Mit Thomas Rosenlöcher poetisch durch das Jahr

25 Jahre Krankenhausneubau Radebeul (Teil 1)

Aufbruch aus 40 Jahren Stagnation

Vor 25 Jahren, am 25. Mai 1994, wurde der Teilneubau für die operativen Fachabteilungen des Radebeuler Krankenhauses feierlich eröffnet. Für Ärzte, Pflegepersonal, die Mitarbeiter im Funktionsdienst, vor allem aber für die Patienten aus Radebeul und aus dem Landkreis Dresden standen nun die gleichen Möglichkeiten zur stationären Krankenhausbehandlung bereit, wie sie in Westdeutschland schon seit Jahrzehnten Standard waren.

Neben der technischen Ausstattung, die mehr intern stattfand, imponierte aber vor allem das neue Gebäude, dessen Planung von Dr. Jürgen Jüchser geleitet wurde. Seines Zeichens Architekt hatte er Kindheit und Jugend in Dresden verbracht. Seine letzten Lebensjahre wohnte er in Schleswig- Holstein, wo er am 06.03.2019 im neunzigsten Lebensjahr verstarb. Er war ein Sohn des Malers Hans Jüchser, dessen Wirkungsstätte u. a. im Künstlerhaus in Dresden Wachwitz gewesen war. In Radebeul gibt es mit dem Glasbild des auferstandenen Christus im Luthersaal der Friedenskirche ein Zeugnis seines künstlerischen Wirkens.

Dr. Jürgen Jüchser war in den 1950er Jahren nach Westdeutschland gegangen und hatte sein Berufsleben dem Krankenhausbau gewidmet. Im riesigen Nachholbedarf, den Krankenhäuser in 40 Jahren DDR angestaut hatten, sahen Ingenieure und Bauplaner aus von Abwicklung bedrohten DDR-Großbetrieben ein neues Tätigkeitsfeld. Auch das Ehepaar Rüpprich, beides Bauingenieure und mit Dr. Jüchser verschwägert, gehörten in der neugegründeten Planungsfirma IPRO, entstanden aus dem VVB Kohle und Energie, bald der neu entstandenen Krankenausplanungsabteilung an. Zufällig waren sie mit einem Mitarbeiter der Bauabteilung im Radebeuler Krankenhaus bekannt. Dadurch rückte unser Haus als ein erstes Planungsobjekt in den Fokus der auftragshungrigen jungen Firma IPRO.
Unvergessen bleibt die Reise einer Krankenhausdelegation im Frühjahr 1990 nach Berlin Tempelhof, an der noch der zunächst weiter amtierende Obermedizinalrat Dr. Altus als Ärztlicher Direktor teilnahm. Hier war Dr. Jüchser mit der Leitung von ihm geplanter Modernisierungen im St.- Josephs- Krankenhaus beschäftigt. Eine Führung durch dieses neugestaltete Haus war mit Blick auf die verschlissene Bausubstanz zu Hause einfach atemberaubend und weckte die schönsten Hoffnungen. Beim Abschied versprach Dr. Jüchser, demnächst einen Entwurfsvorschlag für Radebeul zu erarbeiten und vorzustellen.

Am 15. August 1990 war dann schon der große Tag, an dem die im damaligen Sozialgebäude versammelten ärztlichen Kollegen und Mitarbeiter fasziniert einen Blick in die Zukunft werfen durften, vorausgesetzt, die Ausführung würde auch so gelingen, wie es die Planung im Maßstab 1:100 in Aussicht stellte. Diese Präsentation war eine meiner ersten „Amtshandlungen“ als Leitender Chefarzt. Die Kreistagsmehrheit hatte mich mit Wirkung vom 01.08.1990 nach Rückfrage bei meinen Chefarztkollegen in diese Funktion bestellt und mir damit Verantwortung auch für das Bauvorhaben übertragen. Reichlich unbeholfen mag mein Auftritt als Moderator empfunden worden sein, musste ich doch bei dem an diesem Abend verspätet eintreffenden Landrat Geistlinger möglichst den gleichen Enthusiasmus wecken, der uns zuvor ergriffen hatte. Kurz nach unserer Berlinfahrt hatte die neue Kreisspitze, unser Träger also, Herrn Dr. Altus noch die kalte Schulter gezeigt, als er mit seinem Reisebericht aus Berlin die Kreistagsversammlung von unseren Bauplänen überzeugen wollte. Es bedurfte glücklicherweise keiner großen Überredungskünste. Nach dem Rundgang vor den ausgehängten Planzeichnungen war auch der Landrat begeistert und gab kurzerhand grünes Licht für weitere Planungen. Während wir Krankenhausmitarbeiter erleichtert und froh waren, wenn ich mich recht erinnere, knallten sogar Sektkorken, fielen besonders dicke Steine von den Herzen der Bauplaner. Waren doch für sie die nächsten Jahre beruflich abgesichert, während die Wende für so manchen einen Umbruch im Lebenslauf, oder gar das Ende der Berufstätigkeit mit sich gebracht hatte.

Wohl schon am nächsten Tag machte man sich bei IPRO daran, die nächsten Planungsphasen nach den Vorgaben von Dr. Jüchser auf die Zeichenbretter zu bringen. So lagen Ende 1990 Ergebnisse vor, die natürlich auch ihren Preis hatten. Nun stellte sich aber heraus, dass die Kreisrätinnen und Kreisräte, von deren Zustimmung alles abhing, bisher noch keine Kenntnis von den hochfliegenden Plänen um das Radebeuler Krankenhaus hatten. Landrat Geistlinger hatte den Kreistag Dresden Land bisher nicht darüber informiert. Im Januar 1991 fand dann in der Kaffeestube des inzwischen abgerissenen Sozialgebäudes die denkwürdige Zusammenkunft des Sozialausschusses statt, die man schon in die Kategorie Krisensitzung einordnen konnte. Vertreter von IPRO, Günter Böhm und ich konnten die über die Selbstherrlichkeit ihres Landrates empörten Abgeordneten durch Demonstration der inzwischen weiter ausgereiften Planungen mühsam besänftigen. Die Abgeordneten, für die ja wie für uns alle auch erst vor einem Jahr eine völlig neue Zeit begonnen hatte, waren bald genau so begeistert wie wir über das, was da entstehen sollte. Am Ende gab es grünes Licht und wir fanden von da an stets ein offenes Ohr. Das Krankenhaus war unser gemeinsames Vorhaben geworden.

