Editorial

Sie kommen aus einer Kirche in der gerade ein Konzert zu Ende ging. Die Glocken läuten, laut. Aber etwas stört die feierliche Stimmung. Eine grelle Stimme versucht den Glockenklang zu übertreffen: Der „Jens aus Meißen“ erklärt den Mitgliedern und Sympathisanten vom „Meißner Heimatschutz“ auf dem kleinen Marktplatz von Coswig die Welt. Ein Vorschlag ist, alle regierenden Parteien zum Teufel zu jagen, vor allem wegen ihrer Asylpolitik. Wer dann regieren soll, und wie, bleibt offen. Die Kirche mit ihren lauten Glocken wird auch beschimpft. Eigentlich ein für viele lächerlicher Auftritt, wären da nicht etwa 200 Menschen, die teilweise mit lautem Geschrei dem Redner Zustimmung signalisieren. Und wir? Wir entrüsten uns, nicht nur weil dies am Buß- und Bettag stattfindet, gehen dann aber zur anderen Seite, vor die Alte Kirche. Dort soll ein Friedensgebet, organisiert von den örtlichen Kirchgemeinden , unterstützt von „Coswig – Ort der Vielfalt“ und den Stadtratsfraktionen, ein Zeichen setzen für ein friedliches Miteinander. Wir fühlen uns zur Teilnahme verpflichtet. Anschließend dann eine Menschenkette mit und ohne Kerzen und dem Gesang von „Dona Nobis Pacem“, als Entgegnung zum mittlerweile stattfindenden, von Hassparolen angeführten Demonstrationszug. Neben uns steht eine Gruppe junger Leute mit einem Spruchband:
Du kannst gegen Krieg sein. Du kannst gegen Gewalt sein. Du kannst gegen Terror sein. Aber Du kannst nicht gegen die sein, die davor fliehen. Refugees welcome!
Ich freue mich über diese jungen Menschen frage mich aber, ob es reicht, was wir gerade tun, damit Hass und Feindseligkeit nicht in unserem Leben immer stärker werden.

Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit, obwohl ich weiß, dass in vielen Familien auch zu Weihnachten die Probleme der Gegenwart sehr präsent sein werden.

Herzlichst
Ilona Rau

Königin für ein Jahr

Viele kleine Mädchen träumen davon, einmal Königin oder wenigstens Prinzessin zu sein.
War das bei Michaela Tutschke auch so?
Die Sächsische Weinkönigin hat mit mir über ihre Regentschaft geplaudert.

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Weinkönigin Michaela Tutschke und Winzer Steffen Rößler                                                        Foto: D. Busch

Anfang November 2014 war die Dresdnerin in der Coswiger „Börse“ als neue Repräsentantin Sächsischer Weine für ein Jahr gewählt worden. Zu der eingangs gestellten Frage erinnert sie sich, dass sie als Kind gern zugehört hat, wenn ihr die Eltern Märchen vorlasen. Und wenn dabei Königinnen und Prinzessinnen vorkamen, hat ihr das schon gefallen. Sie habe aber damals lieber im Dreck gespielt oder mit Autos. Die Puppenphase blieb sehr kurz.

