Bebauung nun tatsächlich ab?

Baukomplex Sophienstraße 1877 (heute E.-Bilz-Straße)
Quelle: Stadtarchiv Radebeul, Nachlass Ziller, N – 86/13

„Baukomplex Friedlandstraße“
Das Baugeschehen der kleinen Straße steht exemplarisch für viele Straßen zur damaligen Zeit. 1880 erwarb die Baufirma Gebr. Ziller von Pauline Marie Haase ein Feldgrundstück für 6.900 Mark. Die Parzelle 632 des Flurbuches Serkowitz gehörte ursprünglich zur Villa Friedland (heute Bennostr. 11), welche im Besitz der Witwe von Prof. Carl Friedrich Haase war, einem bekannten Mediziner der Medizinischen Akademie zu Dresden, der 1846 den jungen Karl May wegen seines Augenleidens behandelt hatte. Das erworbene Land hatte eine Größe von 1 Hektar und 10,9 Ar (11.090 m2). Nach Steuern und Gebühren wiesen die Zillers für diese Parzelle einen Bodenrichtwert von 68,11 M/Ar aus, was heute unglaublichen 4,56 Euro/m2 entspricht.* Auch für damalige Verhältnisse war dieser Bodenpreis äußerst günstig und regte Spekulationsgeschäfte an. Allerdings muss man auch sagen, dass man mit dem sandigen Boden kaum etwas anderes anfangen konnte.

Auf ihrem neu erworbenen Land legten die Zillers zuerst den Verlauf der neuen Straße fest. Das durfte nicht einfach willkürlich geschehen. Die Neuanlage von Straßen und Plätzen und die Errichtung von Wohngebäuden regelte die Lokalbauordnung der Gemeinde. Im öffentlich einsehbaren Bebauungsplan mussten die Straßen vor dem Bau als „neu anzulegende Straße“ oder zumindest als Weg enthalten sein. Ein verpflichteter, neutraler Geometer (in der Lößnitz war dies oft der Dresdner Geometer Emil Überall) bestimmte Richtung, Breite und Einmündung in die anschließenden Straßen, das Straßenniveau zur Entwässerungsregelung sowie der Baufluchtlinie der geplanten Hauptgebäude. Die hierdurch entstehenden Kosten trug selbstverständlich der Bauunternehmer.

Angebot der Zillerschen Villen und Häuser (Hauptstraße 2/3 ist heute Augustusweg 3 und 5?)
Quelle: Stadtarchiv Radebeul, Nachlass Ziller, N – 86/13

Am 29. September 1880 ersuchten die Gebr. Ziller bei der Gemeinde Serkowitz um die Genehmigung einer neuen Straße, die den Namen „Friedlandstraße“ erhalten sollte. Am 20. Oktober 1880 erteilte die Gemeinde die Erlaubnis, der Bau konnte beginnen. Wie in der Lokalbauordnung gefordert, bepflanzte Gustav Ziller die 175 m lange und 8m breite Straße „mit Schatten gebenden Bäumen“. Fußwege wurden angelegt: auf einer Seite der Fahrbahn ein 1,50m breiter Gehsteig, auf der anderen ein Weg von 50 cm. Die Erstellung der Straße kontrollierte die Baudeputation der Gemeindevertreter. Hatte sie nichts zu beanstanden, ging die Straße nach Fertigstellung in den Besitz der Gemeinde über, die fortan für deren Unterhaltung zuständig war. Die Kosten des Straßenbaus wurden auf die Grundstücke umgelegt.

Nun wurden die Grundstücke parzelliert. Im westlichen Teil der Friedlandstraße entstanden fünf Parzellen mit einer Fläche von 7,1 bis 18,6 Ar (heute Nr. 1-9). Das Bauland auf der östlichen Straßenseite ließ man vorerst liegen. Baugenehmigungen wurden eingeholt und mit der Errichtung der ersten drei Häuser begonnen (Nr. 1, Nr. 3, Nr. 5). Bis in die 1880er Jahre hinein bauten die Zillers vor allem zwei Haustypen, die auch in der Friedlandstraße zur Anwendung kamen: das „italienische Landhaus“ und das „Schweizerhaus“. Lt. Lokalbauordnung waren sämtliche Hauptgebäude von der Straßeneinfriedung 4,5 m abzurücken und von allen Seiten freistehend (mind. 4,5m zum Nachbarn) zu errichten. Die Bilanzbücher 1881 zeugen von einem regen Baugeschehen: Ausgaben für Mauer- und Dachziegel, Bruchsteine, Sandsteintafeln, Dachpappe, Eisenbahnschienen (!), Bauholz, Bretter, Pfosten, Nägel, Stifte, Farben, Lehm, Kies, Steinmetz- und Zimmerarbeiten, Falltür und Bodentreppe, Tischler- und Glasarbeiten, aber auch Kosten für Tapezierer sowieso Gartenkies, Bäume und Sträucher sind verzeichnet. 1882 waren die Häuser Nr. 3 und 5 bezugsfähig. Am Gebäude Nr. 1 wurde fleißig gebaut. Keines der drei Häuser hatten die Zillers bisher verkauft.

Nizzastraße 11 (links – bis 1904 Nizzastr. 1c; 1880 von Gebr. Ziller erbaut) und Lößnitzgrundstr. 2 (rechts) auf Oberlößnitzer Flur
Quelle: Stadtarchiv Radebeul, F – 1024