Dr. Bernd Uhlemann

Dresdner Geschichtsmarkt

Radebeul zweimal vertreten!

Vom Dresdner Geschichtsmarkt hat dieses Heft schon mehrfach berichtet, zuletzt im März-Heft 2017.

In der Zwischenzeit hat sich viel verändert. Diese interessante wie lobenswerte Veranstaltung drohte wegzubrechen, da der ausrichtende Verein kurz vor seiner Auflösung stand. Glücklicherweise konnte die Krise überwunden und für die Probleme eine Lösung gefunden werden, welche u. a. auch den Wechsel des Ausstellungsortes sowie die Minimierung des Aufwandes zur Folge hatte.

Die Ausstellung des 15. Marktes für Dresdner Geschichte und Geschichten im »Klemperer-Saal« der SLUB
Foto: K.-U. Baum


Der 15. Markt für Geschichte und Geschichten fand nun in der SLUB, der Sächsischen Landes- und Universitäts-Bibliothek, auf dem Zellschen Weg 18 in Dresden statt. Bereits der vorangegangene Markt konnte an selber Stellen durchgeführt werden. Der neue Standort, wenn auch kleiner als der bisherige, erwies sich als vorteilhaft, hatten doch die Zentralbibliothek und einige andere Bereiche der SLUB zum Zeitpunkt des Marktes geöffnet. Da diese Einrichtung nicht nur von Studenten genutzt wird, ergaben sich dabei durchaus Synergie-Effekte.

Auch diesmal stand die Veranstaltung unter einem Thema. Der Veranstalter forderte die Freizeitforscher und Vereine auf, mit ihren Beiträgen auf „Die Geschichte von Sport und Tourismus in Dresden und Umgebung“ einzugehen. Unabhängig davon waren wie immer auch andere Themen zugelassen. Insgesamt nahmen am 15. Dresdner Geschichtsmarkt 45 Aussteller teil. Darüber hinaus wurden noch eine Reihe interessanter Vorträge geboten. Der überaus gute Zuspruch von Besuchern erfreute die Aussteller wie auch den Veranstalter.

Erstmals war der Verein „Radebeuler Monatshefte“ auf dem Markt mit einem Stand vertreten. Auf einer gestalteten Tafel konnte das Monatsheft „Vorschau und Rückblick“ in Wort und Bild vorgestellt werden. Hefte verschiedener Jahrgänge lagen auf einem selbst gefertigten Ausstellungsmöbel bereit, welche die Besucher zahlreich an sich nahmen. In vielen Gesprächen konnte über die Hefte und den Verein informiert und so das Interesse an der Publikation geweckt werden. Der Vorsitzende des Vereins „Dresdner Geschichtsmarkt“ Klaus Brendler sprach sich lobend über die Teilnahme des kulturellen Monatsheftes aus, die er als Bereicherung empfand, umfasst doch der Markt auch die Präsentation geschichtlicher Erkenntnisse aus dem Dresdner Umland. Die zweitägige Betreuung des Standes der Radebeuler Monatshefte hatte das Redaktionsmitglied Karin Baum übernommen, welche viele Gespräche führen konnte, unter ihnen auch Besucher, welche „Vorschau und Rückblick“ bereits kannten. So galt u. a. das Interesse sowohl den Beiträgen zur Denkmalpflege, zu geschichtlichen Ereignissen und kulturellen Veranstaltungen als auch dem Verein selbst, seiner Verfasstheit, der thematischen Vielfalt sowie der organisatorischen und finanziellen Absicherung des kulturellen Monatsheftes. Erstaunlich groß war das Interesse an der Internetpräsenz des Heftes. Immer wieder äußerten sich Besucher erfreut, dass ein derartiges Druckerzeugnis existiert, welches sie als solide recherchiert und gut gestaltet empfanden. Wohl auch deshalb erkundigten sich viele Besucher danach, wie man das Heft beziehen kann.

Die Ausstellungstafeln zu »Vorschau und Rückblick« und zum Laientheater im 19. und 20. Jahrhundert in Dresden
Foto: K. Baum


Wieder mit dabei war auch Karl Uwe Baum – bereits das dritte Mal. Sein Thema befasse sich erneut mit dem nichtprofessionellen Theater in Dresden. Auf zwei Tafeln informierte er über die Laientheater der Stadt zwischen 1861 und 1933 sowie die zweitgrößte Vereinigung auf diesem Gebiet im Deutschen Reich jener Zeit, der „Volksspielkunst. Reichsverband für Volkskunst, Bildung und Jugendpflege e. V.“, die ihren Einfluss auf das gesamte Reichsgebiet ausdehnen konnte und Mitglieder von Bayern bis zur Nordseeküste, von Württemberg bis Böhmen in ihren Reihen hatte. Nach 1933 wurde die Volksspielkunst vom einzig verbliebenen derartigen Verband mit Sitz in Berlin geschluckt, welcher freiwillig die Gleichschaltung der Theatervereine im Dritten Reich übernommen hatte und davon profitierte. Heute ist er der größte Amateurtheaterverband in Europa.

