„Sie hat mich nie geliebt!“

Guiseppe Verdis ergreifende Oper „Don Carlo“ feierte an den Landesbühnen Sachsen Premiere

Achtundzwanzig Jahre nach seinem Debüt mit der Oper „Oberto“ (1839) komponierte Guiseppe Verdi 1867 die Musik zu seiner nunmehr 16. Oper. Unter dem Titel „Don Carlo“ fand die damalige Uraufführung in Paris statt. Wann immer „Don Carlo“ in den darauffolgenden Jahrzehnten bis in unsere Gegenwart hinein eine Neuinszenierung erlebte, so fand sie an bedeutenden Opernhäusern und in großen Städten statt. So gesehen wäre die Dresdner Semperoper wohl der bestens geeignete Ort für eine Dresdner Neuinszenierung jenes „Don Carlo“ gewesen. Doch diese neue Annäherung an Verdis gehaltvolle Oper machte um das dominante Dresdner Opernhaus einen Bogen und begab sich stattdessen unter die Fittiche des Musiktheater-Ensembles der Landesbühnen Sachsen, die „Don Carlo“ in Radebeul auf die Bühne brachten. Für das gesamte Ensemble wie auch für das Regieteam wuchs sich dieser Abend zu einem wunderbaren, großartigen Fest aus. Schon lange hatte eine Inszenierung der Musiktheatersparte keinen solch überwältigenden Erfolg feiern können, wie er an diesem 16. Januar gelang. Mit Standing Ovations in üppiger Menge feierte das Radebeuler Publikum das Ensemble und die Macher gleichermaßen. Zweifellos waren diese Lorbeeren auch ordentlich verdient. Der erfahrende Regisseur Michael Heinicke bediente ausgesprochen schlüssig die aufregende Story um die Liebe zwischen Elisabeth von Valois (Stephanie Krone) und den spanischen Infanten Don Carlo (Christian Salvatore Malchow). Doch diese Liebe ist nicht von Dauer; da Don Carlos Vater Philipp II. selbst ein Auge auf Elisabeth geworfen hat. Sämtliche Vermittlungsversuche von Gönnern und Freunden Don Carlos schlagen fehl. Ja mehr noch; Prinzessin Eboli (Wiebke Damboldt) lädt Don Carlo zu einem Rendezvous. Er aber glaubt, die Einladung komme von Elisabeth die Valois, denn der Brief ist mit „E.“ unterzeichnet. Als die Eboli entdeckt, dass Carlos gar nicht in sie, sondern in die Königin verliebt ist, schwört sie Rache. So endet eine, aus Irrungen und Wirrungen entstandene Beziehungsgeschichte tragisch, obwohl eigentlich die Momente der Harmonie überwiegen. Don Carlos Stoßseufzer am Ende lautet „Sie hat mich nie geliebt!“ und die Situation wird damit zur Tragik pur.

»Don Carlo«, Szene mit Christian Salvatore Malchow und Stephanie Krone Foto: H. König

»Don Carlo«, Szene mit Christian Salvatore Malchow und Stephanie Krone
Foto: H. König

Neben den großartigen, sowohl gesanglichen als auch darstellerischen Leistungen der Solisten überzeugt ganz besonders auch der Chor. Das wird aber nicht nur von dessen stimmlicher Kraft gespeist, sondern lebt vor allem auch von der grandiosen Idee, den Chor der Landesbühnen Sachsen mit Mitgliedern des freien Opernchores „ChorusSo“ aufzufüllen. Die dadurch entstandene stimmliche und musikalische Kraft gehört im Ergebnis mit zu den eindrucksvollsten Momenten dieser Inszenierung.

Wolfgang Zimmermann

Nächste Aufführungen:

  • 25.3., um 20 Uhr an den LaBüSa
  • 22.4., um 19.30 Uhr am König Albert Theater in Bad Elster
  • 24.4., um 15 Uhr an den LaBüSa

Ein sehr schwerer Brief

Beschreibung eines Details am Haus Kynast

Es scheint mir, als würde ich mich auf „altes Eisen“ in Radebeul einschießen. In der Augustvorschau letzten Jahres hatte ich im Artikel „Gedankensplitter zur Kötzschenbrodaer Schiffsmühle“ eine gusseiserne Grabplatte von 1825 vorgestellt, heute soll es um einen gusseisernen Brief zum 75. Geburtstag von Ewald Hilger im Jahre 1934 gehen, der sich bis in unsere Tage erhalten hat und mindestens noch eine eiserne Idee habe ich für 2016 vorgesehen.

