Andreas Hanske – Fährtensuche

Malerei, Collagen und Objekte in der Stadtgalerie Radebeul

Der Geruch von Nelkenöl und frischer Farbe durchzieht die Räume der Galerie. Zwischen den zum Teil sehr großformatigen Bildern wirkt der agile Künstler noch zierlicher als er ohnehin schon ist.

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Andreas Hanske vor seinem Bild »wie geerdet«, 2016, Kasseintempera auf Leinwand             Foto: K. (Gerhardt) Baum

Die Einladung zur Personalausstellung in der Radebeuler Stadtgalerie bedeutet mir viel“ meint Andreas Hanske beim Ausstellungsaufbau, denn es ist das erste Mal, dass er seine Werke in der Heimatstadt präsentiert. In Radebeul-Niederlößnitz 1950 geboren, verbrachte er hier seine Kindheit und Jugend. Mit der Ausstellung ´Fährtensuche´, nunmehr also dem ´Alterswerk´, kehrt er mit einem bemalten Waschtrog-Deckel (welcher aus dem Elternhaus stammt) und vielen Erinnerungsfetzen an den Lebensort seiner frühen, grundlegenden Bildung zurück. Neben vorwiegend neuen und neuesten Werken, die zwischen 2014 und 2016 entstanden sind, werden auch einige aus länger zurückliegenden Schaffensperioden gezeigt, darunter eines der ersten Porträtbilder aus dem Jahr 1979 sowie archaisch anmutende erdenschwere Gouachen aus dem Zeitraum von 1984 bis 1985. Ebenfalls im Kontrast zu den expressiv-abstrakten Bildern in leuchtender Farbigkeit stehen kleinformatige übermalte Fotocollagen aus dem Jahr 2015 mit aktuell konkretem Bezug zur Flüchtlingsproblematik `feldwege – erdhöhlen – kirchtürme` oder dem IS-Wahnsinn ´das reich der nacht erreicht´.
Als Künstler ist Andreas Hanske ein so genannter Autodidakt. Sein beruflicher Werdegang verlief zunächst in DDR-konformen Bahnen. Dem Abitur und der Ausbildung zum Maschinenschlosser im VEB Druckmaschinenwerk Planeta folgte nach Absolvierung des Grundwehrdienstes ein Studium an der Bergakademie Freiberg. Danach arbeitete er zwei Jahre als Geophysiker in Leipzig. Sein Freundeskreis war naturwissenschaftlich orientiert. Zu Künstlern hatte er bis dahin kaum Kontakt. Doch im Jahr 1978 kam es (nicht nur für ihn) zum radikalen Bruch. Die Intellektuellen und Kreativen intervenierten gegen Bevormundung und Agonie. Hanskes Gründe für den Ausstieg waren sowohl gesellschaftlicher als auch persönlicher Art. Er gab die finanzielle Sicherheit auf und wendete sich fortan dem künstlerischen Schaffen zu.

Prägend wurde besonders in den ersten Jahren die Bekanntschaft mit dem Dresdner Maler Willy Günther. Dieser regte ihn zur Auseinandersetzung mit der Gouachemalerei an, welche bis Ende der 1980er Jahre die bevorzugte Technik blieb. Verschiedene Drucktechniken erprobte er bei dem Grafiker Alfred Erhard in Ilmenau. Neben der Malerei und Zeichnung spielten ab 1985 der Holzschnitt und die Holzbildhauerei, später auch die intermediale Performance mit Aktionsmalerei, Textvortrag und Musik eine zunehmende Rolle. Mittelpunkt ist – bis heute – allerdings immer die Malerei geblieben. Neu ist die speziell durch ihn entwickelte Technik Kasseintempera.

Hanskes Bildungseinrichtungen waren die Bibliotheken. Moderne Kunstströmungen und handwerkliche Techniken studierte er in Katalogen und Fachbüchern. Besonders interessierten ihn der amerikanische Expressionismus und die informelle Malerei.

In expressiv gegenständlicher Manier entstanden zunächst Porträts, Landschaften und Stillleben. Danach arbeitete er rein abstrakt. Anfang der 1990er Jahre setzte er sich verstärkt mit Farbe und Struktur auseinander. Sobald er jedoch begann, Formen einzufügen, war der Bezug zum Gegenstand wieder da. Hanske sagt von sich, dass er keinen Plan mache, er wisse nie, was zum Schluss rauskommt. Die Bilder entstehen aus sich selbst.

Andreas Hanske lebt und arbeitet, abgesehen von kurzen Unterbrechungen, nunmehr seit vier Jahrzehnten in Leipzig. Die dortige Kunstszene war ab Ende der 1970er Jahre sehr lebendig und zunehmend subversiv, was auch reichlich Konfliktpotenzial in sich barg. Nach einem dreijährigen Intermezzo in Ilmenau kehrte er 1981 zu den Leipziger Künstlerfreunden zurück, welche sich auf der Suche nach unkonventionellen Ausdrucksmöglichkeiten zu einer Künstlerinitiative zusammengefunden hatten. Sie verstanden sich als die „neuen Unkonkreten“ und setzten sich ganz bewusst von der Leipziger Hochschulkunst ab. Erstmals stellten sie ihre Werke 1983 in der Wohnung des selbsternannten Galeristen Gerd Harry „Judy“ Lybke aus, die kurzerhand zu einer Untergrundgalerie umfunktioniert worden war und als Galerie EIGEN+ART schon bald über die lokalen Grenzen hinaus bekannt werden sollte.

Die Aufnahme in den Verband Bildender Künstler brachte ab 1984 eine gewisse soziale Absicherung. Auch war es für den Autodidakten Hanske wohl eine wichtige künstlerische Bestätigung, dass der Leipziger Maler und Grafiker Frieder Heinze die Mentorenschaft übernommen hatte. Offizielle Ausstellungsmöglichkeiten blieben für den Unangepassten jedoch rar.

