Auf den Spuren von Friedrich Eduard Bilz

Unter dem Thema “Gesunde Lebensweise nach F.E.Bilz” wanderten am Sonntag, den 22.08.2021 interessierte Radebeuler und Dresdner zu bedeutenden Wirkstätten des sächsischen Altmeisters der Naturheilkunde in Radebeul. Diese vom Bilz-Bund organisierte Wanderung führte größtenteils entlang des Bilz-Rundweges.

Begonnen hat die Wanderung am Bilz-Platz. Dieser 2017 neugestaltete Platz bot eine schöne Kulisse, um einen Überblick über das schöpferische Leben von Bilz zu geben. Von dort führte der Weg über den Promenadenweg Weinbergstraße mit dem herrlichen Blick über Radebeul bis nach Dresden und ins Erzgebirge. Am Abzweig Eggersweg ging es nun bergauf Richtung Spitzhaus und über die Spitzhaustreppe wieder hinab in den malerischen Lößnitzgrund – eine Landschaft, so wie sie Bilz liebte – Natur pur – Wasser, Luft und Licht.

Über den Jagdweg wanderten wir durch das Spittelholz entlang des Bilz-Rundweges zum “Bilz-Bad”. Mit der Errichtung dieser Erholungseinrichtung erfüllte sich der Naturheilkundler den Traum, auch für die weniger bemittelte Bevölkerung seine “Gesundheitssäulen“ Luft, Licht, Wasser und Bewegung erlebbar zu machen. Diese für damalige Zeiten in ihrer Art einzigartige Einrichtung konnte F.E.Bilz durch den erfolgreichen Verkauf seines “Naturheilbuches” finanzieren. Herausragend ist die durch Bilz 1911 auf der I. Internationalen Hygieneausstellung in Dresden erworbene und noch heute funktionierende Wellenanlage.

Vom Bilzbad wanderten wir weiter auf dem Meiereiweg bergab zum Bilz-Kurhaus. Hier gab es eine kleine Trinkpause – natürlich mit der bekannten und seit neuestem wieder verfügbaren Bilz-Brause nach alter Rezeptur.

Gestärkt ging es nun durch den schön bewaldeten Rehgrund bergauf zum Langenwiesenweg. Hier angekommen, zeigt sich von der Wahnsdorfer Hochfläche ein herrlicher Ausblick zur Moritzburger Kirche und zu Schloss Moritzburg. An dieser Stelle bot es sich an, eine, wie es Bilz nannte, Luftmahlzeit zu nehmen, d.h. frische Luft tief ein- und wieder auszuatmen. Außerdem konnte die Bilz`sche Anwendung “Barfußlaufen auf der Wiese” ausprobiert werden.
Von der Wahnsdorfer Hochfläche erreichten wir den alten Dorfkern von Wahnsdorf. Hier gab es die Möglichkeit, leckeres Obst und Gemüse sowie Eis, z.B. das außergewöhnliches Eis mit Kürbisöl, von Wahnsdorfern zu kaufen. Schließlich erreichten wir die Bäckerei Jacob, die schon früher das Bilz-Sanatorium belieferte und die noch immer Brot und Brötchen nach Originalrezeptur von F.E.Bilz bäckt.

Wir folgten weiter dem Bilz-Rundweg und gingen rechts in Richtung Straken bergab, der uns direkt zum Bilz-Sanatorium führte. Noch heute lässt sich erahnen, welche Anziehung von diesem Ort und der “schlossähnlich” erbauten Naturheilanstalt ausging. In Spitzenzeiten konnten hier 180 Kurgäste aufgenommen und mit verschiedenen Wasseranwendungen, Sonnen- und Luftbädern behandelt werden.

Schließlich erreichten wir wieder unseren Ausgangspunkt “Eduard-Bilz-Platz”. Wir waren dankbar, dass wir trotz schlechter Wetterprognosen den Spuren von Bilz nahezu trocken folgen konnten.

Diese Wanderung hat viel Spaß gemacht und bot körperliche Anregung durch die teilweise recht steilen Anstiege, Wissenswertes über F.E.Bilz, naturheilkundlichen Impulse sowie interessanten Gespräche mit den Wandergefährten.

Der Bilz-Bund freut sich auch in Zukunft solche Wanderungen anbieten zu können. Diese werden in Tageszeitungen, auf der Homepage des Bilz-Bundes und in den sozialen Medien wie Instagram und Facebook angekündigt.

Petra Eppinger

4. Bauherrenpreiswanderung – diesmal in Naundorf und Zitzschewig

Bild: M.Mitzschke

Nun schon das vierte Jahr in Folge lädt Sie der Verein für Denkmalpflege und neues Bauen zur einer Bauherrenpreiswanderung ein (siehe V&R 06/18, 06/19, 06/20). 2018 spazierten wir am Stadtpark beginnend an über 10 Bauherren – Preisträgern in der Niederlößnitz vorbei. 2019 starteten wir vom Alvslebenplatz durch die Oberlößnitz über Eduard-Bilz-Straße, Augustusweg zur Weinbergstraße. 2020 erwanderten über 40 Baukultur – Interessierte Bauwerke von Bauherrenpreisträgern in der Niederlößnitz diesmal zwischen Landesbühnen und Winzerstraße 46 .

Das große Interesse, prämierte Baukultur zu besichtigen, sich daran zu erfreuen, aber auch aus verschiedenen Blickwinkeln darüber zu diskutieren, macht Mut, in diesem Jahr eine Wanderung anzubieten, die Bauherrenpreisträger außerhalb der bekannten „Villen“-Gebiete der Stadt Radebeul zeigen will. Zitzschewig und Naundorf sollen unser Ziel sein. Hand aufs Herz – fallen Ihnen Bauherrenpreise in diesen ehemals dörflichen Ursprungsgemeinden ein?

