Festtags-Telegramm

Herrlichstes Herbstwetter war dem Festtag an den Landesbühnen vergönnt, und so war, sicher wie auch in den vorangegangenen Jahren zur Spielzeiteröffnung, ein buntes Treiben für Groß und Klein vor den Toren des Hauses geplant. Nun kündeten äußerlich ersichtlich zögerlich nur einige Luftballons vom festlichen Ereignis und kaum Menschen versammelten sich im Sonnenschein.
Im Inneren erwartete den Besucher hingegen ein reichhaltiges und dicht gedrängtes Programm, welches ob der Fülle nur punktuell goutiert werden konnte. Die zu erwartende gewitzte Moderation der Podiumserinnerungen von Schauspieldirektor Peter Kube mit „altgedienten“ Persönlichkeiten, u.a. Jürgen Haase, Olaf Hörbe oder Rainer Feistel, versprach gesammelte Anekdoten aus mehreren Jahrzehnten.
Auf anderen Bühnen waren kurzweilige Programme allen Sparten zu erleben, so auch wieder leibhaftig der lang verstummte Chor. Höhepunkt des Abends war schließlich die Gala mit einem Parforceritt mit Auzügen aus „Klassikern“ von Schauspiel und Oper unter musikalischer Umrahmung der Elbland Philharmonie.
Bewegte Bilder, u.a. ein historischer Film über die Felsenbühne aus dem Jahr 1958, lockten zum Ausklang des Abends dann doch zahlreiche Besucher in den nun dunklen Innenhof.

Sascha Graedtke

„The Kraut“ – Ein Marlene Dietrich-Abend von Dirk Heidicke

1. Premiere der neuen Spielzeit an den Landesbühnen Sachsen

Antje Kahn als Marlene Dietrich Foto: S. Dittrich

Die Premiere zu „The Kraut-Ein Marlene Dietrich-Abend“ sollte bereits im April Premiere in der Studiobühne feiern. Durch die Corona-Pandemie fiel diese aus und nach erneuten Proben, bereits im August mit der Sängerin und Künstlerin Antje Kahn, dem Pianisten Thomas Tuchscheerer unter der Regie von Rebekah Rota und der Ausstattung von Sabine Lindner wurde sie Anfang September bravourös nachgeholt.
Gezeigt wird auf der Bühne eine sympathische, alternde Marlene Dietrich im Rückblick, die ab und an um persönliches Gleichgewicht ringt. Der Regisseur Josef Sternberg (1894-1969) machte die Dietrich in seinem Film „Der blaue Engel“ (1929) zur Legende. Gemeinsam mit Sternberg führte ihre Filmkarriere nach Hollywood (USA). Sie beantragte 1937 die amerikanische Staatsbürgerschaft. Als Aufführungsort in Europa kam für Marlene Paris in Betracht. Aus Loyalität zu Joeph von Sternberg, der als jüdischer Regisseur im Nazi-Deutschland (1933-1945) weder arbeiten noch leben durfte, lehnte sie wiederholt die aus Deutschland kommenden Film- und Auftrittsangebote ab. Als Marlene von um sie werben wollenden NS-Abgeordneten aufgesucht wurde, lehnte sie höflich, aber bestimmt ab und verwies auf ihren Vertrag mit Sternberg. „Wenn Deutschland einen Film mit Josef Sternberg drehen will, wäre ich sicherlich bereit in Berlin zu arbeiten.“ Mit ihrer amerikanischen Staatsbürgerschaft 1937 wurde Marlene Dietrich für die Nazis dann unerreichbar.
Marlene Dietrich, die 1901 in Berlin geboren wurde und ihre Arbeit als Schauspielerin wie kaum eine andere verstand, hatte unter ihrem Publikum zahlreiche Verehrer von dem Schriftsteller Erich Maria Remarque, dem Schauspieler Jean Gabin bis hin zur Ausnahmesängerin Edith Piaf und dem Schriftsteller Ernest Hemingway. Kein Wunder, dass sich die verführerische Schauspielerin fiktive Szenen ausdachte, wie sie Hitler, dem die Dietrich nie begegnete, um den Finger wickeln konnte, um das Weltgeschehen zu beeinflussen und den 2. Weltkrieg vielleicht sogar verhindern zu können. Sie zeigte in der Praxis Haltung und schloss, obwohl sie ihre Familie in Deutschland hatte, eine Rückkehr nach Deutschland aus.
Als die USA in den 2. Weltkrieg (1941) eintrat, um den Krieg zu beenden, schilderte die Dietrich dem Journalisten Leo Lermann ihre Gründe sich dem „Hollywood Victory Commitee“ anzuschließen. Sie besuchte Soldaten in den Hospitälern, trat zum Amüsement der Soldaten an der Front auf. Die Gefahr der Gefangennahme durch deutsche Truppen war für die Schauspieler und Sänger hoch. Durch die Initiative des Major Generals Arthur R. Wilson wurde ihr als erster Frau 1947 die Medal of Freedom, die höchste Auszeichnung der USA für Zivilisten, verliehen.
Wichtige Filme in denen Marlene Dietrich mitspielte, sind „Zeugen der Anklage“ (1957), „Das Urteil von Nürnberg“(1961) und in den 1950er und 1960er Jahren weltweite Tourneen mit Chansons und Antikriegsliedern u.a. Peet Seegers „Sag mir wo die Blumen sind“.
Marlenes berühmten Lieder erklingen in der Inszenierung von Dirk Heidicke ebenso aktuell, wie damals für die Gis an der Front. Private Einblicke sind erlaubt. Man erlebt die Perfektionistin Dietrich, die sich schließlich radikal aus der Öffentlichkeit zurück zieht, als sie nicht mehr sein kann, was das Publikum von ihr erwartet: Die makellose Verkörperung einer Stilikone, eine Diva, die nicht altert. Die Inszenierung ist ebenfalls aus filmgeschichtlicher Sicht eine empfehlenswerte Inszenierung. Die flankierenden Video-Aufnahmen der Inszenierung stammen von Daniel Rentzsch.
Das Publikum zollte am Premierenabend der Sängerin Antje Kahn, Thomas Tuchscheerer und dem Regie- und Dramaturgieteam verdient anhaltenden Beifall.

