Filmclub mobil präsentiert

5. Thematischer Filmclubabend

am 17. November 2022, um 19.30 Uhr

im Alchimistenkeller der Alten Apotheke, Altkötzschenbroda 48

Der fünfte thematische Filmabend des FilmClubMobil erfolgt in Kooperation mit der Kultur- und Werbegilde Kötzschenbroda. Zu Gast ist der Radebeuler Volkschauspieler und Kunstpreisträger Herbert Graedtke. Viele Weinfestbesucher werden sich an ihn als lebenslustigen Bacchus erinnern. In den Landesbühnen Sachsen hat er unzählige Rolle gespielt. Aber auch in zahlreichen Filmen wirkte er mit. Am Anfang seiner Filmografie stand 1961 die Komödie „Auf der Sonnenseite“. Im Kriminalfilm „Die Glatzkopfbande“, seinem dritten Film, spielte er das Bandenmitglied „Warze“. Von den damaligen Dreharbeiten wird er zur Einstimmung auf den Film einige Anekdoten zum Besten geben.

Der Filmregisseur und Drehbuchautor Richard Groschopp (1906-1996) hatte eine Konditorlehre absolviert und arbeitete danach auch in diesem Beruf. In der Freizeit beschäftigte er sich mit dem Thema Film und erhielt schon bald erste Auszeichnungen für seine Kurzfilme und das Angebot hauptberuflich als Kameramann und Regisseur zu arbeiten. Ab 1946 war er bei der neu gegründeten DEFA in Sachsen tätig und wechselte später ins DEFA-Studio für Spielfilme nach Potsdam-Babelsberg. Zu den bekannten seiner DEFA-Filme zählen u. a. 1961 „Die Liebe und der Co-Pilot“, 1962 „Die Glatzkopfbande“ oder1967 „Chingachgook, die große Schlange“.

Die Glatzkopfbande

DEFA-Film, 1962/63, 74 Min., Regie: Richard Groschopp, Drehbuch: Lothar Kreutz, Richard Groschopp

Es sind nur wenige Tage, bevor sich am 13. August 1961 in Berlin die „Mauer“ schließt. Noch ahnt niemand etwas davon. Plötzlich stürzt auf einer Baustelle ein Neubau zusammen, zwei Menschen kommen dabei ums Leben. Es wird festgestellt, dass „Schluderarbeit“ das Unglück verursacht hat. Einer der Übeltäter ist ein Gastarbeiter aus Westberlin, welcher nun gesucht wird. Der ehemalige Fremdenlegionär hatte inzwischen eine Gruppe junger Männer um sich geschart, die seit Wochen am Ostseestrand ihr Unwesen treiben. Ihren Bandenführer nennen sie „King“ und geben sich selbst recht seltsame Spitznamen. Wie der amerikanische Kinoheld, Yul Brunner, haben sie sich Glatzen scheren lassen, tanzen Rock ’n‘ Roll, singen Westschlager und drehen ihre „Kofferheulen“ auf. Die Situation beginnt zu eskalieren. Ihre Aktionen werden immer brutaler. Als King in den Westen fliehen will, wird er gestellt. Die Staatsmacht bringt ihn und seine ruchlosen Kumpane zur Strecke.

Der 1963 uraufgeführte Film „Die Glatzkopfbande“ basiert teilweise auf realen Begebenheiten. Er war ursprünglich als eine nachträgliche Legitimation des Mauerbaus gedacht und sollte die schädlichen Einflüsse des Westens aufzeigen. Doch der gewünschte erzieherische Effekt schlug fehl und animierte so manchen Jugendlichen wohl eher zur Nachahmung. Der Film löste heftige Kontroversen aus und wurde trotz guter Publikumsresonanz (rund 2,2 Millionen Besucher in fünf Jahren) schließlich aus den Filmtheatern verbannt.

Unmittelbar nach dem Hauptfilm „Revolte am Ostseestrand“, ein Dokumentarfilm von Inge Bennewitz und Jürgen Ast aus dem Jahr 2001 über „Die wahre Geschichte der Glatzkopfbande“, 45 Min. mit freundlicher Unterstützung durch die Bundesstiftung Aufarbeitung

Reservierungen unter: 0160-1038663

Karin Baum und Michael Heuser
Sprecher der Cineastengruppe „Film Club Mobil“ im Radebeuler Kultur e.V.