Der gesellschaftliche Umbruch wurde für die DDR-Künstler zur Achterbahnfahrt mit mit Höhenflügen und Abstürzen im schnellen Wechsel. Die Gründung des Kunstvereins „Mobiles Büros für Erdangelegenheiten“ zu Beginn der 1990er Jahre mit Sitz in Leipzig und Köln, ermöglichte für ein reichliches Jahrzehnt zahlreiche Aktionen und Happenings im öffentlichen Raum und setzte viele kreative Ideen frei.

Ein Stück Kunstgeschichte schrieb im Jahr 1990 die letzte und größte Werkschau ostdeutscher Subkultur. Der Kunstwissenschaftler Christoph Tannert hatte 200 Künstler aus der DDR zum dreitägigen Kunstspektakel mit Bildender Kunst, Literatur, Musik, Tanz und Aktionskunst nach Paris eingeladen. Andreas Hanske erinnert sich schmunzelnd: „Alle Ausstellungsteilnehmer wurden zum Empfang in den Élysée-Palast eingeladen und François Mitterrand schüttelte jedem persönlich die Hand.“

Als das Ende der DDR schon absehbar war und noch einige Jahre danach wurde den Untergrundkünstlern große Aufmerksamkeit entgegengebracht. Westleute kamen in die Ateliers und kauften. Das ging eine Weile gut. Danach brachen die Hungerjahre an.

Obwohl Andreas Hanske seine Arbeiten regelmäßig auf Messen und in Galerien präsentierte, wurde die finanzielle Lage schließlich immer prekärer. Von 2002 bis 2003 schulte er zum Webdesigner um. Erst 2008 folgte wieder nach längerer Pause eine Personalausstellung mit neuen Bildern. Die Ausstellung „hyle – wildwuchs“, welche er 2013 im Sächsischen Landtag zeigte, gehört zu seinen bisher umfangreichsten Retrospektiven.

Andreas Hanskes Lust am Malen und spielerischen Experimentieren ist bis heute ungebrochen. Die Rente wirkt wohl existenziell befreiend wie ein bedingungsloses Grundeinkommen. Es bleibt also nach wie vor spannend, was der Ausstellung „Fährtensuche“ folgen wird. Doch zunächst sind alle interessierten Kunstfreunde bis zum 3. Juli herzlich in die Stadtgalerie eingeladen.

Karin (Gerhardt) Baum

Mit Tom Tagtraum durch das Jahr 2016 – Teil 6

Du musst Träumen ihre Entstehung zulassen, denn nur so kann irgendwann ein Teil davon auch Wirklichkeit werden.

Bei den strahlenden Steinen

„Ja, vielleicht später…“, so verabschiedet sich Tom schnell von Tilla, Tim, Tina und Johanna, „vielleicht ganz zum Schluss“. Jetzt, am frühen Schneewintermorgen im Gebirge bei den strahlenden Steinen, ist Tom Tagtraum nicht zu allererst nach Erdbeersahnetorte vom Bäcker Rehenbusch zumute. Schließlich hat Tom eben den unsichtbaren Schlittenlift erfunden und es gilt, ihn auszuprobieren. Toms holz-beiger Hörnerschlitten wird also den Geisberg hinauf gezogen, damit er den Tellkoppberg hinab rodeln kann. Huiiii geht das flott durch den frischen Pulverschnee! Und schon wartet der unsichtbare Schlittenlift – dessen Vorteil sich jetzt auch darin erweist, dass er nicht so starr befestigt ist wie die Skilifte sonst überall – unten am Tellkoppberg. Auf einen Blick und einen Wink von Tom Tagtraum ist der unsichtbare Schlittenlift mal hier und mal da installiert und Tom kann nach Herzenslust rodeln in einer Gegend, die hier sogar sieben Rodelberge hat.
„He, unsichtbarer Schlittenlift hierher, unsichtbarer Schlittenlift nach da.“ Siebenundsiebzig Mal saust Tom mit seinem holz-beigen Hörnerschlitten die sieben Berge hinab, erst danach bekommt er mächtigen Hunger und kauft sich an einer Imbissbude ein Stück Tomatenmohnmozarellaeierkuchen mit Schokoerdbeersirup, ja das Geld reicht sogar noch für eine süße Heringswaffel in Form eines Dinosauriers, die mit ganz frischen Kichererbsen gefüllt ist. Tom beginnt laut vor sich her zu lachen. Ist das nun aus einer Art beigefarbener Hörnerschlittenlaunigkeit heraus oder gar die Erkenntnis, hier auf dem Bienenhummelberg der Lösung aller nie gelösten Matheaufgaben näher gekommen zu sein, weil die Schule da ganz unten im Tal zurück bleibt? Und um wie viel näher scheint jetzt die Lösung aller Chemiearbeiten, hat Tom doch in der Nähe des alten Bergstollens einen jener strahlenden Steine gefunden, von dem das Gebirge hier seinen Namen hat. Die silbrigen Erze blinkern Tom an. Der Stein trägt weder Armbanduhr, Handy noch E-Mail-Adresse, und hätte er einen Reisepass, welches Geburtsdatum stünde da wohl drin? Und haben nicht erst die Menschen den Steinen Namen gegeben? Noch eine Weile bestaunt Tom den Stein und fühlt dabei, dass der seine Hände recht angenehm wärmt. Aber da wird es längst Zeit für den Nachhauseweg und als Tom jetzt, es mag das neunundneunzigste Mal gewesen sein, etwas langsamer ins Tal hinab rodelt, verschwindet der unsichtbare Schlittenlift. Vielleicht für immer, vielleicht nur bis zum nächsten Mal…

„Beeil dich, Tom“, rufen Tilla, Tim, Tina und Johanna wie aus einem Mund, denn die Scheinwerfer des dunkelroten Zuges, mit dem alle heute früh gemeinsam aufgebrochen waren, sind vom Tunnel aus schon zu sehen. Am Bahnhof Geisberg steigen alle zu, und von der Müdigkeit nach dem Rodeltag in frischer Gebirgsluft und der wohligen Wärme im Zug schlafen unsere Freunde bald ein wenig. Tilla träumt von sauren Gurken, Tim von einem Computerspiel, Tina von der Ballettschule und Johanna von Bildern, die sie bald malen will. Tom fühlt im Schlummer noch die Wärme des strahlenden Gebirgsglitzersteines in seinen Händen und sieht, wie der sich in einen Spickzettel mit allen Mathe- und Chemielösungen verwandelt. Nicht nur der Globus, auch der ganze Sternenatlas beginnt sich in ihm zu drehen und außerdem…. Pst! Der Zug mit unseren Freunden kommt erst in 41 Minuten zu Hause an. Für heute ist das genau die richtige Zeit zum Träumen.