2010 nahm sie eine Berufsausbildung als Winzerin auf und es dauerte nicht lange, bis sie eine Weinkönigin persönlich kennenlernte – eine anregende Begegnung.
Und als ihr Kolleginnen und Kollegen sowie Weinhoheiten sagten: „Das wäre doch auch etwas für Dich!“ – da begann der Plan zu reifen, sich nach Beendigung der Ausbildung dafür zu bewerben. Ihr frisch-fröhliches und charmantes Auftreten hatten die Unterstützer sicher auch im Blick. Die Bewerbungsunterlagen waren dann rechtzeitig zusammengestellt und beim Weinbauverband eingereicht, mit Lebenslauf und Selbsteinschätzung zur Eignung als Weinkönigin. Es ist so, dass jede Bewerbung angenommen wird und auch kein Vorentscheid stattfindet. Oft ist die Zahl der Bewerberinnen sehr gering. Jeweils Anfang November erfolgt dann die Wahl, auf die sich die Damen ab Mitte bis Ende September gezielt vorbereiten. Der Weinbauverband organisiert zum Kennenlernen untereinander und zur fachlichen Einstimmung Exkursionen, zum Beispiel eine Fahrt entlang der Sächsischen Weinstraße.
Michaela Tutschke und ihre Mitbewerberinnen nahmen an einer Verkostung sächsischer Weine im Schloss Wackerbarth teil, der dazu diente, Unterschiede zwischen den Rebensäften zu erkennen und es wurde die Beschreibung von Weinen trainiert – wer es schon einmal versucht hat, weiß, dass dies schwierig ist. Ein Rhetorikseminar im Weingut Friedrich Aust folgte, bei dem auch eine Schauspielerin der Landesbühnen Sachsen Tipps für die Wahlveranstaltung und den vielleicht folgenden öffentlichen Auftritten gab, beispielsweise für die Akklimatisierung vorher, das Bewegen auf der Bühne, den Umgang mit Lampenfieber. Schließlich gehört Selbststudium und Gedankenaustausch mit Weinkennern dazu.
Dann kam die Wahl. Erstmals gab es 2014 eine Jury, die aus Winzern, Sponsoren des Weinbauverbandes, Besitzern von Prädikatsgaststätten, die sächsische Weine ausschenken sowie Journalisten bestand. Das Publikum wurde ebenfalls mit einbezogen, indem auf den Rückseiten der Eintrittskarten der Name der persönlichen Favoritin eingetragen werden konnte.
Die Kandidatinnen zogen aus einem Topf jeweils vier Fragen zur Beantwortung, die sich vor allem auf den Weinbau und den Tourismus in der Region bezogen. Diese Beschränkung ergab sich aus Zeitgründen. Die Gäste waren aufgefordert, ihre Meinung zu den Antworten zu äußern. So nahm das Prozedere seinen Lauf und Michaela Tutschke konnte jubeln.
Sie ist im Weingut Proschwitz angestellt und hatte die Bewerbung mit ihrem Chef, Prinz zur Lippe, vorsorglich abgestimmt, da ja eine Weinkönigin zahlreiche Verpflichtungen wahrzunehmen hat, die teilweise auch in der Arbeitszeit liegen.
So zum Beispiel die Teilnahme an der Grünen Woche und an der Tourismusbörse in Berlin. Da kommen zusammenhängend auch mal drei Tage Abwesenheit zusammen. Prinz zur Lippe hat großzügig Unterstützung gewährt. Er freut sich sicher, eine Mitarbeiterin als Weinkönigin zu haben und eine Werbeträgerin fürs Weingut ist sie natürlich auch.
Im Verlauf einer Amtszeit sind etwa 100 Veranstaltungen zu besuchen, was in logistischer und konditioneller Hinsicht eine beachtliche Herausforderung darstellt. Gleich nach der Wahl im November standen viele Termine an, im Winter weniger, ab März dann zunehmend mehr. Das ließ sich einigermaßen mit den beruflichen Aufgaben vereinbaren.
Michaela Tutschke hatte sich vorab mit ehemaligen Weinköniginnen unterhalten und wusste daher, was auf sie zukommt. Den Anforderungen konnte sie vor allem deshalb entsprechen, weil ihr das Ganze viel Freude bereitete und sie merkte, wie sie an den Aufgaben wuchs. Die besondere Ausstattung der Weinkönigin besteht aus Krone und Kette, die ihr feierlich von der Vorgängerin übergeben wird und den verschiedenen Kleidern. Hier kann sich der Weinbauverband auf eine Sponsorin stützen. Michaela Tutschke war begeistert, dass sie dort Beratung für entsprechende Kleider fand und diese ausleihen konnte. Ein weiterer Sponsor ist ein Friseur. Bei Terminen im Weinberg waren Jeans und eigener Chic angesagt, da dominierte das Fachliche.
In dem Jahr als Weinkönigin gab es viele interessante und schöne Begegnungen und Ereignisse, aus denen eines besonders herausragt: Die Volks-und Raiffeisenbank unterstützt ebenfalls den Weinbauverband. Sie besitzt einen eigenen Postvertrieb und gibt alljährlich eine Briefmarke mit dem Konterfei der Weinkönigin heraus. Nun ist Manuela Tutschke auf der 55 Cent-Marke vor der Meißner Burg zu sehen. Kommentar ihres Papas: “Sonst sind nur Verstorbene drauf, du schon zu Lebzeiten!” Anlässlich der Wahl bekam sie einen Weinkelch aus Meißner Bleikristall überreicht. Auf diesem ist das „Schwalbennest“ eingraviert. Das ist das Weinberghäuschen am den Weinköniginnen gewidmeten Weinberg “Rote Presse“ im Meißner Spaargebirge. Bewirtschaftet wird er von der Meißner Winzergenossenschaft. Den von den Traminer -Trauben erzeugten Wein erhält die Weinkönigin zu Repräsentationszwecken.
Am Ende ihrer Amtszeit hat sie sich am Wettbewerb zur Wahl der Deutschen Weinkönigin beteiligt. In Neustadt an der Weinstraße fanden am 19. September der Vorentscheid und am 25.September das Finale mit den sechs von zwölf Teilnehmerinnen statt, sogar vom SWR übertragen..
Zu ihrer Teilnahme sagt sie: „Ich musste nicht, aber für mich war es eine Frage der Ehre. Es gibt dreizehn Anbaugebiete in Deutschland. Die sächsischen Winzer haben es verdient, durch mich vertreten zu werden.“
Deutsche Weinkönigin ist Manuela Tutschke zwar nicht geworden, aber allein die Teilnahme wird für sie ein bleibendes Ereignis sein.
Wir wünschen ihr alles Gute und viel Glück für den weiteren Weg.
Vielen Dank, Eure Hoheit, für das Gespräch!