Mit Gerhard Schöne poetisch durch das Jahr

Radebeuler Miniaturen

Novemberblues
Ein etwas anderes Gedenkblatt

Und dann saß eines Tages – wo ist nur der Sommer hin? – dieser Blonde am Faß. Er hatte seine strohigen Haare sorgsam und very british durcheinandergebracht und schüttelte, während er in sein Bier hinein vor sich hin redete, unaufhörlich den Kopf.
Ich hätte wohl doch lieber nicht kommen sollen, sagte er plötzlich laut und deutlich in meine Richtung. Ich sah ihn fragend an und ermutigte ihn so, weiterzureden.
Hab früher da ganz oben gearbeitet. Bei Glasinvest, meine ich, unterm Dach, falls es da eins gab, jedenfalls wars oben zu und drüber war nichts mehr. Wollte jetzt mal sehen, ob ich den Balkon noch finde, den ich von meinem Fenster aus immer im Blick hatte. Na, schöne Bescherung, hab mich gar nicht mehr zurechtgefunden dort.
Also dieser satt viel rot verzierte „Zahn“ war seinerzeit natürlich ein Unikat in der Stadt, jedoch ehrlich keine große Offenbarung, wie der da so beziehungslos rumstand. Aber es war Platz drumrum und Grünzeug, hätte was werden können. Ich meine, das waren doch auch keine ganz Dummen, die diese Hochhäuser gebaut haben, aber für Tradition und Landschaft hatten sie einfach kein Gefühl – Kommunisten eben hieß es später, denen gings um ganz anderes und Geld hatten sie auch keins. So haben sie den „Verlust gewisser kultureller Grade“, wie Karl Kröner das ausgedrückt hat, billigend in Kauf genommen. Aber, was jetzt dort steht … er schüttelte wieder heftig den Wirrstrohkopf.
Ich meine, sagte er nach einer Weile, der „Wohnpark“, wie er so schön genannt wird, läßt immerhin den städtischen Anspruch ahnen, der seit Jahrhunderten immer mal wieder anklingt – wer will schon in einem Dorf wohnen! Im Sichgroßfühlen sind Kleinbürger ohnehin nicht zu übertreffen, insofern paßt das Ganze am Ende doch ganz gut zu euch. Der Gartenstadt freilich bleibt nur das große Weinen – wein- und Gartenstadt eben, hihi…
Aber deswegen bin ich natürlich nicht gekommen, fährt er nach längerem Schweigen fort. Von meinem Fenster aus dort unterm Dach juchhe, konnte ich jeden Morgen in der zehnten Stunde eine junge Frau auf einem Balkon frühstücken sehen. Ihre kupferfarbenen Haare leuchteten eindrucksvoll im Morgenlicht und schienen fabelhaft zu ihrem weiten roten Morgenkleid zu passen. Viel mehr konnte ich aus der Entfernung nicht erkennen – umso größrer Raum blieb der Fantasie. Und ich hatte viel Fantasie damals noch. Bereits nach einer Woche wohnte sie in meinen Träumen. Hier lebte sie allein und wartete auf mich. Das war natürlich völliger Blödsinn – auf mich hat noch nie jemand gewartet … aber die Träume waren schön.
Ich begann, eine Strategie zu entwickeln, ihr näher zu kommen. Hab mich zuerst mit Brieftauben beschäftigt. Brieftauben, dachte ich, könnten ein Seil hinübertragen zum Balkon und so eine Verbindung schaffen, auf der ich bequem (!) zu ihr gelangen könnte. Bevor es so weit war, wurde Glasinvest geräumt, war ja alles im Umbruch damals. Da war nicht nur dieser Traum vorbei. Als ich jetzt in der Zeitung von der Einweihung des „Wohnparks“ las, wollte ich mal gucken, ob ich nicht wenigstens den Balkon von damals wiedererkennen würde …
Übrigens, hast du Interesse an Brieftauben – hab billig welche abzugeben…
Thomas Gerlach