Tobias Märksch

Verleihung des David-Schmidt-Preises 2016 im Noteingang Radebeul

29. April 2016. Ein Abend, an dem es eng wird im Noti. Aber weit ums Herz. Denn hier sammelt sich eine kleine Menschheit für das große Ganze: Personen, Initiativen, Vereine, Institutionen – Leute, die ehrenamtliches und professionelles Tun für andere Menschen zusammen auf tragende Säulen stellen. Einen Säulenheiligen braucht es nicht, aber ohne das gelebte Beispiel und die Inspiration von David würden wir nicht hier sein. Er hat begonnen, als wir noch dachten, es hätte Zeit. Er hat uns vorgemacht, wie es gehen kann und so vielen Menschen den Mut gegeben, sich für eine bessere Gesellschaft einzusetzen und Hass und Rassismus wirkungsvoll entgegenzutreten.

Hauptpreis und Trostpreis Foto: S. Graedtke

Hauptpreis und Trostpreis
Foto: S. Graedtke


Alle wissen, dass nur vier der zahlreichen Bewerber*innen und Vorgeschlagenen einen Preis gewinnen können. Alle Jurymitglieder versichern, wie schwer die Auswahl gefallen ist. Das kann man leicht glauben, schaut man nur in die Gesichter der Couragierten, Engagierten, Erfahrenen oder ziemlich Neuen der Szene. Ja, die gibt es inzwischen. Und sie wird interessiert beobachtet, auch wenn die Beobachter heute Abend nicht unbedingt anwesend sind.

Die Spannung ist groß, denn alle Beteiligten haben dichtgehalten. Und zuerst berichten drei junge Frauen davon, was sie mit Agenda Alternativ mit dem Preis 2015 im erzgebirgischen Schwarzenberg bewirkt haben. Das Geld und der damit verbundene Aufwind half ein wundervolles, politisches Punkrockfestival aufzuziehen. Ein Video vermittelt etwas von der tollen Stimmung dort.

Irgendwie ist David auch hier – und sei es einfach durch seine „Kochstudio“-Videos. Herrlich selbstgedreht, abgedreht, humorverdreht. Das macht, dass alle lachen können, obwohl das Datum nicht dazu herausfordert. Wenn einer an seinem 29. Geburtstag, der ein 29. April ist, schon wieder gehen muss, ist das zutiefst bestürzend. Man darf deshalb auch mit den nächsten Angehörigen und Freund*innen trauern.

Doch die legen Wert darauf, dass hier auch ein Geburtstag gefeiert wird. Man kann es sich so zurechtlegen, dann wird er ein wenig erträglicher, dieser Tag.

Tröstend ist vor allem die Gesellschaft dieser Vielen – es waren zirka 200 –, die auch weite Wege in Kauf genommen haben, um dabei zu sein, wenn die Wahl der Preisträger*innen verkündet wird.

Bei einem Vorschlag war es sofort klar: Dieses Projekt ist zwei Nummern zu groß für den David-Schmidt-Preis. Ein international agierendes, unglaublich mutiges Team, das die Not der Geflüchteten noch auf ihrem Weg lindern hilft, genannt Dresden-Balkan-Konvoi. Drei Mitglieder waren gekommen, um ihr Projekt vorzustellen. Es ist umwerfend! Jetzt bereiten sie gerade einen Seenotrettungsdienst vor. Spontan spendeten einige der Anwesenden etwas Geld, so dass es zwar keinen Preis, dafür aber eine Wertschätzung in Form von Taschengeld-Teilung mit auf den Weg geben konnte.

Gewinnen wollen alle, und das können sie auch. Der Tisch, wo mitgebrachte Flyer, Karten, Schildchen und Broschüren ausgelegt werden, ist immer umlagert. Der reichliche Platz im „Noteingang“ wird ausgefüllt mit kleinen Gruppen im munteren Gespräch. „Wie macht ihr das, wann habt ihr angefangen, wer hilft euch, wie läuft‘s?“

Dies ist eine Veranstaltung, bei der das Buffet nicht gestürmt wird. Gemächlich wechselt man mit seinem Gesprächspartner hinüber, wo der Falsche Hase aufgetischt hat: vegan, köstlich, für jeden zu geniessen. Integration auch beim Essen.

Die Preisträger*innen 2016:
David-Schmidt-Preis für eine Initiative: AG Geschichte Treibhaus in Döbeln
David-Schmidt-Preis für eine Einzelperson: Dilara Karabacak
Sonderpreis des Noteingang e.V. gegen Cyberhate: Meißen watch
Sonderpreis der Hans-Böckler-Stiftung für Engagement von / für Geflüchtete: FAS-Freitagscafé der Freien Alternativschule Dresden

Christine Ruby
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Alle Nominierten und weitere Informationen unter: www.david-schmidt-preis.de
Facebook-Seite: https://www.facebook.com/david.schmidt.preis/

Es tat sich was in der Finsteren Gasse

Sensible Gemüter unter den Lesern möchten vielleicht weiterblättern, denn sie könnten vermuten, in den folgenden Zeilen wird „Schröckliches im Sinne einer Moritat“ ausgebreitet, etwa der Überfall einer Postkutsche, ein Diamantenraub oder gar Mord! Aber nein, ich kann Sie versichern, es wird eher harmlos, es geht um Straßenbau, genauer gesagt, um die Reparatur eines Radebeuler Weges namens Finstere Gasse. Die meisten Radebeuler werden diesen Wander- und Verbindungsweg (er ist Teil des Radebeuler Weinwanderweges) in Niederlößnitz sicherlich kennen, u.a. auch deshalb, weil im August 2014 hier die pressewirksame Elch-Geschichte ihren Anfang nahm. Interessant ist der Weg sicher zu jeder Jahreszeit, am angenehmsten aber im Sommer, wenn man beim Aufstieg den Schatten der Bäume und die Feuchte der alten Mauern wie eine Erfrischung spürt.