Ilona Rau

Begabte Ärztin aus Leidenschaft

Ein Nachruf auf Dr. Christine Engelmann

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Foto : privat

Viele Menschen waren am 6. Oktober auf den Friedhof am Gottesacker zur Beerdigung von Christine Engelmann gekommen, die am 28. September nach langer Leidenszeit kurz vor ihrem 81. Geburtstag in ihrem Radebeuler Haus aus dem irdischen Leben abberufen wurde. Menschen, die ganz unterschiedliche Bindungen zu einer Frau aufgebaut hatten, die während des letzten halben Jahrhunderts ihre Spur in Radebeul deutlich sichtbar hinterlassen hat und deren Wirken nicht vergessen werden wird. Den meisten Radebeulern war Christine Engelmann als umsichtige, fachlich kompetente Kinderärztin bekannt, die seit 1966 bis 1998 in ihrer Praxis auf der Meißner Straße (früher Wilhelm-Pieck-Straße) arbeitete und noch zu DDR-Zeiten manch einem unter chronischem Asthma leidenden Kind zu einer Kur im milden Zypern oder einer Familie zu einer neuen Wohnung verholfen hatte, damit sich die Bedingungen für leidende Kinder besserten. Wer in den 1980er Jahren zu ihr in die Sprechstunde kam, konnte durch die ästhetisch wohltuende Gestaltung der Räume erkennen, dass dort eine Ärztin mit Kunstsinn ihren Dienst versah: Zahlreiche Bilder von Künstlern der Region schmückten die Wände und deuteten bereits an, wohin sich Christine Engelmanns Interesse nach Eintritt in den Ruhestand 1998 wenden würde. Erst vorsichtig tastend, dann immer selbstbewusster begann sie künstlerisch tätig zu werden und schloss sich daher der Malgemeinschaft der Radebeuler Stadtgalerie unter Gudrun Täubert an, wo sie sich weiterbilden und weiterentwickeln konnte. Aber nicht nur die Kunst, auch die Literatur hatte es ihr angetan, weshalb sie den Kontakt zu dem über viele Jahre von Lothar Trampau geleiteten Kreis der „Schreibenden Senioren“ aufnahm. Im Zuge dessen war sie ab November 2001 bis Oktober 2011 regelmäßig mit Lyrik in unserem Monatsheft vertreten, denn die „Vorschau“ konnte über lange Zeit auf die lesenswerten Beiträge der lebensklugen Senioren zählen. In einem Gedicht formulierte sie darüber treffend: Miteinander Wein trinken/lesen für Fremde und Freunde/uns und ihnen zur Freude/Gemeinschaft erfahren/Aktiv sein! Schreiben ist Leben. Anregungen für ihre künstlerisch-literarischen Arbeiten holte sich Christine Engelmann nicht nur durch die Unternehmungen mit der Wandergruppe des sächsischen Bergwandervereins, mit dem sie ihre Heimat (geboren wurde sie am 8.10.1934 in Dresden) durchstreifte, sondern auch auf ausgedehnten Reisen in Europa, Afrika und Nordamerika. Wie sehr es Christine Engelmann danach drängte, Erlebtes und Gedachtes in Worten festzuhalten, lässt sich daran ermessen, dass sie 2006 eine eigene Publikation im Radebeuler Notschriften-Verlag unter dem Titel „Miniaturen aus meinem Leben“ veröffentlichte. Nicht zuletzt, damit auch ihre Kinder und Enkel schwarz auf weiß haben, was der (Groß-) Mutter in Lyrik, Prosaskizzen und Briefen mitzuteilen wichtig war.
Wer weiß, welche Bilder ungemalt, welche Texte ungeschrieben und welche Wege unbeschritten bleiben mussten, weil der unheilvolle Junitag 2012 Christine Engelmann aus einem aktiven, in der Radebeuler Stadtgesellschaft vernetzten Leben riss und sie in Passivität und Abhängigkeit versetzte. Ein unglücklicher Sturz von einer Treppe markiert die schmerzliche Zäsur in einem Leben, das damals noch nicht vollendet, aber ganz gewiss schon erfüllt war. Christine Engelmann musste lernen loszulassen von dem, was sie liebte und brauchte: Kreative Eigenständigkeit in Gemeinschaft. Dass im „Loslassen“ auch Trost enthalten ist, hatte sie bereits Jahre zuvor schon in einem Gedicht formuliert: Nichts geht verloren im Lauf der Natur/ alles ist wichtig und hat seinen Sinn/ Sorge dich nicht, vertraue nur!/ Leb mit dem Wandel, gib dich ihm hin. Es hilft, sich diese Einsicht ab und an zu vergegenwärtigen.