Für alle, die von unserer Bauherrenpreiswanderung noch nichts gehört haben, sei die Idee nochmals kurz umrissen:

In Zeiten des sich schnell entwickelnden, pulsierenden Baugeschehens in Radebeul wurde der Radebeuler Bauherrenpreis vom Verein für Denkmalpflege und neues Bauen Radebeul e.V. gemeinsam mit der Stadt Radebeul ins Leben gerufen. Von 1997 bis 2011 wurde der Preis jährlich für Neubau, Denkmalpflege und Außenanlagen verliehen. Mittlerweile ist die Intensität des Bauens in der Stadt zurückgegangen und der Preis wird alle 3 Jahre vergeben, zuletzt 2019 (siehe V&R 12/19).

Dieser Preis soll ein Element sein, um die Diskussion zu Auffassungen zur Baukultur in Radebeul zu fördern und öffentlichkeitswirksam zu machen. Er ist auch von der Hoffnung getragen, Bauherren und Investoren zu erreichen und anzuregen, im Vorfeld über die Wirkung ihrer geplanten Bauwerke in der Stadt nachzudenken. In der Satzung unseres Vereins geht es um den Erhalt des „besonderen Charakters von Radebeul“. Was das ist, diese Diskussion ist nie abgeschlossen. Nur die aktive, stetige Auseinandersetzung mit diesem Thema in der Stadtgesellschaft wird uns diesen ahnen, bewahren und gestalten lassen.

Daraus ist im Verein auch die Idee entstanden, mit einer Bauherrenpreiswanderung, sich die Preisträger vergangener Jahre wieder mal ins Bewusstsein zu rufen und diese erneut zu Fuß in Ruhe und mit offenem Blick zu betrachten und sich darüber auszutauschen. Und auf dem Weg zwischen den Preisträgern ergeben sich auch so manche Ansichten und Einsichten in unseren städtebaulichen Raum, die Gesprächsstoff liefern.

Dass die Notwendigkeit zur Meinungsbildung und Einflussnahme zur weiteren baulichen Gestaltung unserer Stadt von aktueller Bedeutung ist, zeigt u.a. dass die Stadtverwaltung 2020 für Nieder- und Oberlößnitz eine Gestaltungssatzung in Auftrag gegeben hat. Diese soll den Rahmen bilden, so dass „Bausünden“ wie sie zuletzt häufig als Ersatz vorher eher bescheidener Bauwerke in Radebeul passieren, so nicht gebaut werden können. Dass angemessene Regeln gefunden werden, die nicht als Bevormundung, sondern als Sicherung gemeinsamer Werte für die Baukultur begriffen werden, dafür ist die offene Diskussion über diese Wertebildung von großer Bedeutung. Und diese Diskussion kann in Foren, wie zum Wasapark oder zum Neujahrsempfang des Vereins 2020 im Kulturbahnhof geführt werden, aber auch spazierend, die bestehende Baukultur im Blick, z.B. bei unserer Bauherrenpreiswanderung.

Restaurant »Gaumenkitzel«, Coswiger Straße 23
Bild: M.Mitzschke

Aus organisatorischen Gründen findet die diesjährige Wanderung am

8. Oktober, 17.30 Uhr mit Startpunkt Restaurant Gaumenkitzel, Coswiger Str. 23 statt.

Empfohlen wird, die Straßenbahn Linie 4 bis Gerhart-Hauptmann-Straße zu nutzen und dann zur Meißner Straße und links abbiegend die wenigen Meter zum Gaumenkitzel zu laufen. Endpunkt wird Altnaundorf sein, von wo die Straßenbahnhaltestelle am OBI für die Rückfahrt gut erreichbar ist.

Zu den Zielen der Wanderung möchte ich noch nicht zu viel verraten. Sicher ist aber, dass es dort mehr Preisträger gibt, als wir erwandern können. Gerade die Preisträger im Gewerbegebiet Friedrich – List – Straße und im Rietzschkegrund liegen zu weit entfernt, als dass wir sie auf dieser Runde erreichen könnten. Diese Preisträger möchte ich aber nicht unerwähnt lassen und vielleicht wird der eine oder andere neugierig und schaut sich diese bei Gelegenheit an. Darum sollen sie hier kurz vorgestellt werden:

Bauherrenpreis 1998, Kategorie neues Bauen, Rang 1 – Rietzschkegrund 25

Bauherrengemeinschaft: Jörg und Dr. Angelika Baarß, Klaus und Bettina Löschner

Architekten: J. Baarß & K. Löschner, Bauzeit 1995 -1997

Die Architekten entwickelten drei moderne Bauten in einem archaischen, scheunenartigen Haustyp, der im Rietzschkegrund Tradition hat. Der Reiz des Ensembles liegt in der Variation des Grundtyps, in der Materialauswahl, der Einfügung in das Gelände und der Farbigkeit. Die Architekten haben als Bauherren für sich selbst ein Bürogebäude (Mitte) und je ein Wohnhaus geschaffen. Es galt, zwei Stützmauern aus Syenit zu erhalten. Alle drei Häuser lagern auf der oberen Weinbergsmauer, die teilweise sogar in die Innenraumgestaltung einbezogen wurde. Durch Staffelung der straßenseitigen Giebel und der Abstände zwischen den Häusern entstehen städtebauliche Räume, die jedoch den Gesamtzusammenhang nicht auflösen.

Dem Besucher sei noch der in der Nähe liegende Winzerhof Rößler empfohlen.

Rietzschkegrund 25
Bild: M.Mitzschke

Bauherrenpreises 2004 – Anerkennung, Kategorie Öffentliche/ Gewerbliche Bauten
Plakatfabrik Ellerhold – Friedrich – List – Straße 4

Bauherrenpreis 2008, Kategorie Bauen im Bestand
König & Bauer AG, Werk Radebeul – Friedrich – List – Straße 47
Architekt: IPRO, Ulrich Krüger

Bauherrenpreis 2016, Kategorie Neubau, Fabrikbau
Verwaltungsgebäude LTB Leitungsbau – Friedrich – List – Straße 27

Verwaltungsgebäude LTB Leitungsbau – Friedrich-List-Straße 27
Bild: Wikipedia

Alle sind herzlich eingeladen (besonders auch Leute, die Bauherren sind oder werden wollen). Schon um des Erlebens und des Austauschs willen und weil die Nacht früher hereinbricht als im Sommer wird die ca. 2 stündige Wanderung eher gemächlich verlaufen und ist von der Strecke nicht weit.