Hier half Otto Ziller (1840-1914), der einzige Kaufmann der Baumeisterfamilie. In seinem „Lößnitzwarenhaus“ (Augustusweg 11), einem Geschäft für Kolonialwaren, Delikatessen und Sämereien gab es für Interessierte einen „Nachweis für Mietwohnungen und verkäuflichen Haus- und Grundbesitz“. Neben dem Ladeneingang hingen Schaukästen, in welchen per Zeichnungen und Fotos die neuesten Zillerschen Häuser und Villen angeboten wurden. In Zeitungen und Adressbüchern erschienen Anzeigen. Interessenten konnten natürlich auch direkt im „Bau-Bureau“ der Zillers vorsprechen. Die Baufirma bot hier „… stets zum Verkauf eine Auswahl von complet eingerichteten Villen zu den verschiedensten Preisen und Größen, als auch Bauplätze in den angenehmsten Lagen der Ober- und Niederlößnitz“ an.
Die Werbung zahlte sich aus. Haus und Grundstück in der Friedlandstr. 5 fand zuerst seinen neuen Besitzer oder besser gesagt, eine Besitzerin. Frau Burghardt zahlte dafür am 27. August 1883 den Preis von 12.000 Mark. War die Gewinnmarge hoch? Das Bilanzbuch verrät, dass die Baufirma für Boden-, Gerichts-, Baukosten, die anteiligen Wasserwerks- (600 M) und Straßenbau-Kosten insgesamt 11.270,03 M aufgewendet hatte. Die Zillers erzielten demnach einen Gewinn von 729,97 M (heute etwa 4.900 Euro*). Nicht wirklich ein Knaller, das dachten sich wohl auch die Zillers, denn beim nächsten verkauften Haus lag die Gewinnmarge deutlich höher. Ende September 1883, erwarb Kommissionsrat Ludwig Grundstück und Haus Nr. 3 (ausgewiesener Gewinn: 2.006,67 M – heute ca. 13.500 Euro*).
Die neuen Bewohner hatten sich das Leben in der schönen Lößnitz sicher anders ausgemalt, als die Realität war: Ihre Häuser standen wie zwei Trutzburgen an einer von neu gepflanzten Platanen gesäumten Straße. Um sie herum Feldgrundstücke, auf denen das Unkraut wuchs. Auf dem Grundstück Nr. 1 eine aktive Baustelle mit Dreck und Lärm, denn jetzt arbeiteten die Zillers an diesem Haus mit Hochdruck weiter. Im Frühjahr 1885 wurde es endlich an den Kgl. Pr. Ökonomie-Kommissionsrat Kombst verkauft, der mit der Familie aus Ratibor hergezogen war.
Doch auch jetzt ließ sich das Leben in der „Sommerfrische“ nicht genießen, denn der Ausbau der östlichen Straßenseite (Nr. 2 – Nr. 12) begann. Auf den parzellierten Grundstücken wurden Baustellen eingerichtet. Mittlerweile hatte sich herumgesprochen, dass hier eine neue kleine Straße entstand. Nicht immer errichtete die Zillers zuerst die Häuser, bevor sich Käufer fanden. Die Grundstücke Nr. 4, Nr. 6 und Nr. 10 wurden als Bauplätze verkauft. Es war keine Frage, dass die Zillers den Bau der Wohnhäuser für die neuen Grundstücksbesitzer übernahmen. Die Parzelle am Anfang der Straße reservierte sich Otto Ziller, vis à vis zu seinem Laden. Die Häuser Friedlandstraße Nr. 8 und Nr. 12 errichtete die Baufirma wieder in eigenem Auftrag und veräußerte sie anschließend. Alle Häuser der östlichen Straßenseite entstanden zwischen 1885 und 1888. Allein die Feldgrund-stücke am oberen westlichen Teil der Straße blieben unbebaut und fanden erst viele Jahre später ihre Besitzer und Baumeister.
Über fünf Jahre hatten die ersten Bewohner die „Dauer-Baustelle Friedlandstraße“ ertragen. Dreck, Baulärm, Materialfuhren – ausgiebiges Lüften oder ein gemütliches Kaffeetrinken im Garten waren sicher nicht immer möglich gewesen. Die Idylle wurde aber nicht nur von dem Baugeschehen in der Friedlandstraße getrübt. Überall in Serkowitz, Oberlößnitz, Niederlößnitz entstanden fast zur selben Zeit Villen und Landhäuser. Das heutige Radebeul muss eine Großbaustelle gewesen sein!

Wohnqualität im Fokus
Die Schönheit der Villen-und Gartenstadt zeigte sich erst wenige Jahre später, denn die Baumeister von damals hatten das Areal als Ganzes im Blick behalten. Neben den unterschiedlichsten Villen und Landhäusern, legten sie Schmuckplätze und eine Vielzahl kleinerer Grünflächen an, wie den Fon- tainenplatz Dr.-Schmincke-Allee. Der „Verschönerungsverein für die Lößnitz und Umgebung“, dessen Gründungsvorsitzender Moritz Ziller war, tat alles, um die landschaftlichen Reize der Lößnitz zu erhalten und besser zugänglich zu machen.
Aber auch die Gemeinden übernahmen Verantwortung. So berichtete der bereits oben erwähnte Geometer Emil Überall, der 1884 mit der Erstellung des Bebauungsplanes für Oberlößnitz beauftragt war, dass die Gemeinde noch „… zu rechter Zeit für planmäßige Correktion und Verbreiterung öffentlicher Wege innerhalb der Flur Sorge tragen…“, die „zukünftigen Verkehrsverhältnisse nach menschlichem Ermessen“ im Blick. Oberlößnitz war die letzte der Lößnitzortschaften, die einen Bebauungsplan einführte. Mit den Lokalbauordnungen wurden Industriebauten in Wohngebieten abgewehrt und für eine geringe Überbauung der Grundstücke gesorgt, was deren Wert systematisch steigen ließ. Die alten Bebauungspläne sind noch heute Grundlage für Planungen, die durch den 1. und 2. Weltkrieg völlig zum Erliegen gekommen sind und erst in der Gegenwart sukzessive aufgegriffen werden.

Anja Hellfritzsch

* Mittels der früher veröffentlichten langen Reihe des Statistischen Bundesamtes und dem aktuellen Verbraucherpreisindex kann für die Mark folgende Kaufkraft berechnet werden: 1 Mark (1873) entspricht 6,70 Euro. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_W%C3%A4hrungsgeschichte#Die_Mark_des_neuen_Deutschen_Kaiserreichs )

 

Offene Alte Kirche

Alte Kirche zu Coswig Foto: M. Hartig

Die ALTE KIRCHE in Coswig gilt als eine der schönsten und interessantesten Dorfkirchen Sachsens. Sie kann mit zahlreichen Besonderheiten aufwarten, die in diesem Maße ihren Vergleich sucht. Der Altar sowie der Taufstein sind seit der Weihung dieser Kirche im Jahre 1497 zu sehen.
1611 wurde das Gotteshaus erweitert und erhielt in dem Zusammenhang eine bewundernswerte Innenausstattung, die heute noch fast unverändert so zu sehen ist. Der umfangreiche Bildschmuck betrifft zum einen die Deckenbemalung mit ihrem jüngsten Gericht, den Aposteln sowie den zahlreichen musizierenden Engeln. Zum andern lädt ein Kreuzweg an der Emporenbrüstung dazu ein, Jesu Leiden in der Folge von sehr gut erhaltenen Bildern mitzuerleben. Ein großes Wappen über dem Eingangsportal erzählt von der bewegten Geschichte der Alten Kirche.
Die Orgel, deren Ursprung bis ins Jahr 1624 nachweisbar ist, steht seit ihrer Restaurierung für vielfältige musikalische Einsätze bereit. Ihre mitteltönige Stimmung lockt Organisten sogar aus dem Ausland herbei. Während der Sommerzeit finden mehrere Konzerte statt.
Kunstliebhaber, geschichtlich Interessierte oder einfach Neugierige sind eingeladen, diese schöne Gotteshaus zu erleben. Es ist zugleich ein Ort, an dem man Stille finden kann im Getriebe des Alltags. Vielleicht ist es auch eine gute Rast auf einer Radtour. Vom 13. Juni an ist die Alte Kirche auf dem Ravensburger Platz in Coswig wieder für ihre Besucher geöffnet. Von Montag bis Freitag sind dafür ehrenamtliche Helfer von 11 bis 15 Uhr im Einsatz. Samstags kann man von 16 bis 18 Uhr die Kirche besichtigen. In den Monaten Juli und August beendet der SonnAbendKlang um 17.30 Uhr Uhr den Tag. Mit Orgelmusik und Meditation werden die Hörer auf den Sonntag eingestimmt.
Die ehrwürdige Alte Kirche ist gespannt und in Vorfreude auf ihre zahlreichen Besucher.
M. und H. Hartig

In eigener Sache

Foto: Karin Baum

Aus Anlass des 50. Geburtstages unseres sehr geschätzen Vorstands- und Redaktionsmitglieds Bertram Kazmirowski Anfang Juli gratulieren wir ganz herzlich.
Wir wünschen Dir nach diesen anstrengenden zwei Corona- Jahren – und überhaupt: Gesundheit und Kraft und Lust für die vielen Aufgaben, die weiterhin auf Erfüllung durch Dich warten, wie immer souverän.
Sowohl als Rezensent für kommende Theateraufführungen und Autor anderer interessanter Beiträge, als auch als Schlichter für eventuelle Krisensituationen mögst Du noch vielen, viele Jahre der Vorschau treu bleiben.
Mit diesen Wünschen stoßen wir auf Dich an!

