Türoberlicht-Leuchten in Radebeul

Na, geht Ihnen, lieber Leser, liebe Leserin, schon ein Licht auf, wohin uns die Überschrift führt? Wenn nicht, dann bitte dranbleiben!

Körnerweg 5

Diesem Detail, es klingt in der Überschrift wie ein Exot der Architektur, in Radebeul nachzugehen, war für mich mit Entdeckerfreuden verbunden, ein interessantes Detail mit praktischem Nutzen. Nach Stand meiner Recherchen kann ich z.Z. an sechs Standorten derartige Leuchten nachweisen. Ist es ein Radebeuler Phänomen – ich glaube nicht, kann aber gerade kein Beispiel aus Dresden, Meißen, Görlitz oder Freiberg benennen. Sie sind in der Regel an größere, bzw. repräsentativere Gebäude gebunden, z.B. Schulen, öffentliche Bauten oder große Villen. Die gefundenen Oberlichtleuchten entstanden im Zeitraum zwischen 1910 und 1930, eine Zeitspanne mit rascher Folge von Baustilen und Bauepochen: Jugendstil, deutscher Werkbund, Reformbaukunst, Heimatstil und Bauhaus, hauptsächlich aber Reformbaukunst und Heimatstil. Da es sich um repräsentative Bauten handelt, lassen sich die zugehörigen Architekten leichter ermitteln als bei unbedeutenderen Bauten. Es sind das hier: Prof. Emil Högg, Felix Sommer (Büronachfolger von Adolf Neumann), Otto Rometsch, und die Gebr. Kießling. Denkbar auch bei Arbeiten von Max Steinmetz (Nachfolger im Büro Gebr. Ziller), Oskar Menzel sowie Schilling & Gräbner, die aber keine solchen Leuchten in Radebeul hinterlassen haben.

Altkötzschenbroda 40

Marienstr. 12a

Altkötzschenbroda 40Das bewusst gestaltete Detail einer Oberlicht-Leuchte hatte seine Wurzeln sicherlich in historischen Laternen oder Lampions – als Leuchtmittel dienten dann u.a. Wachskerzen. In einer größeren Glasfläche, dem Oberlicht einer ein- oder zweiflügligen Eingangstür, sitzt, besser gesagt schwebt, ein gläserner Kubus, der sich nach außen und innen wölbt und so den Raum für eine elektrische Lampe ergibt. Die Rippen dieses Kubus stehen in einem mehr oder weniger spannungsreichen Verhältnis zu den Sprossen des Oberlichtes. Die

Meißner Str. 64

Ledenweg 2

Straße des Friedens 58

Gesamtgestaltung ist besser, wenn es im Bereich von Oberlicht und Leuchte nicht zu eng zugeht, also anders als beim Beispiel Meißner Str. 64. Die elektrische Zuleitung sollte geschickt plaziert sein, um die Gesamtgestaltung nicht zu stören. Für einen Wechsel des Leuchtmittels ist es erforderlich, dass ein Teil des Kubus abnehmbar ist. Oft wurde die Beleuchtung einer repräsentativen Eingangstür mit einer oder zwei seitlichen, im Mauerwerk verankerten Leuchten organisiert, das dürfte auch heute noch üblich sein. Die hier beschriebenen Oberlichtleuchten können den Eingangsbereich einer Villa ebenfalls ausreichend belichten haben aber den Vorteil, dass Licht nach außen und innen abgestrahlt wird. Ein Dresdner Denkmal-Kollege hätte, vor so einer Leuchte stehend, sicherlich gesagt: das sieht aber putzig aus, typisch Radebeul! Betrachten wir nun die betreffenden Radebeuler Häuser in zeitlich geordneter Folge, da steht an erster Stelle die Villa von Emil Högg, Marienstr 12a, der 1910 von Bremen kommend an die TH Dresden berufen wurde. Der neue Wohnsitz von Högg in Radebeul stellt sich als ausklingender Jugendstil dar. Er verwendete da über der einflügligen, hohen Eingangstür eine solche Oberlichtleuchte. Im Ledenweg 2 finden wir die stattliche, 1915/ 16 erbaute Fabrikantenvilla von J. W. Hofmann. Man wundert sich, dass eine solche Bauleistung mitten im 1. Weltkrieg möglich war. Sie wurde von Architekt Felix Sommer entworfen, der Hauptzugang befindet sich hier auf der Westseite. Das zweiflüglige Portal ist so aufwändig gestaltet, dass man die besagte Leuchte erst auf den zweiten Blick wahrnimmt. Die Berufsschule auf der Straße des Friedens 58, für Radebeuler Verhältnisse ein monumentaler Bau, wurde 1921 vom Entwurfsbüro der Gebr. Kießling bearbeitet. In der gestalterischen Betonung der Eingangssituation über 3 Etagen finden wir über der zweiflügligen Tür auch eine solche Oberlichtleuchte. Der Gestalter von zwei Wohnhäusern am Grundhof war Otto Rometsch. 1924/ 25 wurde ihm mit dem Bau des Verwaltungssitzes der Gröbawerke (regionale Elektroversorgung) im Körnerweg 5 ein Großauftrag angetragen. In der Mittelachse über der Eingangstür des symmetrischen Neubaus wurde ebenfalls als Lichtquelle und Blickfang eine Oberlichtleuchte eingefügt. Hier bestehen die Teile des Oberlichtes aus gemustertem Glas. Nach einem Brand im Jahr 1934 wurde der Dachreiterturm nicht wieder aufgebaut. Die Gebr. Kießling hatten dann beim Bau des Gemeindehauses der Friedenskirche, Altkötzschenbroda 40, noch mal eine Gelegenheit, eine Oberlichtleuchte über dem Eingang einzubauen. Interessant ist hier der Saal im OG (zugleich Winterkirche) mit einer gewölbten Holzdecke nach Zollinger Art. Etwas abweichend von den vorgenannten Beispielen ist es bei einer weiteren Oberlichtleuchte beim Zugang zur Gaststätte „Zu den Linden“, Meißner Str. 64. Über einer einflügligen Tür hat das Oberlicht einen Leuchtkasten mit einer Figur – die Gestaltung wirkt hier aber eng und gedrückt. Diese Eingangstür zur Gaststätte dürfte von einer Umgestaltung von um 1930 stammen, genauere Daten liegen nicht vor.