P.S. Anregung: Über die Losen-Blatt-Sammlung, die Internetseite des Vereins (www.denkmalneuanradebeul.de) oder Wikipedia findet man die Bauherren-Preisträger und kann sich, wenn man Lust hat, auch mal selbst eine Bauherrenpreiswanderung für einen Sonntagsspaziergang zusammenstellen.

Michael Mitzschke

Quellen:
Losen-Blatt-Sammlung des Vereins

Christian Manss „Wie Blumen in der Wüste“

Eine Ausstellung in der Stadtgalerie Radebeul

Vor einem Jahr lernten wir, dank Gabriele und Björn Reinemer, Christian Manss und seine Frau Anne in ihrem Atelier in Dresden-Niedersedlitz kennen und es war sofort klar, dass wir mit seinen Arbeiten eine Ausstellung gestalten werden. Das Ergebnis ist nun seit dem 5. September in der Radebeuler Stadtgalerie zu besichtigen.

Installation: »Ruhepuls«


Christian Manss 1978 in Eisenach geboren, studierte bis 2007 an der HGB in Leipzig, lebte drei Jahre in Zürich und ist seit 2010 in Dresden zu Hause. Stipendien führten ihn in eine ganze Reihe von Städten Europas sowie in die USA und nach Südkorea. Ausstellungen waren bereits ebenfalls zahlreich zu sehen und Werke von Christian Manss sind in vielen Sammlungen beheimatet.

Installation: »Ruhepuls«


Die sparsam ausgestattete Ausstellung beschränkt sich auf drei Werkgruppen, collagierte Fotografie, Lithografie und Installation, sorgfältig ausgewählt vom Künstler. So wie er eine Ausstellung vorbereitet, agiert er auch im Atelier.

Ein überlegtes Herangehen bestimmt die Arbeitsweise – nicht spontanes Agieren. Christian Manss hat einen genauen Plan. Das Bild ist im Kopf und wird genauso bis zum letzten, vermeintlich zufällig gemalten Punkt, umgesetzt. Dabei bedarf der Künstler Ordnungsprinzipien, die dem Wunsch, die Wirrnis der Empfindungen in eine Ordnung zu bringen, das Chaos zu ordnen, entgegenkommen.

In Radebeul zeigt Christian Manss in einem langen Prozess überarbeitete Fotografien. Übermalte, dekonstruierte Fotografien sind sein Markenzeichen. Gleichwertige, sowohl künstlerische als auch technische Schritte, lassen sich einteilen. Fotos werden auf blankes Zeitungspapier (Reste von Bahnen aus einer Druckerei) gedruckt, geschnitten und wiederum in Überschneidungen und nicht genau passenden Schrägstellungen auf eine zuvor bemalte Leinwand aufgetragen.

Schichten verbergen, können aber auch offen legen, deshalb die Transparenz, die in der Überarbeitung mit Bootsinnenlack entsteht. Danach erfolgt die mehrfache Übermalung. Die Farbe wird aufgetragen, wieder abgewaschen, wieder aufgetragen, usw., Farbspuren in ihrem Verlauf kontrolliert, bis das gewünschte Bild mit der entsprechenden Wirkung entstanden ist. Auch transparente Schichtungen verhüllen und manchmal muss man Verhüllen, um sichtbar zu machen. Es ist dasselbe Prinzip, welches Christo und Jeanne-Claude nutzen, um die Ästhetik oder Einzigartigkeit eines Bauwerkes oder einer Landschaft erst wahrnehmbar zu machen.

Man glaubt Bekanntes genau zu erkennen, wird aber doch getäuscht. Es lohnt sich genau hinzuschauen. Architektur und Figuren werden in neue Zusammenhänge gestellt und können szenisch agieren. Fast wirken die Arbeiten wie Reliefs. Diese Wirkung ist neben der szenischen mit Sicherheit beabsichtigt, denn das Relief bildet die Schnittstelle zwischen Bild und Plastik. Architektonische Elemente tauchen in den Bildern auf. Einem Bühnenbild ähnlich, geben sie Figuren einen Rahmen. Es existiert jedoch keine wesentliche Handlung, nur eine magische Bindung zwischen den Elementen.

Für Christian Manss ist es entscheidend, „dem Dunklen nicht auszuweichen“, tief blicken zu lassen. Anklänge an Landschaften und Architekturen sind Anklänge an Vergangenes. Es geht nicht um die Landschaft an sich, sondern eher um charakteristische Eindrücke, Vielleicht hat er sie verlassen zugunsten einer Seelenlandschaft. D.h., dass die im Traum oder der Vorstellung lebenden Bilder begonnen haben, sich zu materialisieren. Die Werke sind Extrakte aus langen Betrachtungen – durchaus auch Selbstbetrachtungen. In diesem Sinne arbeitet er teilweise in Serien. Serielle Bilder können den festgehaltenen Augenblick verlängern und – ganz wesentlich – von verschiedenen Blickwinkeln aus beleuchten. Das Schaffen in Folgen ist ab und zu unerlässlich, denn diese können Geschichten erzählen vom Werden und Vergehen. So ist eine Serie aus der Lockdownzeit zu entdecken, die sich mit dem Selbst beschäftigt. Auffällig in der klassische Bildanlage in „Die Heilung“ ist die vom Licht überflutete, in den Raum ragende Figur, verstörend beim genauen Hinschauen. In dieser Zeit entstanden auch eine Reihe von Lithografien, von denen sieben in der Ausstellung zu sehen sind. Sie wurden sehr aufwendig, mit bis zu acht Farben im ständigen Fernaustausch mit dem Drucker in Schweden entwickelt. Sehr schwer, den genauen Ablauf zu steuern, wenn man nicht im direkten Kontakt und am Stein steht. Auch hier finden sich sehr persönliche Erlebnisse, z.B. in Schweden.