Im Namen des Vorstandes und der Redaktion
herzlichst

Ilona Rau

Gegründet, um Gutes zu tun

Über die (vergessenen?) Anfänge der Bilzbad-Feste

Wenn sich am zweiten Juliwochenende das Gelände des Bilzbades bei hoffentlich warmen Temperaturen anlässlich des Bilzbad-Festes mit vielen Besuchern füllt und sich ein reges Treiben rund um das Thema Fitness und Gesundheit entfaltet, wird sicherlich an der einen oder anderen Stelle auch auf das in diesem Jahr begangene Jubiläum des Namensgebers Friedrich Eduard Bilz, seinen 180. Geburtstag, hingewiesen werden. Nachdem das Fest 2020 und 2021 aus bekannten Gründen ausfallen musste, liegt es nahe, dass die Veranstalter der Radebeuler Stadtbäder und Freizeitanlagen GmbH ein ganzes Festwochenende ansetzen, bei dem nebenbei auch noch der zweite Radebeuler Säulenheilige – Karl May – angemessen bedacht wird (Programm des Festwochenendes: https://www.bilzbad-radebeul.de/bilzbad-events.html). Ich vermute allerdings, dass sich weder die Veranstalter noch die Besucher vergegenwärtigen, dass dieses Fest selbst auch einen runden Geburtstag feiert, seinen immerhin 30. Und noch viel weniger wird sich einer der Akteure und Gäste darauf besinnen, wo die Ursprünge des Bilzbad-Festes liegen und welcher Anstrengungen vieler Beteiligter es bedurfte, im Juni 1992 ein solches Event – damals sagte man noch „Veranstaltung“ – erstmalig zu organisieren. Daran soll mit diesem Beitrag erinnert werden, denn ohne die Verantwortlichen aus der unmittelbaren Nachwendezeit wäre die Tradition der Bilzbad-Feste möglicherweise gar nicht entstanden.
Schon zu Jahresbeginn 1991 gab es im Gesundheitsamt des Landkreises Dresden erste Überlegungen, verschiedene lokale Einrichtungen und Behörden, die sich im weitesten Sinne dem Gesundheitsschutz verpflichtet fühlten, an einen Tisch zu bringen und zu überlegen, wie unter den veränderten politischen und gesellschaftlichen Bedingungen Gesundheitsförderung öffentlichkeitswirksam gestaltet werden könnte. Der schließlich im Juni 1991 gegründete „Regionale Arbeitskreis Gesundheitsförderung Radebeul“ vereinte u.a. Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, Vertreter von Krankenkassen, Apotheker und Gewerbetreibende. Ein erstes Achtungszeichen setzte der Arbeitskreis mit „Tagen der Gesundheit“ im Oktober gleichen Jahres. Insgeheim mag dann auch schon Ende 1991 der Gedanke gereift sein, dass man das große Bilz-Jubiläum im Folgejahr, nämlich dessen 150. Geburtstag und 70. Todestag, als Aufhänger nutzen und das Anliegen des Arbeitskreises in diesem Zusammenhang verbreiten könnte. Und so findet sich im Sitzungsprotokoll des Arbeitskreises vom 10. Februar 1992 schon recht konkret, was schließlich als die ersten Friedrich-Eduard-Bilz-Festtage am 12./13. Juni Wirklichkeit werden sollte. Die Stadtverwaltung Radebeul, namentlich der Amtsleiter für Kultur und Bildung, Dr. Schubert, war unterdessen mit ins Boot geholt worden. Ein Programm wurde in gemeinschaftlicher Arbeit zwischen Arbeitskreis und Stadt entworfen, das sowohl Leben, Werk und Bedeutung von Bilz angemessen würdigen als auch in die Stadtgesellschaft hineinreichen sollte. In den folgenden Wochen wurden seitens des Arbeitskreises Sponsoren gewonnen, Werbetrommeln gerührt und Pressemitteilungen verfasst. Was sich aus heutiger Sicht so einfach liest, muss aus der Perspektive der damals erst seit kurzer Zeit „im Westen“ lebenden Mitwirkenden ein aufregendes Unterfangen gewesen sein. Wie gelingt es einen Sponsor zu finden und zu überzeugen, sich zu engagieren? Die Getränkefirma Sinalco war bereit, 12000 DM zur Verfügung zu stellen, eine damals stattliche Summe, für die man fast schon einen Kleinwagen kaufen konnte. Dieser Sponsor mutet auf den ersten Blick insofern ein wenig kurios an, als dass Sinalco damals wie heute Softdrinks (Cola, zuckerhaltige Brausen) vertreibt, die nun alles andere als gesundheitsfördernd sind. Allerdings gehört zur Wahrheit auch, dass die Vorläufer der heutigen Sinalco AG schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Genehmigung von F.E. Bilz ein „Bilz‘ Brause“ benanntes Getränk erfolgreich vertrieben hatte. Dieses Getränk hatte ein Fruchtkonzentrat aus sieben Früchten zur Grundlage, das sogar als „Bilz-Seele“ vermarktet wurde. Doch kehren wir zurück zur Vorbereitung des ersten Bilz-Festes 1992. Die kurze Zeitschiene, die entlang der Planung des Festes angelegt wurde, mutet waghalsig an. Das offizielle Konzept für die Festtage wurde seitens Dr. Schubert erst am 23. März, also mit weniger als einem Vierteljahr Vorlauf veröffentlicht und um einen Druckkostenzuschuss für Handzettel und Plakate bat der Arbeitskreis erst Ende April (!) bei der übergeordneten Behörde, der Sächsischen Landesvereinigung für Gesundheitsförderung. Nicht zu vergessen ist die verdienstvolle Mitwirkung des Radebeuler Journalisten Jürgen Helfricht, der in Vorbereitung des Festwochenendes eine sorgfältig recherchierte und thematisch weitgespannte Broschüre („Friedrich Eduard Bilz. Altmeister der Naturheilkunde in Sachsen“) redaktionell verantwortete, die pünktlich zum Fest erscheinen konnte. Das eigentliche Festwochenende teilte sich in mehrere miteinander verzahnte Programmpunkte: Ehrung durch die Stadtverwaltung am Grab von Bilz in Anwesenheit von Nachfahren am Freitagnachmittag, anschließend ein musikalisch umrahmter Festakt im Festsaal von Schloss Hoflößnitz mit Vorträgen und einem nachfolgenden Rundgang durch eine Bilz-Ausstellung. Am Folgetag wurden die zahlreichen Besucher mit einem breitgefächerten Angebot an Mitmach- und Vergnügungsstationen ab 10 Uhr bis in die Nacht im Badgelände erfreut. Welche Bedeutung diesem Fest damals auch von offizieller Seite beigemessen wurde zeigt sich daran, dass der Staatsminister für Gesundheit und Soziales, Hans Geisler, die Veranstaltung eröffnete und sogar an einem 2,7km langen Bilz-Gedenklauf teilnahm. Geisler äußerte in einem SZ-Interview auch die Hoffnung, dass „hier eine Wiederherstellung des einstigen Sanatoriums möglich ist, vielleicht durch einen privaten Betreiber.“ Das erste Bilzfest war gemessen am Echo in der Bevölkerung als auch in den Medien also ein Erfolg gewesen, weshalb der Arbeitskreis Gesundheitsförderung in seiner Sitzung am 31.8.92 beschloss, dass es auch im Folgejahr ein Bilzfest geben sollte, der Termin wurde auf den 3. Juli fixiert. Man hatte erkannt: Mit dem Zugpferd Bilz ließ sich nicht nur die Bevölkerung motivieren, sondern auch überregional Aufmerksamkeit erzielen. Deshalb fand nicht nur 1993, sondern auch in den nächsten Jahren jedes Jahr am letzten Sonnabend im Schuljahr das Bilzfest statt. Die Verantwortlichen des Arbeitskreises gewannen stetig an Sicherheit und Professionalität, sie vernetzten sich klug mit am Thema interessierten Fachleuten, Gewerbetreibenden und Firmen und verschafften sich Anerkennung bei städtischen und staatlichen Behörden. Schon 1994 konstatierte das Radebeuler Tageblatt unter der Überschrift „Bilzfest mit überregionaler Bedeutung“, dass im Vergleich zu den Jahren zuvor eine „Steigerung“ zu beobachten gewesen sei. Der qualitative Zugewinn lag neben den angebotenen Attraktionen auch daran, dass sich die Verantwortlichen entschlossen hatten, dem Fest für die Bevölkerung erneut eine Fachtagung für Experten an die Seite zu stellen. Bei eben jener im Sommer 1994 stellte übrigens die langjährige Friedewalder Hausärztin Dr. Heidelore Geistlinger erstmals ihre Pläne zum Aufbau des Bilz-Zentrums vor, das seit 1995 im Lößnitzgrund Patienten begrüßt. Als Folge dieser Fachtagung wurde eine Broschüre mit dem verheißungsvollen Titel „Ein Bilz-Zentrum entsteht in Radebeul“ produziert, die sich vom Layout nahtlos an jene von 1992 anschloss. Die Mitglieder des Arbeitskreises Gesundheitsförderung hatten noch mehr Grund zufrieden zu sein, als sich im August 1995 der „Bilz-Bund für Naturheilkunde e.V.“ gründete und damit endlich ein Verein existierte, der im Sinne der Verantwortlichen Fördermittel abschöpfen bzw. Spenden einwerben konnte. Man liegt also nicht falsch, wenn man einschätzt, dass Mitte der 1990er Jahre Bilz „in“ geworden war und sich viele haupt- und ehrenamtlich dafür stark machten, dass Radebeul dieses Thema von verschiedenen Seiten weiter verfolgt und damit auch seine überregionale Ausstrahlung stärkt. Bis 1999 gab es fortan jedes Jahr im Sommer ein Bilzfest, allerdings dauerte es bis 1999, bis die nunmehr dritte Fachtagung unter Federführung des Arbeitskreises Gesundheitsförderung stattfinden konnte. Mit fortschreitender Zeit scheint sich jedoch ein wenig Ermüdung breit gemacht zu haben, nahm der Elan des Anfangs ab. Entscheidungswege wurden länger, finanzielle Vorgaben strikter, Sponsoren zurückhaltender. Die Sächsische Zeitung vermeldete denn auch im Bericht zum Bilzfest 1999 unter der Überschrift „Keine Lobby für Naturheilkunde“, dass die fehlende Anerkennung naturheilkundlicher Behandlungsmethoden durch weite Teile der Ärzteschaft und der Krankenkassen ihrer Verbreitung und damit gesellschaftlichen Durchsetzung im Wege stünden. Sicherlich nicht nur aufgrund dieser Sachlage, sondern auch verursacht durch das näher rückende altersbedingte Ausscheiden zweier verdienter Gründungsmitglieder (Amtszahnärztin Dr. Renate Grummt und Jugendärztin Dr. Marianne Kazmirowski) löste sich der Regionale Arbeitskreis für Gesundheitsförderung Radebeul nach mehr als acht Jahren engagierter Tätigkeit am 25.11.1999 auf. Im letzten Protokoll wurde allerdings noch festgehalten, dass die Verantwortung für die Organisation des Bilzfestes 2000 in den Händen des Bilz-Bundes und der Stadtverwaltung liegen sollte. Bilzbad-Feste gab es seither immer wieder – aber es dauerte bis 2020, dass das nunmehr dritte „Bilz-Heft“ im traditionsreichen Format und in den bekannten Farben Rot-Grün im Radebeuler Notschriftenverlag erscheinen konnte. Anlass war eine Festveranstaltung zum 20-jährigen Jubiläum der Ausbildung von Ärzten für die Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren“, die durch den Bilz-Bund für Naturheilkunde schon im November 2018 abgehalten worden war. Es ist erfreulich zu konstatieren, dass der Bilz-Bund also den Staffelstab des früheren Arbeitskreises für Gesundheitsförderung aufgenommen und dessen Anliegen in Bezug auf die Förderung und Verbreitung Bilz’scher Erkenntnisse bis in die Gegenwart getragen und professionalisiert hat. Immerhin ist der Radebeuler Bilz-Bund der mitgliederstärkste Bilz-Verein in Sachsen und in der Weiterbildung von Ärzten sehr aktiv.
Wer auf den Spuren von F.E. Bilz wandeln will, hat dazu also vom 8.-10. Juli Gelegenheit. Vielleicht macht sich sogar die eine oder der andere aus unserer Leserschaft, der schon in den 1990er Jahren die Bilzfeste erlebt hat, zum Bilzbadfest auf. Ab 14 Uhr ist der Eintritt am Sonnabend sogar frei. Und das hätte auch F.E. Bilz gefreut, da bin ich mir sicher.
Bertram Kazmirowski