Das ehemalige Weingut Kynast in Zitzschewig ist wieder im Besitz der Familien Muth, die Nachfahren von Ewald Hilger sind. Erläuterungen zu den verschiedenen Gebäuden und zur Geschichte des Kynast hatte ich bereits in V+R 01/96 unter „Weingut Haus Kynast“ veröffentlicht. Darin wies ich schon an einer Stelle auf diese Eisenplatte von 1934 am Herrenhaus des Kynast hin. Die damalige Aussage, dass Ewald Hilger den Kynast 1927 als Altersruhesitz erwarb, muss ich jetzt revidieren, das geschah bereits 1921.

Haus Kynast Foto: D. Lohse

Haus Kynast
Foto: D. Lohse

Heute weiß kaum noch jemand in Radebeul, wer Ewald Hilger war – ich habe mich ein wenig schlau gemacht. Er stammt nicht von hier, er wurde am 13. Juni 1859 in Essen als Sohn von Ewald Hilger (gleicher Name!) geboren. Essen liegt bekanntlich im Ruhrgebiet und so verwundert es kaum, dass der Vater da Bergbau-, Stahl- und Brauereiunternehmer war. Da ging Ewald jun. zur Schule, danach folgten Studien des Montanwesens in Lausanne, Straßburg, Berlin und Mons. 1876 fragte Hilger von Essen aus im sächsischen Freiberg auch nach Prospekten und dem Lehrplan der Bergakademie an, hatte sich dann aber wohl anders entschieden. Nach einer Stelle als Bergreferendar und erfolgter Assessorenprüfung durfte Ewald Hilger den Titel eines Berginspektors führen. Ab 1892 folgte eine kurze Zeit als Herausgeber des Fachblattes „Der Bergmannsfreund“ in Saarbrücken, aber ein Streit mit der Gewerkschaft ließ ihn schon 1893 als Leiter der Berginspektion Grube Gerhard in Luisenthal und ab 1896 in Zabrze (Oberschlesien) wechseln. Durch seine nationale Gesinnung war er kein Freund der SPD, was ihm bald den Ruf als „Saar-Bismarck“ einbrachte. Fachliche Schwerpunkte für ihn waren auch Arbeits- und Gesundheitsschutz im Bergbau, was damals sicherlich recht fortschrittlich war. Ein verlorener Prozess gegen Karl Krämer (Bergarbeiter u. Gewerkschafter) zwang ihn 1904 / 05 zu einem erneuten Wechsel. Doch er stieg auf der Karriereleiter weiter nach oben und wurde Generaldirektor der Laurahütte in Oberschlesien. Die Leitung dieses Bergbau- und Hüttenunternehmens endete 1922 als das Gebiet durch neue Grenzziehung polnisch wurde. So ging er mit 63 Jahren schon in den Ruhestand. Aber er war von Kötzschenbroda aus noch länger in Gremien wie dem Reichswirtschaftsrat, verschiedenen Aufsichtsräten und im Senat der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft eingebunden und tätig.

Ob er in Kötzschenbroda anderweitig in Erscheinung trat, war bisher nicht nachweisbar. Hilger hatte auch eine militärische Laufbahn absolviert und war im 1. Weltkrieg Offizier. Interessant war für mich, dass er 1919 nach der Kapitulation Deutschlands der deutschen Delegation in Versailles angehörte.

Porträt von Ewald Hilger Foto: Bergarchiv Freiberg

Porträt von Ewald Hilger
Foto: Bergarchiv Freiberg

Aufgrund besonderer fachlicher Erfolge führte Hilger den Titel Geheimer Bergrat – ein Titel, der in Monarchien und Fürstentümern üblich war und er war Ehrendoktor der Universität Breslau sowie Ehrensenator der TH Charlottenburg und der Bergakademie Freiberg. Das Diplom als Senator der Bergakademie Freiberg wurde, wie ich mich im dortigen Archiv informieren durfte, unter dem18.01.1929 ausgestellt und am gleichen Tag per Post nach Kötzschenbroda geschickt.