Angelika Guetter

Das Weinetikett von Gabriele Reinemer

Zur Weinedition 2020 des Fördervereins des diesjährigen Wandertheaterfestivals
„Zum Thema Phönix? Das mache ich gerne“, sagte Gabriele Reinemer spontan, als ihr die Aufgabe der Etikettgestaltung für die 14. Weinedition des Fördervereins angetragen wurde.
Der sagenumwobene Vogel hat schon viele Menschen fasziniert. Künstler:innen vor allem.
Oft heißt es, er müsse zu Asche verbrennen, um wieder aufsteigen zu können. Das mit der Asche mochte Gabriele Reinemer nicht so sehr. Zum Glück gibt es verschiedene Geschichten um Phönix, man kann sich etwas heraussuchen. Griechen, Römer, Perser und Chinesen spannen schon in alter Zeit ihre Mythen um die Wiederauferstehung eines Zerstörten. Meist muss er durchs Feuer gehen, um sich wieder zu regenerieren. Aber in der ägyptischen Mythologie geht das auch ohne Flammen und Asche. Diese Inspiration war die richtige für Gabriele Reinemer.

Foto: A. Wirsig

Flieg, Phönx, flieg! Das Motto des diesjährigen Wandertheaterfestivals soll Mut machen. Den haben alle nötig, die in dieser Zeit Kunst machen möchten, und zwar nicht nur für sich. Und so kommt der Reinemer´sche Phönix in starken, klaren Farben daher. Selbstbewusst, zuversichtlich steigt der Vogel aufwärts, weg von der Sonne – um nicht doch noch anzubrennen -, vorbei am Mond, dem treuen Begleiter, ins Weltall. Auf dem Weg kann er sich noch mit blauen Trauben stärken.
„Mein Phönix kann fliegen, wohin er will. Das ist doch wichtig in jedem Leben“, sagt die Künstlerin. Das weiß sie genau. Als Gründungsmitglied der Dresdner Sezession ´89 kennt sie das Lied von der Sichtbarkeit weiblicher Kunstschaffender, welches das „Hilf Dir selbst und anderen“ im Refrain hat. Noch dazu, wenn man nicht in Berlin, Leipzig oder Dresden zu Hause ist. Deshalb findet sie die Idee, das jährliche Erscheinen der Weinsonderedition jeweils von Künstler:innen aus Radebeul begleiten zu lassen, auch so gut. Dass die Handschriften weit auseinander gehen, ist gut und gehört dazu.
Und sie hat – gute Kollegin, die sie ist – auch noch einige Empfehlungen für die nächsten Folgen parat. Aber die werden hier noch nicht verraten, davon können sich die Wein- und Theater Genießenden in den nächsten Jahren überraschen lassen. Bei Gabriele Reinemer bedanken wir uns herzlich mit einem kühlen Trunk vom 2018-er Weißburgunder vom Weingut Drei Herren. Zum Wohl!

Christine Ruby

Ewiger Zauber

Laudatio zur aktuellen Ausstellung mit Fotografien von André Wirsig

Der Titel verspricht viel. Schon steigen Ahnungen auf, es könnte zu viel sein, was er verspricht: EWIGER Zauber? Es wird ja immer und überall zu viel versprochen in diesen Tagen. Einer solchen Ahnung folgend haben die Vordenker des heutigen Abends, so vermute ich, die lateinische Übersetzung gewählt: eterna magica. Da fällts nicht so auf und klingt trotzdem geheimnisvoll. Eterna hieß übrigens eine DDR-Schallplattenfirma, und zwar die, erinnert Euch mal, die für die gute, also für die klassische Musik zuständig war. Es handelt sich demnach um eine weit zurückliegende Ewigkeit. Und magica – nun, wer täglich oder ab und zu in der Morgenpost oder in den sich ernsthaft und bürgerlich gebenden DNN das Horrorskop genießt, der dürfte inzwischen ohnehin längst gänzlich entzaubert sein: ein ewig entzauberter Zauber also.
Bleiben wir dennoch für einige Augenblicke beim ursprünglichen obersächsisch-meißnischen ewigen Zauber und versuchen wir, ihm etwas von seinem Glanz abzugewinnen. Wir haben nämlich die große Überschrift noch gar nicht richtig gelesen: tausend Jahre Weinfest werden uns versprochen.
Das ist doch mal was! Tausend Jahre Weinfest.
Da steht natürlich sofort der Zauber-Bischof Benno im Blickpunkt, der ja Zeit seines segensreichen Wirkens hier im Elbtal allerhand ver- und vor allem gezaubert hat. Allerdings war er vor tausend Jahren gerade mal zehn geworden in seinem heimischen Hildesheim und demzufolge noch weit davon entfernt, hier im schönen Elbtal einstmals den ersten Weinstock gepflanzt haben zu können. Dennoch hat der Gedanke etwas Zauberhaftes: Ein zehnjähriger Bengel, voller Lebensfreude, voller Energie, der die Gassen der Stadt mit Jubel füllt und noch keine Ahnung hat, dass er irgendwann später im rauen Norden Weinstöcke pflanzen soll oder sich gar mit Kaisern rumärgern muss.
Unsere Zehnjährigen sitzen heute zu Hause wie die Füllen und füllen bestenfalls noch virtuelle Räume mit – ja, womit denn eigentlich?? Leben kann das ja wohl nicht genannt werden… Ob man da mal einst Weinstöcke pflanzt? Wenigstens lehren sie gelegentlich – sehr zu meiner Erheiterung übrigens – sogenannte zuständige Stellen das Fürchten. Sie dringen spielend und wie nebenher in virtuelle Hochsicherheitsräume ein, führen den Kinderglauben an die sogenannte Netzsicherheit ad absurdum und müssen sich dann vorwerfen lassen, auf so einfache Weise das Vertrauen in den Staat zu untergraben. Als ob der Staat virtuell wäre … nebenher stellt sich die Frage, wem hier eigentlich die Medienkompetenz fehlt.
Kindern kann ja wohl kaum angelastet werden, dass sie die Spiele der Nichterwachsenwerdenwollenden nachspielen und deren Bill-Gates-Träume vom unbegrenzten Reichtum nachträumen. Sie sind auch nicht schuld, wenn sich hochbezahlte Sicherheitsingenieure in der virtuellen Welt verirren. Das freilich spielt nachher in der strafrechtlichen Bewertung der Kinderzimmerspiele keine Rolle mehr, im Gegenteil: die das Lächerliche lächerlich machen, das Offensichtliche öffentlich, haben nach wie vor keine Gnade zu erwarten. In Amerika, dem selbsternannten Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wurde jüngst einem Teenager die Verurteilung nach Jugendstrafrecht verweigert, weil er die Codes hoher Persönlichkeiten geknackt hatte…
Aber, was geht uns Amerika an – wir sprachen vom Zauber.