 

Festschrift mit Fachvorträgen 2020, herausgegeben vom Bilz-Bund für Naturheilkunde e.V., Broschüre, 44 Seiten, 21 x 19 cm, mit zahlreichen Fotos z.T. in Farbe
Aus der Jubiläumsveranstaltung 20 Jahre erfolgreiches Bestehen der Ausbildung von Ärzten für die Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren“ durch den Bilz-Bund für Naturheilkunde e.V. am 20. November 2018

Editorial 7-22

Derzeit fallen die letzten Gerüste an der größten Baustelle des Landkreises auf dem Gelände des ehemaligen Glasinvest-Areals in Radebeul-Ost und die gesamte Wucht des Komplexes drängt sich unausweichbar den Passanten auf.
Unser Heft hat das ehrgeizige Projekt von der Baugrube an begleitet, welches unter dem euphemistischen Namen „Villenpark Altradebeul“ firmiert.
Als nahegelegener Anwohner waren die sich über Jahre hinziehenden Bauarbeiten mit all den Baufahrzeugen nicht selten strapaziös. Gleichwohl muss man der Projektleitung aus organisatorischer Sicht höchsten Respekt zollen, die Verzahnung der Bauabschnitte waren vorbildhaft.
Die jahrzehntelange Brache ist Geschichte und ist – für Radebeuler Verhältnisse – einer veritablen Steinwüste gewichen. Dem geschulten Auge kann das Gesamtergebnis keinesfalls froh stimmen. Sicher können bei Nutzbauten nicht immer architektonische Meisterleistungen erwartet werden. Weshalb aber die Fassaden-Ästhetik dem Stil der übereilten Baukultur der 1990er Jahre verhaftet blieb und eine derartige Ödnis den Blick für die kommenden Jahrzehnte sprichwörtlich zementiert, sollte für künftige Vorhaben kritisch hinterfragt bleiben.
Der untere Teil der geschundenen Freiligrathstraße wird nun zum Abschluss grundständig saniert. Es bleibt zu wünschen, dass das Einbahnstraßenschild an der Mündung zur stark befahrenen Meißnerstraße endlich wieder seinen Platz findet, damit das darüber gelegene Viertel wieder seine ursprüngliche wohltuende Verkehrsberuhigung erfährt.