Eine Glosse

Kritik erlaubt!
Jetzt verrate ich mal mein best gehütetes Geheimnis: Ich bin verheiratet! Jeden Morgen sitzt mir meine mich hoffentlich liebende Ehefrau am Küchentisch gegenüber und verzehrt ein Marmeladenbrot, welches mit Wurst beleget…
Nein, nein, ich will jetzt nicht den alten Kalauer von den zwei jungen Damen im Alter von 85 Jahren neu aufkochen. Aber mal im Ernst: Es ist ja überhaupt nicht verkehrt, wenn man an seiner Seite ein Korrektiv hat, welches einem auch hin und wieder mal so richtig die Meinung geigt und an den Kopf wirft: „Alter, jetzt spinnst du aber!“. Natürlich gehe ich dann durch die Decke, sehe das überhaupt nicht ein und krame allerlei Argumente, auch die dümmsten, hervor, nur um nicht zugeben zu müssen, dass die Frau in diesem Fall recht hat. Mit Machogehabe hat das überhaupt nichts zu tun. Das sind genaugenommen nur Reflexhandlungen. Insgeheim weiß ich natürlich, dass ich kein „Mister Allwissend“ bin. Die Reaktion freilich ist aber durchaus normal. Zunächst geht ja jeder davon aus, dass stimmt, was er da zum Besten gibt. Wüsste er, dass er nur Unsinn erzählt, würde er es vermutlich lassen. Wer will sich schon blamieren – selbst vor der eigenen Frau nicht.

Aber so einfach ist die Sache nun auch wieder nicht, sonst hätten wir ja auf der ganzen Welt nur noch Friede, Freude, Eierkuchen. Haben wir aber nicht. Und es kracht ja nicht nur zwischen spielenden Kindern, zwischen Frauen und Männern oder den Nachbarn, sondern eben auch zwischen Wirtschaftblöcken, Finanzunternehmen oder gar zwischen Staaten. Und dann wird es richtig blöd, weil immer welche reingezogen werden, die mit der ganzen Sache nichts zu tun haben. Eben wie bei meinem Opa, der seiner Frau auch gleich Schellen angeboten hatte, nur weil er Zoff mit den Kindern hatte.

Natürlich ist es schwierig, vernünftig zu reagieren, wenn die „geistigen Sektkorken“ hochgehen, wenn man sich verletzt oder missverstanden fühlt. Da kommt man ganz schnell zu der „sicheren“ Annahme, dass der Andere einem etwas „am Zeug flicken“ will. Dabei hat er vielleicht nur eine andere Meinung, was ja sein gutes Recht ist. Hier scheint mir der „Hase im Pfeffer“ zu liegen. „Wie kann er nur?! Er muss doch einsehen, dass ich Recht habe.“ Und so schaukelt man sich hoch, bis die „Kanonen“ glühen. Natürlich sind nicht alle „lockige Lämmchen“, die keiner Fliege etwas zu leide tun wollen. Da sollte man schon etwas genauer hinschauen. Süßholz raspeln und hinterm Rücken die Messer wetzen, das kennt man doch zur Genüge!

Häufig geht es eben nicht mehr um die dialogische Erörterung einer Sachlage, als vielmehr um die Verteidigung eigener Standpunkte. Da ist dann jedes Mittel recht, und wenn es nicht anders geht, wird auch mal dreist gelogen. Das ist in der großen Politik genauso, wie im Privaten. Aber irgendwie muss man ja wieder aus der Konfliktlage herauskommen, wenn nicht alles Porzellan zerschlagen werden soll.
Ein schlauer Philosoph hat 1990 hierfür Strategien entwickelt, die mir jedoch ziemlich konstruiert vorkommen, aber vermutlich in der Praxis regelmäßig angewendet werden. Man könnte sie mit den Begriffen „Flucht“, „Kampf“, „Nachgeben“, „Delegieren“, „Verhandeln“ oder „Einigen“ beschreiben. Da würde sich meine Frau aber wundern, wenn ich jedes Mal, wenn es Knatsch gibt, fluchtartig das Haus verlassen würde. Das funktioniert vielleicht noch bei Personen mit gleichem Status, etwa zwischen Freunden oder Ehepaaren. Aber schon eine sachliche Einigung mit einem Vorgesetzten lässt sich nur schwer erzielen. Der hat einfach Recht, weil er der Boss ist!