Im Namen der Redaktion
Bertram Kazmirowski

„Elemente“ plus „Temperamente“ sind gleich „Lebensfreude“

Die langjährige Pädagogin Erika Bartusch zeigt im Radebeuler Kulturbahnhof eine umfangreiche Auswahl ihrer Bilder

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»Wie jetze?«, Acryl                                                                             Repro: W. Zimmermann

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»Evangelisten«, Lindenholz    Repro: W. Zimmermann

Die jugendlich zeitgemäße Frage „Wie jetze?“ in ein schlüssiges Bild umzusetzen ist gewiss keine leichte Aufgabe. Auch nicht für eine Frau, die das Gros ihrer Lebensjahre der Schule und damit der Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, aber auch der Ausbildung eigener Berufskollegen gewidmet hat. Von dieser Position aus schärfte Erika Bartusch ja nicht nur ihren Blick für absurde Situationen; sie erlebte auch die Höhen und Tiefen der Sprache des Alltags. „Wie jetze?“ bspw. ist Alltagssprache; zwei, die sich irgendwie nicht riechen können, treffen aufeinander. Trotzig, stur und unnachgiebig. In kräftigen Acrylfarben hat Erika Bartusch dieses Bild mit dem provokanten Titel gemalt. Es ist eines von insgesamt 49 Arbeiten der aktuellen Ausstellung von Erika Bartusch, die im Kulturbahnhof von Radebeul-Ost zu sehen sind. Zu den Bildern gesellen sich außerdem einige Arbeiten aus Holz, Ton und Speck- oder Sandstein.
Der Bogen ihrer bildkünstlerischen Themen ist durchaus weit gefasst. Man findet darunter einen in Mischtechnik gemalten „Weiher“ in winterlich-frostiger Stimmung. Man ist versucht, die turbulente kopfüber „Zuneigung“ eines Paares (gemalt in Mischtechnik) zu ergründen. Wird in das Mysterium von „Erlkönigs Tochter“ (eine Acryl-Strukturarbeit) entführt. Oder begegnet der unbändigen Kraft der „Elemente“ (gemalt in Acryl-Struktur). Und nicht zuletzt auch einer kleinen Gruppe von „Evangelisten“, die Erika Bartusch aus Lindenholz gearbeitet hat.