»Finstere Gasse im Winter 2010«, Thilo Hänsel

»Finstere Gasse im Winter 2010«, Thilo Hänsel


Der Weg Finstere Gasse ist im steilsten, mittleren Abschnitt sehr alt, mindestens so alt wie das Minckwitz’sche Grundstück, dessen östliche Flanke der Weg bildet, also etwa 300 Jahre, wahrscheinlich aber noch älter. Ein unterer und ein oberer Abschnitt haben straßenähnlichen Charakter, doch in der Mitte der Finsteren Gasse war immer nur ein Weg. Ältere Radebeuler erinnern sich vielleicht, dass vor etlichen Jahren ein Trabbifahrer die Durchfahrt mal geschafft haben soll. Sicher mit Kratzern, denn der Weg ist eng und das Befahren nicht im Sinne des Erfinders. Über die Jahrzehnte und Jahrhunderte muss der Weg verschiedene Arten von Befestigungen gehabt haben: vielleicht eine leichte Wegedecke (ähnlich der sandgeschlämmten Schotterdecke), da war die Gefahr des Abspülens bei Starkregen natürlich groß, eine Pflasterung, die aber auch durch Ausspülung lückenhaft wurde und in jüngerer Zeit sogar mal eine Schwarzdecke, die auch nicht lange hielt. Bis zum Jahr 2015 waren von all dem nur noch Reste zu erkennen und es bestand eine erhebliche Unfallgefahr für Benutzer des Weges. In der Situation plante die Stadtverwaltung 2015 dann eine grundhafte Erneuerung – längere Haltbarkeit, eine gute Begehbarkeit (für einen Wanderweg konnte man die Begehung mit hochhackigen Schuhen ausschließen) und relativ kurze Bau- und Sperrzeiten waren unter einen Hut zu bringen.
Entfernung der Schwarzdecke Foto: D. Lohse

Entfernung der Schwarzdecke
Foto: D. Lohse


Das scheint der Stadt mit Wildpflaster, das aus einem ehemaligen Dresdner Kasernengelände stammte (Sekundärverwendung) und auch mit der Wahl der Baufirma Hausdorf aus Tauscha gut gelungen zu sein. Auch die Wahl der eingesetzten Technik, ich sah u.a. einen kleinen, schmalen Bagger, war optimal auf die Enge des Weges ausgerichtet. In der Wegmitte ist das Wilpflaster (wohl eine Syenit- oder Granitart) zu einer flachen Mulde ausgebildet. Ob das Oberflächenwasser darin seinen Weg findet, muss sich noch zeigen.
Wildpflaster, nach der Sanierung Foto: D. Lohse

Wildpflaster, nach der Sanierung
Foto: D. Lohse


Laut Radebeuler Amtsblatt vom April d.J. betrugen die Baukosten 30.000€.

Bisher konnte man, wenn man genau hinschaute, noch ein älteres Recht, das sogenannte alte sächsische Wegerecht, erkennen. Das beruhte darauf, dass Wege und kleinere Straßen in der Mitte flach eingesetzte Grenzsteine, hier Sandstein ursprünglich mit eingemeißeltem Kreuz, hatten und die Anlieger sich jeweils in der Länge ihres Grundstücks und bis zur Mitte des Weges um Bau, Erhalt und Reinigung des Weges kümmern mussten. Die Kommunen hatten also früher mit dieser Art Weg nichts zu tun. Die alten, z.T. noch vorhandenen Grenzsteine der Finsteren Gasse wurden stehen gelassen und so sollte eine Erinnerung an das historische sächsische Wegerecht gezeigt werden. Bei einer Begehung sah ich nur noch wenige davon, was vielleicht auch daran gelegen haben könnte, dass der neue Weg mit Material (Sand, bzw. Feinsplitt) bestreut war, was durch Regen noch eingeschwämmt werden sollte. An anderen Stellen in Radebeul, so z.B. am Strakenweg, konnte man bislang auch noch den Grenzverlauf in der Wegmitte erkennen, doch eine Rechtswirkung geht davon nicht mehr aus, da inzwischen die meisten Rechte abgelöst und die Wege in das städtische System übernommen wurden. Auch hier hatte die Stadt die geschilderte Maßnahme zur Verbesserung der Begehbarkeit eines Weges selbst beauftragt und auch finanziell beglichen.

Unser Dank gilt Frau Heike Funke von der Abteilung Stadtgrün der Stadtverwaltung, die die Koordinierung der Aufgabe übernommen hatte, und auch der o.g. Baufirma. Die Ausführung erfolgte fachgerecht und fügt sich gut in das Landschaftsschutzgebiet der Lößnitz ein – hoffen wir für uns und unsere Gäste auf eine lange Haltbarkeit.

Dietrich Lohse

Ein vollendetes Leben

15. Februar 1927 – Max Manfred Queißer – 4. Mai 2016

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrhundertelang;
und ich weiß nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.

(Rilke)

Als geschlossener Kreis ist der Ring eine vollkommene Form; in jedem Schließen eines Kreises liegt Vollendung.

Foto: G. Queißer

Foto: G. Queißer


Am 4. Mai 2016 hat sich der Lebenskreis des Malers Max Manfred Queißer geschlossen. Wie Rilke, so glaube ich, hat auch er versucht, baumgleich seinem Leben Ring um Ring hinzuzufügen, jeden Wandel, jede große oder kleine Veränderung als einen Zugewinn begrüßend. So wurde Manfreds Leben ein vollendetes Leben.

Das war keineswegs selbstverständlich.