All jenen von uns, die Kopfrechnen noch ohne Tasten lernten, dürfte einleuchten, dass eine Kirche ohne Wein ungefähr so viel Wert ist, wie ein Smartphone ohne Netzteil. Der bereits seit 968 in Meißen ansässige Bischof (sozusagen ein Uralt-achtundsechziger) hätte ohne Meßwein einfach keine Verbindung zu seinem Chef bekommen: Kein Netz eben. Aber, wo Menschen sind, gibts immer Netze. Und in diesen Netzen können Bischöfe nicht nur Menschen, sondern auch Weinfässer fischen. Lebhaft stelle ich mir vor, wies lebhaft wurde auf der Burg Meißen, wenn wieder Fässer anrollten: Das war ein Fest! Ein Weinfest! Vor tausend Jahren schon. (Aus jenen fernen Tagen stammt der Ruf, wir sollten auf den Wein achten, weshalb das Fest dann schon recht bald zu Jahresende hin gefeiert wurde und immer noch wird).

Natürlich ließ dann auch – Benno hin, Benno her – der erste hier gepflanzte Weinstock nicht auf sich warten. Das eigentlich Bedeutende ist aber, dass sich am Wein seit tausend Jahren nichts geändert hat. Kaiser hinterließen Spuren. Könige kamen und gingen. Revolutionäre revolutionierten. Deserteure desertierten. Denunzianten denunzierten Onkel und Tanten. Juden verschwanden. Opportunisten bauten Tribünen für Tribune und Tributeure. Denker dachten. Komiker lachten. Winzer aber pflegten Wein. Jahraus, Jahrein. Tausend Jahre lang.
Die letzten dreißig von diesen tausend Jahren haben die meisten von uns hier in Kötzschenbroda miterleben dürfen.
In diesem Jahr nun müssen wir erleben, dass das alles nichts weniger als selbstverständlich ist. Tausend Jahre oder dreißig – jedes einzelne ist einmalig, unbezahlbar und voller Überraschungen. Was nicht einmal die Elbe konnte: Ein Virus kanns: Die Fröhlichkeit in Frage stellen und mit der Fröhlichkeit unseren Lebenswandel. Bei Tönnies kamen drei Mitarbeiter auf ein Bett, bei uns kommt ein Besucher auf vier Quadratmeter. Da ist zwar jeden Menge Luft nach oben, nur in der Fläche reichts nicht für alle… Beim ersten Mal da tuts noch weh – aber Schlager gabs ja bei Eterna nicht – Bisher gingen Jahr für Jahr alle die gigantischen von Richard zusammengenagelten Fantasien mit guten Wünsche und vielen Hoffnungen wie im richtigen Leben auf wunderbare Weise in Flammen auf. Wir haben gejubelt und nie daran gedacht, wie schnell das Feuer übergreifen kann. Und davon und noch von vielem anderen mehr, erzählt diese Ausstellung.
Über all die Jahre und (wer glaubts, wenn er ihn sieht?!) Jahrzehnte hat André Wirsig Tag und Nacht drangesetzt, sich keinen der magischen Momente, nichts von dem ewigen Zauber entgehen zu lassen. Auch diese Bilder – die inzwischen durchaus für tausend Jahre reichen – atmen den Zauber. Es ist ein Zauber, wie er auch von ganz jungem Wein ausgeht. Der nimmt selbst hartgesottenen Netzbetreibern die 3D-Brille von der Nase, denn getrunken wird niemals virtuell, getrunken wird aus realexistierenden Gläsern (oder, so Corona will, aus Plastebechern), wie schon Lessing geraten hat:

Trinket, Brüder, lasst uns trinken,
bis wir berauscht zu Boden sinken.
Ein Hoch auf Bacchus, keine Chance den Viren,
wer Wein im Glas hat, kann gar nicht verlieren!