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»Weiher«, Mischtechnik                         Repro: W. Zimmermann

Sie selbst hatte genügend Muse, das Wesen des Menschen zu ergründen. 21. Jahre lang arbeitete sie als Lehrerin und weitere 15 Jahre half sie als Lehrerbildnerin künftigen Kolleginnen und Kollegen in diesen so verantwortungsvollen Beruf.
Wolfgang Zimmermann

Die Bilder der im Jahre 1935 gebürtigen Dresdnerin erstrecken sich vom Kulturraum der Bibliothek in der ersten Etage bis hinunter in die Halle des Kulturbahnhofs selbst. Die Ausstellung ist bis zum 18. Dezember 2015 zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Bacchusrede 2015

Liebe Freunde und Gäste von überall auf der Welt, welcome!
liebe Radebeulerinnen, liebe Radebeuler, Willkommen und Hurra!
Die Zeit für Lust auf Wein und Spiele ist wieder da!
Kötzschenbrodas Anger macht die Arme breit,
hat sich geschmückt für die Weinfestzeit,
öffnet Herzen, Höfe, Keller und Türen,
will euch zu einem Jubiläumsfest verführen.
25 Jahre Weinfest, davon 20 mit Theaterkultur ?
das ist einsame Spitze, das gibt’s in Kötzschenbroda nur.
Geehrt seid ihr Winzer; und euer Wein
wird wieder ein Labsal für Kehle und Seele sein.
Ihr seid jahrelang alkoholische Mitgestalter
und im wahrsten Sine des Wortes Traditionserhalter!
Durch euer treues Immer-wieder-Kommen
hat dieses Volksfest eine so tolle Entwicklung genommen.

Zum 20. Mal gibt‘ s das Wandertheaterfestival
mit hochkarätigen Künstlern, international.
Den ganzen Zauber theatralischer Spiele
brachten sie mit, mit nur einem Ziele:
uns froh und sinnreich zu unterhalten
mit ihren skurrilen Theatergestalten.
Sie kamen mit Klassik und Mythen, mit Zirkus, Tanz und Musik,
mit Himmel und Hölle, mit „Faust“, modern und antik,
maskiert und auf Stelzen, haben Brücken gebaut,
machten uns mehrmals mit Shakespeare vertraut;
Liebeskabale, Märchen und Feuerlegenden ?
die Vielfalt der Kunst wird niemals enden.
Ihr Suchen und Finden, ihr clowneskes Treiben
wird für immer in unseren Herzen bleiben.
Wir haben Hitze ertragen, den Regen verlacht,
haben die Themen der Jahre zu den unseren gemacht;
waren weinselig und heiter und bestens gelaunt,
haben die Künstler gefeiert und sie bestaunt.
Kurz: Es passte zusammen, Theater und Wein,
und so soll es auch in der Zukunft sein.
Gedankt sei heut jenen, die mitgestrickt,
dass das Fest jedes Jahr stets aufs Neue glückt.
Wie da sind die sächsischen Weinmajestäten, die repräsentierten unser Land,
mit würdiger Botschaft und immer charmant.
Auch an die „Macher“ wollen wir denken,
die uns mit ihren wunderbaren Ideen beschenken.
Stichwort Helmut Raeder – Helmut, Helmut,
den Mann mit dem Hut, den kennt doch jeder!

Erheben wir unser Glas auf Sachsens schöne Seiten,
auf freudvolles Leben auch kommender Zeiten,
auf die Hoffnung, dass vieles zum Guten sich fügt,
wenn Tatkraft und Hilfe Egoismus besiegt.
Trinken wir auf eine weitsichtigere Politik,
auf kluge Entscheidungen und Handlungsgeschick
und darauf, dass wir das Mögliche versuchen
und nicht hasserfüllt alles Fremde verfluchen.
Es hilft kein Gegröle, kein dummes Schrein,
so können Menschen nie Freunde sein.
Nehmen wir momentane Beschwernis in Kauf
und die Neuankömmlinge fair und freundlich bei uns auf!
Seien wir menschlich und denken daran,
dass das, was ihnen passiert, auch uns treffen kann.
Nur Menschen liebender Mut im täglichen Handeln
kann im Kleinen wie im Großen die Welt verwandeln.
Also: Trinken wir darauf, dass wir diesen Mut finden
dann schmeckt auch der Wein aus hundert anderen Gründen.