Außer der Gaststätte sind alle o.g. Gebäude Kulturdenkmale. Somit erscheint der weitere Erhalt dieser Art von Leuchten in Radebeul nicht gefährdet. Damit hat der Verfasser wieder ein schillerndes Nischenthema gefunden – zum „Welt retten“ taugt es leider nicht!

Dietrich Lohse

Fotos: D. Lohse

Rückblick auf ein ungewöhnliches Projekt

Langzeitworkshop „Mein Haus – Meine Stadt“ in der Stadtgalerie Radebeul

Wie in „Vorschau & Rückblick“ angekündigt, wurden am 6. März die Ergebnisse der Langzeitworkshops „Mein Haus – Meine Stadt“ in der Stadtgalerie Radebeul präsentiert. Der Start erfolgte am 6. Februar. Über einen längeren Zeitraum arbeiteten mehrere bildende Künstler mit Kindern und Jugendlichen an der Thematik mit unterschiedlichen Materialien und Techniken. Zur Abschlusspräsentation mit zahlreichen Gästen, unter ihnen die Teilnehmer der Werkstatt und deren Angehörigen, sprach Roswitha Maul über die Entwicklung der Idee und besonders über die vielen, dabei entstandenen fruchtbringenden Kooperationen. Nachfolgend ein Auszug aus der Laudatio:

„Seit 8 Jahren mache ich das Ganztagsangebot Keramik in der Oberschule Radebeul-Mitte und nun ist es das erste Mal, dass ein Projekt, was ganz klein, in unserer Keramikwerkstatt im Keller der Schule begonnen hat, in einer so großen Ausstellung gezeigt wird. Wir hatten angefangen, die Häuser, in denen wir leben, aus dem Gedächtnis nachzubauen. So fing alles an. Manche konnten sich schwer zwischen den zwei verschiedenen Häusern, bei Mama oder Papa entscheiden. Manche haben vielleicht auch ein Traumhaus gebaut. Es entwickelte sich schnell die Idee, dass wir mit den Werken mal was anderes machen wollten, als es nur mit nach Hause zu nehmen.
Parallel entwickelte sich auch in der Stadtgalerie Radebeul bei den MitarbeiterInnen Alexander Lange und Magdalena Piper, der Wunsch vom herkömmlichen Ausstellungskalender mal auszuscheren und etwas Neues auszuprobieren. … aus den gewohnten Strukturen auszubrechen und sich auf neue Kooperationen einzulassen. …Vom erfolgreichen Ergebnis können Sie sich überzeugen … Große Kohlezeichnungen in denen 3 bis 5 Namen draufstehen, in denen Stadtansichten entwickelt wurden, wo Gebetshäuser verschiedener Religionen nebeneinanderstehen, wo der Wunsch nach grünen Spielplätzen neben Pferdeställen, touristischen Ausflugzielen von Radebeul neben Graffittikunst und Pfefferkuchenhäusern steht und freundlich leuchtende Fenster eine Einladung ausstrahlen.
Die Zusammenschau von städtischen Impressionen, die wir in Radebeul heute finden oder wir vielleicht in Zukunft finden werden, zeigen uns die Arbeiten, die in den Ferienworkshops entstanden sind. Ich danke Magdalena Piper für die Organisation und Suche nach Kooperationspartnern, Kommunikation mit Schulen und Schulhorten und den Künstlerkolleginnen Maja Nagel, Maria Haberjahn und Mechthild Mansel für die Durchführung der Workshops. Rasant wurde hier in den Räumen in den Ferien gearbeitet. Magdalena Piper und ich konnten gar nicht alles hängen, was entstanden ist. So Viele Ideen, habt Ihr, liebe TeilnehmerInnen umgesetzt.“(sic!)