Gemeinsam allen Arbeiten ist das Auftauchen eines Zeichens, eines grafischen Objektes. Es kann ein Rechteck oder ein Dreieck (Pyramide) sein. Es stört eventuell die Harmonie, die ohnehin nur eine scheinbare ist. Oder lenkt den Blick in einen zentralen Bereich.

Inmitten der Tafeln und Lithografien steht in der Galerie ein Objekt, wie ein riesiger Brocken, der aus dem Weltall gelandet ist. Von außen schwarz und abweisend, eröffnen sich im Inneren tatsächlich neue Welten. „Ruhepuls“ ist eine Installation mit der der Künstler in die dritte Dimension vorstößt und mit verschiedenen künstlerischen Techniken experimentiert. Das Prozesshafte ist ihm wichtig, denn das Leben ist ein Prozess und wir überschreiten in unserem Leben mehrfach Grenzen, wie sie auch mit jeder neuen Werkphase überschritten werden müssen. Das Objekt, eine zusammenfaltbare Installation, die zusammen mit einem Tapeziertischhersteller entwickelt wurde, passte geradeso in die Galerie hinein. Sie ist ein wahres Gemeinschaftswerk mit einem Musiker aus Prag, zwei Übersetzern, einer Viedeokünstlerin, Manja Kuhl, und vier Videokünstlern, Volker Schlecht, Knut Amor, Eric Vogel und Alexander Nast. Jeweils zu einem Gedicht von Christian Manss, welches vom ihm gesungen wurde, erfolgte eigenständiges Umsetzen in eine andere Musik (ohne Verständnis des Textes), zu welche dann die VideokünstlerInnen, ebenfalls unbeeinflusst von Christian Manss, in filmische Szenen wandelten. Nach diesen Videos entstanden schlussendlich die korrespondierenden Tafeln. Mit dieser Arbeitsweise schuf der Künstler eine Verbindung von Plastik, Malerei, Architektur, Fotografie und neuen Medien.

„Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen war, außer dem Verstande selber.“ (Gottfried Wilhelm Leibnitz). In dieser Bedeutung schärfen wir an Bildern unsere Sinne, dem Verstande zu dienen.

Alexander Lange

Die Ausstellung ist noch bis zum 17. Oktober in der Stadtgalerie zu erleben.

Am 17. Oktober findet als Finissage um 16.00 Uhr ein Künstlergespräch statt.

Editorial 10-21

Ein glücklicher Zufall spielte mir kürzlich die nebenstehende Erstausgabe einer historischen Regionalzeitschrift in die Hände. Reichen die Ursprünge unserer „Vorschau“ immerhin bis in das Jahr 1954 zurück, so entführt die „Kötzschenbrodaer Zeitung“ mit ihrer Probenummer und Auflage von 108! Stück vom 13. Dezember 1865 in noch ganz andere zeitliche Gefilde.

Die vom Schriftsteller August Ziegner und dem Leihbibliotheksbetreiber Eduard Dietrich gegründete und nach wenigen Monaten von Ziegner allein herausgegebene Zeitung für die Parochie Kötzschenbroda und umliegender Gemeinden wurde in den ersten Jahren in Dresden gedruckt. Eine wechselvolle Geschichte des Wochenblattes reicht dann bis zur Einstellung wegen Papierknappheit im März 1943.

Der Inhalt des doppelt gefalteten Blattes vereint ein Sammelsurium von Lokalnachrichten und Neuigkeiten aus Sachsen, Deutschland und der Welt. Immerhin die Hälfte des Umfangs besteht aus Geschäftsanzeigen zeittypischer Gewerke. So ist hier bereits die „Alte Apotheke“ zu Kötzschenbroda zu finden, wie auch schon die Avancen eines Immobilienmaklers.
Ab 1884 erfolgte die Herstellung in der ziegnerischen Druckerei auf der Güterhofstraße 5, eines der ältesten ununterbrochen am gleichen Ort bestehenden Unternehmen Kötzschenbrodas, welches heute als Lößnitz-Druck GmbH firmiert. Wie sich die Kreise schließen, denn auch unsere „Vorschau“ ist seit nunmehr mehreren Jahrzehnten in dem traditionsreichen Haus eine treue Kundin.

Den Worten der alten „Redaction“ an die geneigten Leser wollen wir uns anschließen:

Damit aber unsere Liebe und unser Eifer zur Sache nicht erkalte, so erfreue das verehrte Publikum uns durch eine nachsichtsvolle Kritik und fördere freundlichst das [begonnene] Werk durch zahlreiches Abonnement!