Erstaunlich war, dass sich diesmal für das „Orchideen-Fach“ zahlreiche Besucher interessierten. Das mag vielleicht auch daran gelegen haben, dass das Thema geschickt mit den regionalen Besonderheiten der Stadt verknüpft wurde. Das nichtprofessionelle Theater ist erst seit 2015 auf dem Markt vertreten.

Die Tradition der Vereine in jener Blütezeit des Vereinswesens, in der jeder Sport-, Turn-, Tanz- und Gesangsverein, wie auch die Freiwillige Feuerwehr eine Theaterabteilung in ihren Reihen hatten, konnte für Dresden nicht nachgewiesen werden. Mit Sicherheit gab es auch dies. Belegt werden konnte hingegen die Existenz einiger Theatervereinigungen der Arbeiterschaft sowie Agitprop-Truppen, die in den 1930er Jahren so manche spektakuläre Aktion durchführten. Beliebte Auftrittsorte in Dresden waren neben dem Volkshaus am Schützenplatz das Albert-Theater, der Drei-Kaiser-Hof, das Eldorado, Hammers Hotel, die Kaufmannschaft und die Volkswohl.

Besonders anregend war der Austausch unter den Teilnehmern des Marktes. So konnten Karin und Karl Uwe Baum zahlreiche Kontakte in die Region knüpfen, wie z. B. nach Pesterwitz, zum Fernmeldemuseum oder dem Stadtteilarchiv Dresden-Neustadt.

Beide Aussteller wollen auf jeden Fall beim nächsten Geschichtsmarkt in einem Jahr wieder mit einem Stand vertreten sein.

Karl Uwe Baum

»Pariser Leben« – Zum 5. Bühnenball an den Landesbühnen Sachsen

Im Februar luden die Landesbühnen Sachsen zum nunmehr 5. Bühnenball ein. Intendant Manuel Schöbel gab gewohnt den jovialen Hausherrn. Der Abend war thematisch von der rauschenden Offenbachiade PARISER LEBEN inspiriert, einer Operette von 1866.

Bühnenball der Landesbühnen Sachsen 2019
Foto: © 2019 Michael Schmidt – www.schmidt.fm


Wieder ging es um Verkleiden und Verwandeln und so war jeder Besucher angehalten sich zeitgemäß zu präsentieren. So tauchten auch ich mit meiner zauberhaften Begleitung in edler Robe erwartungsvoll in den verführerischen Abend ein.

Wenn man das Haus auch gut aus der Sicht hinter den Kulissen kennt, erahnt man den organisatorischen Kraftakt für diese Festivität. Im großen Saal wich das Gestühl einer großen Tanzfläche, die den kulturellen Mittelpunkt des Abends bildete. Das Glashaus, die Studiobühne, Proberäume und gar das Treppenhaus wurden wirkungsvoll mit frankophilen Accessoires bestückt.

Für die kulinarischen Genüsse zeichnete diesmal das beliebte Radebeuler Ladenlokal Gräfes Wein&fein verantwortlich.

Im Galaprogramm erklangen beliebte Oper-und Operettenmelodien, gesungen von Kirsten Labonte, Antje Kahn, Julia Harneit, Johannes Leuschner, Paul Song und Edward Lee. Schauspielerinnen und Schauspieler u.a. Matthias Henkel, Julia Vincze und Luca Lehnert nehmen die Ballbesucher kurz mit auf eine Reise nach Paris. Die Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles begeisterten mit ihren Choreografien zur Musik von Brel.

Den Tanz eröffnete wie schon in den letzten Jahren die Tanzschule Linhart mit einem Wiener Walzer. Die Protagonisten der Tanzschule zeigten allerdings bis in die Nachtstunden unverdrossen ihre Künste, sodass sich wenig geübte Tänzer ungewollt gehemmt fühlen mussten.

Der Vorzug des Radebeuler Bühnenballs ist aber die Vielgestalt der Angebote. In zahlreichen Räumen wie im Ballettsaal, in der Goldnen Weintraube und in der Werkstatt des jungen.studios gab es kurzweilige Programme zu erleben. Im Glashaus luden Kirsten Labonte, Hans-Peter Preu, Ruslan Kratschkowski, Tino Scholz und Roland Vetters zum Programm „Pour l’amour, pour la vie“ ein. Später sagten Gundula Ehret, Uwe Zimmermann und Arne König „Bonsoir Paris“.

Auf der Studiobühne gab es „Neues aus Moulin Rouge“ mit Christin Rettich, Johannes Leuschner und Matthias Mücksch zu hören und zu tanzen.

Wer kurz mal Innehalten möchte, ging zu vorgerückter Stunde Uhr zu Michael Heusers kurzer Lesung aus Guy de Maupassants „Boitelle“.

Im Ballettsaal tanzten die Tänzerinnen und Tänzer Auszüge aus „Fly sein_Reloaded“ und auch „Coppelia-Android Q1“ war zu sehen.

In der Goldnen Weintraube sang Michael Berndt-Canana Chansons von Joe Dassin im Programm „Ein zweiter Amerikaner in Paris“ mit derartiger Inbrunst, dass wohl das Original verblassen musste. Im Anschluss folgte das heitere Programm Troubadour de‘amour „Vive la Floyd“ mit Holger Uwe Thews, Benjamin Rietz und Michael Wünsch.

Im KochStudio des jungen.studios neben der Goldnen Weintraube präsentierten Peter Kube und Cornelia Kaupert „Häppchen aus Paris“ und plauderten dabei mit einem Überraschungsgast.

Um Mitternacht tauchte im Ballsaal mit „The dark tenor“ der angekündigte Überraschungsgast auf. Von ihm erklang popularisierte Klassik für kurze Zeit bis er schließlich wieder im Pariser Nachtleben verschwand.