Die Bildhauerin Roswitha Maul gehörte zu jener Künstlergruppe, die bis zur Kündigung der Räume durch den neuen Besitzer in der „Alten Molkerei“ auf der Fabrikstraße in Radebeul-West ihr Domizil gefunden hatte. Obwohl sie jetzt in Dresden lebt, ist die Verbindung zu Radebeul nicht abgerissen. Bereits vor einigen Jahren hatte sie sich an den themenorientierten Gemeinschaftsausstellungen der Stadtgalerie Radebeul beteiligt. Gegenwärtig leitet sie im Rahmen der Ganztagsangebote einen Keramikkurs an der Oberschule Radebeul-Mitte.

Roswitha Maul

Repros: K. (Gerhardt) Baum

Schreibwerkstatt:

Hey Freund

Ich wollte dir noch was sagen
Ich.. Ich danke dir
Ich danke dir für alles, was du getan hast
Dafür, dass du mich ins Licht geführt hast
Dafür, dass du mir geholfen hast, wenn ich dich brauchte
Und für mich da warst, als ich dich am nötigsten hatte
Dafür, dass du bei all den beschissenen Sachen dabei warst, denn ohne dich wäre die Zeit vielleicht nie vorbeigegangen
Ich danke dir dafür, dass du mich liebst
Dafür, dass du meine Fehler ruhen lässt und mich nicht an sie erinnerst
Ich danke dir dafür, dass du ein Freund bist
Mein Freund
Du bist das Wort, das nur fünf Menschen in meinem Leben für mich sind
Früher hatte das Wort weniger Bedeutung
Aber nachdem ich dich kennengelernt habe, hatte ich nur noch fünf Freunde
Denn wenn mich jemand fragt, was ein Freund für mich ist,
Dann bist du der Inbegriff
Eine Person, die bedingungslose Liebe und Unterstützung gibt
Der ich alles anvertrauen kann
Und bei der ich weiß, dass sie mich nie absichtlich verletzen würde
Und wenn das nicht meine Voraussetzungen für eine Freundschaft wären,
Dann hätte ich zwanzig Freunde mehr
Aber ich habe die zwanzig Freunde nicht nötig
Denn ich habe dich, und das ist alles, was ich an einer Freundschaft brauche
Ich danke dir
Ich danke dir, dass du für mich mein Inbegriff für Freundschaft bist
Und ich diesen Luxus habe, dich meinen Freund nennen zu dürfen
Danke

Antonia Ubbelohde – Klasse 9
Lößnitzgymnasium Radebeul

Radebeuler Thaut-Motive einst und jetzt, Teil II

Radierungen von Johannes Thaut und Fotografien von Friedhelm Kratz

Als ich im Juni 1984 die Leitung der Kleinen Galerie in Radebeul-Ost auf der Ernst-Thälmann-Straße 20 (heute Hauptstraße) übernahm, war Johannes Thaut der erste Künstler, mit dem ich eine Personalausstellung realisieren durfte. Die Besucher gaben sich die Klinke in die Hand, denn der Radebeuler Maler und Grafiker war nicht nur für Sammler ein Begriff, deren Erwerbungen wohlverwahrt in Grafik-Schränken ihr Dasein fristeten. Radierungen mit Thaut-Motiven schmückten, liebevoll gerahmt, zahlreiche Wohnzimmerwände. Selbst die Gaststätte vom Klubhaus „Heiterer Blick“ hatte man damit ausgestattet.

Johannes Thaut in seinem Radebeuler Atelier auf der Moritzburger Straße, Aufnahme Mitte der 1970er Jahre, Foto Privatarchiv Thaut

Wenngleich Johannes Thaut im Jahr 1921 in Radebeul geboren wurde, kam er erst über viele mehr oder weniger abenteuerliche Umwege, die ihn bis nach Schweden führten, wieder 1955 nach Radebeul zurück. Geprägt durch seine Biografie, engagierte er sich in der Lößnitzstadt weit über das eigene künstlerische Schaffen hinaus. So gehörte Johannes Thaut zu jenen Künstlern, die den Radebeuler Grafikmarkt mit ins Leben gerufen hatten und sich dafür einsetzten, dass Radebeul eine kommunale Galerie erhielt, in deren Galeriebeirat er bis zu seinem Tode Mitglied war. Erfahrungen und Wissen gab er in den Mal- und Zeichenzirkeln des Arzneimittelwerkes Dresden (AWD) und des VEB Planeta weiter.