Sascha Graedtke

Mit Bernhard Theilmann poetisch durch das Jahr

Titelbilder Bauernhäuser in Radebeul September 2021

Vorwerkstraße 3

In der Vorwerkstraße finden wir ein paar kleine, ehemalige Bauernwirtschaften. Die Nr. 3 hat eine auffällige Fassadengestaltung, auffällig insofern, da hier Wandbereiche verschiefert worden sind, was für Mittelsachsen unüblich ist und sonst nur im Vogtland oder in Thüringen (da, wo Schiefer abgebaut wurde) zu finden ist. Hinzu kommt, daß die Belegung mit Naturschiefer sogar in drei Farben (blau, grau u. rot) und mit Ornament erfolgt ist.
Ich habe heute auch mal ein unsaniertes Bauernhaus in die Titelbildserie aufgenommen, um den Bezug zur Realität nicht zu verlieren – Realität ist, daß ein Teil der Häuser noch nicht saniert werden konnten, bzw. es ungewiß ist, ob es jemals eine Sanierung geben wird.
Der Schlußstein „J. G. M. 1805“ über der Tür besagt, daß dieses Haus nach einem Großbrand in Kötzschenbroda am 31. Mai 1805 in der heutigen Gestalt wieder aufgebaut worden ist. Wohnhaus und Auszugshaus haben massive EG-Wände und Fachwerkwände im OG. Vom Fachwerk sieht man aber nichts, weil es entweder mit Schiefer belegt oder verputzt worden ist. Die Krüppelwalmdächer dürften ehemals mit Biberschwanzziegeln gedeckt gewesen sein. Ein Ersatz für die abgewitterten Betondachsteine und die Abnahme der Riemchensteine um Fenster und Türen dürften ua. das Ziel einer künftigen denkmalpflegerischen Sanierung sein.
Seit 1879 betrieb hier ein Schlachter und Fleischer sein Handwerk und baute den Laden ein. Einen heutigen Eigentümer konnte ich leider nicht antreffen.

Dietrich Lohse

Radebeuler Miniaturen

Vier Blätter eines Glückssommers

Ulrike im Grünen: Das Jahr, das den Regen wiederentdeckt hat, prangt in grüner Üppigkeit und Ulrike steht mitten drin. Ich hab eins, ruft sie plötzlich, hier sieh: ein Kleeblatt mit vieren! Dann pflücks, sag ich, und stecks in dein Tagebuch zur Erinnerung an einen Glückstag.
Erst sehen, obs einer wird, lacht Ulrike. Du weißt doch, niemand soll den Tag vor seinem Ende glücklich schätzen… Nee, ich laß es stehen und erst, wenn es morgen noch da ist, werd ich es ernten.
Ich weiß ja nicht, lache ich zurück, ob du einen einzelnen Kleestängel „ernten“ kannst – ja, wenns die Wiese wäre, wollte ich nichts sagen, wenn du hergingest mit der Sense und dann mit dem Rechen unter der Sonne alles trocknest…
Herr Oberschlau nimmt wieder alles wörtlich. Ulrike blickt plötzlich sehr ernst. Früher hattest du mal Humor.
Na, na, Frau Leberwurst, zwinkere ich, früher hatte ich auch keinen Bauch und du hattest glänzende Augen, wenn du so im Klee standst. Denk aber dran: wenn die Elfen kommen und der Faun zum Tanz aufspielt, findest du morgen, wie weiland die Ziege kein einzigs Blättelein mehr an seinem Platz.
Den Vergleich mit der Ziege, wendet Ulrike leise ein, höre ich, wie du dir vorstellen kannst, nicht gerade gern – obwohl ich mich andererseits als Ziege auf dieser Wiese noch wohler fühlen könnte, als so schon: Endlich satt zu essen!
Danke für den Hinweis, sage ich mit Blick zur Uhr, ich geh gleich rein und mach uns was, aber fünf Minuten hab ich noch. Motivationsfördernd schwebt sie an meinen Hals.

Wie vorhergesehen, kommen mit der Dämmerung eine nach der anderen, die Elfen: Eva, Andrea, Elvira, Simone, Susanna …wer zählt die Völker, nennt die Namen … und schließlich mit Mütze und Quetschkommode ein Faun namens Gerd oder so, die beide voller Töne stecken. Sogar der Mond ist pünktlich.
Dann dreht er auf.
Er beginnt mit einem Walzer und spielt dann über Musette in die Schlagerwelt hinein alles, was Beine in Bewegung bringt.
Dann drehen sie auf.
Sie drehen vor allem sich selbst. Am lebhaftesten dreht sich Ulrike mit erhobenen Armen und wehendem Rock im Kreise im Kreise. Und in Kreisen legt sich das Gras unter ihre Füße. Im Märchen heißt es, Elfen schweben. Ich glaube, die Wiese wünscht sich in diesem Moment nichts sehnlicher, als daß Märchen in Erfüllung gehen. Und tatsächlich ist es, als schwebten sie, denn kaum berühren die Zehen zwischen zwei kreisenden Sprüngen den Boden.
Noch am Morgen sind die Runden zu sehen am Bild der Gräser, die sich gelegt hatten im Rhythmus der Füße. Mitten zwischen ihnen steht Ulrike und jubelt: hier sieh: mein Klee, vier Blätter – aufrecht steht er und ist eben dabei, sich zu entfalten – gut daß ich ihn stehen ließ. Es war doch ein schöner Tag, sagt sie so sanft sie es vermag.
Der Rest ist Schweigen.
Thomas Gerlach

Eine Glosse

Kritik unerwünscht!