Zum Ausklang rundeten in der Goldnen Weintraube Friederike Wachtel, Sascha Mock und Hans-Richard Ludewig als Trio Edelsüß mit bunten Liedern den sinnenreichen Abend ab.

Weit nach Mitternacht empfing uns nach all den Eindrücken draußen das beschauliche nächtliche Radebeul.

Sascha Graedtke

Auslobung für den 18. Bauherrenpreis der Stadt Radebeul 2019

Zur Förderung von Architektur und Baukultur

Der Preis wird gemeinsam vom verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul e. v. und der Großen Kreisstadt Radebeul verliehen. Er ist eine Anerkennung für herausragende und ortstypische Baugestaltungen oder Sanierungen von Bauvorhaben (gewerbliche, öffentliche und Wohngebäude einschließlich besonders gelungener Garten- und Freianlagen) innerhalb des Radebeuler Stadtgebietes.

Der Bauherrenpreis wird in maximal drei Kategorien (Denkmalpflege und Sanierung, Neues Bauen, Garten- und Freiflächengestaltung) vergeben. Er kann in jeder Kategorie auch geteilt vergeben werden.
Vorschlagsberechtigt ist jede natürliche und juristische Person. Den Preis – bestehend aus einer Plakette und einer Urkunde – erhält der Bauherr.

Bis spätestens 1. Juli 2019 (Posteingang) können anschriftgenaue Vorschläge unter Beifügung von aussagekräftigen Fotos und kurzer schriftlicher Begründung oder ein entsprechend gestaltetes Poster (nicht größer als 80 x 60 cm) mit dem Vermerk bzw. der Überschrift „Vorschlag zum Bauherrenpreis 2019“ bei der Jury (verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul e.V., c/o Roland Helmich, Wilhelm-Eichler Straße 20, oder Stadtverwaltung Radebeul, Technisches Rathaus, Pestalozzistr. 6 in 01445 Radebeul) eingereicht werden. Wer für die Einreichung Hilfe benötigt, kann sich vertrauensvoll an ein Jurymitglied wenden! Unter den Vorschlägen können auch bisher nicht ausgezeichnete Bauvorhaben sein, die zum wiederholten Male eingereicht werden.

Die Beurteilung richtet sich an den folgenden Bewertungskriterien aus:

– Städtebauliche Einordnung unter Berücksichtigung der Ausgangssituation, dabei Beachtung der Maßstäblichkeit und einer angemessenen Wirksamkeit in den öffentlichen Raum

– Erhaltungsgrad des historisch gewachsenen Zustandes, Erhalt der historischen Substanz und Aufnahme ortstypischer Gestaltung(selemente)

– Realisierung einer gebietsspezifischen Nutzung – Verhältnis bisheriger zu neuer Nutzung

– Angemessene Verwendung umweltgerechter Baustoffe, Bautechniken und Bauweisen sowie Verwendung regenerativer Energien

– Landschaftstypische Pflanzenverwendung und dem Gebietscharakter entsprechender Materialeinsatz und dessen Zusammenspiel

Für die nicht öffentlich tagende Jury wurden als Mitglieder benannt (jeweils in alphabetischer Reihenfolge)

– seitens des Vereins: Elisabeth Aust, Dr. Jens Baumann, Robert Bialek, Helmut Leckscheid, Prof. Dr. Heinrich Magirius, Gudrun Täubert, (Stellvertreter: Jens Bergner, Thomas Gerlach, Dr. Grit Heinrich, Gunar Richter, André Schröter, Jürgen Tauchert).

– seitens der Stadt (Stadtrat/Stadtverwaltung): Ralf Buchert*, Johannes Domasch*, Heike Funke, Olaf Holthaus, Dr. Jörg Müller, Gabriele Schirmer*, (Stellvertreter: Günther Despang*, Romy Helfrich*, Sixten Menger, Jan Pötschke, Maja Seidel, Wolfgang Zimmermann*). Bei den mit * gekennzeichneten Jurymitgliedern kann es nach den Kommunalwahlen im Zuge der Neukonstituierung des Stadtrates zu einer Änderung kommen.

Die Bekanntgabe der Preisträger erfolgt erst bei der öffentlichen Preisverleihung am Freitag, den 8. November 2019, ab 18 Uhr in der Sparkasse Radebeul-West (Hermann-Ilgen-Str. 28).

Zusätzlich wird ein Publikumspreis vergeben: In der Zeit vom 26. Oktober bis 8. November 2019 erhalten die Besucher einer Ausstellung aller eingegangenen Vorschläge die Möglichkeit, ihre eigene Wertung vorzunehmen. Die Ergebnisse werden unmittelbar vor der öffentlichen Preisverleihung bekannt gegeben.

Im Übrigen gilt die Satzung für den Bauherrenpreis der Stadt Radebeul in ihrer gültigen Fassung.

Dr. Jens Baumann, Vorsitzender des vereins für denkmalpflege und neues bauen radebeul e. v.
Dr. Jörg Müller, Erster Bürgermeister der Großen Kreisstadt Radebeul

Editorial 4-19

Es ist Frühlingszeit! Mit der steigenden Sonne erwacht der Drang nach einem ordentlichen Frühjahrsputz.

So auch bei uns, von „Vorschau & Rückblick“ ist so einiges liegengeblieben. Genauer gesagt, es haben sich Hefte angehäuft in all den Jahren. Gesammelte Hefte hier und da, und nicht zuletzt, auch im Stadtarchiv türmen sich seit vielen Jahren noch ca. 40 Kisten!, ausgerechnet aus den 1990er Jahren. Auch das Stadtarchiv will Frühjahrsputz machen, schon seit Monaten und Jahren! Die guten alten überzähligen Hefte sollen nun raus! Nur wohin? Alles in die Blaue Tonne? Zu schade, oder?