Ewald Hilger war, ein Foto belegt es, ein stattlicher Mann mit guter Ausbildung und hohen Zielen, vielleicht auch mit „Ecken und Kanten“, eine angesehene Persönlichkeit der Wirtschaft im deutschen Kaiserreich. Er starb am 20. August 1934 in Zitzschewig, was damals nach Kötzschenbroda eingemeindet war und wurde mit offizieller Feier in Tolkewitz eingeäschert. Wo sich sein Grab befindet oder befand, konnte ich noch nicht herausfinden. Teile seiner Familie fanden ihre letzte Ruhe auf dem Johannesfriedhof Zitzschewig.

Doch was hat das alles mit einem eisernen Brief zu tun, werden sie fragen. Das kam so: ein Oberer des Wirtschaftsverbandes des Montanwesens hatte die originelle Idee, die Gratulation zu Hilgers 75. Geburtstag auf einer Eisenplatte (H=70cm, B=45cm) festzuhalten – vielleicht war Papier gerade knapp und Eisen gab’s im Ruhrpott genug? Eisen hatte ja aber auch zu seinem Berufsleben gehört!

»Gusseiserner Brief« Foto: D. Lohse

»Gusseiserner Brief«
Foto: D. Lohse

Oberhausen Rhld. den 13. Juni 1934

Herrn Geheimen Bergrat Dr. Ewald Hilger
Haus Kynast, Kötzschenbr.-Zitzschewig

Mein lieber Hilger!
Der knorrigen Eiche, die Sturm und Wetter trotzt, dem allzeit
aufrechten Manne, der keinen Kampf scheut, dem hervorragenden
Bergmann, der Alt und Jung in seinem Beruf Vorbild war und
ist, sendet zur Vollendung des 75. Lebensjahres
Gruß und Handschlag: AD MULTOS ANNOS!
Glückauf!

(Unterschrift unleserlich)

Über dem Schriftteil zeigt die Platte noch eine symbolisch gemeinte Zier, zum Thema passend einen Förderturm, ein Stollenmundloch und ein paar Bäume. Wir wissen nicht, wie die Platte Kötzschenbroda und den Adressaten erreicht hat, wohl kaum als Riesenpostkarte mit utopischer Frankierung (warum fällt mir dabei ein, dass die Post ab 2016 für den Normalbrief 70 Cent verlangen darf?) oder doch eher persönlich übergeben. Das schwere Teil kam jedenfalls im Juni 1934 nach Kötzschenbroda und Ewald Hilger starb im August des gleichen Jahres, so dass ich vermute, dass seine Familie dann die Anbringung der Tafel vorgenommen hat.
Für Auskünfte und Unterstützung bei meiner Recherche danke ich Herrn Klaus Muth, einem Urenkel von Ewald Hilger sowie Herrn Dr. Kaden vom Archiv der Bergakademie Freiberg.

Dietrich Lohse

Neue Sanierungsgebiete und Bauaktivitäten der Stadtverwaltung Radebeul

verein für denkmalpflege und neues bauen
Wer so durch Radebeul geht, hat den Eindruck, dass der durch die DDR hinterlassene Sanierungsstau an Gebäuden fast völlig abgearbeitet ist. Zumeist zeigen sich helle Fassaden und an vielen älteren Gebäuden erstrahlt wieder eine Vielfalt baukünstlerischer Details. Im Neubaubereich scheiden sich die Geister und es ist abzulesen, ob bzw. welcher Anspruch der Integration in das Stadtbild bestand oder ob gar vielleicht vorrangig monetäre Interessen im Vordergrund standen.