Krise und Kritik seien zwei unzertrennliche Gesellen stellten die Herausgeber der Edition Theorie und Kritik in ihren 2015 bis 2018 erschienen Werken fest. Dies mag nicht nur für die gesellschaftliche Moderne zutreffen, war es doch in grauer Vorzeit Sitte bei den Oberhäuptern, den Überbringer einer schlechten Nachricht zu köpfen, als hätte man damit das Problem aus der Welt geschafft. Kritiker am System oder an der ausgegebenen Meinung landeten kurze Zeit später gleich auf dem Scheiterhaufen. Galileo Galilei, der italienische Universalwissenschaftler, ist 1633 gerade noch so davongekommen. Anna Maria Braune aus der Nähe von Delitzsch hatte da 1689 weniger Glück. Sie war die letzte Person in Sachsen, die wegen Hexerei verbrannt wurde.
Heute wird man bei einer geübten Kritik etwas zivilisierter behandelt – nämlich wegen der Geschlechtergleichberechtigung in männlicher, weiblicher oder diverser Form. Zerrissen wird man aber auf jeden Fall. Nun will ich damit ja nicht behaupten, dass wir uns seit Beginn der Neuzeit nicht weiterentwickelt hätten. Einerseits haben sich die Methoden enorm verbessert. Daumenschrauben kommen nur noch symbolisch oder in Ausnahmefällen zur Anwendung. Auch sind wir heute dankenswerterweise nicht mehr auf die „feine englische Art“ oder die „Konversationsregeln“ eines Herbert Paul Grice angewiesen, der ja auch schon über 30 Jahre tot ist und den sicher kaum noch einer kennt. Der Philosoph aus Birmingham hatte die sogenannten „Konversationsmaximen“ aufgestellt, die man in dem Satz zusammenfassen könnte: „Sage nur, was informativ, wahr und themenbezogen ist und sage dies klar und deutlich!“. Mit so einem Spruch weiß doch keiner mehr was anzufangen. Und seit wann geht es denn um Inhalte…? Egal zu welchem Sachverhalt ich mich äußere, zunächst erzähle ich von meinen jüngsten Partyerlebnissen. Einfach nur so, für einen lockeren Einstieg. Wichtig ist doch, wie man rüberkommt. Schließlich sollen sich die Leute auch amüsieren. Der Donald Trump hat das schon richtig gemacht, halt nur etwas übertrieben. Diese langweiligen Verwaltungsregeln, Vertragsabschlüsse, Sicherheitsvorschriften, Höflichkeitsfloskeln und sonstigen Vorschriften muss man doch nicht so auf die Goldwaage legen. Wird doch alles nicht so heiß gegessen…
Und wer will denn schon Kritik hören? Alle wollen doch nur gelobt werden. Folgerichtig hat man in der Pädagogik die Kritik längst abgeschafft. Die „Kleinen“ sollen nur noch über ihre Stärken gefördert werden. Richtig! Kann ich auch nicht leiden, wenn man mir immer meine Fehler vorhält. Das macht mich depressiv. Da bekommt man ja einen richtigen Persönlichkeitsknick! Wenn ich dann aggressiv werden sollte, kann ich halt auch nichts dafür.
Das mit der ewigen Kritisiererei ist sowieso erst Ende des 17. Jahrhunderts aufgekommen und aus dem Französischen herüber geschwappt. Da war Sophie von Brandenburg, die Gemahlin des sächsischen Kurfürsten Christian I., die den sächsischen Kanzler Dr. Nikolaus Krell 1601 wegen politischer Unangepasstheit köpfen ließ, leider schon lange tot. Wer weiß, vielleicht wäre uns sonst so manches erspart geblieben. Als Wissenschaft und Religion noch eine Einheit bildeten, war eh alles besser. Mittlerweile spielt das aber auch schon keine Rolle mehr. Die Wissenschaft und die Vernunft haben eh nicht mehr viel zu sagen, wie das Geschehen um die Pandemie gezeigt hat. Und ob die Flyer für eine Veranstaltung zwei Tage vor dem Termin oder überhaupt nicht kommen, scheint auch egal.
Das hat der olle Immanuel Kant noch anders gesehen. Also, nicht das mit den Flyern, das mit der Vernunft. Die stellt sich ein, wenn Sinnlichkeit und Verstand in Abwägung gebracht und die daraus gewonnenen Erkenntnisse nach Prinzipien geordnet werden. „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind“ urteilte dann auch Kant. Aber Michel Foucault, ein französischer Vertreter des Poststrukturalismus, stellte die Sache auf den Kopf und ließ den Gegenstand der Kritik völlig außer Acht, um stattdessen das System der Kritik in den Fokus zu nehmen. Damit schaltete er zwar jegliche Kritik aus, aber die braucht eh keiner. Besser hätte es Sophie von Brandenburg sicher auch nicht hinbekommen und alles ohne „Köpfe-rollen“.
Mit Foucault betrachtet, verbitte ich mir deshalb jedwede Kritik am meinem Beitrag und verbleibe mit nebulösen Grüßen,

Euer Motzi

 

4.343

EINE BILZ-IDEE, den Menschen helfen zu wollen und dabei noch Geld zu verdienen

Friedrich Eduard Bilz’ (1842-1922) Leitspruch war „Die Natur war mein Leitstern“, so zu lesen auf der Familiengrabstätte auf dem Friedhof Radebeul-Ost.

Emaille-Werbeschild Foto: D. Lohse

Bilz stammte aus Arnsdorf bei Penig und war auf autodidaktischem Wege Naturheilkundler geworden. Er war kein Arzt, er „sprang auf den Zug auf“, der in Deutschland in der 2. Hälfte des 19. Jh. u.a. durch Sebastian Anton Kneipp (1821-1897) in die Spur gebracht worden war. Das war damals eine starke Bewegung, teilweise jedoch von studierten Medizinern beargwöhnt.
Zunächst wurden von ihm die Ideen zur Naturheilkunde in Buchform gebracht – das Bilz-Buch erschien in mehreren Fassungen, Auflagen und auch Übersetzungen, hatte also große Verbreitung gefunden. In einem anderen Buch „Der Zukunftsstaat – Staatseinrichtung im Jahr 2000“ gab er seiner Fantasie freien Lauf. Alle die, die dann 2000 erlebt haben, können beurteilen, was von Bilz‘ Vorahnungen eingetreten ist. Mit der Gründung des Bilz-Sanatoriums (1892 eröffnet) in Radebeul, heute Eduard-Bilz-Straße 53, strebte er mit Licht, Luft und Wasser eine gesunde Lebensweise an und setzte sie hier vorbeugend und zur Gesundung seiner Patienten und Kurgäste ein. Der Faktor Licht war in Oberlößnitz insofern gegeben, weil hier für Sachsen die meisten Sonnenstunden im Jahr registriert wurden. Schließlich bezeichnete man die Lößnitz touristisch gern als „sächsisches Nizza“. Die Luft, sein zweiter Faktor, dürfte um 1900 hier auch noch sauber gewesen sein, denn die Chemiebetriebe liefen noch nicht auf Hochtouren, wie das dann in der DDR zu erleben war. Der Faktor Wasser war zunächst durch Quellfassungen im