Thomas Gerlach

Es geht wieder los

Pläne und Ideen der Familieninitiative für die nächste Zeit

In den Heften 3 und 4/2020 konnten wir die dreißig Jahre der Familieninitiative, kurz FAMI, nacherleben. Nun wurde Anfang September eingeladen, die Pläne und Ideen für die kommende Zeit zu erfahren. Mathias Abraham, Geschäftsführer, Anja Schenkel, verantwortlich für die Presse – und Öffentlichkeitsarbeit und Projektleiterin von „Team Radebeul“, sowie Edna Ressel, Koordinatorin „Dritter Ort“ Radebeuler Kultur-Bahnhof,
hatten eingeladen.
Zunächst wurde auf die vergangene „Coronazeit“ eingegangen. Am 13. März hatte sich die FAMI entschieden, ihre Arbeit sofort ein- bzw. umzustellen, da ihre BesucherInnen aus vielen gefährdeten Personen bestand und besteht. So erfolgte z.B. das Umstellen auf telefonische Beratungen, statt persönliche. Gemeinsame Einkäufe mit Bedürftigen mussten entfallen, ein „Bringedienst“ organisiert werden. Um alle Einkaufswünsche erfüllen zu können, war sogar der Einsatz eines zusätzlichen Fahrzeuges notwendig.
Doch viele Kurse, die bis dahin den Alltag der FAMI prägten und auch entsprechende Gelder einbrachten, entfielen ersatzlos. Das bedeutete: bis Juni entstand eine Lücke bei den Eigenmitteln von ca. 65T€ . Kurzarbeitergeld wurde beantragt und bewilligt, Fördermittel ebenso. Eigentlich hätte dann im Juni unter Einhaltung der Abstandsregeln alles wieder anfangen können, aber diese waren in den Räumen der FAMI nicht einzuhalten. Also: Jetzt Neustart! Desinfektionsspender stehen bereit, ebenso
Masken, Kontaktdaten werden bereitwillig hinterlegt, so dass dem nichts mehr entgegen steht. Froh sind die älteren Menschen, wieder einen sozialen Treffpunkt zu haben. Das
Café lädt dank fünfzehn ehrenamtlicher HelferInnen zum Verweilen ein, Mittagessen kann wieder eingenommen werden. Die Kurse begannen wieder. Es übersteigt hier die Möglichkeit, alle aufzuzeigen, da verweise ich auf das Halbjahresprogramm Juli bis Dezember. Nur soviel sei gesagt: Sowohl werdende und seiende Mütter, Familien, alle die Spaß am kreativ sein haben, an Weiterbildung, Sport, Heimatkunde und auch
Menschen, die sich mit Demenz und Pflege beschäftigen müssen, finden in der FAMI AnsprechpartnerInnen. Die 27 fest angestellten MitarbeiterInnen und 120 Ehrenamtliche geben ihr Bestes!
Nun gibt es zu dem bereits funktionierenden Teil der FAMI ein neues Projekt. Edna Fessel ist die Projektmanagerin für eine Idee, die den Kulturbahnhof in Radebeul-Ost mit einbezieht. In Radebeul-Ost entstehen zahlreiche neue Wohnungen, und so ist es nur logisch, auch dort für einen sozialen Treffpunkt einem „dritten Ort“, neben Wohnung und Arbeitsstelle, zu sorgen. Geplant ist, dass es am 16.Oktober mit der Eröffnung eines Cafés, zeitgleich mit dem Wochenmarkt, los gehen soll. Weitere Ideen sind Kurse, beispielsweise zum sinnvollen Umgang mit den neuen Medien. Gemeinsam mit den Einwohnern von Ost sollen weitere Angebotswünsche ermittelt und wenn möglich auch umgesetzt werden. Schon jetzt kann gesagt werden, dass auch hier ehrenamtliche HelferInnen immer gebraucht werden. Wem es also zu Hause langweilig wird, oder wer an einer guten Gemeinschaft Gefallen findet: Die FAMI freut sich auf Sie.
Das dritte Einsatzgebiet, dem sich die FAMI angenommen hat, ist die Vernetzung aller Radebeuler Vereine. Hier gibt es ein Portal im Internet www.team-radebeul.de, auf dem sich bereits 73 Vereine kurz vorstellen. Ebenso sind Fördermöglichkeiten aufgezeigt und eine Stellenbörse fürs Ehrenamt ist enthalten.
Wichtig ist, dass sich Förderinnen und Förderer aus Wirtschaft und Unternehmen, sowie Unterstützerinnen und Unterstützer aus der Verwaltung gemeinsam mit dem Team der FAMI über Fördermöglichkeiten abstimmen. Zur Zeit läuft eine Spendenaktion. Bis zum 20.September konnten sich Vereine für eine Förderung bewerben. Über ein Losverfahren wurde in den Rubriken Soziales, Sport, Kultur und Sonstige jeweils ein Verein ausgelost. In der Zeit vom 1.11. bis 31.1.2021 kann dann für die Gewinnerprojekte gespendet werden. Hinweise finden sie auf o.g. Internetseite und im Amtsblatt von Radebeul.
Sie sehen also, dass im 30. Jahr des Bestehens der Familieninitiative Ideenreichtum und
Enthusiasmus ungebrochen sind. Und da auch wir, das Radebeuler Monatsheft, unseren 30. Geburtstag feiern, können wir uns gegenseitig nur anspornen: Weitermachen, wir schaffen das!

Ilona Rau

Zur Titelbildserie

Die Malerin und Grafikerin Bärbel Kuntsche lebt gern in der Wein- und Gartenstadt Radebeul. An Motiven vor der Haustür gibt es keinen Mangel. Die flotte Pinselzeichnung auf der Titelseite ist speziell für die Septemberausgabe unseres Monatsheftes entstanden und bringt das hiesige Lebensgefühl sehr treffend zum Ausdruck.
Ein bisschen Theater gehört natürlich in Radebeul auch immer dazu. Ein Vorhang öffnet sich. Zu sehen ist im Vordergrund ein Tisch. Eine elegante Obstschale, zwei Weingläser und Früchte sind darauf wie ein Stillleben arrangiert. Von dort aus schweift der Blick über Häuser bis hin zu den terrassierten Weinhängen. All das scheint in einem engen inneren Zusammenhang zu stehen. Sensibel spielt die Künstlerin auf das kulturelle Klima in dem jahrhundertealten Weinbaugebiet an, dessen Bewohner sehr im Einklang mit der Natur leben und denen Geselligkeit vor und hinter den hohen Mauern ein wichtiges Bedürfnis ist.
Sobald der Sommer ausklingt, die letzten Früchte gereift sind und die Lese des Weines beginnt, werden fröhliche Herbst-, Wein- und Erntefeste gefeiert. Das ist seit Generationen eine schöne Tradition. Denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein.
Doch in diesem Jahr ist alles anders. Die Corona-Pandemie zwingt zum Innehalten. Feste werden zwar gefeiert – aber mit Abstand und Bedacht.
Wenn sich die ersten Gläser mit frischem Federweißen füllen, sollten wir auf Gesundheit, Lebensfreude und Vernunft anstoßen. Aber auch auf die Künstlerin Bärbel Kuntsche, die Ende August ihren 81. Geburtstag gefeiert hat.