Als Erfolgsgeschichte sind die 2 Sanierungsgebiete (Altkötzschenbroda und Radebeul-Ost) ins Stadtbild eingegangen. Man kann es am Leben sehen, welches sich in diesen Bereichen entwickelt hat. Mit Freude und Stolz führt sicher jeder Radebeuler seine Gäste dorthin. Auch viele Nachbarn aus den angrenzenden Städten fühlen sich nicht nur zu den Festen dort hingezogen. Als Radebeuler Bürger kann man nur Danke an die Beteiligten der Verwaltung, der Investoren, der Bauschaffenden und der Bauherren sagen. Ihnen ist die Schaffung lebendiger, lebenswerter Bereiche gelungen.
Gleichzeitig ist aber auch zu bemerken, dass einstmals belebtere Stadt – Bereiche in ihrer Attraktivität nachlassen, weil Nachholbedarf deutlicher sichtbar wird. Oder es gibt Bereiche, die in sich noch ungeordnet und mit wenig Aufenthaltsqualität erscheinen.

Der Tagespresse sind hin und wieder Hinweise zu entnehmen, dass dies in der Stadtverwaltung natürlich nicht unbeachtet bleibt. Man ist am Nachdenken über Konzepte, wo Erfolge möglich wären, am Abwägen und Abstimmen mit Beteiligten. Der Laie kann sich am fertigen gebauten Ergebnis oft nicht vorstellen, welch erheblicher konzeptioneller und planerischer Aufwand im Vorfeld zu bewältigen war, um dies zu erreichen. Gerade in so komplexen Maßnahmen, wie Sanierungsgebieten, wo neben Nutzungskonzepten und Gestaltung der Gebäude für Belange der Verkehrswege, des öffentlichen Nahverkehrs, der Versorgungsmedien, Eigentumsverhältnisse, Parkraum, Naturschutz, Stadtgrün, Schallschutz, Inklusion, Belange des Handels, Lebensqualität im Stadtraum … die Ansprüche zu erfassen und abzuwägen sind. Und dann müssen auch in der Bauphase die Belange der dort weiter arbeitenden und lebenden Menschen beachtet werden. Ganz entscheidend ist auch, ob und in welcher Höhe Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten zur Verfügung stehen und was wann daraus gestaltet werden kann.

Zwei neue Sanierungsgebiete sind im Gespräch – zum einen die Erweiterung des Sanierungsgebietes in Radebeul Ost mit Einbeziehung der Kreuzung Pestalozzi-/Schildenstraße, des Karl-May-Museums und der Kreuzung Schildenstraße/ Meißner Straße. Jeder der diesen Bereich aufmerksam betrachtet, erkennt Möglichkeiten der Entwicklung.

Kreuzung Meißner-/Schildenstraße Foto: U. Hofmann

Kreuzung Meißner-/Schildenstraße
Foto: U. Hofmann


Blick in das Grundstück von der Schildenstraßen Foto: J. Bergner

Blick in das Grundstück von der Schildenstraßen
Foto: J. Bergner

Zum anderen soll ein neues Sanierungsgebiet in Radebeul-West im Bereich Bahnhofstraße entstehen. Dort ist deutlich die nachlassende Vitalität des Stadtraumes zu spüren. Auch wenn in letzter Zeit Aufmerksamkeit bringende Veranstaltungen diesem Bereich wieder mehr Leben und Beachtung bringen sollen, ist dies mittelfristig nicht ohne bauliche Veränderungen möglich. Man denke da nur an das Bahnhofsgebäude, das Parkhaus, die Post mit dem dazugehörigen Umfeld.

Was sehen Sie als Möglichkeiten, um diesen Stadtbereich nachhaltig zu entwickeln?

Bahnhof Radebeul West Foto: M. Mitzschke

Bahnhof Radebeul West
Foto: M. Mitzschke

Der Verein für Denkmalpflege und neues Bauen möchte für den Verein und die interessierte Öffentlichkeit eine Gelegenheit geben, um dazu Informationen aus erster Hand aus der Stadtverwaltung Radebeuls zu erhalten. Wir freuen uns, dass der 1. Bürgermeister der Stadt Radebeul Herrn Dr. Müller zu einer diesbezüglichen Veranstaltung zugesagt hat.