Was also tun, wenn man in die Bredouille kommt? Was rät da meine kluge Frau? „Erst mal tief Luft holen und dann eine Nacht drüber schlafen.“ Spätestens hier drängt sich mir aber die Frage auf „Mit wem?“, meint
Euer Motzi.

 

 

 

 

 

Zum Stand der Bauarbeiten am Hellhaus

Hellhaus im September 2022 Foto: D. Lohse

Hellhaus im September 2022 Foto: D. Lohse

Es ist nun schon eine Weile her – sh. Märzheft von V+R 2021 – dass ich einen Aufsatz zum um 1780 erbauten Hellhaus in Moritzburg geschrieben hatte, etwa anderthalb Jahre. Dieser Text endet mit der Absicht, die Baumaßnahmen an dem Kulturdenkmal weiter im Blick behalten zu wollen.
Und das habe ich zuletzt im September getan, weil ich erfahren hatte, dass gerade eine Probeachse für die künftige Fassadenfarbe hergestellt worden sei, es solle Grün sein! Da war ich schon etwas überrascht, ein grünes Haus mitten im grünen Wald? Aber „Grün“ und „Grün“ kann sehr verschieden ausfallen und der deutsche Wald, wenn man genau hinschaut, ist nicht mehr so grün, wie man es gewohnt war (Borkenkäferbefall u.a.). In der Probeachse wurden zwei sehr dezente, helle Grüntöne in den Feldern mit lichtem Grau der Lisenen kombiniert, so dass es nirgends als eine große grüne Fläche wirkt. Wenn ich richtig informiert bin, hat die Firma Lehmann / Meißen bei einer Untersuchung der alten Farbbefunde auf dem Putz diese Kombination mit hellen Grüntönen in Resten vorgefunden. Insofern besteht wohl kein Grund zur Aufregung!
Nun, da die Gerüste gefallen sind, sieht man das halbfertige Gebäude. Die Dachdeckung mit roten Biberschwanzziegeln erfolgte in Etappen und ist auch fertig geworden. Die historische Dachzier (kein Schornstein!) steht wieder in der Mitte der Dachplattform. Metallarbeiten an den bisher eingelagerten, historischen Geländern sind bei der Firma Hopf / Moritzburg erfolgt und wieder an den alten Standorten angebracht – man sieht sogar etwas Gold blitzen.
Die in o.g. Aufsatz erwähnte 1. Baustufe am Hellhaus ist damit abgeschlossen und es wird nun eine Bauruhe eintreten, ehe weitere Baustufen, wie der innere Ausbau, folgen werden. Ich wage die Hoffnung zu äußern, wohl wissend, dass derzeit alle in Deutschland klagen und mehr Geld zu brauchen scheinen, dass der Stillstand am Hellhaus nicht zu lange dauern möge. Das neu Geschaffene altert ja, ist der Witterung ausgesetzt und es könnte schließlich wieder Verfall einsetzen, was sich wohl niemand wünscht. An Randale oder Brandstiftung will ich gar nicht denken!
Der erreichte Zwischenstand am Hellhaus, den außer mir auch viele Spaziergänger und nicht nur am Tag des offenen Denkmals erleben konnten, ist nach der jahrzehntelangen Vernachlässigung dieses historischen Gebäudes äußerst befriedigend. Der Dank gilt allen Handwerkern und Beteiligten.

Dietrich Lohse

Petition abgeschlossen

1.433 Unterzeichner fürs Lügenmuseum

Mit dem 5. Oktober dieses Jahre ist eine der interessantesten Petitionen in jüngster Zeit zu Ende gegangen, die wie ein Lackmustest für die kulturelle Verfasstheit der Gesellschaft gesehen werden kann.
Man möge dies nicht falsch verstehen. Nicht, dass hier ein Vergleich oder gar eine Abwägung mit den zehn seit 2016 in Radebeul initiierten Petitionen vorgenommen werden soll. Jede von ihnen hat ihre Berechtigung – auch wenn mitunter das Quorum nicht erreicht wurde –, sind sie doch eine legitime Möglichkeit, den Bürgerwillen öffentlich zu bekunden.
Das trifft natürlich auch für die Petition „Das Lügenmuseum soll im Serkowitzer Gasthof ein zu Hause finden“ zu. An dieser Stelle soll nun nicht die ewige aber mitunter durchaus berechtigte Frage „Ist das Kunst oder kann das weg?“ erneut debattiert werden – ist sie doch längst entschieden. Auch der Frage, warum sich allein in den letzten drei Jahren die Bürger veranlasst sahen, acht Petitionen zu initiieren, will dieser Beitrag nicht nachgehen.