Von nun an gibt es ein kleines Privatarchiv mit bis zu sieben Heften pro Monat und Jahr. Das sind immerhin dreißig Kisten. Auf Anfrage ist dann also immer irgendwie ein Heft zu haben.

Das Sortieren all der Hefte und Jahre machte mit der Fülle des Materials wiederholt deutlich, auf welche Kontinuität unsere „Vorschau“ nunmehr verweisen kann. Ein Heft im Monat mag sich bescheiden ausnehmen, sieht man aber 350 Hefte wohlgeordnet vor sich, erahnt man die Mühe, die Arbeit und den auf Papier geronnenen Zeitenfluss.

Eine gewachsene regionale Erinnerungskultur die durchaus ihresgleichen sucht.

Bevor nun die überschüssigen Hefte entsorgt werden, hatten wir folgende Idee: In der Stadtbibliothek Radebeul Ost und in der Thalia-Buchhandlung wird fortan eine Kiste mit alten Heften stehen. Auch an den anderen bekannten Auslagestellen könnten sich Hefte finden.

Seien Sie also nicht verwundert und greifen Sie zu und begeben sich Sie sich auf eine Zeitreise der besonderen Art.

Sascha Graedtke

Mit Thomas Rosenlöcher poetisch durch das Jahr

„Mein Naundorf lob ich mir“

Häuser am Dorfanger Foto: Fam. Zscheischler

Ein Radebeuler Dorf feiert Mitte Juni seine 875. urkundliche Erwähnung

Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es in Naundorf alles, was ein Dorf ausmachte: Bäcker, Böttcher, Fleischer, Stellmacher, Schmied, Schnitter, Winzer und Waschfrau, und Hebamme, Briefträger, Schulmeister und Bahnhofsvorsteher und nicht zuletzt die vorlauten Buben in kurzen Hosen, doch heimlich bewundert von den allzu braven bezopften Mädels.
Kinder und Schule spielten in Naundorf schon immer eine große Rolle und wir hatten ja auch eine besonders schöne, moderne und weithin sichtbare Schule.
Gleich nach der Wende riet ein ehemaliger Naundorfer Schüler, Erich Meitzner, Lehrer in Schleswig-Holstein, der damaligen Direktorin, doch einen Schulverein zu gründen und spendete als Grundstock dafür 100 Westmark. An eine Vereinsgründung dachten aber auch weitere Naundorfer Bürger, wie z. B. Gabi Bäßler, die später auch den ersten Naundorfer Schul- und Dorfverein leitete, Gabi Werner, Gottfried Thiele, der an einer aktuellen Ortschronik schrieb und weitere Naundorfer Bürger, wie z.B. Steffen Meißner, Hans-Georg Staudte und Ralf-Torsten Linke, denen Naundorf sehr am Herzen lag.
Nicht zu vergessen sind die vielen Naundorfer Familien, wie z. B. die Familie Stephan Große, die sich großartig für das kulturelle Leben in Naundorf einsetzten und noch immer aktiv tätig sind. Das 850-jährige Jubiläum der Erwähnung Naundorfs stand bevor und sollte mit einem großen Dorffest befeiert werden. Auf das erste Dorffest 1994 folgten weitere mit jeweils tausenden von Besuchern. 2019 ist es nun wieder so weit. Am Wochenende des 14.,15.und 16. Juni 2019 feiert Naundorf wieder ein Dorffest zum 875. Jahrestag seiner Erwähnung.
Sämtliche Aktivitäten des mittlerweile fast auf 100 Personen angewachsenen Vereins werden von Anfang an von einer Dorfzeitung, den „Naundorfer Nachrichten“, mit eigenem Logo begleitet. Das von ansässigen Gewerbetreibenden mit Anzeigen finanzierte Blättchen erscheint zweimal im Jahr. Steffen Meißner, Isolde Klemmt und Gudrun Täubert bilden die Redaktion und haben sich 25 Jahre durch die Dorfgeschichte geschrieben. Ein fleißiger Schreiber war auch der 2006 verstorbene Gottfried Thiele, der 1994 die Ortschronik verfasste. Gemeinsam gingen sie der Historie der Höfe und der Familien des Rundlings nach