Karin (Gerhardt) Baum

Mit Wolf Biermann poetisch und politisch durch das Jahr

Eiserne, fast verschwundene Details an Häusern in Radebeul

Vorschauleser werden es wissen, von Zeit zu Zeit betrachte ich unsere Häuser hinsichtlich spezieller Details. Viele, die den gleichen Weg durch Radebeul gehen, werden an diesen Details vorübergehen. Die zuletzt behandelten Teile von Häusern waren die zapfenartigen Holzgebilde an Dachkanten von Schweizerhäusern (V&R 05/20).
Aber heute geht es um Eisernes, also Details vorwiegend aus Eisen bzw. Stahl bestehend, um ältere Fahnenstangenhalterungen für schräg auskragende Fahnenstangen an Fassaden, also fast verschwundene Relikte aus einer anderen Zeit. Meine Vorgabe war, nur wenn ich 5 Stück entdeckt hätte, lohnte es sich darüber zu schreiben. Da ich schließlich gar 6 eiserne Fahnenstangenhalter
gefunden habe, kann ich loslegen. Doch zunächst will ich das Thema größere, verzierte Fahnenstangenhalterungen in Radebeul abgrenzen, d.h., ich lasse die kleinen Blechhülsen meist für ganz kleine Fahnen an Fensterrahmen weg, ebenso jene Verankerungen für in Vorgärten oder im öffentlichen Bereich stehende senkrechte Fahnenstangen betrachte ich hier nicht. Natürlich fiel mir auf, dass von den 6 gefundenen Exemplaren sich 5 in Radebeul West befinden und nur eine in Ost. Habe ich in Radebeul-Ost vielleicht nicht gründlich genug gesucht? Oder sollte es eine andere Begründung für die ungleiche Verteilung geben? An welchen Haustypen können wir Fahnen oder Fahnenstangenhalterungen vermuten? Sicherlich eher an Häusern in Gebieten mit städtischer Entwicklung als in den Dörfern, also an öffentlichen Gebäuden wie Rathaus, Bahnhof, Postamt, Schule und Gasthof, auch an Wohn- und Geschäftshäusern und an Villen. Erstaunlicherweise wurde ich bei meiner Recherche gerade bei den öffentlichen Gebäuden überhaupt nicht fündig!
Die meisten Radebeuler Fahnenstangenhalter gehen auf die Zeit des deutschen Kaiserreichs, also die Zeit vor 1918 zurück und weisen eine gewisse künstlerische Gestaltung auf, die die Statik etwas in den Hintergrund schiebt. Ja, Statik muss bei solchen eisernen Konstruktionen auch beachtet werden, wenn man bedenkt, was für Kräfte bei Wind, Sturm und Regen auf die Fahne, die hölzerne Stange und die Halterung aus Eisen wirken und auf die Wand übertragen werden müssen. Die Geometrie eines Dreiecks steht für ein statisch bestimmtes, d.h., „gerade noch unbewegliches“ kräfteübertragendes System, und so können wir bei allen Fahnenstangenhalterungen Dreiecke in räumlicher Anordnung erkennen. Besonders da, wo die Fahnen über Straßen, Plätzen oder Fußwegen wehen muss die Statik stimmen, um darunter laufende oder fahrende Menschen nicht zu gefährden. Welche Arten von Fahnen könnten früher in den alten Halterungen gesteckt haben? Politische Fahnen sicher, wie die schwarz-weiß-rote Reichsflagge oder solche von Parteien, Fahnen von Vereinen oder auch der Werbung für größere Betriebe, z.B. Shell, Odol, oder für Geschäfte dienende Fahnen. Vermutlich gab es in Radebeul auch Fahnenstangen, die eine Seilvorrichtung hatten, um die Fahne zu hissen.
Wenn ich die Radebeuler Postkartenbücher (Schließer, Morzinek, Thiele) durchblättere, komme ich zu dem Schluss, es musste viel, viel mehr gegeben haben als jene 6, die ich heute noch fand. Vielleicht die zehnfache Menge. Ich sehe ein bekanntes Bild des Dresdner Maler Gotthard Kuehl „Blick vom Altmarkt zur Schlossstraße“ (Dresden um 1900) vor mir, wo in der Schlossstraße ein buntes Flaggenmeer zu sehen ist, da muss schon eine Begeisterung, ja Euphorie in der Bevölkerung gewesen sein. So wird einem auch klar, wo die Begeisterung einer Mehrzahl der Deutschen herkam, um 1914, später sprach man vom 1.Weltkrieg, in den Krieg zu ziehen. Wie ist das massenhafte Flaggen im Kaiserreich zu erklären und warum war in allen nachfolgenden deutschen Staatsgebilden diese Lust immer weniger geworden?
Im Land Sachsen zumindest sollte die grün-weiße Fahne zeigen, dass sich der letzte König Friedrich August einer gewissen Beliebtheit im Volke erfreuen durfte. In der DDR soll der ABV (Ortspolizist) Rundgänge gemacht haben, um zu prüfen, wer zum 1. Mai oder 7. Oktober nicht geflaggt hatte. Warum nahm der Bestand an Fahnenstangenhaltern über ca. 150 Jahre in Radebeul derart ab, dass ich heute nur noch 6 Stück davon auffinden konnte? Nach zwei verlorenen Kriegen ist den Deutschen offensichtlich die Lust Flagge zu zeigen vergangen, dann brauchte man auch keine Fahnenstangenhalter mehr. Hinzu kam, dass es oft der Rat von Handwerkern, Putzer und Maler war, das in der glatten Wand störende eiserne Ding doch abzunehmen, dann wäre der Preis etwas günstiger. Und ein paar von diesen Halterungen mögen auch durch Nichtbenutzung und fehlende Instandhaltung verrostet und herabgefallen sein – der Gang der Dinge, wenn man nichts macht. Doch schauen wir uns im Folgenden die verbliebenen 6 Fahnenstangenhalter einmal der Reihe nach (von Ost nach West) etwas genauer an:

1. Eduard-Bilz-Straße 23 (Mietvilla 1906, Fa. Gebr. Ziller)

Foto: D. Lohse

Die auf den ersten Blick einteilig wirkende eiserne Halterung der Fahnenstange unter einem Fenster des 1. OG besteht aus mehreren verschraubten Teilen, die relativ lange, schräge Rohrhülse (ca. 0,75m lang) sitzt am Fußpunkt auf einem senkrechten Grundblech auf und ist oben noch einmal horizontal mit einer Strebe (ca. 0,25m lang) wieder mit dem Grundblech verbunden, so wird ein Dreieck gebildet. Die Hülse ist außerdem nach beiden Seiten mit wellenförmigen Streben gegen das Mauerwerk abgestützt. Das Grundblech ist am oberen und unteren Ende in geschweifte Formen gespreizt und im Dreieck unter der Hülse finden wir noch eine schneckenförmige Metallzier. Diese Halterung erinnert an den Jugendstil und dürfte ursprünglich sein, lediglich die Schraubverbindungen irritieren hier ein wenig. Die Aufarbeitung und Verzinkung veranlasste in den 90er Jahren noch der Alteigentümer. Der jetzige Eigentümer hisst noch gelegentlich eine Fahne, zuletzt die italienische für ein da der Familie geborenes Kind – eine nette Idee!

2. Zillerstraße 10 („Landhaus Käthe“ um 1880, Gebr. Ziller)

Foto: D. Lohse

Am Hauptgiebel befindet sich in der Höhe der Decke des 1. OG eine eiserne, wohl ursprüngliche Fahnenstangen-halterung. Herr Dr. Franke, der heutige Eigentümer, bestätigte das Vorhandensein der Halterung zumindest seit Mitte der 20er Jahre als es seine Familie erwarb. Der obere Teil aus zwei ein Dreieck bildenden Stäben trägt an der Spitze (ca. 0,50m vor der Fassade) eine ringförmige Halterung. Eine Fahnenstange sah ich hier nicht. Auf den Stäben wurden oben und unten jeweils herzförmige, eiserne Zierelemente angebracht. Als Fußpunkt für die Fahnenstange finden wir eine Stahlhülse auf der Fensterverdachung aufsitzend. Die leicht verwitterten Metallteile haben eine dunkelgraue Farbe.

3. Zillerstraße 21 (Mietvilla von 1897)

Foto: D. Lohse

Die alte Fahnenstangenhalterung befindet sich hier zwischen zwei EG-Fenstern in einer vertikalen Achse zu zwei höher gelegenen Stuckrosetten. Nur der obere Teil einer ein Dreieck bildenden Metallkonstruktion, bestehend aus je drei geschweiften Metallbändern ist erhalten. An der Spitze der Konstruktion, ca. 0,60m vor der Wand, sehen wir eine Halbschale zur Aufnahme der ehemals vorhanden gewesenen Fahnenstange. An deren Vorderseite befindet sich eine kleine Metallrosette. Der untere Befestigungspunkt könnte auf dem Gesims in Höhe des EG-Fußbodens gelegen haben, ein entspr. Metallteil fehlt aber. Der Erhalt dieser Halterung war bei der Sanierung denkmalpflegerisch empfohlen worden. Die Metallteile wurden, wie der Zaun, mintgrün gestrichen.

 

4. Thomas-Mann-Straße 4 (Mietvilla 1895)

Foto: D. Lohse

Etwa in der Mittelachse der Schauseite des Hauses finden wir in Höhe zwischen EG und OG eine alte, zweiteilige Fahnenstangenhalterung. Der obere Teil besteht aus zwei ein Dreieck bildenden Stahlstäben mit gebogenen oberen Enden, wo ein Ring zur Aufnahme der Stange sitzt. Der Fußpunkt wird von zwei s-förmigen Bögen zwischen zwei EG-Fenstern gebildet. Offenbar existiert hier keine Fahnenstange mehr. Die Metallteile wurden schwarz gestrichen. Die gegenüber liegende Mietvilla könnte auch einmal eine Fahnenstangenhalterung besessen haben, woran lediglich zwei Metallösen in Höhe des 1. OG erinnern. (Da muss noch mal nachgefragt werden.)

 

 

 

 

5. Altkötzschenbroda 41 (Wohn- und Geschäftshaus 1877)

Foto: D. Lohse

Hier weht immer noch oder wieder eine Fahne über dem Fußweg in Höhe des 1. OG. Die zweiteilige Halterung besteht oben aus zwei ein Dreieck bildenden gedrehten Stahlstäben, auf denen jeweils vier kleine Zierbögen oben und unten, links und rechts aufgesetzt wurden, vorn eine ringförmige Halterung für die Holzstange. Wo die Stahlstäbe im Sandsteingewände zweier benachbarter Fenster verankert sind, wurden zwei rosettenartige Kappen aufgesetzt. Den Fußpunkt bildet eine flache Hülse auf dem Gurtgesims. Alle Metallteile wurden schwarz gestrichen. Die Werbefahne bezieht sich auf das im Hause befindliche Modegeschäft von Frau Fine Reiff.