Nun ist ja eine Petition die eine Sache und die Meinung einer Stadtgesellschaft eben eine andere. Nicht jeder Bürger, der eine Meinung hat, ist auch geneigt sie in einer Petition zum Ausdruck zu bringen, also seine Stimme öffentlich zu erheben. Bei Wahlen mag das eine andere Sache sein, aber selbst da gehen eben nicht alle hin. Die Euphorie von 1990 mit 72,8 Prozent Wahlbeteiligung ist längst verflogen. Der schwarze Sonntag bei den Wahlen 2014 mit 49,2 Prozent Urnengängern ist in Radebeul bei der Oberbürgermeisterwahl 2022 mit 48,3 Prozent gar noch unterboten worden.
Deshalb soll vielmehr mit diesen Überlegungen ein Blick auf die Petition selbst geworfen werden.

Nun ist die Sache im speziellen Fall Lügenmuseum doch noch etwas komplizierter. Was auf den ersten Blick wie eine Radebeuler Angelegenheit aussieht, geht eben bei genauerer Betrachtung weit über deren territoriale Grenze hinaus. Um genau zu sein 2.378 Flugkilometer! Die am weitesten entfernte positive Stimme für den Erhalt des Lügenmuseums kommt aus Zypern!
Für den Erhalt der einmaligen Einrichtung haben sich 1.433 Bürger aus acht europäischen Staaten ausgesprochen, die in mehr als 240 Städten und Gemeinden beheimatet sind. Dieses eindeutige Votum spiegelt die Bedeutung dieses Museums für die Allgemeinheit aber auch gleichzeitig die Verantwortung der örtlichen Organe für die Sicherung eines Kulturgutes wider, welches eben nicht nur für die Radebeuler da ist, auch wenn zur Petition das Quorum verfehlt wurde. Das müsste bei allen Entscheidungen immer mit bedacht werden. Damit soll freilich nicht dem plumpen Ruf „Stadt hilf“ gefrönt werden, auch wenn sie nicht ganz aus der Verantwortung herausgehalten werden kann. Dringend ist deshalb anzumahnen, dass gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden muss, die dem Lügenmuseum in Radebeul eine Zukunft gibt. Das ist man den 1.433 Stimmen aus halb Europa schuldig! Nicht zu vergessen, auch den 366 Unterzeichnern des Offenen Briefes vom Radebeuler Kultur e. V. an den Stadtrat und den Oberbürgermeister Bert Wendsche, der am 29. März dieses Jahre übergeben wurde.

Karl Uwe Baum

DAS LÜGENMUSEUM SOLL IM GASTHOF SERKOWITZ EIN ZU HAUSE FINDEN

Vorm Radebeuler Rathaus nach der Petitionsübergabe v.l.n.r.: Veranika Chykalava (Bundesfreiwilligendienst Lügenmuseum), Karl Uwe Baum (Redaktionsmitglied V&R), Lea Sadowski (Praktikantin Lügenmuseum), Dorota Zabka (Vorsitzende Kunst der Lüge e.V.), Ilona Rau (Vorsitzende Vorschau und Rückblick e.V.) Reinhard Zabka (Künstlerischer Leiter Lügenmuseum), Günter »Baby« Sommer (Vorsitzender Radebeuler Kultur e.V.), Karin Baum (Redaktionsmitglied V&R, Mitglied Radebeuler Kultur e.V.) Foto: Archiv Lügenmuseum