Wenige Tage nach seinem 66. Geburtstag verstarb Johannes Thaut am 28. Mai 1987. Die Radebeuler Stadtgalerie würdigte ihn im Jahr 1995 mit einer Gedenkausstellung. Gezeigt wurde ein Querschnitt des Gesamtschaffens, darunter Skizzen, die in Kneipen entstanden sind, Grafiken, Aquarelle und Gemälde mit Motiven unterschiedlichster Art sowie Entwürfe von Wandbildern, welche Johannes Thaut gemeinsam mit den Radebeuler Künstlern Gerold Schwenke und Günter Schmitz gestaltet hatte. Diese vielfältige, wiederum sehr gut besuchte Überblicksschau, sollte schließlich die vorletzte Ausstellung am alten Galeriestandort sein.

Porträtfoto Friedhelm Kratz, Foto Privatarchiv Kratz

Während sich die Galerie nach der Kündigung des Mietvertrages für zwei Jahre im Exil befand, knüpften deren Mitarbeiter bis zur Wiedereröffnung am neuen Standort in Altkötzschenbroda im September 1997 vielgestaltige Kontakte und halfen mit, alternative Ausstellungsmöglichkeiten zu erschließen.

So wurde 1997 (Eröffnung im April) in der „Rathausgalerie“, angeregt durch den “verein für denkmalpflege und neues bauen“, aus Anlass des 10. Todestages von Johannes Thaut die Ausstellung „Thaut-Motive einst und jetzt“ gezeigt. Die Motive der ausgewählten Aquatinta-Radierungen bildeten die Vorlage für die Fotografien von Friedhelm Kratz. Welche Tücken damit verbunden waren, schilderte der Vereinsvorsitzende Thomas Gerlach in seiner Eröffnungsrede. „Die schlichte Undurchführbarkeit einer solchen Idee wurde uns bewußt, da waren die Einladungen schon so gut wie gedruckt. Von dem Wunsche beseelt, dem grafischen Vorbild gerecht zu werden, hat Friedhelm Kratz Fotos geschossen, wie er sie aus sich heraus nie aufnehmen würde.“ Was dem Künstler „nicht in den Kram paßte“, hatte dieser ignoriert, um den Blick freizugeben „auf Dinge, die ihm wichtig waren“. Der Fotograf wiederum konnte nichts weglassen, denn er war an die Realität gebunden.

Spätestens hier stellt sich die Frage: Warum also noch einmal Thaut-Motive?

Gründe gibt es viele. Die Verleihung des Stadtrechtes an Kötzschenbroda und Radebeul vor 100 Jahren bot sich geradezu an. Gemeinsam mit dem Fotografen Friedhelm Kratz wollten wir als Betreiber des Kunsthauses Kötzschenbroda einen Beitrag zum Festprogramm leisten, welcher im Bezug zur Radebeuler Stadtgeschichte steht. Allerdings wurde 2024 ein ähnlicher Denkfehler wie 1997 gemacht. Man hatte sich alles schlichtweg viel zu einfach vorgestellt. Nach nunmehr einem halben Jahrhundert sollten also die einstigen Motive von Johannes Thaut ein zweites Mal fotografisch dokumentiert werden. Doch die Originalgrafiken waren nur noch rudimentär verfügbar. Der zweite Schreck erfolgte dann unmittelbar vor Ort. Doch das können sich die Ausstellungsbesucher selbst anschauen.

Das Kunsthaus Kötzschenbroda gehört zu den temporär Offenen Häusern der Lößnitzstadt. Das heißt, Haus und Garten werden nur zu besonderen Anlässen geöffnet. Das Jubiläumsjahr ist ein solcher Anlass. Aber warum nun dieses Thema? Der Reiz besteht in dessen Brisanz, denn die Begriffe „Heimat“ und „Volkskunst“ sind sehr ambivalent besetzt.