 

„Radobyl und Gvozdec – Radebeul vor 1000 Jahren“

verein für denkmalpflege und neues bauenAls Anlass zu Jubiläumsfeiern von Ortschaften in diesem und im nächsten Jahr dient die urkundliche Ersterwähnung, so 1315 des Dorfes Serkowitz und 1366 von Zitzschewig. Die erste derartige Nennung eines Radebeuler Ortsteils erfolgte 1144 für Naundorf. Aber die Besiedlung selbst ist deutlich älter, und hier schlägt die Stunde der Archäologen.
Mit den Burgwällen von Dresden-Briesnitz, Niederwartha (Burgberg, Böhmerwall und Heiliger Hain) ist eine auffällige Häufung befestigter Orte am westlichen Rand der Dresdner Elbtalweitung zu lokalisieren. Das heutige Stadtgebiet von Radebeul ist dagegen von wenigen Ausnahmen abgesehen, auffallend fundleer, was zu der Aussage verleiten könnte, das Gebiet sei im 10. / 11. Jahrhundert, dem slawischen Mittelalter, weitgehend unbesiedelt und lediglich einer peripheren Nutzung unterzogen worden.
Die Kartierung slawischer Funde des 10. und 11. Jahrhunderts – in erster Linie Siedlungen und Burgwälle – zeigt eine Verbreitung, die im sächsischen Tiefland Schwerpunkte längs der großen Flüsse und in der Lommatzscher Pflege erkennen lässt. Dicht belegt ist auch das Bautzener Gefilde, während die Fundleere in der Großenhainer Pflege am ehesten dadurch zu erklären ist, dass diese fruchtbare Landschaft im slawischen Mittelalter unbesiedelt war. Die Bedeutung der Elbe als Leitlinie einer slawischen Besiedlung wird durch landesgeschichtlich wichtige Orte wie Meißen, Torgau, Strehla oder auch Belgern unterstrichen. Auch wenn landesgeschichtliche Darstellungen immer auch die Furtsituationen, namentlich überregionale Ost-Westtrassen betonen, dürfte das Siedlungsgeschehen vorrangig durch den Fluss als Leitlinie, sicherlich auch in hohem Maß als wichtigen Verkehrsweg bestimmt worden sein. Saumartig den Ufern folgend wurden die angrenzenden fruchtbaren Landstriche aufgesiedelt.
Dem Verein für Denkmalpflege und neues Bauen ist es gelungen, für den Vortrag am 6. November, 19.30 Uhr, im Kulturbahnhof, Sidonienstraße 1c, Herrn Dr. Thomas Westphalen zu gewinnen. Er ist Leiter der Abteilung II Archäologische Denkmalpflege im Landesamt Archäologie des Freistaates Sachsen. Seit seiner Promotion an der Universität Tübingen im Jahr 1994 hat er in zahlreichen Grabungen, nicht zuletzt als Zuständiger für die Stadtarchäologie in Bautzen, Dresden, Görlitz, Leipzig, Meißen, Pirna und Zittau, unser Wissen um die vorschriftliche Vergangenheit Sachsens und der Lausitz erheblich erweitert.
Herr Dr. Westphalen ist Vorsitzender der Archäologischen Gesellschaft Sachsen e.V., die ebenfalls wie auch das Landesamt zu diesem Vortrag einlädt.
Der Vortrag beleuchtet die Siedlungsgeschichte Radebeuls im frühen Mittelalter. Es werden alte und neue Entdeckungen aus dieser Zeit vorgestellt und dabei auch ein Blick über die Stadtgrenzen Radebeuls gewagt.
Dr. Jürgen Rainer Wolf, Radebeul

Diffuses Licht zwischen Herbststimmung und Winterwald

Die Ravensburger Malerin Birgit Schwartz-Glonegger stellt im Coswiger Rathaus aus

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»Spiegelung«, Aquarell                                                              Repro: W. Zimmermann

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»Hafeneinfahrt«, Aquarell            Repro: W. Zimmermann