Im Februar 1927 wurde er in Freital geboren. Als er 1933 in die Schule kam, war schon alles darauf ausgerichtet, ihn und seine Mitschüler auf das sogenannte große Ziel ihres Lebens vorzubereiten: Den Heldentod. Tatsächlich folgte dann nach einer Lehre zum Maschinenschlosser 1944 die Einberufung zum Kriegsdienst, der für ihn (zum Glück nur) in sowjetischer Kriegsgefangenschaft endete. Es dürfte ihm sehr schmerzlich geworden sein erleben zu müssen, daß das Wort Heldentod nun auch unter uns, in der freiesten aller möglichen Gesellschaften, wieder angekommen ist. An den traumatischen Erlebnissen der Zeit zwischen 1944 und 1948, die er selbst als gestohlene Jahre bezeichnete, hat er bis in seine letzten Tage hinein schwer zu tragen gehabt.

Auf der Suche nach dem Leben begann Manfred zu malen, die Ateliers befreundeter Maler waren hier seine Lehrstuben.

Die Suche nach einem Beruf führte 1968 zu einer Promotion an der TU Dresden, der einundzwanzig Jahre wissenschaftlicher Tätigkeit als Kultursoziologe folgten. Dank enger freundschaftlicher Beziehungen zu Friedrich Kracht, Karl-Heinz Adler und der Genossenschaft Kunst am Bau verlor er die Kunst auch während seiner Berufsjahre nie ganz aus den Augen. Als Mitglied des redaktionellen Beirates der Fachzeitschrift Form+Zweck lag ihm die Belebung des BAUHAUS-Gedankens besonders am Herzen.

So gelang es ihm, Ring um Ring zu einem Leben zu fügen.

Gerlinde, seine zweite Ehefrau, mit der er seit 1976 in Radebeul lebte, brachte neue Farben ins Spiel: Sie teilten nun Leben und Werk. Die agile kleine Frau teilte mit ihm ihre Jugend, die freie Innenarchitektin bezog ihn gern in ihre Projekte ein. Gemeinsam entwickelten sie künstlerische Gestaltungskonzepte. Schließlich ermunterte sie ihn, sich ab 1990 mit neuer Energie der Malerei zu widmen und organisierte ihm, als er die Sicherheit wiedergewonnen hatte, weit über Radebeul hinaus zahlreiche Ausstellungen.

Friedrich Schorlemmer nannte in seiner Gedenkrede drei Säulen, um die sich die Ringe dieses Lebens zogen: eine politische Philosophie, die Musik und die Malerei. Andreas Schorlemmer fügte hinzu, was alle verband: die Liebe.

Frucht dieser Liebe war Sohn Friedemann, der in seinem Namen Vaters Hoffnung trägt, nie wieder einen Krieg erleben zu müssen. Hoffen heißt, schrieb Friedrich Schorlemmer, an einen Überschuß glauben und aus solchem Vertrauen Handlungskraft gewinnen.

Max Manfred Queißer hat, vom Vertrauen der Liebe getragen, eine Handlungskraft besessen, die ihn bis fast zuletzt den Pinsel führen und ihn auch dann noch immer wieder zu Spaziergängen aufbrechen ließ, als ihm das Alter schon das Gehen unmöglich machen wollte. Der große Mann mit dem herzlichen Lachen und dem wehenden weißen Haar fehlt nun im Stadtbild, denn er hat den letzten Ring vollendet und ist ein Teil geworden vom großen Gesang.

Thomas Gerlach

Auslobung für den 17. Bauherrenpreis der Stadt Radebeul 2016

verein für denkmalpflege und neues bauen

zur Förderung von Architektur und Baukultur

Der Preis wird gemeinsam vom „verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul e.v.“ und der Großen Kreisstadt Radebeul verliehen. Er ist eine Anerkennung für herausragende und ortstypische Baugestaltungen oder Sanierungen von Bauvorhaben (gewerbliche, öffentliche und Wohngebäude einschließlich besonders gelungener Garten- und Freianlagen) innerhalb des Radebeuler Stadtgebietes.

Der Bauherrenpreis wird in maximal drei Kategorien (Denkmalpflege und Sanierung, Neues Bauen, Garten- und Freiflächengestaltung) vergeben. Er kann in jeder Kategorie auch geteilt vergeben werden.

Vorschlagsberechtigt ist jede natürliche und juristische Person. Den Preis – bestehend aus einer Urkunde und einer Plakette – erhält der Bauherr.

Bis spätestens 31. Juli 2016 (Posteingang) können anschriftgenaue Vorschläge unter Beifügung von aussagekräftigen Fotos und kurzer schriftlicher Begründung oder ein entsprechend gestaltetes Poster (nicht größer als 80 x 60 cm) mit dem Vermerk bzw. der Überschrift „Vorschlag zum Bauherrenpreis 2016“ bei der Jury (verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul e. v., c/o Roland Helmich, Wilhelm-Eichler-Straße 20 oder Stadtverwaltung Radebeul, Technisches Rathaus, Pestalozzistr. 6 in 01445 Radebeul) eingereicht werden.

Wer für die Einreichung Hilfe benötigt, kann sich vertrauensvoll an ein Jurymitglied wenden! Unter den Vorschlägen können auch bisher nicht ausgezeichnete Bauvorhaben sein, die zum wiederholten Male eingereicht werden.

Die Beurteilung richtet sich an den folgenden Bewertungskriterien aus:

  • • Städtebauliche Einordnung unter Berücksichtigung der Ausgangssituation, dabei Beachtung der Maßstäblichkeit und einer angemessenen Wirksamkeit in den öffentlichen Raum
  • • Erhaltungsgrad des historisch gewachsenen Zustandes, Erhalt der historischen Substanz und Aufnahme ortstypischer Gestaltungselemente
  • • Realisierung einer gebietsspezifischen Nutzung – Verhältnis bisheriger zu neuer Nutzung
  • • Angemessene Verwendung umweltgerechter Baustoffe, Bautechniken und Bauweisen sowie Verwendung regenerativer Energien
  • • Landschaftstypische Pflanzenverwendung und dem Gebietscharakter entsprechender Materialeinsatz und dessen Zusammenspiel

Für die nicht öffentlich tagende Jury wurden als Mitglieder benannt (jeweils in alphabetischer Reihenfolge)

Seitens des Vereins: Dr. Jens Baumann, Robert Bialek, Thomas Gerlach, Prof. Dr. Heinrich Magirius, Gudrun Täubert, Iris Wilhelm (Stellvertreter: Elisabeth Aust, Jens Bergner, Dr. Grit Heinrich, Gunar Richter, André Schröter, Jürgen Tauchert)

Seitens der Stadt (Stadtrat / Stadtverwaltung): Ralf Buchert, Johannes Domasch, Dagmar Flämig, Dr. Jörg Müller, Uwe Queißer, Gabriele Schirmer, (Stellvertreter: Günther Despang, Heike Funke, Marion Hartung, Romy Helfrich, Marcus Hesse, Wolfgang Zimmermann)

Die Bekanntgabe der Preisträger erfolgt erst bei der öffentlichen Preisverleihung am Freitag, den 4. November 2016, um 19.30 Uhr, in der Sparkasse Radebeul-West, Hermann-Illgen-Straße 28.