Johannes Thaut »Am Kroatenweg« (Kroatengrund), Aquatintaradierung, 1970er Jahre Repro Karin Baum

Aufnahme von Friedhelm Kratz 1997, neue Tore in der Weinbergsmauer, statt Sandweg Pflaster und Asphalt Foto Friedhelm Kratz

Nichts bleibt, wie es war. Das einzig Beständige ist die Veränderung. Was existiert noch nach 50 Jahren von dem, was die Ausflügler in die einstmals ländlich anmutenden Lößnitzortschaften vor den Toren der Kunstmetropole Dresden angezogen hat? Ist die Bezeichnung „Kulturlandschaft“ pure Nostalgie? Wo gibt es sie noch, die urigen Weinstuben, Ausflugslokale, Bauerngehöfte, Winzerhäuser, Herrenhäuser oder Sandwege? Nimmt die Wärmedämmung den Fassaden die Patina? Werden Schilderwälder, architektonische Dreistigkeiten, Blechlawinen, Werbung von erlesener Penetranz als störend wahrgenommen oder hat man sich schon daran gewöhnt?

Der 35 Jahre jüngere Friedhelm Kratz hat Johannes Thaut nie persönlich kennengelernt. Und doch gibt es Vieles, was beide verbindet. Beide haben sehr praktische Berufe erlernt: Johannes Thaut – Dekorationsmaler, Friedhelm Kratz – Maurer. Das hat sie geprägt. Sowohl der künstlerische Autodidakt als auch der „Hobbyfotograf“ haben zahlreiche, des Darstellens werte Motive unmittelbar vor der Haustür gefunden und damit auch eine Art Zeitdokument geschaffen.

Johannes Thaut, unbezeichnet (Meierei), Aquatintaradierung, 1970er Jahre Repro Karin Baum

Aufnahme von Friedhelm Kratz 2024, ein blickdichter Zaun nimmt die Sicht auf das ehemalige Ausflugslokal und den Gästegarten Foto Friedhelm Kratz

Johannes Thaut war sehr vielseitig. Die mehr oder weniger bekannten Radebeul-Motive stellen nur einen kleinen Ausschnitt des Schaffens dar. Seine enge Beziehung zu den „einfachen“ Menschen drückt sich auch darin aus, dass er als ein „humorvoller Chronist des Alltags“ beschrieben wird. Die künstlerischen Grundlagen hatte er sich in Abendkursen an der Dresdner Kunstakademie und in der privaten Malschule von Otte Sköld in Stockholm erworben.Friedhelm Kratz wurde 1956 in Trebnitz/ Sachsen-Anhalt geboren. Er erlernte den Maurerberuf, weil er großes Interesse am Bauen und Gestalten hatte. Neben der täglichen Arbeit blieb ihm dann noch Zeit zum Fotografieren, zunächst hauptsächlich auf Reisen. Mit dem Umzug nach Radebeul im Jahr 1985 begann er die Reize der Gartenstadt und deren versteckte Schönheiten zu entdecken. Natur und Architektur, Verfallendes und Saniertes bieten ihm ständig neue Motive. Fachlich bildet er sich in Kursen unter Leitung eines erfahrenen Berufsfotografen weiter.

Johannes Thaut »Turmhaus mit Garten«, Aquatintaradierung, 1970Repro Karin Baum

Schon damals löste die Ausstellung mit den Thaut-Motiven Problemdiskussionen aus. Seitdem sind 27 Jahre vergangen. Wiederum hat sich Vieles verändert. Und es stellt sich erneut die Frage: Welche Entwicklung hat die Radebeuler Kulturlandschaft genommen?

Der Schwerpunkt dieser kleinen Ausstellung liegt auf dem Dokumentarischen, was dem Fotografen Friedhelm Kratz nur einen begrenzten Spielraum lies, um eigene Intentionen zu verfolgen. Dessen war er sich von vornherein bewusst und dafür sei ihm auch noch einmal gedankt. Gedankt sei auch dem Ehepaar Günter und Hannelore Thaut, deren Anliegen es war und ist, die Erinnerung an den Radebeuler Maler und Grafiker Johannes Thaut in einem produktiven Sinne lebendig zu erhalten.

Karin (Gerhardt) Baum

Das Kunsthaus Kötzschenbroda ist offen auf Anfrage. Vernissage mit Kaffee, Kuchen und kurzen Reden am 7. April um 16 Uhr, Anmeldung erbeten unter 0160-1038663, info@kunsthaus-koetzschenbroda.de