Sascha Graedtke

Mit Gerhard Schöne poetisch durch das Jahr

Glosse

Senf, mittelscharf

„Herzblut ist das Kostbarste, was ein Mensch besitzt“, meinte immer meine Oma. Und wo sie recht hatte, da hatte sie eben recht. Deshalb sollte man in Sachen Herzblut keine vorschnellen Versprechungen abgeben. Da verhält es sich mit einer Niere schon ganz anders. Gibt man sie weg, kann einem so manches nicht mehr „auf die Nieren gehen“, was in heutiger Zeit ja auch nicht ganz so verkehrt ist. Denn, es läuft so vieles in dieser Welt nicht so wie es sollte. Klug handelt deshalb, wer sich in schweren Zeiten zurück hält.

Einfacher gesagt als getan, auch weil einem die Zeiten oder doch wohl die vermeintlichen Zwänge nicht in Ruhe lassen wollen. Dann fühlt man sich verpflichtet, zu jeder Sache „seinen Senf dazugeben zu müssen“, wie mein Berliner Freund hier schmunzelnd einwerfen würde. Dabei aber hat der Schelm natürlich immer nur den „Bautz‘ner Senf, mittelscharf“ im Hinterkopf. Nicht so bei jenen, die sich gern an der vorderen Kante der Rampe sehen. Denen löckt da mitunter schon mal der Stachel und sie setzen noch einen obendrauf, wollen vermutlich hoch hinaus. Superlative werden dann bemüht, himmelschreienden Begriffe ausgedacht, etwa wie megagalaktisch oder auch Premiumsegment, nur um zu suggerieren, was man für ein toller Hecht sei und warum man bei ihm kaufen sollte.

Und wie rein zufällig tröpfeln diese Begriffe in alle „Segmente“ des täglichen Lebens. Irgendwann können wir uns vor lauter Premiumsegmenten nicht mehr retten und sind am Ende selber eins. Da will ich jetzt überhaupt nicht auf aktuelle Ereignisse anspielen. Der Leser (Es sei mir gestattet, hier das generische Maskulinum zu verwenden.) ist meiner Ansicht nach pfiffig genug, die Verbindungen selbst herzustellen. Da habe ich vollstes Vertrauen.

Manchmal frag ich mich aber, wo all diese Begriffe herkommen, die vorgeben, unsere Sprache verbessern, schöner und reicher machen zu wollen. Premium kommt zwar aus dem Lateinischen, trat aber zunächst im Englischen auf. Die Wirtschaft und besonders die Werbebranche hatte das Wort gekapert. Auch auf bundesdeutschen Straßen war der „Renaut Premium“, ein französischer Lastkraftwagen, unterwegs. Das Wort selber steht für eine „besondere“ oder gar „beste“ Qualität eines Erzeugnisses, was an sich ja schon ein Witz für sich ist. Denn, wenn es tatsächlich so wäre mit der Qualität, die sich nicht mehr steigern ließe, würden wir ja am Ende unserer Entwicklung stehen und der französische Lastwagen, der 2000 von den schwedischen Volvo Group übernommen wurde, würde immer noch in Saint-Priest bei Lyon aus den Werkhallen rollen. Ist aber nicht so, da die Produktion 2013 eingestellt wurde. Also, doch nicht „beste Qualität“?

Erhellend sind auch die Synonyme, die man für das schöne Modewort Premium einsetzen kann wie zum Beispiel exquisit – hochwertig – qualitätsvoll – exzellent – erste Wahl, um nur einige zu nennen. Natürlich würde ich niemals im Traum daran zweifeln, dass ich nicht die „erste Wahl“ für meine Gattin bin. Aber sonst…? Zu diesem Sachverhalt fallen mir gleich mehrere Sprüche meiner Frau Mutter ein, mit denen ich aber jetzt nicht langweilen will. Fakt ist, dass die Sache mit den Superlativen eben eine relative ist und wohl sehr stark vom Blickwinkel des Betrachters abhängt. Diesen Superlativen klebt ja auch der unangenehme Geruch des Selbstlobes an. Das wiederum ist kein Modewort, war zu allen Zeiten gang und gäbe und ist gegenwärtig wieder unheimlich in Mode gekommen. „Wenn mich schon keiner lobt, muss ich es halt selber tun!“ Hier sollte man aber aufpassen, dass man nicht abhebt. Immer schön auf dem Boden bleiben!

Wie sagt man wenn‘s genug ist?: „Aller guten Dinge sind drei.“ Das hatte offensichtlich der populäre Liedermacher Reinhard Mey schon 1988 erkannt. Damals brachte Mey das gleichnamige Lied von einem überforderten Mann heraus. Es schloss mit eben diesem Spruch und der Erkenntnis, dass es auf keinem Fall mehr sein sollten, meint auch

Euer Motzi

Das große Winzerhaus nahe der Baumwiese

Foto: D. Lohse

Das prächtige Fachwerkhaus könnte ich mir sehr gut in Radebeul vorstellen, aber es gehört nun mal nach Boxdorf (Moritzburg / OT Boxdorf, Weinbergstr. 7). Mit der Lößnitz gehören wir, Radebeul und Boxdorf, aber einer gemeinsamen Landschaft an und insofern bestehen auch gleiche oder ähnliche historische Bautypen bei den Winzerhäusern.

Man hört gelegentlich die Legende, daß Gräfin Cosel dieses Haus besessen habe, oder zumindest einmal hier übernachtet und sich vor der Verfolgung versteckt hätte. Einen Beweis dafür kann man m.E. nicht finden. Das Spitzhaus hat ihr eine Zeit lang gehört, das ist ca. 2,5 km entfernt und da hätte sie doch besser logieren können. Zunächst waren mir zu besagtem Haus nur zwei Quellen zugänglich (sh. Angaben am Schluß des Artikels), nicht mal bei Gurlitt oder im Dehio kann man es finden. In der einen Quelle wird es mit drei Sätzen, in der anderen gar nur mit einem Satz abgetan. Das wird diesem großen Winzerhaus keinesfalls gerecht und hat mich erst recht neugierig gemacht. Über die heutigen Eigentümer bekam ich inzwischen weitere schriftliche Quellen benannt. Und in V+R Heft 06/91 hatte ich mich bereits mit der Titelbildbeschreibung in einem Kurztext zu dem Haus geäußert.

Foto: D. Lohse

Es wundert mich aber schon, daß das Winzerhaus keinen feststehenden Eigennamen, der sich im Volk gehalten hat, besitzt. Aus der historischen Besitzerfolge würde sich vielleicht Trobisch-Gut anbieten, analog zu Radebeuler Winzerhäusern wie Haus Lotter, Haus Möbius oder Haus Breitig. Johann Georg Trobisch (1772-1838) kaufte das Anwesen 1806 von Frau Johanna Eleonore Lesche. Seitdem besitzt nun Familie Schmidt, bzw. deren Vorfahren Trobisch und Klotzsche, das Anwesen und war so immer in privater Hand.