Zusätzlich wird ein Publikumspreis vergeben: In der Zeit vom 24. Oktober bis zum 4. November 2016 erhalten die Besucher der Ausstellung aller eingegangenen Vorschläge die Möglichkeit, ihre eigene Wertung vorzunehmen. Die Ergebnisse werden unmittelbar vor der öffentlichen Preisverleihung bekannt gegeben.

Im Übrigen gilt die Satzung über den Bauherrenpreis der Stadt Radebeul in ihrer gültigen Fassung.

Dr. Jens Baumann, Vorsitzender des vereins für denkmalpflege und neues bauen radebeul e. v.

Dr. Jörg Müller, Erster Bürgermeister der Großen Kreisstadt Radebeul

Editorial 06-16

Erinnern Sie sich noch an Räume oder an Raucherabteile in Zügen die nach kaltem Rauch rochen, um nicht zu sagen, stanken? Ich erinnere mich an den ersten Gebrauchtwagenkauf nach der Währungsunion 1990. Als wir da an ein »Raucherauto « gerieten, erledigte sich das Begutachten von selbst. Und die Krönung allen Übels: Der Besuch einer Gaststätte oder Kneipe, der am folgenden Morgen mit dem »Entsorgen« der stinkigen Klamotten nachwirkte. Das war besonders lästig bei mehrtägigen Reisen. Der Kleidungswechsel am nächsten Tag musste einkalkuliert sein. Um so erfreulicher die Entscheidung der EU, den gesetzlichen Nichtraucherschutz zu fordern. So entschieden die Ministerpräsidenten 2007 auch in Deutschland sich für entsprechende gesetzliche Grundlagen. Hier sind sie also Ländersache. Jetzt haben wir eben 16 verschiedene Varianten des Nichtraucherschutzes. In allen öffentlichen Einrichtungen, in Krankenhäusern, Schulen und Gaststätten und Hotels gilt mit kleinen Hintertürchen das Rauchverbot. Merkbar für alle war dieses Anliegen auch in Filmen. Qualmende Darsteller verschwanden weitgehend von der Bildfläche. Um so erstaunlicher ist es, dass neuerdings hier ein Wandel stattfindet. In zahlreichen Filmen greifen nervöse Polizisten, gestresste Väter oder Damen der »guten« Gesellschaft zur Zigarette. Das fällt auf! Und um es hautnah zu erleben, kann man nach 23 Uhr in einigen Kneipen der Neustadt wieder erleben, dass die Aschenbecher auf die Tische verteilt werden. Bekannt sind diese Verstöße schon lange, aber keiner kontrolliert. Und so bleibt einem nur, die Kneipe zu verlassen oder s.o… Diese Wahl hat man aber nur als Gast. Nichtraucherschutz gilt jedoch für alle! Hier besteht Handlungsbedarf, die Schockbilder tun es garantiert nicht.

Ilona Rau

Der Finanzbeamte & Karikaturist Fred Carganico

Ein Finanzamt ist kein Spielhaus, sondern eine mächtige Behörde, die nur zu gern, mehr oder weniger diskret, auf ihre Macht hinweist, auch davon Gebrauch macht und bei vielen Menschen relativ leibnahen Groll hervorruft, aber seine eigenen Bürger wiederum mit einem bestimmenden „Hochachtungsvoll“ auf Distanz hält. Frohsinn mag da nicht aufkommen. Vielmehr zwingt sich einem förmlich die Frage auf, welchen Typen von Menschen das tägliche Mahnen,Verwarnen und Gegängele tatsächliche berufliche Erfüllung bringen kann.

Ohne Humor ist es nicht zum aushalten. Den hatte in jedem Fall einst der Moritzburger Fred Carganico und seines Zeichen hochrangiger Finanzbeamter, passionierter Jäger und begnadeter Zeichner und Karikaturist. Zugegeben, eine nicht alltägliche Melange.
Nach dem Studium in Berlin und Freiburg,1908 Gerichtsreferendar, 1920 Regierungsrat, Oberregierungsrat bis schließlich zum Direktor des Breslauer Finanzamtes, konnte der 1886 im Kreis Hameln Geborene, alle Stufen der Behörden-Karriereleiter souverän erklimmen.
Nahezu während der gesamten Zeit muss Carganico gezeichnet haben, denn bereits 1924 konnte er seine Arbeiten in einem eigenen Buch “Jäger und Wild in Reim und Bild“, erschienen im Breslauer Heger-Verlag, herausbringen. Das sorgfältig gegliederte 176 Seiten umfassende Buch, zeigt uns im zweiten Kapitel “Vom Hoch-und Steuerwild“, das im Finanzamt-Nord durchaus keine Eisbären, auf Schollen treibend, und im Finanzamt- Süd weder Palmen noch Löwen zu finden sind.
Der Nachwelt von Heute jedoch, ist Fred Carganico durch eine weitere Besonderheit jederzeit präsent: Er hinterließ außer zwei größeren Bildern auch über 140 Karten, die er scheinbar von leichter Hand, eigenhändig meist farbig zeichnete und mit den passenden Bildunterschriften versah. Zu sehen sind u.a. karikierte Familienmitglieder, Jagd-,Wald- und Naturszenen.10 Fred 39