Editorial

Editorial 4-24
In den diesjährigen Reigen der 100-Jahrfeiern gesellt sich fast unbemerkt noch eine weitere und oft im Schatten stehende Institution: die Volkssternwarte „Adolph Diesterweg“ beziehungsweise Sternwarte Radebeul. Warum denn 100? werden sich nun unsere Leserinnen und Leser fragen, wurde die Stätte doch erst am 2.5.1959 feierlich eingeweiht.
Weltweit, in nunmehr über 4000 Sternwarten, wird vom Oktober 2023 bis Mai 2025 gemeinsam das Hundertjährige Bestehen des Planetariums gefeiert. 1923 wurde in Jena der erste Plenatariumsprojektor weltweit enthüllt. 1925 wurde mit der Eröffnung des Deutschen Museums in München dann die neuartige Technik der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
In der Sternwarte Radebeul agiert seit vielen Jahren der ehrenamtlich tätige Verein Astroclub Radebeul e.V., der allein zwischen 2005 und 2011 elf Kleinplaneten entdeckte. Überhaupt ist das beeindruckende Engagement aller Beteiligten zu würdigen, denn die allmonatlichen Angebote mit Vorträgen, Filmen, Veranstaltungen für Groß und Klein und Sternenschau sind äußerst bemerkenswert.
Am 4.5.2024 begeht nun die Radebeuler Stätte das große Fest. Ab 15 Uhr lädt die Sternwarte mit mehreren Veranstaltungen bis in den späten Abend ein. Darunter u.a. aktuelle Himmelsbeobachtungen, Weltraum-Abenteuergeschichten, Festvortrag, ein Film zur Kulturgeschichte des Planetariums und schließlich eine Full-Dome-Show mit der Musik von Queen erstmals in einer spektakulären Mehrkanalton-Version mit der neuen Tonanlage des Planetariums.
Der Verein freut sich auf rege Reservierungen und Ihr Kommen!

Sascha Graedtke

Editorial 4-24

In den diesjährigen Reigen der 100-Jahrfeiern gesellt sich fast unbemerkt noch eine weitere und oft im Schatten stehende Institution: die Volkssternwarte „Adolph Diesterweg“ beziehungsweise Sternwarte Radebeul. Warum denn 100? werden sich nun unsere Leserinnen und Leser fragen, wurde die Stätte doch erst am 2.5.1959 feierlich eingeweiht.

Weltweit, in nunmehr über 4000 Sternwarten, wird vom Oktober 2023 bis Mai 2025 gemeinsam das Hundertjährige Bestehen des Planetariums gefeiert. 1923 wurde in Jena der erste Plenatariumsprojektor weltweit enthüllt. 1925 wurde mit der Eröffnung des Deutschen Museums in München dann die neuartige Technik der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

In der Sternwarte Radebeul agiert seit vielen Jahren der ehrenamtlich tätige Verein Astroclub Radebeul e.V., der allein zwischen 2005 und 2011 elf Kleinplaneten entdeckte. Überhaupt ist das beeindruckende Engagement aller Beteiligten zu würdigen, denn die allmonatlichen Angebote mit Vorträgen, Filmen, Veranstaltungen für Groß und Klein und Sternenschau sind äußerst bemerkenswert.

Am 4.5.2024 begeht nun die Radebeuler Stätte das große Fest. Ab 15 Uhr lädt die Sternwarte mit mehreren Veranstaltungen bis in den späten Abend ein. Darunter u.a. aktuelle Himmelsbeobachtungen, Weltraum-Abenteuergeschichten, Festvortrag, ein Film zur Kulturgeschichte des Planetariums und schließlich eine Full-Dome-Show mit der Musik von Queen erstmals in einer spektakulären Mehrkanalton-Version mit der neuen Tonanlage des Planetariums.

Der Verein freut sich auf rege Reservierungen und Ihr Kommen!

Sascha Graedtke

(Kontakt und Anmeldungen, siehe Anzeige S.5)

100 Jahre Museum Hoflößnitz, Teil 4 [V&R April 2024]

»Vor kurzem«, hieß es in den Dresdner Neuesten Nachrichten vom 20. Oktober 1909, »besuchten etwa 70 Mitglieder des Vereins für Sächsische Volkskunde […] das unterhalb des Spitzhauses gelegene Schlößchen Hoflößnitz. Die Führung hatte Herr Professor O. Seyffert übernommen.« Was der bedeutende Volkskundler Oskar Seyffert (1862-1940), der sich damals bereits mit dem Plan trug, im ebenfalls vom Verfall bedrohten Dresdner Jägerhof ein Museum für Sächsische Volkskunst einzurichten, dabei über die Historie des architektonisch verwandten, wenn auch viel kleineren Lusthauses der Hoflößnitz ausführen konnte, ist in unserer Serie schon zur Sprache gekommen. Zitiert sei nur noch der Schlusssatz: »Hoffen wir, daß sich unter den wohlhabenden Bewohnern der Lößnitz ein Retter findet, der die Hoflößnitz erwirbt und sie für die Zwecke eines volkskundlichen Museums zur Verfügung stellt, oder noch besser, der das Herrenhaus dem zu gründenden Museumsverein für genannten Zweck schenkungsweise überläßt.« Erstmals ist hier ein Trägerschaftsmodell angedeutet, das zweieinhalb Jahre später tatsächlich gewählt wurde, nämlich:

Ein »Hoflößnitz-Verein«

Die Hoffnung auf den einen spendablen Sponsor aus dem Kreis der noch heute sprichwörtlichen Radebeuler Millionäre hatte freilich ebenso getrogen wie die – zuletzt war davon die Rede – auf staatliche Anschubfinanzierung. Was die Herren aus der Lößnitz, die mit der vom König gezeugten Museumsidee schwanger gingen, brauchten, war ein gewiefter »Fundraiser«. Und ein solcher fand sich wenig später auch wirklich in Person des Geheimen Finanzrates Dr. jur. Georg Haase.