Die Unterschriftensammlung der Petition für den Erhalt des Lügenmuseums wurde abgeschlossen und am 12.10. um 17 Uhr in der Stadtratssitzung im Sitzungssaal des Radebeuler Rathauses an den Oberbürgermeister übergeben.
Die Petition haben 1.433 Personen unterzeichnet. In 20 Beiträge und 303 lesenswerten Kommentaren drückt sich die vielfältige Wertschätzung aus.
Darüber hinaus hatten 366 Bürger unter den „Offenen Brief“ des Radebeuler Kultur e.V. ihre Unterschrift gesetzt.
Zur Unterstützung des Anliegens erfolgt seit Februar 2022 eine kontinuierliche mediale Begleitung durch das kulturelle Monatsheft „Vorschau und Rückblick“.
In Reaktion auf die Ausschreibung des Gasthofes Serkowitz durch die Stadt Radebeul liegt nun ein Gebot zum geforderten Preis von 310.000 Euro vor.
Ziel des Erwerbs sei es, so der Bieter, das Gebäude im Rahmen einer Stiftung als Zentrum für freie Künstler und Kunst zu erhalten sowie dem derzeit dort befindlichen „Lügenmuseum“ eine dauerhafte Existenz zu sichern. Vorstellbar wäre außerdem, die Liegenschaft als Ort für nationale und internationale Ausstellungen sowie als Stätte für Lesungen, Sprech- und Musiktheater zu nutzen.
Es liegt jetzt an Politik und Verwaltung der Stadt Radebeul eine zukunftsweisende Entscheidung zu treffen.

Karin (Gerhardt) Baum

Zur Familie Richard Lange in Radebeul

Ergänzung zum Artikel „Winzerhaus und Villa im Doppelpack“ in V+R 09/22

Richard Lange, um 1910 Foto: Archiv Uhrenfabrik Glashütte

Während der Vorbereitung des o.g. Artikels hatte ich einen Brief an die Uhrenfabrik Lange & Söhne, Glashütte, geschrieben und um Auskunft zu zwei Personen dieser Industriellenfamilie gebeten. Sie erschienen als Eigentümer oder Bewohner der Adresse Weinbergstraße 32 in Radebeul. Leider hatte sich der Briefwechsel so lange hingezogen, so dass das Ergebnis nicht in den Artikel eingearbeitet werden konnte. Nun liegt mir das Schreiben aus Glashütte vom 29.09.22 vor, das im Wesentlichen meine Angaben im Artikel stützt, aber auch Fakten ergänzt, die es m.E. wert sind, in einem Nachtrag dargestellt zu werden.
Da es sich bei dem Betrieb von A. Lange & Söhne um eine der berühmtesten alten Uhrenfabriken in Deutschland handeln dürfte, möchte ich den mit Radebeul verbundenen Familienzweig hier kurz darstellen. Und, was die Berühmtheit dieser Glashütter Uhrenfabrik anbetrifft, möchte ich nur auf staunenden Experten und die mit der Zunge schnalzenden Händler bei der bekannten ZDF-Fernsehreihe „Bares für Rares“ verweisen, wenn mal wieder eine goldene Lange-Taschenuhr um 1900 mit mehreren Schikanen aufgerufen wird.
Der Gründer dieser Glashütter Uhrenfabrik war 1845 der Dresdner Uhrmacher Ferdinand Adolph Lange (1815-1875). Zehn Tage nach der Gründung des Betriebes wurde am 17. Dezember 1845 der älteste Sohn Richard geboren. Mit seiner Frau Antonia, geb. Gutkaes, hatte er sieben, eine damals durchaus übliche Zahl, Kinder, darunter den jüngeren Bruder Emil. Die Brüder Richard und Emil erlernten dann auch das Uhrmacherhandwerk. Richard trat 1868 in den väterlichen Betrieb ein und übernahm 1875 nach dem Tod des Vaters zusammen mit dem Bruder Emil den Betrieb, der seither als Uhrenfabrik A. Lange & Söhne firmierte – Richard Lange übernahm die technische und Emil Lange die kaufmännische Leitung. Der Betrieb entwickelte sich nun rasch, konnte einige Neuerungen im Uhrenbau als Patente anmelden und hatte guten Absatz. 1887 schied Richard Lange aus gesundheitlichen Gründen aus dem Betrieb aus, blieb aber noch freier Mitarbeiter und Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte. Emil Lange (1849-1922) führte nach 1887 die Firma weiterhin unter dem bekannten Namen Uhrenfabrik A. Lange & Söhne, er trug den Titel Kommerzienrat.
Richard Lange kaufte 1908 als Altersruhesitz ein Grundstück in „Großlößnitz“, womit die heutige Weinbergstraße 32 in Oberlößnitz (OT von Radebeul) gemeint ist. In das betriebliche Geschehen in Glashütte war er weiterhin locker eingebunden, so konnte er noch 1930 das Patent für eine neue Stahllegierung anmelden, wodurch die Laufleistung der Uhrenfedern verbessert wurde. Am 29. Oktober 1932 stirbt er 86-jährig, wahrscheinlich in Oberlößnitz. Mit seiner Frau Rosa, geb. Rössner, hatte er sechs Kinder, von denen zumindest Sohn Alfred (1884-1968) noch nach 1945 in der Villa in Oberlößnitz gelebt hat.
Alfred Lange soll eine Behinderung, wahrscheinlich eine Gehörlosigkeit, gehabt haben. Wie sein Bruder Felix (1879-1965) hat er auch eine Uhrmacherlehre absolviert haben, später führte er ein eher zurückgezogenes Leben und war im Radebeuler Grundstück noch gärtnerisch tätig.
Bisher war in Radebeul kaum bekannt, dass Richard Lange, ein namhafter deutscher Industrieller, etwa 22 Jahre seines Lebens hier verbracht hatte; auch das Stadtlexikon nennt ihn bisher nicht. Durch den Schriftwechsel mit der Uhrenfabrik können wir nun auch ein Portraitfoto von Richard Lange in unserem Heft veröffentlichen – ich bedanke mich bei Frau Kirsten Hultzsch von der heutigen Lange Uhren GmbH in Glashütte für ihre Unterstützung meiner Recherchen.