und brachten ihren Lesern Geschichte und Geschichtchen rund um den Dorfteich nahe, schrieben über die Höfe, die Feuerwehr, über Bauern, Winzer, Handwerker und Gasthöfe, über Flurnamen und über den Bierkrieg in der Lößnitz und über die Notlandung eines Militär-Doppeldeckers im Ersten Weltkrieg. Über die Eingliederung der Flüchtlinge aus Ostpreußen und Schlesien nach dem 2. Weltkrieg schrieb Eva Schindler 2016 für ihren Schaukasten, der auf dem Dorfanger steht. Nach 1989 kamen wieder neue Leute aus dem Westen nach Naundorf. Auch sie ließen sich nach und nach integrieren, brachten gute Ideen ein und übernahmen sogar auch einige Jahre die Leitung des Vereins, wie z.B. Inge Plinta-Müller, die nicht nur leiten, sondern auch historische Köstüme entwerfen und nähen kann. Heute leitet den Verein Karin Roßberg, deren Vorfahre ein bekannter und beliebter Naundorfer Lehrer war.
Ein rühriger Verein mit einigen Dutzend fleißiger Mitarbeiter, flankiert durch das Blättchen „Naundorfer Nachrichten“, sorgen jetzt unter ihrer Leitung für ein aktives Dorfleben. Eine Website hat Naundorf heute auch. Haben wir schon erwähnt, dass die Naundorfer sogar eine eigene Hymne haben? „Mein Naundorf lob ich mir“. Zu den mehr oder weniger regelmäßigen Aktivitäten gehören der alljährliche Frühjahrsputz, das Flechten der Osterkrone für den Dorfbrunnnen, das Gedenken am Kriegerdenkmal und die Bestückung des Schaukastens daneben, das Sonnenwendfeuer, historische Spaziergänge mit Stephan Große und mit größtem Aufwand: die Vorbereitung auf das Dorffest unter wechselndem Motto. Anlass geben Bau-Jubiläen der Schule, der Kirche und des Dorfes. Dorfbewohner Udo Schindler sorgt mit seinen weitreichenden Kontakten für ein sehenswertes Treffen von Oldtimern auf zwei und vier Rädern sowie einer Ausfahrt durchs Elbtal, andere sorgen für Lustbarkeiten für die Youngtimer, wie Schubkarren- oder Seifenkistenrennen oder für feuchtfröhliche Balanceakte über wacklige Pontonbrücken auf dem Dorfteich. Und zusammen feiern die Naundorfer mit „do-r Nobber“, mit dem Nachbarn, ob dies- und jenseits der Elbe lebend.
Spätestens an dieser Stelle ist ein wichtiger Name zu nennen: Isolde Klemmt. Mit um die 70 übernahm sie die Leitung und führte, emsig vom einen Dorfende zum anderen und wieder zurück radelnd, den Verein und das Dorf mit viel Herz und unnachahmlichem Engagement zur Blüte. Sie choreographierte zwei sagenhafte Umzüge bei Dorffesten und nähte dutzendweise Hemden für „Waschfrauen“, „Bauern“ und „Winzer“.Und immer wieder glänzte sie in ihrer Paraderolle als rothaarige „Feuer-Jule“, die schreiend von Haus zu Haus läuft, um vor dem großen Feuer zu warnen, welches 1822 das Dorf in Schutt und Asche legte. So avancierte Isolde Klemmt zur heimlichen Naundorfer Bürgermeisterin, was sich in einem entsprechenden Auflauf bei ihrer Beerdigung im Januar 2009 manifestierte.
So sorgen das gemeinsame Engagement beim Dorffest und auch mal „zwischendrin“ für den Zusammenhalt und das Zusammenwachsen von Alteingesessenen und Zugezogenen. Das wird sich beim Dorffest im Juni wieder zeigen, wenn die Naundorfer feiern, mit „do-r Nobber“. Wir werden sie alle wieder sehen: Bäcker, Böttcher, Fleischer, Stellmacher, Schmied, Schnitter, Winzer und Waschfrau, und Hebamme, Briefträger, Schulmeister und Bahnhofsvorsteher, die sich necken lassen müssen von vorlauten Buben in kurzen Hosen, doch heimlich bewundert von den allzu braven bezopften Mädels.