 

6. Moritzburger Straße 1 (Wohn- und Geschäftshaus „Wettin-Haus“, 1898)

Foto: D. Lohse

 

Eine Werbefahne für die im Hause befindliche Bank befindet sich über dem Fußweg auf der Gebäudeecke am Erker in Höhe des 1. OG, sehr werbewirksam! Eine Postkarte aus den 30er Jahren (darauf auch ein moderner Hechtwagen der Straßenbahn) zeigt hier jedoch keine Fahne, so dass die Konstruktion einer vergleichsweise simplen Fahnenstangenhalterung wohl erst in den 90er Jahren angebracht worden sein kann. Zwei eiserne Zugstangen, deren Enden im Gewände des Erkerfensters verankert sind, bilden ein Dreieck und treffen sich in einem Ring, in dem die hölzerne Stange gehalten wird. Den Fußpunkt bildet eine Metallhülse, die passend in ein kreisrundes, älteres Stuckelement eingesetzt wurde. Hier ist sozusagen „Statik pur“ zu sehen. Verzierungen finden wir an der schwarz gestrichenen Fahnenstangenhalterung keine.

 

Das war wieder mal ein sehr spezielles Kapitel zum Bauwesen mit dem zu häufig vorkommenden Zungenbrecher „Fahnenstangenhalterung“, ließ sich aber kaum vermeiden. Da sind doch die Themen von meinem Redaktionskollegen K.U. Baum, alias Motzi, schon bewegender, wenn auch nicht weltbewegend. Ich kümmere mich eben gern mal um die stilleren Radebeuler Themen, vielleicht interessiert es ein oder zwei Leser? Ich danke Herrn Dr. Richter, einem ehemaligen Assistenten aus Studienzeiten, für ein anregendes Gespräch über Statik.

Dietrich Lohse

Junger Radebeuler komponiert

Justin Pötschke stellt sich vor

Justin Pötschke 2020 beim Komponieren, Foto: Anja Rogge

Klassik – eine Musikrichtung, die mich schon seit meiner frühen Kinderzeit fasziniert. 2006, im Alter von drei Jahren hat alles mit der Musik von André Rieu angefangen, woraufhin ich mit Geige spielen begonnen habe. Von da an fühlte ich mich immer mehr zur klassischen Musik hingezogen, ich hörte Beethoven, Mozart, Schubert und fing vor drei Jahren schließlich mit dem Komponieren klassischer Musik an.
Ausschlaggebend dafür war, dass ich eines Tages die „Moldau“ in der Dresdner Philharmonie hört und ich mich fragte, warum es denn nicht auch eine „Elbe“ gäbe. Zu dieser Zeit konnte ich weder Klavier spielen, noch kannte ich mich in irgendeiner Weise mit den Regeln der Komposition aus. So entschloss ich mich, in die Musikbibliothek nach Dresden zu fahren. Dort hatte ich dann die Möglichkeit, eine Vielzahl von den unterschiedlichsten Partituren zu studieren. Ich war beeindruckt. Zuhause begann ich sofort mit einem kostenlosen Notensatzprogramm die ersten Noten des zukünftigen Stückes „Elbe“ zu komponieren. Zu Beginn war ich durchaus überfordert und war kurz davor aufzugeben. Doch ich konnte es einfach nicht lassen.
Nach einem guten Jahr war das Stück endlich fertig und ich beschloss noch mehr zu komponieren. Dafür legte ich mir ein besseres und kostenpflichtiges Programm zur Komposition zu. Es folgten weitere Musikstücke wie kleinere Streichquartette, Variationen von bekannten Musikstücken und auch meine erste eigene Sinfonie. Ich stellte fest, dass ich, je mehr Zeit ich mit dem Komponieren verbrachte, immer besser und glücklicher wurde. In dieser Phase nahm ich sogar ein halbes Jahr Kompositionsunterricht in Dresden. Eine spannende, abwechslungsreiche Zeit. Und dann: meine erste Oper. Dies ist ein kleines Gemeinschaftswerk, da mir meine komplette Familie behilflich war den Text zu verfassen. Das Stück mit dem Namen „Die Nachtwächterin“, bei dem es sich um eine Liebesgeschichte handelt, würde rund zehn Solo-Sänger*innen und einen Chor mit gut 50 Personen benötigen und eine Spielzeit von ungefähr 100 Minuten umfassen. Leider zu lang, um dieses Projekt an der Semperoper uraufzuführen.
Meinen ersten großen Erfolg erzielte ich mit einer Aufführung von drei selbst komponierten und arrangierten Stücken beim MDR. Das Thema war Beethoven, und ich konnte mich voll in meiner Fantasie ausleben. Ich hoffe, dass ähnliche Projekte folgen werden!
Anfang dieses Jahres entschloss ich mich nun eine neue Oper, mit dem Titel „Die heimliche Ehe“, zu schreiben. Ebenfalls eine Liebesgeschichte. Diese wurde unter anderem in Auszügen auf einer Vernissage in der „Schwarzen Seele“ in Radebeul gespielt. Doch dazu war kein Orchester nötig, da es die modernen Musikprogramme ermöglichen, die geschriebenen Noten in hörbare Musik umzuwandeln. Dies erleichtert sehr das Komponieren. Nichtsdestotrotz schreibe ich die meisten meiner Ideen per Hand auf und überarbeite diese anschließend auf dem Computer. Mein nächster Plan besteht nun darin, die Oper das erste Mal von einem Notenverlag drucken zu lassen.
Eine weitere Leidenschaft von mir ist das Dirigieren. Seit einem guten halben Jahr nehme ich nun Dirigentenunterricht und leite das Schulorchester des Lößnitzgymnasiums. Damit konnten wir sogar schon den ersten Satz meines Klavierkonzertes uraufführen, und auch das Flötenensemble hat schon einige Stücke von mir gespielt.
Leider ist es immer sehr, sehr schwer alte Musik in Opernhäusern uraufzuführen, da das Interesse an neuen, „neuartigen“ Stücken steigt. Natürlich muss ich mir diese Tatsache annehmen, kann es aber ehrlich gesagt doch nicht ganz nachvollziehen, warum nicht auch mal wieder „neue–alte“ Musik in die Bearbeitung genommen wird.
Justin Pötschke

Die Bahnhofstraße geht alle an!

Wird die Kreuzung Kötitzer-/Emil-Schüller-Straße künftig zu einem Verkehrsknotenpunkt?