Immerhin 25 Jahre ist es nun schon her, dass sich ostdeutsche Städte unter westdeutschen Kommunen Partner suchten. Vergleichbar miteinander sollten sie sein; die ostdeutschen wie auch die westdeutschen Städte. So fand bspw. Radebeul im saarländischen St. Ingbert einen guten Partner, während das benachbarte Coswig mit der süddeutschen Kommune Ravensburg eine Partnerschaft einging. Der 25. Jahrestag dieser Partnerschaften nun bietet eine zusätzliche Möglichkeit, sich noch besser kennen zu lernen.
Im Zusammenhang mit einer sehenswerten Ausstellung im Coswiger Museum Karrasburg stellt die Ravensburger Malerin Birgit Schwartz-Glonegger im Coswiger Rathaus einen sehenswerten Querschnitt ihres umfangreichen Œu­v­res aus. Die Aquarell- und die Acrylfarben bevorzugt die Malerin, fühlt sich aber auch in den Mischtechniken wohl. Und so sind eine Vielzahl an wunderbaren Stimmungsbildern entstanden. Wie etwa eine sehr romantische Sicht auf eine nebelverhangene „Hafeneinfahrt“. Oder das intensive Rot der Mohnblumen. Ein märchenhaft verschneiter Winterwald und sich im Wasser widerspiegelnde Bäume. Dem Winter wiederum wird die wärmende Stimmung des Sommers entgegengesetzt.
Die gebürtige Ravensburgerin des Jahrgangs 1951 entdeckte mit 27 Jahren ihre Liebe zur Malerei. In den ersten Jahren konzentrierte sie sich dabei ausschließlich auf das Aquarell; später kamen dann die Acrylfarben und auch eine Vielzahl an Zeichnungen dazu. Inzwischen kann die rührige

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»Mohn«, Aquarell                              Repro: W. Zimmermann

Ravensburgerin längst auf ein eigenes Atelier verweisen, dem sie den Namen „Kunst am Tor“ gab. Inzwischen ist sie aber auch Dozentin an der Ravensburger Volkshochschule, gibt eigene Kurse oder geht mit ihren Schülern auf Malreise in benachbarte europäische Länder.
In einem ihrer Aquarelle hat sie sich einer wunderbar verträumten Abendstimmung angenommen. Da leuchtet am Himmel ein sanftes Abendrot, während die Blüten der Sträucher am Fluss eine stimmungsvolle Farbigkeit verbreiten.

Wolfgang Zimmermann

Noch bis zum 15. November 2015 ist die Ausstellung von Birgit Schwartz-Glonnegger im Coswiger Rathaus zu besichtigen.

„Wein ist eingefangener Sonnenschein“

Ein cineastischer Rückblick auf die Winzerumzüge von 1965 und 1969

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Filmsequenzen von 1965/69              Foto: Stadtarchiv Radebeul

Hatte das Jahr 1965 keine sonderliche Bedeutung in der Historie des 40-jährigen Lebens der DDR, so geriet das Jahr 1969 gleich mehrfach in den Fokus der Geschichtsschreiber jener Zeit. Immerhin, im Oktober 1969 bestand die DDR als eigener Staat bereits 20 Jahre. Ausreichend Grund, diesen Tag mit einem pompösen Umzug und diversen anderen Festivitäten zu begehen. So stand dann auch der Winzerumzug 1969 ganz direkt im Zusammenhang mit dem Republikgeburtstag. Denn der manifestiert sich in den mit zahlreichen Losungen verzierten Festwagen, den vielen Transparenten und auch dem Aufmarsch der Kampfgruppen.
Beide Umzüge – der des Jahres 1965 und der von 1969 – sind zu sehen in zwei Filmen im schwarz/weiß Format, die im Radebeuler Stadtarchiv entdeckt wurden und aus denen der Radebeuler Musiker Manfred Kugler in einem langwierigen Prozess jene zwei Filme herausfilterte. Zum Einen war das der Winzerumzug im Jahre 1965, der nur am Rande politische Botschaften transportierte. Zum Anderen aber war das der Winzerumzug des Jahres 1969, der zeitgleich mit den Festlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen der DDR stattfand. Der erste Film entstand im schwarz-weiß Format, der von 1969 bereits in Farbe. Jeder Film hat eine Länge von 16 Minuten. Und beide Filme sind natürlich in erster Linie dem hiesigen Wein gewidmet; denn der bestimmte die Umzüge in jeglicher Hinsicht. Nicht nur in dem einhelligen Lob „Wein ist eingefangener Sonnenschein!“

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Filmsequenzen von 1965/69 Foto: Stadtarchiv Radebeul

Darüber hinaus erzählen beide Filme viele kleine unterschiedliche Geschichten. „Nieder mit der faschistischen Diktatur in Griechenland!“ lautete bspw. der Text auf einem der im Umzug mitgetragenen Transparente. Die Älteren werden sich gewiss erinnern, die DDR nahm damals zahlreiche griechische Flüchtlinge auf, die sich über die nachfolgenden Jahrzehnte hier gut eingewöhnten und sich beruflich vor allem im gastronomischen Bereich engagierten. Auch in Radebeul landeten einige dieser Flüchtlinge, integrierten sich und und viele von ihnen leben auch heute noch unter uns.