Foto: D. Lohse

Strakengrund abgesichert, später (1905) kam dann noch das Bilz-Bad im Lößnitzgrund mit der „Undosa Wellenmaschine“ dazu. Außer den drei Säulen seines Tuns um die Gesundung der Menschen hatte er noch ein paar flankierende Ideen, die wohl eher in Randbereichen wirksam wurden. In das Unternehmen von F. E. Bilz war die ganze Familie stark eingebunden, Friedrich Eduard Bilz war der Chef und Besitzer, Sohn Ewald (1872-1941) leitete den Bilzverlag, Sohn Alfred (1877-1939) war Direktor des Sanatoriums und Sohn Willy Johannes (1884-1965) kümmerte sich um das Bilzbad.
Da Bilz die schädliche Wirkung von Alkohol erkannt hatte und selbst keinen Alkohol getrunken haben soll, wollte er seinen Gästen und Patienten außer Wasser noch ein anderes nichtalkoholisches Getränk anbieten. Er entwickelte eine Bilz-Limonade, konnte sie aber nicht in größeren Mengen herstellen. Deshalb sollte diese Limonade bei der Firma „Sinalco“ in Detmold für ihn produziert werden. Eine Weile lief das ganz gut. Außerdem meinte Bilz, dass die Menschen damals zu wenig Salz, bzw. Mineralsalz zu sich nahmen und das zu einer Mangelerscheinung führen würde. Heute ist das möglicherweise anders, man isst eher zu viel Salz, weil es für den Verbraucher auch unsichtbar in vielen Fertig- oder Halbfertigprodukten enthalten ist. Deshalb ließ Bilz ein Nährsalz entwickeln und im Kurbetrieb dosiert verabreichen und auch im Handel u.a. in 1kg-Blechdosen vertreiben.

Salzmühle, heute verschrottet Foto: D. Lohse

Zu dem Salzthema im Bilz-Sanatorium habe ich noch ein paar Erinnerungsstücke gefunden und will einige Gedanken zum Thema niederschreiben. Woher Bilz das stückige Rohmaterial an Salz bezog, ist heute nicht mehr nachweisbar, war es vielleicht Meersalz und damit jodhaltig? Auf jeden Fall musste man dieses Salz zerkleinern, ehe es den Patienten verabreicht werden konnte. Dazu wurde eine große Salzmühle (etwa 5m hoch, 3m breit und 4m tief) angeschafft und wegen der Bedienung von oben mit einer eisernen Wendeltreppe versehen. Als Standort der Mühle bestimmte Bilz den Wintergarten auf der Westseite seiner Villa Augustusweg 110. Mit dieser Entscheidung dürfte sich Bilz über die im Wintergarten herrschenden klimatischen Verhältnisse hinweggesetzt haben, aber irgendwie musste es eine Zeit lang funktioniert haben. So war bis auf Weiteres der Wintergarten für Wohnen oder repräsentative Zwecke nicht mehr nutzbar, zumal, weil beim Mahlen auch Lärm und Staub entstanden sein dürften, was jedoch nur in gewissen Zeitabständen erfolgte. Als dann ab 2006 die Sanierung des Gebäudeensembles Bilz-Villa (sogen. „Jägerberg“) begann und das Ziel die Schaffung hochwertiger Wohnbereiche war, stand dann die alte, etwas verrostete Mühle im Wege. Etwa ein Jahr liefen die Bemühungen seitens der Bauleitung, des Landesamtes für Denkmalpflege und mir Interessenten für diese Maschine zu finden. Die Mühle hätte vielleicht das Zeug zu einem technischen Denkmal gehabt, hat aber offiziell diesen Status nie erhalten. Wir konnten keinen Handwerker oder Kleinbetrieb ermitteln, der die Mühle wieder flott machen und nutzen wollte oder eine museale Einrichtung, wo sie zum Thema des Museums gepasst hätte. Ein Heimatmuseum gab und gibt es ja in Radebeul nicht. Eine Möglichkeit zur längeren Zwischenlagerung der Salzmühle fand sich im Grundstück auch nicht, so dass sie schließlich leider verschrottet werden musste. Zumindest habe ich die alte Maschine im Wintergarten noch mal fotografieren können.
Dann war da noch ein altes (Ende 19. Jh.) Werbeschild – ein mehrfarbig bemaltes Blechschild – das für den Kauf von Bilz-Nährsalz warb, darauf sind alle ehemals mit dem Kurbetrieb verbundenen Gebäude in Radebeul in einem idealisierten Landschaftsbild vereint. Neben den bei Sammlern besonders begehrten Emaille-Werbeschildern (z.B. Kaffee Hag oder Felsenkeller Bier) gab es auch die etwas einfacheren, bemalten Blechschilder. Es ist ein Wunder, dass unser über 120 Jahre altes Schild noch so gut erhalten ist!

Bilz-Villa (sogen. »Jägerberg«), Wintergarten, Augustusweg 110 Foto: D. Lohse

Und schließlich hatte ich im Erdaushub einer Rohrverlegung im Grundstück Augustusweg 110 auch noch einen Salzstreuer aus den ehemaligen Speiseräumen des Sanatoriums gefunden, gesäubert und aufgehoben. In einer Grube waren wohl am Ende des Sanatoriumsbetriebes, um 1940, etliche Salzstreuer auf diese Art entsorgt worden, wobei aber nur wenige ganze Glasbehälter gegenüber vielen, z.T. zerbrochenen Porzellandeckeln durcheinander lagen. Ich fand aber schließlich noch ein passendes Paar. Der Salzstreuer sieht auf den ersten Blick fast edel aus, das achtkantige, sich nach oben hin verjüngende Glas erinnert an geschliffenes Kristallglas, stellt sich aber beim näheren Betrachten als Preßglas heraus. Der abschraubbare Porzellandeckel (kein Markenporz.) hat oben acht kleine Löcher zum Streuen und eine von der Seite lesbare Umschrift „BILZ-TAFEL-NÄHR-SALZ Für Blut & Nerven“. Der Salzstreuer ist ein handliches Gefäß, das wohl industriell hergestellt worden war – für ein Sanatorium in Oberlößnitz angemessen, ein ähnliches Haus in Davos hätte sicher echtes Kristallglas als Salzstreuer gehabt. Soweit meine Gedanken zu einem kleinen Stück Bilzgeschichte, die so nicht wiederkommen dürfte.