Porträtfoto Dr. Georg Haase
Quelle: Ecce der Crucianer, 1915, Repro Andert

Georg Friedrich Haase, 1854 in Börnersdorf bei Pirna geboren, hatte in Leipzig Jura studiert und danach eine Karriere im Staatsdienst eingeschlagen, war Finanzrat bei der sächsischen Zoll- und Steuerdirektion geworden und später als Reichsbevollmächtigter für Zölle und Steuern in Posen, Pommern und zuletzt in Königsberg tätig gewesen. Mit Oberlößnitz, wo Verwandte ein Weingut (Haus Friedland, Bennostraße 11) besaßen, war er wohl seit seiner Schulzeit an der Dresdner Kreuzschule sentimental verbunden. 1910 hatte er sich aus gesundheitlichen Gründen nach Dresden zurückversetzen lassen. Wie er, spätestens 1911, auf das Projekt des Hoflößnitzmuseums aufmerksam wurde, ist unklar, klar dagegen, dass er dieses nicht zaghaft, sondern sehr energisch anpackte.

Staatsarchivar Dr. Woldemar Lippert ließ 1926 in der »Lößnitzheimat« (Beilage zum Radebeuler Tageblatt, 2. Jg., H. 7) unter dem Titel »Hoflößnitz und Hoflößnitzverein« seine Erinnerungen an Dr. Haases Wirken Revue passieren. Dieser materialreiche, faktisch freilich nicht fehlerfreie Beitrag zeichnet folgendes Bild: Haase, »ein Oberlößnitzer Kind« (!), habe den Gedanken, »das althistorische Hoflößnitzschlösschen zu retten«, selbständig gefasst und den Plan entwickelt, »durch geeignete Bearbeitung geldkräftiger Leute die erforderlichen Mittel aufzubringen«. Lippert sei von ihm im Februar 1912 gebeten worden, Kontakte zu den »vielen Lößnitzern« zu vermitteln, bei denen »für solche Fragen Anteilnahme und Unterstützung zu erwarten war«, was er gern übernommen habe. Für den 20. März lud Haase zu einer Versammlung in die Grundschänke ein, wo nach dessen einleitenden Worten eine Satzung beraten und der »Hoflößnitz-Verein« durch »sofortigen Beitritt vieler Anwesenden begründet« wurde. Zum Vorsitzenden wählte man Dr. Haase, zum Stellvertreter Dr. Lippert, zum Schriftführer Dr. Beschorner und zum Museumsvorstand Lehrer Erler.

Vereinszweck war der Ankauf des Grundstücks und 2., »ein […] im Erdgeschoß des Schlößchens unterzubringendes Museum der Geschichte der Lößnitzortschaften und des sächsischen Weinbaues ins Leben zu rufen«. Lipperts Werben auch im Königlich Sächsischen Altertumsverein zeitigte den Erfolg, dass der Verein bald auf etwa 120 Mitglieder anwuchs, darunter manch einflussreiche Persönlichkeit und zwei Geschwister des Königs. In allen wichtigen und insbesondere Finanzfragen hätte Haase jedoch von vornherein das Zepter allein geführt, wobei es ihm gelungen wäre, »in einer an das Wunderbare grenzenden Weise« von wohlwollenden Gönnern aus Industriekreisen, über deren Identität er nichts preisgab, binnen kurzem Spenden von zusammen 230.000 Mark zu beschaffen, wodurch sich der Grundstückskauf und der Sanierungsbeginn realisieren ließen.

Diese »One-Man-Show« endete im Mai 1913 in einem großen Krach. Dr. Haase hatte den Spendern, wie sich herausstellte, als Gegenleistung begehrte Kommerzienrats-Titel versprochen, auf deren Vergabe er aber keinerlei Einfluss besaß. Sein Tod 1915 ließ diese Spendenaffäre im Sande verlaufen; »die Ehre, […] daß der Erwerb und die Erhaltung des ganzen Grundstücks in erster Linie ihm zu danken ist«, musste Lippert dem Vereinsgründer in der Rückschau versöhnlich zollen. (Fortsetzung folgt.)