Betrachtung zum Verkehrskonzept Radebeul-West

Das von der Stadtverwaltung vorgestellte Verkehrskonzept – reichlich drei Jahre nach dem Start des Sanierungsprojektes Radebeul-West – erregt die Gemüter und das zu Recht. Man möchte es schon als typisch für die Stadtverwaltung bezeichnen, wenn die nun dazu eingeforderte Bürgerbeteiligung mal wieder in die Sommermonate verlegt wurde. Da könnte man schon vermuten, dass die Bürger möglichst fern gehalten werden sollen. Auch wundert man sich – zumindest laut eines Beitrages aus der Wochenendausgabe der SZ vom 8./9. August –, dass über das Verkehrskonzept der Bahnhofstraße nur 900 Haushalte aus dem Sanierungsgebiet abstimmen sollen. Den Rest hat das offensichtlich nichts anzugehen. Wer nach Altkötzschenbroda will, kann ja mit der Straßenbahn kommen und von der Meißner aus zu Fuß durch den künftigen „Boulevard“ (Variante 1) schlendern. Die Bahnhofstraße aber geht alle an! Allerdings muss der Richtigkeit halber angemerkt werden, dass es die Abstimmungskarten auch am ehemaligen Bürgertreff in Radebeul-West gegeben hat. Sie haben richtig gelesen „am“, denn „im“ ging nicht: Der modifizierte Bürgertreff soll bekanntlich erst ab 1. September wieder öffnen.

Seitens der Stadtverwaltung wurden jedenfalls weder Mühen noch Mittel gescheut, ein international renommiertes Beratungsunternehmen zu beauftragen, Varianten für eine optimale Verkehrsführung im Sanierungsgebiet Radebeul-West auszuarbeiten. Die Voruntersuchungen der VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH förderte „überraschende Erkenntnisse“ zu Tage, wie die WESTPOST-Ausgabe vom Juni dieses Jahres zu berichten weiß. So z.B., dass der „Durchgangsverkehr […] kaum verlagert werden“ kann. Aha…?! Die dann vom Unternehmen vorgeschlagenen drei Varianten, über die nun einige Bürger bis zum 28. August abstimmen konnten, fielen dementsprechend aus. So sollen in der Variante 1 auf dem mittleren Teil der Bahnhofstraße die Parkplätze wegfallen und dafür die Fahrzeuge auf der Festwiese und in der Güterhofstraße abgestellt werden können, was sicherlich als Zumutung empfunden wird, auch wenn die Entfernungen maximal 230 Meter betragen. Die Folge wird sein, dass der jetzt schon um seine Existenz bangende Einzelhandel noch stärker belastet wird, wenn die vorwiegend ältere Kundschaft ihre alltäglichen Versorgungen dann anderswo erledigen.

Einige Bewohner haben bereits energisch ihr Unverständnis bekundet (SZ, 25./26.7.2020). Die erst nach den 1990er Jahren für den beruhigten Verkehr umgebaute Hermann-Ilgen-Straße soll nach diesem Konzept erneut verändert werden. Nach den Vorstellungen der Entwickler wird in zwei der drei vorgestellten Varianten diese Straße dann den größten Teil des Verkehrs aus der Kötzschenbrodaer Straße und einen Teil von der Ostausleitung Altkötzschenbroda (Gradsteg) aufnehmen. Der Leser reibt sich vermutlich verstört die Augen und fragt sich: „Wie soll das gehen?“ Kein Problem werden die Planer einwerfen: Die Parktaschen werden „zurückgebaut“ und Fußwege gibt es nur noch auf einer Seite. – Das war nicht ganz ernst gemeint. Der Autor bittet um Entschuldigung. Aber da kommt schon die Frage auf, warum nun gerade die schmalere Straße den Hauptstrom des Verkehrs aufnehmen soll, während die deutlich breiter ausgebaute Wilhelm-Eichler-Straße im ersten Abschnitt nun als Einbahnstraße in Richtung Bahnhofstraße fungieren soll? Ihre Bedeutung sinkt insofern weiter, wenn, wie in der Variante 1 dargestellt, dieser Verkehr nur noch über Altkötzschenbroda geführt werden kann. Ob dann dort der Erholungspegel steigt scheint höchst fraglich, wo doch schon aktuell das hohe Verkehrsaufkommen in Altkötzschenbroda verbunden mit der Missachtung der Geschwindigkeitsbegrenzungen für beständigen Ärger sorgt.
Die Umkehrung der Richtungen der beiden Einbahnstraßen Hermann-Ilgen- und Wilhelm-Eichler-Straße aber haben mit der eigentlichen Problematik einer optimalen Verkehrsplanung im Sanierungsgebiet nicht das Geringste zu tun. Beide Straßenzüge sind nur bis zur Höhe des ersten Grundstückes der Wilhelm-Eichler-Straße ins Sanierungsgebiet einbezogen. Es geht hier also nicht um das Sanierungsgebiet als vielmehr um den Schulstandort in dieser Straße. Das ungelöste Verkehrsproblem in Verbindung mit dem Schulneubau im ersten Abschnitt der Hermann-Ilgen-Straße – Standort der Oberschule Kötzschenbroda – spielt offensichtlich in der Verkehrsplanung für das Sanierungsgebiet keine Rolle. Sollen hier die Bürger für dumm verkauft werden? Und wie war das gleich noch mal, sollte es ursprünglich nicht um die Belebung und Aufwertung des innerstädtischen Zentrums gehen?

Offensichtlich hatte auch das Beratungsunternehmen erkannt, dass es wohl gescheiter wäre, wenn alles beim Alten bliebe und deshalb den Urzustand als „Variante 0“ ausgewiesen. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man laut lachen. Doch nicht nur den betroffenen Bewohnern der Hermann-Ilgen-Straße aber wird es wohl anders zumute sein. Die Lebensqualität und der Wert der Grundstücke in den Straßen mit erhöhtem Verkehrsaufkommen werden bei der Umsetzung der Varianten 1 oder 2 erheblich verlieren.

Karl Uwe Baum

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