Nach seiner Vorstellung des Arbeitsstandes der Verwaltung zu den neuen Sanierungsgebieten wird Gelegenheit sein, sich mit Dr. Müller und untereinander dazu auszutauschen. Seien Sie dazu herzlich in der Stadtbibliothek Radebeul-Ost im Kulturbahnhof willkommen.

Im Namen des Vereins
Michael Mitzschke
______________________
Veranstaltung des Vereins für Denkmalpflege und neues Bauen am Freitag 19.02., 19.30 Uhr im Kulturbahnhof Radebeul Ost (Vortragsraum der Stadtbibliothek)

Editorial 02-16

Ein ungekannt frühlingshafter Dezember im Ausklang des letzten Jahres wird lange in Erinnerung bleiben. Blühende Bäume, Schneeglöckchen und ein munteres Vogelgezwitscher lockten zu ersten Gartenarbeiten, während man sich in kalendarischer Abfolge anschickte, den Weihnachtsbaum in der guten Stube zu schmücken.

Nun hat er es doch noch geschafft – der Winter ist da! Radebeul wieder ein Wintermärchen! Kaum lag die erste Flocke, riefen die Kinder zum Schneemannbauen. Leicht gesagt, schwer getan. Musste doch die dünne und durchaus pulvrige Schicht mühevoll aus allen Ecken des Gartens zusammengekratzt und in die tradierte Form gebracht werden. Wider Erwarten gelang es mit ausdauernder Handarbeit zur Zufriedenheit aller großen und kleinen Mitarbeiter.

Naturgemäß mahnten die Kinder zu weiteren wintersportlichen Betätigungen. Na klar, es ging ums Rodeln. Nun ja, leicht gesagt, schwer gefunden so ein Rodelberg in Radebeul. Seit meinen Kindertagen bereitet mir der Gedanke Kopfzerbrechen. Die terrassierten Steillagen der Weinberge scheinen ebenso wenig geeignet wie die Ebenen der Elbwiesen.

Als Kind fuhr ich noch die halsbrecherisch und baumumsäumten Pisten auf dem Weg zu „Schwarzes Teich“. Eine Strecke, die ich bei aller väterlichen Gelassenheit meinen Kindern nicht angedeihen lassen möchte. Auf Nachfrage schwärmte eine gute alte Bekannte von der Straße unterhalb von Hoflößnitz, eine Erinnerung, die sich auf Kindheitstage aus der Zeit noch vor dem Zweiten Weltkrieg beruft. Ein Auto wurde da einst noch kaum gesehen.

Kenntnis habe ich noch vom „Katzenbuckel“ am Seegraben in Serkowitz. Im Weinberg „Auf den Bergen“ soll Rodeln auch möglich sein, und der Sage nach irgendwo am „Graue-Presse Weg“.
Bei unserer Suche wurde es aber schon dunkel und so begnügten wir uns zur Freude aller mit dem gemütlichen Wiesenhang vorm Ermelhaus am Fiedlergrund.

Sascha Graedtke

Titelbildserie 2016

Das Künstlerehepaar Brian Curling
und Friederike Curling-Aust begleitet
uns mit ihren Bildern durch das Jahr.
Sie geben Einblick und Ausschau
in Radebeuler Landschaften.

Titelbild Januar:

„As the crow flys“
Farbholzschnitt 2013 (Brian Curling)

Der Holzschnitt der sich tummelten
Krähen im Januar besteht aus mehrschichtig
bedruckten dünnen Japanpapieren,
die übereinander gelegt eine Tiefe
schaffen.
Brian Curling findet Gleichnisse im
Werden und Vergehen der Natur.
Malschule und Atelier
Friederike Curling-Aust und Brian Curling
Weinbergstrasse 10
01445 Radebeul
Tel. 0351-79557093
friederikeaust@gmail.com
___________________________

Im Januar beginnen wieder Kinderkurse:
– Dienstags 16-17.30 Uhr

Kreatives Ferienprogramm für Kinder
in den Winterferien in der 1. Ferienwoche
– täglich von 9.30 Uhr bis 15.30 Uhr

 

»Mit Freude am Leben !«

Im Foyer der Landesbühnen Sachsen würdigt eine Ausstellung das Werk der 90-jährigen Malerin Lieselotte Finke-Poser