Frank Andert

Mit Stephan Krawczyk poetisch durch das Jahr

Zum Titelbild

Voll unbändiger Lust wirft das Tier mit wehender Mähne den Kopf zurück, ganz so, als fühle es sich eins mit seinem Reiter und dessen froher Kunde. So geht es auch anderen: der „Frühlingsbote zu Pferde“ braucht nur die Hand auszustrecken, schon sitzt einer der munteren Stare darauf, die als erste im Jahr mit frohem Geschwafel den Frühling verkünden.
Mit wenige klaren Linien und Flächen gelingt es Michael Hofmann erneut, die Szene lebendig werden zu lassen. Der Künstler weiß nicht nur, was er sagen will, er hat auch die Mittel dazu: bestechendes handwerkliches Können und vollendetes Formgefühl. Es ist faszinierend zu sehen, wie er die Begeisterung angesichts des erwachenden Jahres allein in Schwarz und Weiß so farbmächtig darzustellen vermag. Die Erfahrungen aus einem langen Künstlerleben kommen ihm hier zu Gute. Gleich nach dem Studium hatte er sich mit der Gestaltung von Glasfenstern für Kirchenbauten einen frühen Wunsch erfüllen können. Hier lernte er ganz konkret, dem Bild inneren Halt und zugleich Leichtigkeit und Bewegung zu geben: Fähigkeiten, die auch der Holzschnitt verlangt.

Mit Albrecht Dürers Bildfolge zur Apokalypse hat sich der Holzschnitt schon um 1500 vom „Bilderbogen“ emanzipiert und als eigene Bildkunst etabliert. Michael Hofmann kann in dieser Tradition gesehen werden. Seine Botschaft allerdings ist eine durchaus andere, verheißungsvollere. Und sie ist dennoch nicht aus der Welt, denn seht, es wird Frühling!
Thomas Gerlach

Radebeuler Miniaturen

Ein Kinderspiel

Im Jahr der nichtendenwollenden Jahrestage und Jubiläen, die dazu anregen sollen, Schwung zu holen, Gas zu geben, zu jubeln, zu weinen, zu verzweifeln, zu feiern und vor allem innezuhalten, sollte ein Ereignis nicht vergessen werden, ein Ereignis, das ausnahmslos jede und jeden schon einmal ereilt hat und jederzeit wieder ereilen kann: Im Jahr 1914, also vor einhundertzehn Jahren, begann Friedrich Joseph Schmidt in München mit der Serienproduktion von „Mensch, ärgere dich nicht!“
Es ist ein Kinderspiel für jedes Alter: Bis zu einer Anzahl von sechs Personen versammeln sich: Urahn, Vater, Mutter, Bube und so weiter um einen Tisch, auf dem der Spielplan liegt. Nun geht es darum, im Takt des Würfels bis zu jeweils vier Spielfiguren auf vorgezeichnetem Weg zu einem vorgezeichneten Ziel zu führen.
Was soll ich noch sagen, Jeder kennt‘s.
Ist nun nach dem Willen des Würfels eine Figur langsamer als eine andere, und treffen sich beide auf dem gleichen Feld, wird die zuerst da gewesene „des Feldes verwiesen“, „nach Hause geschickt“ oder, genauer, „rausgeschmissen“. Nach dem erneuten Würfeln einer „Sechs“ darf die Figur die Reise noch einmal beginnen. Nun wird auch der Name des Spieles klar, denn der Vorgang kann zu erheblichem Ärger führen. Ich kenne keinen, der’s nicht erlitten hätte.
Nach groben Schätzungen wurde das Spiel in den seither vergangenen Jahren gute einhundertmillionen Mal verkauft: Es war und ist ein echter Renner, an dem Generationen von Ehrgeizlingen verzweifelt sind und der dennoch immer wieder gern gekauft und gespielt wird.
Besonders ärgerlich ist, wenn du Runde um Runde kurz vor der rettenden Tür auf die „Eins“ wartest und dann doch noch „rausgeschmissen“ wirst, um nunmehr ebenso vergeblich auf die „Sechs“ zu warten, welche die weitere Teilnahme ermöglicht.
Im modernen Sprachgebrauch hat sich für „Rausschmeißen“ der Begriff „Remigration“ eingebürgert. Der klingt so schön gelehrt und nicht so grob, ist aber kein Kinderspiel mehr, zumal keiner weiß, wer welchen Würfel warum wohin wirft – am Ende heißt es nur, „alea iacta est“ …
Bleibt zu ergänzen, daß in der Schmidtschen Original-Spielanleitung ein „Rausschmeißen“ noch nicht zwingend vorgesehen war. Besonders für schwächere Spielerinnen war und ist das sehr erleichternd …

Thomas Gerlach

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