Dietrich Lohse

Quellen: 1. „Friedrich Eduard Bilz – Altmeister der Naturheilkunde in Sachsen“, Jürgen Helfricht, Druckerei
Thieme Meißen, 1992
2. „Stadtlexikon Radebeul“, A. Karnatz u. Kollektiv, Große Kreisstadt Radebeul, 3. Auflage, 2021

 

Mit dem Rollator durch Radebeul

Immer häufiger sind sie im Straßenbild zu sehen; kleine, für alte und behinderte Menschen sehr nützliche Gefährte, die Rollatoren. Sie verhelfen den betroffenen Menschen zu mehr Beweglichkeit und mehr Sicherheit und geben ihnen ein Stück Unabhängigkeit zurück. Ich spreche aus Erfahrung, benutze ich doch seit fast sechs Jahren so ein Hilfsmittel. Aber leicht ist das in Radebeul nicht! Da sind zuerst einmal die Hindernisse, die nicht abzustellen sind, Steigungen, die je nach persönlicher Kondition nicht mehr überwindbar sind und zwar sowohl nach oben wie auch nach unten. Dazu gehören für mich zum Beispiel der Anstieg der Weinbergstraße vom Lößnitzgrund aus oder der Beginn der Zillerstraße von der Meißner Straße her. Gut, damit muss ich mich abfinden und einen anderen Weg suchen, auch wenn dieser etwas weiter ist. Zur Weinbergstraße komme ich auch, wenn ich am Weißen Ross den Augustusweg entlang gehe und dann in die Hoflößnitzstraße einbiege. Anstelle der Zillerstraße kann ich den Körnerweg nehmen. Aber es gibt auch Hindernisse, die beseitigt werden können. Das ist zum einen der schlechte Zustand vieler Radebeuler Fußwege. So schön wie es ist, wenn die Straßen von Bäumen gesäumt werden, aber an vielen Stellen wachsen die Wurzeln bis weit in den Fußweg hinein. Damit machen sie nicht nur behinderten Menschen das Leben schwer, sie stellen auch eine Gefahr für gesunde Bürger dar. Weiterhin gibt es viele Steine, die aus dem Belag herausragen und zu Stolpersteinen werden. Ein besonderes Problem stellen die Ausfahrten aus den Grundstücken dar. Sie sind oft zur Fahrbahn hin sehr stark geneigt und man braucht viel Kraft um den Rollator festzuhalten und die Balance zu bewahren, hier hält nicht der Rollator den Menschen, sondern der Mensch hat Mühe, ihn zu halten. Der Belag ist sehr unterschiedlich und oft auch in keinem guten Zustand. Besser sieht es bei den Fußwegen aus, die im Zuge einer Straßensanierung neu belegt wurden. Manche sind vorbildlich gemacht, aber bei einigen kann man nur mit dem Kopf schütteln und sich fragen, ob die Bauleute blind gewesen sind. Zum Beispiel: Vor etlichen Jahren wurde ein Teil der Paradiesstraße und die dazugehörenden Fußwege saniert, einige Jahre später ein Stück der Winzerstraße. Aber zu welcher von beiden gehört das Stück in dem die eine Straße in die andere übergeht? Dort wurden einige Meter von der Renovierung ausgespart und ausgerechnet da, wo der Fußweg ansteigt muss man sein Wägelchen mühsam durch den Sand schieben!
Ein weiteres Problem sind die oft hohen Bordsteine, auch an den Straßenübergängen, und das oft sehr unebene Schnittgerinne dahinter. Auch hier sieht es da besser aus, wo Fußwege renoviert und Übergänge abgesenkt wurden. Aber liebe Leute, macht sie doch bitte dahin, wo man die Straße, die man überqueren will, auch richtig einsehen kann und von Autofahrern und Radfahrern gut gesehen wird.
Schwierig ist das Einkaufen. So gibt es für viele Radebeuler kaum noch ein Geschäft, das man zu Fuß erreichen kann. Bleiben die Supermärkte. Aber auch an diese kommt man mit dem Rollator nicht so gut heran, es sei denn, man wohnt nicht weit von ihnen entfernt. Einige sind mit Straßenbahn oder Bus erreichbar, nur ausgerechnet die Haltestellen, die dafür in Frage kommen, sind nicht angepasst, z.B. Bahnhofstraße, Schildenstraße und Hauptstraße. Wahrscheinlich müssen wir darauf warten bis die Meißner Straße an diesen Stellen einmal grundlegend saniert wird. Also doch das Auto! Entweder man kann noch selber fahren oder muss Angehörige oder liebe Nachbarn bitten. Es gäbe noch einige Stolpersteine zu nennen und es betrifft nicht nur die Rollatoren, auch für Rollstuhlfahrer und Leute, die mit Kinderwagen unterwegs sind, treffen diese Hindernisse zu. Mir ist schon bewusst, dass Radebeul ein weitläufiges Straßennetz hat und nicht alle Mängel sofort beseitigt werden können. Aber da, wo sowieso Reparaturen durchgeführt werden oder wo die Mängel mit geringem Aufwand beseitigt werden können, würde ich mir schon etwas mehr Aufmerksamkeit wünschen.
Wie wäre es, liebe Stadtverordnete, wenn Sie selber einmal mit einem Rollator eine Stunde lang durch Radebeuler Straßen laufen würden und vielleicht können Sie sich dabei vorstellen, dass Sie nicht mehr so jung und fit sind und die Wege auch mit Hilfsmitteln mühsam geworden sind.

Dr. Ursula Martin

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