1-1_poser

Die Jubilarin im Gespräch                                              Foto: W. Zimmermann

1-3_poser

»Der Dirigent Kurt Masur« Aquarell, 2015 Repro: W. Zimmermann

1-2_poser

»Sturm« Aquarell, 1999               Repro W. Zimmermann

Ohne Zweifel, sie ist die anerkannte Seniorin unter der zahlenmäßig sehr üppigen Mannschaft der Radebeuler Maler. Ihren gewichtigen runden Geburtstag wird Lieselotte Finke-Poser feiern wenn das Jahr zu Ende geht. Denn ab dem 29. Dezember 2015 kann sie auf stolze 90 Jahre Leben zurückblicken. Zugleich also auf fast ein komplettes Jahrhundert Leben. Ein Mensch, dem ein solch hohes Alter vergönnt ist, der muss zweifellos schon etwas Besonderes an sich haben.
Bei Lieselotte Finke Poser ist das zunächst einmal ihre große Lust am Leben überhaupt. Dann natürlich ihr besonderes Metier, die Malerei. Und deshalb nutzte die Malerin die meisten ihrer Lebensjahre dafür, Bilder zu malen. Eigentlich hat sie das schon immer getan seit sie zurückdenken kann. Und sie tut es heute immer noch, mit nicht nachlassender Energie.
Ihre aktuelle Ausstellung nun hat diesen ihren 90. Geburtstag im Fokus. Das heißt, dass man seit dem 4. Dezember 2015 einen repräsentativen Ausschnitt ihres künstlerischen Lebenswerks im Foyer der Landesbühnen Sachsen besichtigen kann. Die Vernissage dazu fand am Abend des 4. Dezember statt. Überwiegend zeigt die Ausstellung ihre in den sanften Aquarellfarben gemalten Bilder, aber auch Ölbilder und ein kleiner Teil an Kreidezeichnungen findet man ebenfalls in der Exposition.
Lieselotte Finke Poser, die 1925 in Hessisch-Lichtenau (der Nähe von Kassel) geboren wurde, studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und war im Anschluss daran viele Jahre als Illustratorin vorwiegend im wissenschaftlichen als auch im Buchbereich beschäftigt. Die heute 50-jährigen sind in ihrer Kindheit ganz sicher den wunderbaren Kinderbüchern begegnet, die von ihr illustriert wurden. „Beobachtungen am Wegesrand“ nannte sich eines dieser Bücher und es erzählte in Text und vor allem im Bild von der Schönheit der Natur.
Seit 1953 lebt und arbeitet sie in Radebeul und gehörte 1979 hier zu den Mitbegründerinnen des anerkannten Radebeuler Grafikmarktes. In der reizvollen Landschaft von Radebeul bis Moritzburg wiederum hat die Malerin ein üppiges Betätigungsfeld gefunden. Daneben widmete sie sich aber auch immer mal wieder dem Porträt, malte Kinder, alte Menschen, christliche Symbolfiguren etc.
Die aktuelle Ausstellung nun konzentriert sich vor allem auf Landschaften und Porträts. So zeigt sie eine „Abendstimmung“(1999), widmet den „Kopfweiden bei Serkowitz“ ein Bild, hat den Dirigenten Kurt Masur in eindrucksvoller Gestik porträtiert und lässt es in ihrem Bild „Sturm“ fast körperlich spürbar stürmen.

1-4_poser

»Kopfweiden bei Serkowitz«, Aquarell, 1979,        Repro: W. Zimmermann

An Gratulanten mangelte es nicht an diesem Abend. Musik vom Piano, Cello und Violine erklang zum Auftakt der Vernissage. Radebeuls Oberbürgermeister Bert Wendsche und Landesbühnen-Intendant Manuel Schöbel gehörten zu den ersten Gratulanten.

Wolfgang Zimmermann

Die Ausstellung wird bis ins kommende Jahr 2016 hinein zu besichtigen sein. Zeitgleich kann man unter dem Titel „Jung und Alt“ eine zweite Ausstellung von Lieselotte Finke-Poser im Radebeuler Familienzentrum auf dem Altkötzschenbrodaer Anger besichtigen

Radebeul – eine Stadt?