Doch es ist nicht nur die stattliche Anzahl von, vor allen Dingen für das private Umfeld Carganicos, geschaffenen Kleinode, die es lohnend macht, sich etwas intensiver mit seinem Schöpfer zu beschäftigen. Vielleicht war das Zeichnen und Reimen auch für Fred Carganico eine Möglichkeit, den alltäglichen Balanceakt zwischen Ernst und Heiterkeit besser zu bewältigen. Auch überdurchschnittlicher Erfolg im Beruf kann kein Garant für immerwährendes privates Glück sein: In beiden verheerenden Weltkriegen, wird Carganico jeweils schwer verwundet und als er nach der Kriegsgefangenschaft 1945 endlich wieder nach Haus kommt, findet er seine Frau Dorothee in einem hoffnungslosen Zustand der Schwermut an, welchem sie im Mai 1946 schließlich erliegt. Er selbst übrigens, wird in dieser Zeit im Rahmen von Reparationsleistungen zu Demontagearbeiten in Dessau herangezogen.
Kurz darauf wird er die Witwe des gefallenen Revierförsters von Moritzburg und Tochter des Rittergutpächters Otto Kühn aus Rödern Luise Stiller heiraten. Trotz des großen Altersunterschied von über zwei Jahrzehnten verlebten sie in der ehemaligen Hofküche unmittelbar neben dem Moritzburger Fasanenschlößchen schöne Jahre.
Fred zündete sich gerne ein Pfeifchen an und genoss die Zeit umgeben von wundervoller Natur, bis zu seinem Tod 1966.

Warum sollen uns Fred Carganicos Karikaturen noch heute interessieren?

Eine Antwort auf diese Frage konnten interessierte Besucher bereits im Herbst 2014 im neugestalteten Besucherzentrum am Fasanenschlößchen finden. Von vielen Mitgliedern der Familie aus ganz Deutschland im Rahmen der Ahnenforschung zusammengetragen, zeigte eine Ausstellung in unmittelbarer Nähe seines ehemaligen Wohnortes, erstmalig im öffentliche Raum, über 80 Arbeiten Fred Carganicos.

10 Fred Carganico vorm Fasanenschlößchen

Fred Carganico vorm Fasanenschlößchen

Zwei glückliche Umstände ermöglichten die Ausstellung: Zum Einen, Teile, der in der näheren Umgebung ansässigen Familie, die glücklicherweise ein Gespür für das Potenzial der kleinen Kunstwerke hatte und zum Anderen die Unterstützung der Moritzburger Schlossverwaltung, die den hohen Unterhaltungswert der Arbeiten Fred Carganicos erkannten.

In der Sächsischen Zeitung war im September 2014 zu lesen:“Die Wiederentdeckung eines Talentes“. Dem ist nichts hinzuzufügen, denn zu entdecken gibt es bei Fred Carganico immer noch viel.
Dass Carganico überhaupt einem noch größeren Publikum bekannt wird, wäre ihm postum zu wünschen. Die vielbeachtete Ausstellung im Moritzburger Fasanenschlößchen kann ein guter Anfang gewesen sein. Man darf gespannt sein, denn der Moritzburger Bürgermeister Herr Jörg Hänisch zeigt sich für weitere Projekte, im Sinne Fred Carganicos, sehr interessiert. In Radebeul könnte Ähnliches noch realisiert werden. Vielleicht auch ein Kompendium in gedruckter Form, welches alle Arbeiten Fred Carganicos zeigt. So auf einen für das Jahr 2017 in Vorbereitung befindlichen Kalender, man darf in jedem Falle gespannt sein.

In unserer Reizüberflutenten und vom XXL- Eventcharakter geprägten Zeit, wirken die kleinen lebensfrohen Bildchen nahezu harmlos und bescheiden. Vielleicht aber liegt gerade darin der Zauber von Fred Carganicos Zeichnungen im Jetzt und Hier.

Übrigens, hinter Tante Micke verbirgt sich keine Geringere, als Fred Carganicos Frau Luise.

Uwe Wittig

Weitere Informationen zu Fred Carganico bei Frau Ute Krancher (0172-3672849) oder
Frau Ulrike Scholz (0152.08727542). Übrigens werden auch immer noch weitere Arbeiten zur Vervollständigung der Sammlung gesucht!

„Nimm dich in acht!“

Georges Bizets Oper „Carmen“ hatte an den Landesbühnen Sachsen Premiere

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»Carmen« mit Patrizia Häusermann (Mitte)       Foto: H. König

möchte man der jungen Frau zurufen. Ihre eigenen Worte, mit denen sie ihre Verehrer am ausgestreckten Arm verhungern lässt. Eine Carmen steht vor uns, die nicht der Männer verzehrende Vamp ist, sondern eine mit Schönheit und erotischer Ausstrahlung „Geschlagene“. Eine, die glaubt, alles im Griff zu haben, aber dennoch unaufhaltsam dem Abgrund zusteuert. Mit dieser Carmen könnte man fast Mitleid haben. Wie sie völlig unaufgeregt und ohne große Pose die Männerwelt…aber sie will doch nur spielen!

Dies alles geschieht bei Patrizia Häusermann in schöner Einheit von gesanglichem und darstellerischem Können auf hohem Niveau. Auch durch sie zieht das bekannte Geschehen auf der Bühne den Zuschauer neu in den Bann. Ein Solistenensemble, das Patrizia Häusermann adäquater Partner ist, sei hier wenigstens zum Teil genannt; Kay Frenzel als Don José – glaubhaft in der Entwicklung seiner Rolle; Michael König als Leutnant Zuniga – hin- und hergerissen zwischen dem Macho und dem Staatsdiener; Paul Gukhoe Song als Escamillo; selbstverliebt, schön anzusehen und zu hören; Anna Erxleben als das Bauernmädchen Micaela, der man ihre naiven, aber forschen 17 Jahre abkauft und nicht zuletzt Antje Kahn als Mercedes, auch in dieser Rolle eine Freude was Stimme und Bühnenpräsenz anbelangt.

Man ist es ja nicht anders gewohnt, dass der Chor der Landesbühnen Sachsen (Leitung: Sebastian Matthias Fischer) sowie der Gastchor „ChoruSa“ (Leitung: Elke Linder) in bester Verfassung sind und das auch deutlich machen.