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Filmsequenzen von 1965/69 Foto: Stadtarchiv Radebeul

Manfred Kugler hat den bewegten Bildern der beiden Umzüge Musik unterlegt. Und wer damals dabei war – egal ob als Mitwirkender oder als Zuschauer – könnte sich an irgendeiner Stelle dieser beiden Filme auf den Bildern durchaus wieder erkennen. Die Filme sind auf einer DVD gespeichert und wer sie käuflich erwerben möchte, der kann das über das Stadtarchiv Radebeul tun.

Wolfgang Zimmermann

Titelbild November 2015

Die letzten Titelbilder zeigten meist bäuerliche Häuser von der linkselbischen Seite. Die Auswahl war groß, weil diese Haustypen vorherrschend sind. Villen dagegen sind hier seltener. Eine solche eher städtische Architektur fiel mir in der Dresdner Straße 42 in Cossebaude auf. Klinkerfassaden sind in Sachsen nicht so häufig – man findet sie oft bei Bahnhöfen und in der Periode der Gründerzeit. So könnte man in dem stattlichen Bau von 1892 ein Rathaus vermuten. Nein, diese Funktion hatte der Bau nicht, es war die Fabrikantenvilla der Zementbauteilefabrik Winschild & Langlott, im Volksmund nur als rote Villa bekannt. Ähnliches hatte das Architekturbüro Schilling und Graebner hervorgebracht, aber von wem dieser Entwurf stammt, war bisher nicht festzustellen.
Das hohe Sockelgeschoß hebt die zweigeschossige, stark gegliederte Villa mit Turm, Holzveranda, repräsentativem Eingang und straßenseitigem Eisenzaun noch hervor. Die abgewalmten Dächer sind mit roten Ziegeln und die welsche Haube und andere Dachteile mit dunklem Schiefer gedeckt.
Das Haus ist städtebaulich kaum eingebunden – man wundert sich, untypisch gähnende Leere nach links und rechts. Die isolierte Lage entstand erst nach Ende der Produktion und Abbruch der Fabrikgebäude irgendwann nach 1990. Die Straßenseite, zugleich Hauptschauseite, ist durch intensive Begrünung leider kaum zu sehen, geschweige denn zu fotografieren. Heute sind verschiedene Büros und Einrichtungen in der denkmalgeschützten Villa untergebracht.

Dietrich Lohse

Editorial 11-15

Editorial

Die letzten Trauben wurden von den Reben geschnitten. Ein überaus gesegnetes Weinjahr geht zu Ende. Die reiche Kelter schäumt und gibt einen hoffnungsvollen Ausblick auf die gefüllten Gläser im kommenden Jahr. Und so wie der Herbst verklingt, so verstummten auch die rauschenden Wein- und Winzerfeste.
Radebeul im Feierrausch.
Uns geht es doch gut. Und so geht es weiter. Nach den tristen Novembertagen beginnt die beschauliche Vorweihnachtszeit. Weihnachtsmarkt in altvertrauter Heimelichkeit mit Glühwein, Wollsocken und Musikgedudel. Alles auf einem hohen Niveau hier, keine Frage. Wir haben es uns ganz gut eingerichtet, jetzt nach 25 Jahren Einheit und Konsum. Jahre voller Feste dicht gedrängt im Jahreskreis.
Überhaupt was wir uns leisten, kulturell, unfassbar. Von der Kleinkunst bis zur großen Oper, hier im kleinen Radebeul. Neben Wien und Berlin ist es einzig Dresden, das drei Opernhäuser in unmittelbarer Nähe vereint, weltweit! Dazu noch Schauspiel und Ballett vor der Haustür!
Und verzichtete man auf all die Medien, all die täglichen Nachrichten aus aller und näher rückenden Welt, dann wäre unser Wohnumfeld wohl ein kaum zu ertragendes Wohlstandsidyll.
Vielleicht mal ein Moment zum Innehalten, um sich zu vergegenwärtigen, wie gut es uns (noch) geht.

Sascha Graedtke

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