Burkhard Zscheischler und Gudrun Täubert

„Wohnst Du noch…?“

Gedanken zum Wohnen in Radebeul

Mit diesem Slogan hatte einst IKEA für seine preiswerten Möbelangebote geworben. Um wohnen zu können braucht‘s natürlich nicht nur IKEA, sondern auch eine Wohnung. Und da fängt das Problem schon an, zumindest in Dresden und seiner unmittelbaren Umgebung, also auch in Radebeul. Bereits nach 1989 stiegen die Mieten im „Nizza des Nordens“ exorbitant. Zeitweise galt Radebeul als das „München des Ostens“ was die Grundstückspreise anbelangte. Gern wird der Ort auch als Gartenstadt beschrieben. Was da so romantisch wie verklärt daherkommt, birgt in sich eine enorme Sprengkraft. Laut integriertem Stadtentwicklungskonzept von 2015 befinden sich die Wohnungen zumeist in freistehenden Häusern, vorwiegend im 19. Jahrhundert entstanden, welche 75,7 Prozent des Gebäudebestands ausmachen. Mit der verstärkten Bautätigkeit seit 1990 sind weitere Ein- und Zweifamilienhäuser dazugekommen. Knapp 92 Prozent der Häuser befinden sich in Privatbesitz.
Auch wenn in Radebeul im Zeitraum von 1991 bis 2015 im Verhältnis zum Freistaat überdurchschnittlich viele Wohnungen (26,2 % gegenüber 23,0%) errichtet wurden, ist der Wohnungsmarkt weiterhin angespannt. Das liegt sicher einerseits an der Nähe zur Landeshauptstadt als auch daran, dass eine „überproportionale Zunahme der Einfamilienhäuser“ in der Stadt zu verzeichnen ist. Die Bautätigkeit ging allerdings insbesondere nach 2009 stark zurück, so dass jährlich nur noch 1, 4 Prozent der Häuser mit Wohnungen ab dieser Zeit errichtet worden sind. Die Zunahme von Einfamilienhäusern ist allerdings nicht unproblematisch, verfügt doch Radebeul gegenüber anderen Gemeinden nur über eine begrenzte Siedlungsfläche. In der Stadt Radeburg beispielsweise wohnen nur 137 Einwohner auf einem Quadratkilometer, während sich in Radebeul 1.273 Personen diese Fläche teilen müssen. Inwieweit sich die 300 ausgewiesenen Baulücken als Wohnungsstandorte eignen, sei dahingestellt. Das Problem mit dem Quartier Fabrikstrasse mag verdeutlichen, dass Handwerk und Wohnen nicht immer zusammenpassen. Eine klare Linie seitens der Stadt ist allerdings nicht zu erkennen. Hat sie doch zunächst gegenüber einem Investor die Bebauung einer Fläche zu Wohnzwecken in diesem Revier für gut befunden, um später einen gegenteiligen Stadtratsbeschluss herbeizuführen. Ein langwieriger Rechtsstreit scheint sich da anzubahnen.
Es liegt zweifelsfrei auf der Hand, dass der weitere Bau von Einfamilienhäusern die angespannte Situation besonders im Bereich der Ein- und Zweipersonenhaushalte nicht lösen wird. Hier gibt es in Radebeul zu wenige Angebote. Gemessen an 2012 hat es an „Wohnungen mit bis zu drei Räumen […] keine Bestandsvergrößerung in den letzten 10 Jahren“ gegeben. Auch ist erstaunlicherweise der Wohnungsleerstand mit nahezu sechs Prozent, gemessen am stark begehrten Standort, relativ hoch.
Nun ist der offensichtlich nicht abnehmende Wunsch, in Radebeul zu siedeln – Stadtplaner Olaf Holthaus sieht hier künftig eher einen rückläufigen Trend – sicher erfreulich. Aber grundsätzlich wirft das die Frage nach einer bedarfsgerechten Wohnraumplanung im Sinne der Stadtgesellschaft auf. Bedenkt man die zu erwartende demografische Entwicklung in Radebeul wird das Problem noch dringender. Schon heute leben in ca. 62 Prozent der Haushalte 65-jährige oder ältere Menschen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass künftig die Zahl der Personen pro Haushalt unter zwei sinken wird. Auf den bis jetzt geplanten Bebauungsflächen würden nach dem Beitrag von Peter Redlich auf der Internetseite der „Sächsischen Zeitung“ vom 3.10.2018 ca. 800 neue Radebeuler eine Wohnung finden. Dies würde eine künftige Bevölkerungszahl über den prognostizierten 34.500 Einwohnern bedeuten. Ein weiteres Wachstum der Stadt aber geht zwangsläufig zu Lasten der Lebensqualität und beschädigt den Charakter des Ortes nachhaltig. So überlegt im oben erwähnten Beitrag der Stadtplaner Olaf Holthaus, ob dazu nicht unter Umständen in sensible landschaftliche Lagen eingegriffen werde sollte. Aber hatte nicht der Oberbürgermeister Bert Wendsche in seiner Kandidatur für das Amt 2001 versprochen, dass „der Charakter Radebeuls als Wein- und Gartenstadt“ erhalten werden muss?
Lobenswert in diesem Zusammenhang ist deshalb die Initiative des „vereins für denkmalpflege und neues bauen“, der im vergangenen Jahr gemeinsam mit Schülern einer zehnten Klasse des Gymnasiums Luisenstift die Bedeutung der Weinbaulandschaft für unsere Stadt ergründete (s. Heft 10/2018).
Für die weitere Entwicklung von Radebeul ist auch die soziale Zusammensetzung seiner Bevölkerung nicht zu unterschätzen. Deren Verschiebung wurde erstmals 2015 sichtbar, als die Höhe der Einkommenssteuer deutlich über der der Gewerbesteuer lag (s. a. Statistischer Bericht 2016). Der Anteil der Gutverdiener an der Bevölkerung ist also gestiegen, was sich indirekt auch auf die Grundstückspreise und Mieten auswirkt. Für den sozial schlechter gestellten Teil der Bevölkerung werden die ständig steigenden Mieten zur existenziellen Frage. Dies zeigt sich auch am leichten Anstieg der Wohngeldempfänger in Radebeul. Eine weitere Spaltung der Stadtgesellschaft und die Abwanderung eines Teils der Bevölkerung in Nachbargemeinden wird die Folge sein. Deren durchschnittlicher Mietpreis gegenwärtig noch um die fünf bis sechs Euro liegt. Statt die Mietzuschüsse zu erhöhen, was ja letztlich eine Frage der Kassenlage ist, sollte Radebeul lieber den sozialen Wohnungsbau fördern. Vorbild dafür könnte die europäische Metropole Wien sein, die einen städtischen Anteil an Wohnungen von rund 32 Prozent hält und sich vorgenommen hat, den Preis für Sozialwohnungen auf um die 5 Euro zu drücken. Da drängen sich die Fragen auf, ob die Besitzgesellschaft der Stadt Radebeul plant, künftig ihren Wohnungsbestand zu erweitern (Anteil 4,8 %!). Der durchschnittliche Mietpreis in Radebeul lag 2018 bei 8,03 €/m². Zu begrüßen wäre auch, wenn sich die Stadt im Verbund mit anderen Gemeinden sowie die Parteien dafür stark machen würden, dass im Freistaat die Mieten gedeckelt werden, also eine Mietobergrenze in Sachsen eingeführt wird, um den sozialen Verwerfungen zu begegnen. Dies ist durchaus keine Neuheit. In der Bundesrepublik waren beispielsweise die Boden- und Mietpreise bis 1960 eingefroren.
Wie es künftig mit dem Wohnen in Radebeul weitergeht, ist etwas, was letztlich alle angeht. Die Betrachtung dazu in der „Sächsischen Zeitung“ geht jedenfalls auf die soziale Seite dieser Entwicklung nicht ein.