Bauzeichnung, heute Weinbergstraße 32 Repro: Radebeuler Stadtarchiv

Dietrich Lohse

TAG DES OFFENEN DENKMALS AM 11.09.2022

DAS MOHRENHAUS UND SEIN PAVILLON

„KulturSpur – ein Fall für den Denkmalschutz“. Unter dieses Motto hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die deutschlandweite Aktion in diesem Jahr gestellt. 2021 an Radebeul leider „spurlos“ vorbeigegangen, haben wir uns im Verein Gedanken gemacht, welches Objekt in Frage käme. Als mittelfristig zu realisierendes Projekt hatten wir bereits über Objekte der „Romantischen Phase“ des 19. Jahrhunderts nachgedacht. Auf dem Zettel standen u.a. bereits der „Mäuseturm“, die „Blechburg“ in der Oberlößnitz und die Ruine im Mohrenhauspark. Kurzfristig umsetzbar war auch Dank der wohlwollenden Begleitung der Stadtverwaltung der Bereich Mohrenhauspark.
Das seit alten Zeiten „Mohrenhaus“ genannte und mehrfach um- und angebaute „Märchenschloss“ in Radebeul, inmitten ehemaliger Weinberge ist mit seinem weitläufigen Park mit romantischer Ruine, dem Wintergarten und nicht zuletzt dem achteckigen Pavillon ein Kleinod in der Radebeuler Kulturlandschaft. Bereits Anfang der 2000er Jahre auch durch großzügige Spenden der Stiftung Denkmalschutz im Auftrag der Stadt Radebeul saniert und restauriert, erfährt das Haus durch den Kinderschutzbund eine sinnvolle Nutzung als Kindertagesstätte. Die Leiterin des Hauses, Frau Piel und Frau Haufe hatten sich dankenswerterweise bereit erklärt, das Hauptgebäude an diesem Sonntag zu öffnen und Führungen anzubieten.