Das Umfeld läßt sich als nahe einer Lichtung in der Jungen Heide beschreiben, mit einer dreieckigen Wiese (leider heute durch Teilung und Baumbewuchs gestört), einer Splittersiedlung mit Gasthaus, Forsthaus und Besenbinderei (alle drei als ehemalig zu bezeichnen) und einem Weinberg in Südsüdwestlage. Hier ist der Straßenname Augustusweg interessant, von dem die Weinbergstraße als Sackgasse abzweigt. Es handelt sich hierbei um die Fortsetzung des Radebeuler Augustusweges und verband vom 17. bis 19. Jh. die Hoflößnitz mit Pillnitz; eine Wegeverbindung, die früher von Kurfürsten, Königen und dem sächsischen Hofstaat benutzt worden war. Ein anderer historischer Weg zwischen der Dresdner Residenz und dem Jagdschloß Moritzburg, die heutige Großenhainer Straße, kreuzt hier den Augustusweg.

Nähern wir uns nun von Osten dem zweigeschossigen Fachwerkbau mit hohem Walmdach, mehreren Schleppgaupen und einer Fledermausgaupe nach Osten. Es wurde 1670 als Neubau errichtet – von einem Vorgängerbau (möglicherweise im Dreißgjährigen Krieg zerstört) ist nirgends die Rede. Nach diesem langen Krieg herrschte in den deutschen Ländern eine gewisse Aufbruchstimmung, Zerstörtes wurde repariert und daneben entstand aber auch viel Neues. Das Haus entspricht in der Kubatur dem etwa zur gleichen Zeit gebauten Haus Breitig in Oberlößnitz, hat aber ein paar Details mehr. Beim Trobisch-Gut finden wir einen Fachwerkerker am OG der Ostseite sowie eine Oberlaube. Solch aufwändige Details wären an einem einfachen Winzerhaus nicht zu erwarten, das Haus muß also für einen Weinbergbesitzer mit höheren Ansprüchen, möglicherweise einen Adligen, gebaut worden sein. Ein Mann mit solchen Ansprüchen konnte nun in Ratspräsident und Kammerherr Carl Freiherr von Friesen gefunden werden, der seit 1667 das Grundstück besaß und den Antrag stellte, „für seine Nothdurfft“ (so dückte man sich damals aus!) darauf ein Haus bauen zu dürfen. Der Bau selbst erfolgte dann 1669/70. Hinzu kommt, daß es bis vor Kurzem ein kleines Winzerhaus nördlich des Gasthofs Baumwiese gegeben hat, von dem nach Abbruch in den 90-er Jahren nur noch der Weinkeller existieren soll. Das Weingut an der Baumwiese (gelegentlich auch Bahnwiese genannt) bestand also ursprünglich aus einem Herrenhaus und einem kleineren Winzerhaus.

Foto: D. Lohse

Daneben gab es seit etwa 1660 den alten Gasthof, der in der 1. Hälfte des 19. Jh. durch neue Gebäude ersetzt wurde, nach 1990 erfolgte hier abermals ein Umbau so wie sich das Ensemble, das zZ. leer steht, heute noch zeigt. Im Laufe der Jahrhunderte, besonders nach der Reblauskatastrophe am Ende des 19. Jh., aber auch noch im 20. Jh. wurden das Gelände und der Weinberg parzelliert und mit Wohnhäusern, Wochenendhäusern und Obstbäumen bebaut bzw. bepflanzt. Uwe Schmidt, ein Miteigentümer, hat jetzt wieder einen kleinen Teil des Steilhanges mit Wein bestockt und so wieder ein wenig an die Tradition als Weingut erinnert. Nach der Dresdner Straße zu wird das Grundstück mit einer typischen Syenitmauer abgeschlossen, ebenso wie an der Hangkrone, wo aber von der Mauer nur noch Reste zu erkennen sind. Unter Otto Trobisch erfolgte eine im Jahr 1927 nachweisbare, äußere Instandsetzung, an der bereits der Denkmalschutz mitwirkte.

Foto: D. Lohse

Da hier die reiche Fachwerkausbildung den besonderen Reiz des Hauses ausmacht, sollten wir nun die Fassaden gesondert betrachten. Die Westseite (Wetterseite) hat eine massive EG-Wand und die Etage darüber Fachwerk unter einer Verbretterung. Die Fenster aller Seiten haben keine einheitlich durchgehenden Fensterachsen, was eher malerisch wirkt. Auf der Nordseite steht über einem Sandsteinsockel zweigeschossiges Fachwerk. Die Breite der Nordseite mißt mehr als die der Südseite, weil hier die Tiefe der Oberlaube hinzukommt. Bedingt durch die Dachschleppe über dem Vorbau der Ostseite, ist der N-O-Grat etwas verschoben. Die interessanteste Seite ist zweifellos die nach Osten gerichtete mit zweigeschossigem Fachwerk über einer Steinlage, mit einer Oberlaube und teilweise massivem Wandbereich (könnte eine spätere Zutat sein), dem Hauptzugang im EG und dem 3/6- Erker im OG. Das Fachwerk hat als Aussteifungen Eckverstrebungen und weitere Verstrebungen etwa in der Mitte der Ostseite, die im OG die Figur eines „Mannes“ – ein Ständer mit unten zwei Schrägen und zwei Kopfbändern oben – bilden. Beide auf der Ostseite vorspringenden Gebäudeteile werden durch unterschiedlich große Schleppen abgedeckt. Es besteht die Vermutung, daß das Haus nicht immer die jetzige Länge von Süd nach Nord hatte (die Fledermausgaupe dürfte früher mal die Mitte des Daches angezeigt haben). Man kann bei Betrachtung anderer Details von einer Erweiterung nach Norden ausgehen, ohne daß zZ. zu sagen ist, wann das geschehen ist. Hier wäre noch eine detailliertere Bauforschung erforderlich. Beim Erker erkennen wir im Fußbereich als Zier eine Reihe hölzerne „Diamantquaderausbildungen“ und zwei frei gespannte Kopfbänder zur Traufe hin. Bei Radebeuler Winzerhäusern kann man teilweise auch Oberlauben finden, jedoch keinen Erker. Das Fachwerk der Südseite steht ebenfalls auf einer Reihe von Sandsteinquadern und zeigt 6 Gefache in der Breite. Das Fachwerk wurde 2020 insgesamt von der Firma Trux teilerneuert, die Fassaden erhielten 2021 Putz und Anstrich. Bereits 1996 war das Dach neu gedeckt worden. Es kamen rote, leicht engobierte Biberschwanzziegel in Doppeldeckung zum Einsatz. Normale, nicht engobierte Biber wären vielleicht denkmalpflegerisch authentischer gewesen, aber die engobierten haben hinsichtlich geringerer Bemoosung und Verschmutzung wohl auch Vorteile. Die Gaupen wurden beibehalten und durch wenige Dachliegefenster ergänzt, was der Tatsache geschuldet war, daß das DG für eine Wohnung hergerichtet werden sollte – in jeder Etage existieren nun abgeschlossene Wohnungen.