Karl Uwe Baum

Sprichwörter rund um mittelalterliche Burgen

»Burg Eltz« von Osten Foto: Thomas Max Müller/ PIXELIO https://www.pixelio.de/

Sprache, Inhalte und Deutungen

Nein, an unserer Friedensburg, die bekanntlich keine mittelalterlichen Wurzeln hat, kann ich das Thema nicht abhandeln. Oder vielleicht doch, da ließe sich ja mit dem Spruch „in die Röhre gucken“ eine Verbindung herstellen?
Bei zwei privaten, herbstlichen Ausflügen im Jahr 2018 hatten wir die Burgen „Burg Eltz“ (Rheinl.-Pfalz) und „Cadolzburg“ (Bayern, bzw. Franken) besucht – beides lohnende Ziele und denkmalpflegerisch durchaus empfehlenswert. Die „Burg Eltz“ könnten ein paar unserer Leser eventuell als Bild auf dem 500-DM-Schein (in Umlauf von 1965-95) kennen; ich hatte diesen Schein eher nicht in meinem Geldbeutel gefunden.
Natürlich hatten beide Burgen viele bauhistorische und künstlerische Details zu bieten, die wir beim Besuch erleben konnten. Aber bei den Besichtigungen erfuhren wir an verschiedenen Punkten, dass es Sprichwörter im täglichen Sprachgebrauch gibt, die ihren Ursprung im Rittertum des Mittelalters, bzw. in nachfolgenden Zeiten hatten. Oft verwenden wir solch eine Wortspielerei ohne deren ursprüngliche Bedeutung zu kennen. Dabei kann man auch Überraschendes erleben!
Heute begegnen wir derartigen Sprichwörtern eher in der Umgangssprache als in literarischen Werken. Sie treten einzeln als verkürzter Satz oder eingebaut in Satzbildungen auf. Bei einigen Redewendungen können wir über die Jahrhunderte und Jahrzehnte auch Abweichungen von der ursprünglichen Bedeutung beobachten. Im Folgenden will ich eine Auswahl solcher Sprichwörter anbieten, soweit ich mich an die og. Burgbesuche noch erinnere. Dazu will ich den historischen Hintergrund darstellen und die heutige Anwendung der Sprichworte aufzeigen.

„Von der Pike auf gelernt“
Lanzen und Hellebarden (Piken, Pikiere) waren im Mittelalter bevorzugte Waffen der unteren Soldatenränge. Wer in der Zeit was werden wollte, musste den Dienst unten anfangen, also mit der Pike kämpfen und darauf seine Laufbahn über die Zeit aufbauen.
Heute: eine stetige Entwicklung ist der sichere Weg nach oben, ohne dabei Zwischenschritte
auszulassen.
„Für Jemanden eine Lanze brechen“
Lanzen waren damals ein typisches Kriegsgerät. Wenn man nun vor seinem Gegenüber die Lanze zerbrach, also unbrauchbar machte, war das ein deutliches Friedensangebot.
Heute: Jemandem helfen oder die Idee eines Anderen unterstützen.
„Lunte riechen“
Seit dem 15. Jh. gehörten Luntenschlossgewehre zur Bewaffnung von Burgbesatzungen, bzw. von beweglichen Angreifern. Die Lunte war ein mit Phosphor getränkter Wollfaden. Von der Entfachung der Lunte bis zum Erreichen des Pulvers durch die Flamme verging ein Moment. Da die Lunte starke Gerüche verbreitete, konnten die Feinde das bei gutem Wind riechen und hatten den Vorteil, sich auf den Kampf einstellen zu können.
Heute: etwas erkennen, was eigentlich noch geheim sein sollte.
„Etwas im Schilde führen“
Ritter und Soldaten schützten sich im Kampf durch mitgeführte Schilde. Diese waren auf der Vorderseite meist mit einem Wappen (Löwe, Adler, Kreuz …) geschmückt. So gaben die Schilde dem Gegner Auskunft, für wen (Land, Fürst, Herr) der Krieger kämpfte. So sollte von vornherein Freund von Feind unterschieden werden.
Heute: eine Idee oder Strategie entwickeln, die noch nicht spruchreif, also geheim ist. Dieser Spruch hat sich im Laufe der Zeit etwas gewandelt.
„Was auf der hohen Kante haben“
Hier muß man wissen, dass mittelalterliche Kassen oder Schatztruhen Kisten aus Eichenholz oder Eisen mit hohen Seitenwänden waren und für besondere Schätze eine kleinere, extra gesicherte Kiste-in-der-Kiste hatten. Die Füllung so einer Truhe mit Geld, Gold oder Dokumenten war damit auf der „hohen Kante“.
Heute: etwas gespart haben, reich sein oder gut leben können.

„Etwas ist einem durch die Lappen gegangen“
Früher gab es verschiedene Arten Wild zu jagen. Adlige Treibjagden in der Barockzeit funktionierten so, dass im Gelände lange Strecken mit Seilen und Wimpeln (so genannte Jagdlappen, oft mit Wappen) abgesteckt wurden und zwischen solchen Strecken das Wild auf die Schützen zu getrieben und getötet wurde. Kam aber ein Stück Wild seitlich durch die Absperrung, war es gerettet.
Heute: man hat etwas verpasst oder man hat einen geschäftlichen Verlust erlitten.
„Einen Zahn zulegen“
Um diesen Spruch zu verstehen, müssen wir uns in die Burgküche begeben. Da war ein offenes Feuer mit einem großen, sich nach oben verjüngenden Schornstein, man sprach auch von der schwarzen Küche. Wollte man in einem Kupferkessel Wasser oder etwas anderes erwärmen. Musste man ihn an einer senkrechten Eisenstange mit mehreren Haken (= Zähne) über dem Feuer einhängen. War der Kessel tief eingehängt, kochte es schneller, an einen höheren Zahn gehängt, ergab sich langsameres Kochen. So waren Kochvorgänge früher regulierbar. Einen Zahn zulegen, müsste man so deuten, den Kessel tiefer zu hängen.
Heute: schneller fahren, auch etwas schneller oder intensiver betreiben.
„Da fällt dir kein Zacken aus der Krone“
Hier wurde Bezug genommen auf frühere Adelsränge, die üblicherweise verschiedene Kronen hatten. Niederer Adel hatte zur Unterscheidung fünf, Freiherren sieben und Grafen neun Zacken an der Krone – d.h., je höher der Rang, desto mehr Zacken zeigte die Krone.
Wenn zB. ein Graf zwei (im Spruch nur einen) Zacken aus der Krone verlieren würde, wäre er nur Freiherr, hätte einen niedrigeren Rang, wäre also erniedrigt worden.
Heute: man sollte den Standesdünkel nicht zu weit treiben, man sollte bescheiden bleiben.

Dietrich Lohse

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