Foto: R. Bialek

Wir haben die Spur aber nicht ganz unabsichtlich zum in den 1870er Jahren zusammen mit dem Wintergarten des Hauses errichteten Pavillon gelegt. Nach der Sicherung des in einem erbarmungswürdigen Zustand befindlichen kleinteiligen Baues durch die Stadt Radebeul werden jetzt nach und nach kleine Schätze wie die Dachkonstruktion der Kuppel, das Traufgesims und der Fußboden sichtbar. Andere Details, wie der Stuck in der Kuppel, waren nur noch fragmentar erhalten und sollen wieder in neuer Pracht entstehen.
Um ein ansehnliches Äußeres präsentieren zu können, haben wir eine Woche vorher mit Vereinsmitgliedern und Interessierten einen Arbeitseinsatz am Pavillon durchgeführt, bei dem wir die nähere Umgebung des Pavillons beräumen und den attraktiven Fußboden aus keramischen Platten (wahrscheinlich Otto Kauffmann, Niedersedlitz) reinigen konnten.
Zur öffentlichen Präsentation am 11. September haben sich einige Vereinsmitglieder und die Mitarbeiterinnen des Kinderschutzbundes ins Zeug gelegt und mit Bildern, geborgenen Stuckresten aus der alten Kuppel und Informationen 6 Stunden lang die rund 100 Besucher über den Park, das Hauptgebäude und den Pavillon ins Bild gesetzt. Über die große Anzahl der Besucher waren wir

Foto: R. Bialek

freudig überrascht, denn die Vorankündigung in der Presse speziell zu diesem Objekt ist leider nicht erschienen. Nicht zuletzt ehemalige

Foto: R. Bialek

Schüler der früheren Polytechnischen Oberschule „Oberort“ waren aufgrund der Ortskenntnis unter den wissensdurstigen Besuchern. Bei Kaffee und Süßigkeiten wurden Gespräche bis zu einer halben Stunde geführt! In den drei sich nach Süden öffnenden und von gußeisernen Tudorbögen überspannten Seiten des Oktogons stehend, konnte man sich gut den in der Bauzeit noch freien Blick ins Elbtal vorstellen. Ein Exkurs in die Historie des Geländes und die ehemaligen Besitzer eröffnet sogar Beziehungen zur Sektkellerei Bussard, zum Schloss Eckberg in Dresden oder zum Wirken der Gebrüder Ziller in Radebeul.

An dieser Stelle sei allen Beteiligten im Vorfeld und am Tag des offenen Denkmals herzlich für ihr Wirken gedankt. Namentlich erwähnt seien hier stellvertretend für alle, die Leiterin des Hauses Frau Piel, Frau Röber vom Hochbauamt der Stadt und Herr Herrmann vom Verein.
Frei zugänglich, soll der Pavillon jetzt mit Ihrer Hilfe aus seinem Dornröschenschlaf geweckt werden! Der Verein will das Bemühen der Stadt, den Pavillon in seiner alten Pracht wieder herzustellen, nach Kräften unterstützen. Dafür sollen Spendenmittel eingeworben werden. Denn die Fördermittel der Denkmalpflege und die Haushaltmittel der Stadt sind für diesen Zweck nur begrenzt vorhanden. Auch die sächsische Landesgruppe des Bundesvereines der Restauratoren im Handwerk hat Unterstützung zugesagt.

Historische Ansicht Foto: Radebeuler Stadtarchiv

Auch als Denkanstoß zur Zukunft des Pavillons, der künstlichen Ruine und des angrenzenden Parkareals sollte dieser Tag geeignet sein. Warum sollten dort nicht eines Tages kleine Konzertnachmittage stattfinden und ein Glas Bussard Sekt gereicht werden… Auch Ideen dafür sind willkommen!

Robert Bialek

 

 

Endlich wieder Theater!

Und endlich auch wieder Straßentheater zum Herbst- und Weinfest!

Allem voran die Close-Act Company aus den Niederlanden mit ihren „prähistorischen Giganten“ aus der Urzeit, die das Publikum auf dem Dorfanger in Altkötzschenbroda faszinierten.

 

Ein tierisches Vergnügen bot das Theater PasParTouT aus Bergatreute mit dem stets hungrigen Elefanten Rudi und seinem einfallsreichen Dompteur.

 

Herausragend auch das Wandertheater Ton und Kirschen aus Werder (Havel) mit der Aufführung „Die Legende vom heiligen Trinker“ auf der Spielfläche hinter der Friedenkirche, die mit Spielwitz und Können die melancholische Geschichte eines Trinkers erzählte. Fotoserie 1-3 Karin (Gerhardt) Baum

Weitere 13 Gruppen und Akteure ließen sich nennen, die das XXV. Internationale Wandertheaterfestival zu einem besonderen Erlebnis werden ließen. Ein herzliches Dankeschön an alle Organisatoren und Mitwirkenden für dieses wunderbar gelungene Festival.

Karin (Gerhardt) Baum

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