Foto: Repro D. Lohse

Das Haus ist teilunterkellert und besitzt ein kleines Tonnengewölbe aus der Entstehungszeit. Dieses war früher nur durch eine Fußbodenluke aus der Küche erschlossen. Wann die Luke geschlossen wurde und der Einbau einer Treppe mit Zugang von außen erfolgte, ist zZ. nicht zu belegen. Die Größe dieses Kellers wäre für die Erträge aus dem alten Weinberg sicherlich zu klein gewesen, so daß sich auch hieraus erkennen läßt, daß das kleine Winzerhaus nahe der Baumwiese mit dem größeren Weinkeller und das Herrenhaus Trobischgut früher eine wirtschaftliche Einheit gebildet haben und in einer Hand waren. Das Nebengebäude mit Satteldach wurde 1936 errichtet und nach 1990 um zwei Garagen verlängert. Es fügt sich lagemäßig gut ein, ist aber baugeschichtlich kaum interessant.

Foto: D. Lohse

Inzwischen hatte ich auch Gelegenheit, mir ein paar Innenräume, die noch Baustelle sind, anzuschauen. Besonders interessant war das große Erkerzimmer im OG, hier kann man fast von Saal sprechen. Außen- und Innenwände bestehen in den Ausfachungen aus Lehmstaken mit Lehmverstrich. Ein gemauerter, mindestens zwei Räume berührender Bogen deutet auf eine frühere Heizungsart für mehrere Räume hin – ein historischer Ofen existiert aber nicht mehr. Besonders bemerkenswert ist hier die Decke über dem Raum, eine auf gefasten Holzbalken lagernde Kriecher-Decker-Einschubkonstruktion, die sicherlich noch aus der Entstehungszeit des Hauses stammt. Die gesamte Untersicht ist mit Weinranken und -trauben in einer Weise bemalt, die ansatzweise mit Ausmalungen im EG der Hoflößnitz vergleichbar ist, eine bäuerlich-barocke Malweise. Hier ist bisher nur ein sogen. „Fenster“ von jüngeren Anstrichen freigelegt worden. Da der Bauherrschaft eine weitere restauratorische Bearbeitung zZ. kaum zuzumuten sein dürfte, sollten diese Arbeiten ggf. in einer späteren Bauphase durch einen guten Restaurator ausgeführt werden. Auch die Verbretterung der inneren Wände haben ältere, zZ. verdeckte Bemalungen. Dagegen ist der Fußboden des Saales in jüngerer Zeit mit neuen, schmalen Brettern belegt worden und nicht mehr original. Im kleineren Nachbarraum des Saales gibt es eine zweite bemalte Decke, die ebenfalls Weintrauben zeigt und bereits fertiggestellt wurde. Ich vermute hier eine spätere Arbeit, die vielleicht aus dem 18. Jh. stammt. Das Treppengeländer zwischen OG und DG zeigt barocke Formen, ist aber eine handwerkliche Neuanfertigung von Siegfried Schmidt (1936-2017) nach einem älteren Belegstück. Die Treppe selbst ist eine moderne Konstruktion und steht kaum in Einklang zu dem barock gestalteten Geländer. Es ist erfreulich, daß jetzt wieder eine künstlerische Darstellung des Hauses (Aquarell von R. Quark, um 1920) zusammen mit Fotos von älteren Familienmitgliedern im Treppenhaus hängt. Man kann auch bei denkmalpflegerischen Wünschen nicht alle Details so durchhalten, irgendwo muß man leider auch Kompromisse machen. Den denkmalpflegerischen Wünschen steht dann das wirtschaftlich Machbare entgegen. Das soll keineswegs die bisherige Arbeit von Familie Schmidt schmälern. Dieses Denkmal zu erhalten ist eine sehr schwierige Aufgabe, die noch nicht fertig ist und ich wünsche weiterhin gutes Gelingen und Geduld. Danke an die Familien Schmidt für ihre Auskünfte und die Unterstützung bei meiner Arbeit.

Die Idee, mir das Herrenhaus einmal näher anzuschauen und vielleicht etwas zu schreiben, stammt übrigens von unserem Redakteur Sascha Graedtke. Diesem Vorschlag bin ich sehr gern nachgegangen.

Dietrich Lohse

Quellen:
1. Mitteilungen des Landesverein Sächsischer Heimatschutz, Band XIII, Heft 5 bis 6, 1924
2. Werte unserer Heimat / Lößnitz und Moritzburger Teichlandschaft, Akademie-Verlag Berlin, 1973
3. „Lößnitz-Heimat“, Nr.1, 1928, Artikel Geschichte der Baumwiese, Rudolf Bierling
4. „Radebeuler Anzeiger“, Nr. 159, 1929, Artikel 250 Jahre Baumwiese

Schreibwerkstatt (4. Teil)

Mein Schulweg

Oh, Mist – ich komme zu spät, dachte ich. Ich streifte mir die Jacke über und stolperte los. Eine kühle Brise blies mir um die Ohren, und es war ein bisschen neblig. Doch trotz des schlechten Wetters war meine Laune recht gut – obwohl ich vielleicht zu spät kam – mal wieder! Doch das änderte sich, als ich an der roten Ampel, die über die Meißner Straße führt, stehen blieb. Komm schon! Grün, dachte ich voller Verzweiflung. Nach einer gefühlten Ewigkeit sprang die Ampel auf Grün und ich rannte los.

Ich beschloss, den Weg an den Landesbühnen vorbei zu nehmen, denn der war kürzer. Wenig später kam ich an der Villa Belle Rose vorbei. Mein Blick schweifte in den Garten der Villa. Ein kleiner Tannenbaum geschmückt mit Lichterketten leuchtete hell und am Eingang hing ein gelber Weihnachtsstern. Echt schade, dass nicht alle Menschen auf der Welt so Weihnachten feiern können wie wir. Bald schicken meine Eltern ja wieder einen Schuhkarton mit Spielzeug, das meine Schwester und ich nicht mehr brauchen, in Länder, wo es keine Weihnachtsgeschenke für Kinder gibt. „Weihnachten im Schulkarton“ heißt diese Aktion.

Völlig vertieft in meine Gedanken hatte ich fast die Zeit vergessen. Viel zu spät kam ich am Luisenstift an. Mist! 10 Minuten zu spät. Da gibt’s Ärger! Aber für diesen Schulweg hatte es sich echt gelohnt, dachte ich.

Lenny Feustel,
Klasse 6 – Luisenstift Radebeul

Mein Schulweg

Jeden Morgen, bevor ich zur Schule gehe, schnappe ich mir mein Fahrrad, befestige dort meine Fahrradtasche mit den Schulsachen und radele zur Straßenbahnhaltestelle. Jeden Tag der gleiche Ablauf, zumindest bei fahrradtauglichem Wetter. Doch bevor ich losfahre, kommt schon mein erstes Highlight des Tages: Meine Lucy erwartet mich bereits! Sie ist ein flauschiges Zwergkaninchen und unheimlich knuffig. Und sie möchte Frühstück! Also fülle ich ihren Futternapf auf und schaue, ob noch genug Heu und Wasser da sind. Nach einigen Streicheleinheiten, die Lucy sehr liebt und ich auch, mache ich mich auf den Weg zur Schule.

Auf dem Weg zur Haltestelle komme ich immer an einer alten Villa vorbei. Sie trägt eine besondere Inschrift am Hausgiebel :„ Wünsche mir jeder, was er will, dem gebe Gott dreimal so viel.“ Ein spannender Wunsch … Das heißt also, wenn ich den Hauseigentümern zum Beispiel tausend Euro wünsche, dann bekomme ich dreitausend Euro. Wenn ich ihnen hingegen drei Jahre Pech wünsche, dann werde ich neun Jahre Pech haben. Da wünsche ich dieser Familie lieber etwas ganz Tolles.