Aber – und das muss unbedingt gesagt werden – ein guter Choreograph bringt einen Chor auch zum Tanzen: und wie! Glückwunsch an Katrin Wolfram, deren Handschrift sich wohltuend durch die gesamte Inszenierung zieht und solche Höhepunkte schafft, wie sie mit dem Chor der Straßenkinder im 1. Akt entstanden sind.

Überhaupt, dem gesamten Regieteam ist es mit „Carmen“ gelungen eine moderne Inszenierung auf die Bühne zu stellen ohne vordergründige Modernismen zu bemühen. Als Regisseur konnte Manuel Schöbel (konzeptionelle Vorbereitung: Gisela Zürner und Ute Raab) – im schnörkellosen, praktikablen Bühnenbild und mit schlichten, spanisches Flair assoziierenden Kostümen (beides: Stefan Wiel) seinen Darstellern Raum geben. Es war auch klug sich für die Felsenstein’sche Fassung zu entscheiden und damit – in Felsenstein’scher Manier – unmotivierte Tanzeinlagen zu vermeiden. Aber der „Meister“ hätte sie gewiss auch nicht an anderer Stelle wieder eingefügt, wo doch Musik und Text alles vortrefflich erzählen.

Sei es drum, auch eine Inszenierung ist wie ein „wilder Vogel“, der an diesem Abend (der heimlichen 2. Premiere) fast drei Stunden um den Orchestergraben flog und sich durch die Elbland-Philharmonie unter der Leitung von Hans-Peter Preu zu wirklich großer Oper aufschwang.

Gabriele Zimmermann

„Tafeln“ in Radebeul

Glaubt man einigen Medienberichten, so leben und wohnen in Radebeul nur wohlsituierte Bürger und Millionäre. Doch es gibt auch Menschen, die auf Lebensmittelspenden und das Engagement ehrenamtlicher Mitarbeiter angewiesen sind.

Jeden Mittwoch verteilen wir in der Ausgabestelle der Radebeuler Tafel gespendete Lebensmittel an ca. 50-70 Tafelgäste.

Seit Anfang 2015 koordiniere ich im Auftrag der Radebeuler Kirchen die Ausgabestelle der Lebensmittel. In enger Zusammenarbeit mit der Dresdner Tafel , denn wir können uns keinen eigenen Fuhrpark oder ein Kühlhaus leisten, werden wöchentlich die Supermärkte und andere Geschäfte in Radebeul und Dresden angefahren und Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abläuft oder die auf Grund des Aussehens nicht mehr verkauft werden können, von ebenfalls ehrenamtlich arbeitenden Kraftfahren abgeholt.

Eine Besonderheit der Radebeuler Tafel ist das Tafelcafé. Damit die Gäste nicht bei Regen und Kälte anstehen müssen, können sie im Gemeindehaus der Friedenskirche Kaffee trinken und Kuchen essen. Besonders freue ich mich, dass seit einigen Monaten das Dresdner Backhaus mit ihrer Filiale in Radebeul wöchentlich Torten und Kuchen vom Vortag zur Verfügung stellt, die ich dann kostenfrei verteilen kann. Der größte Dank sind dann die glänzenden Augen in die ich schaue.

Bundesweit gibt es über 900 Tafeln mit mehr als 2100 Tafel-Läden, in denen ca. 60 000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer tätig sind. Die deutschen Tafeln unterstützen regelmäßig bis zu 1,5 Millionen bedürftige Personen.

Persönlich bin ich sehr dankbar und froh, durch meine Tätigkeit bei der Tafel etwas von dem Glück, das ich in meinem Leben hatte, zurück geben zu können.

Mich beeindruckt auch, welches Zusammengehörigkeitsgefühl und welche Solidarität es unter den Gästen der Radebeuler Tafel gibt. Geht es jemanden gesundheitlich oder mental schlecht, wird sofort informiert, werden Besuche organisiert und Hilfe angeboten. Das ist in unserer Gesellschaft leider nicht mehr selbstverständlich.

Es gibt auch Argumente, die gegen die Tafelausgaben in Deutschland vorgebracht werden. Durch die verlässliche Versorgung armer Menschen würden diese „ruhig gestellt“, zu Demut und Bescheidenheit erzogen. Armut werde nicht bekämpft, sondern verfestigt. Der Staat könne sich beruhigt zurücklehnen.

Auch mir wäre es lieber, wenn meine Funktion als Tafelkoordinator überflüssig wäre, aber es ist meine feste Überzeugung, solange der Bedarf vorhanden ist und Menschen in Not geholfen werden kann, ist es unsere Verpflichtung, dies auch zu tun.

Mein nächstes Ziel ist es, ein Kochbuch zu schreiben, selbstverständlich ohne Honorar, das ich den Tafelgästen kostenfrei zur Verfügung stellen möchte. Ich weiß, welche Lebensmittel verteilt werden und in welchem finanziellen Rahmen gekocht werden kann.

Als Hobbykoch bereitet es mir viel Freude, alte sächsische Gerichte zu finden, die lecker schmecken und mit wenig Geld zu kochen sind. Dazu zählen beispielsweise solche Gerichte wie „Armer Ritter“, „Eier in Senfsoße“ oder „Dresdner Erbseneintopf.“

Dieses Kochbuch möchte ich, wie gesagt, an die Tafelgäste verschenken. Aber auch im Buchhandel möchte ich über einen Verlag das Buch verkaufen. Mit dem Kauf eines Kochbuches finanziert der Käufer ein zweites Buch, das ich dann in der Tafel weitergeben kann.

Für diese Aktivitäten suche ich Spenden, mit denen ich beispielsweise eine Grillfeier, eine Weihnachtsfeier für die Tafelgäste und das Kochbuch finanzieren könnte.

Christian Schmidt

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Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an :

Christian Schmidt, Tel. 0351/8386316, schmidt.theater@googlemail.com

Spenden senden Sie bitte an das Konto der Luther-Kirchgemeinde:

IBAN: DE06350601901667209028, Kennnummer: 1020

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