Ich fahre weiter bis zur Haltestelle und steige in die Bahn ein. Dann fahre ich fünf Stationen. Bei der dritten hält die Bahn, Leute steigen ein und aus, der Bahnfahrer will schon die Türen schließen, als noch jemand angerannt kommt. Der Fahrer wartet, bis das Mädchen da ist und lässt es einsteigen. Es lächelt ihm dankbar zu. Danach schließen sich die Türen und die Bahn fährt weiter. Das Mädchen lässt sich außer Atem auf einen Sitz plumpsen, holt ihre Fahrkarte heraus und knipst sie ab. Ich denke: Sie musste bestimmt so rennen, weil sie zuhause etwas verloren oder vergessen hatte. Vielleicht ihren Haustürschlüssel? Das ist mir letzte Woche ja auch passiert.

Wenn ich aussteige, fahre ich mit dem Fahrrad das letzte Stück den Berg zu meiner Schule hoch.

Doch dann … Was ist das? Etwas … Rotes ? Und auf einmal sehe ich das niedliche rote Eichhörnchen, das von einem anderen Flauschbällchen gejagt wird. Sie sausen beide den Baum hoch und runter und springen plötzlich auf einen anderen Baum. Vor einer Woche sah ich bereits ein Eichhörnchen auf der anderen Straßenseite, es kletterte eine Mauer hoch, hüpfte auf einen Baum und machte von dort aus einen riesigen Satz über die Straße, von einer Baumkrone zur gegenüberliegenden. Oh, wie süß, echte Akrobaten, denke ich auch diesmal wieder fasziniert. Nun ja, die Schule wartet, also fahre ich weiter.

Ein anderes Mal läuft eine ältere Frau vor mir. Ich klingele und denke: Hoffentlich lässt sie mich schnell vorbei. Doch dann überlege ich: Warum leiste ich der Frau nicht ein bisschen Gesellschaft? Ich steige von meinem türkisfarbenen Fahrrad ab und spreche die Frau an. Sie freut sich, dass ich mit ihr den Berg hochgehe und erzählt mir, wie es früher bei ihr war, als sie in die Schule gegangen ist. Einfach war diese Zeit nicht, weil sie viel auf dem Bauernhof ihrer Eltern mithelfen musste. Als wir uns trennen, sagt sie: „Es war sehr nett von dir, mich zu begleiten. Wenn du weiterhin so freundlich bleibst, dann hast du bestimmt viel Glück im Leben.“ „Tschüss!“, sage ich und brause auf meinem Drahtesel weiter in Richtung Schule. Die ältere Dame winkt mir hinterher.

Als ich ankomme, grüße ich meine Mitschüler sowie meine Lehrer und schließe mein Fahrrad an.

Schließlich gehe ich mit den anderen ins Schulgebäude. Ich nehme mir vor, im Biologieunterricht von den niedlichen Eichhörnchen zu erzählen.
So interessant kann der Schulweg sein!

Clara Josefin Schubert,
Klasse 6 – Luisenstift Radebeul

Chorfahrt des Lößnitzchors zum 35. Jubiläum

In diesem Jahr feiert der Lößnitzchor sein 35jähriges Bestehen. Da aufgrund von Corona keine Konzerte oder eine längere Reise stattfinden konnten, machten sich die Mitglieder des Chores sowie einige Gäste am 30.04.2022 auf den Weg zur Tausenderfahrt.

Lößnitzchor vor der Martin-Luther-Kirche in Oberwiesenthal
Foto: privat

Los ging es um 8.30 Uhr an der Forststraße in Radebeul. Der gemietete Bus fuhr Richtung Westen und es wurde über das Ziel spekuliert – dieses wurde im Vorfeld nicht verraten. Ein erster Zwischenstopp wurde in der Silberstadt Freiberg eingelegt. Diese Stadt ist allein schon eine Tagesreise wert. Aufgrund des eng gestrickten Zeitplanes war jedoch leider nur eine halbe Stunde möglich. Diese wurde genutzt, um die Petrikirche mit einer der vier Silbermannorgeln der Stadt zu besichtigen. Ein Gästeführer nahm sich die Zeit, etwas über die Geschichte der Kirche zu erzählen, war jedoch bedauerlicherweise schwer zu verstehen. Abschließend wurde die Akustik der Kirche mit einem Ständchen des Chores erprobt.

Nach dem Kurzbesuch in Freiberg ging es weiter Richtung Westen. Während der Fahrt wurde allen Mitreisenden die Historie des Chores noch einmal nähergebracht. Als Tagesziel hatte sich inzwischen der Fichtelberg herausgestellt. Wegen vieler Baustellen und Umleitungen konnte jedoch leider der Zeitplan nicht ganz eingehalten werden. Anstatt also die Aussicht vom Gipfel zu genießen, wurde sich mit der halben Höhe begnügt. Auf dieser gab es auch ein sehr leckeres Mittagessen im Restaurant von Jens Weißflog (welcher an diesem Tag leider nicht persönlich anwesend war). Nach dem Essen bedankte sich der Chor mit einem Lied beim Personal des Restaurants.

In Oberwiesenthal stand im Anschluss der Besuch der Martin-Luther-Kirche auf dem Tagesplan. In dieser erfreute der Chor seine mitgereisten Gäste mit einem kleinen Konzert aus drei Liedern. Diese wurden, wie alle Lieder an diesem Tag, vom Chorleiter Eric Weisheit dirigiert. Für einige Mitglieder war es der erste Auftritt mit dem Chor in einem Gotteshaus. Das kleine Ensemble des Chores, die Gruppe Feinklang, rührte danach mit dem Lied von der Rose viele zu Tränen.

Nach dem kleinen Privatkonzert begann dann schon der Rückfahrt. Auf dieser wurde noch ein Stopp im Berghotel auf dem Pöhlberg bei Annaberg-Buchholz eingelegt. Dort erwartete alle Mitreisenden ein Gedeck aus Kuchen und Kaffee. Nach dem Kaffeetrinken, wurden die anderen Gäste des Berghotels auf der Sonnenterasse mit zwei Liedern erfreut, bevor sich der Chor dann auf den Rückweg nach Radebeul machte. Gegen 18.15 Uhr war die Fahrt beendet und alle machten sich glücklich auf den jeweiligen Heimweg.

Es war ein wunderschöner und ereignisreicher Tag für alle Chormitglieder und Gäste. Es gab viele Gelegenheiten, auch einmal außerhalb der Chorproben ins Gespräch zu kommen. Alle freuten sich, nach zwei Jahren wieder etwas gemeinsam unternehmen zu können. Ein großer Dank geht an die beiden Organisatorinnen des Tages, Christel Kuhnert und Helga Schneider, beide Mitglieder im Lößnitzchor.

Wer Spaß am Singen hat und auch einmal so einen schönen Tag in Gemeinschaft mit anderen Sängerinnen und Sängern erleben möchte, ist herzlich eingeladen, Teil des Lößnitzchors zu werden. Proben finden immer montags von 18.30 Uhr bis 20.30 Uhr auf der Pestalozzistraße 3 in 01445 Radebeul statt.

Laura Hackeschmidt

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