Eine Stadt – was ist das? Ist Radebeul eine Stadt? Natürlich, werden die Radebeuler sagen. Ist sie aber so, wie andere Städte auch? Natürlich nicht, werden wieder die Radebeuler sagen.
Unsere Stadt ist eben etwas Besonderes, mit anderen Städten nicht zu vergleichen. Aber was ist dieses Besondere? Was macht eine Stadt überhaupt zur Stadt? „Es ist unklar, warum ein Ort als Stadt bezeichnet wird und ein anderer nicht“, kommt hierzu ein Eintrag bei Wikipedia zum Schluss. Der Autor fügt aber bedenkend dazu an, dass eine von der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung abgetrennte Sicht auf Städte problematisch ist.
Stadt, Stadtentwicklung an sich, abgekoppelt von der gesellschaftlichen Situation, funktioniert demnach nicht, „da nicht die Philosophen und Soziologen und auch nicht die Städtebauer die Entwicklung der Städte wesentlich beeinflussen, sondern die Menschen, die in einer Region siedeln, die ihnen Arbeit, Lohn, Essen und Unterkunft ermöglicht“. Ob sie eine Stimme im alltäglichen Getriebe haben, sei dahingestellt. Sie geben der Stadt ihr Gepräge, einfach in dem sie da sind und in ihr leben.

5_haus

Lückenbebauung an der Burgstraße                                         Foto: KUB

Die Tatsache, dass für den Zeitraum bis 2025 zwei sich extrem widersprechende Prognosen für die Bevölkerungsentwicklung der Stadt Radebeul vorliegen, zeigt die Schwierigkeit einer genauen Vorhersage für dieses Gebiet. Es wird sowohl eine Bevölkerungszunahme von 2 Prozent als auch ein Rückgang von 1,5 Prozent angenommen. Dies kann nur die Schlussfolgerung zulassen, möglichst alles zu tun, um junge Menschen in Radebeul anzusiedeln. Gleichwohl ergibt sich daraus eine komplizierte Lage, wenn man auf der Grundlage der ersten Version Kapazitäten entwickelt und vorhält, die möglicherweise später nicht benötigt werden. Sicher ist die Entwicklung der Bevölkerung, speziell in ihren einzelnen Altersgruppen, eine maßgebliche Größe für die künftige Stadtplanung. Gerade die Gruppe der Erwerbstätigen (15 bis 65 Jahre) wird sehr entscheidend für die zu erwartenden Steuereinnahmen sein. Auch ergeben sich daraus für die Entwicklung der Versorgungseinrichtungen und der Wirtschaftsförderung maßgebliche Planungsziele. Letztendlich aber reichen die aus der Bevölkerungsprognose erlangten Parameter nicht aus, um daraus ein schlüssiges Stadtentwicklungskonzept zu erstellen.
Eine Stadt ist eben mehr als eine Ansammlung von Gebäuden. Die Stadt ist vor allem ein sozialer Raum, der wesentlich von den in ihm lebenden Menschen geprägt wird. Sie aber muss auch die Funktion eines sozialen Raumes ausfüllen. Deshalb ist die Haltung „erstmal bauen, der Inhalt kommt später“ – wie gelegentlich zu hören ist – ein Tanz auf dünnem Eis.
Stadtentwicklung muss als erstes von den Menschen her gedacht werden. Und wenn INSEK 2014, das integrierte Stadtentwicklungskonzept, etwas vermissen lässt, dann ist es gerade eine Betrachtung zur sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung und der sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen für künftige Entwicklungen. Dies gehört schon deshalb in die Konzeption, weil diese eine komplexe Betrachtung der Entwicklung Radebeul für die nächsten 20 Jahre anstellt.
Sicher sind es gerade die 25- bis 40-jährigen, die bisher die größte Gruppe der Zugezogenen stellten. Bis 2025 aber wird diese Altersgruppe in der Stadt eher abnehmen. Man kann davon ausgehen, dass die Zuzügler in der Regel zu den sozial besser abgesicherten Bevölkerungsschichten gehören, da sie entweder Wohneigentum erwerben oder die relativ hohen Mieten auch zahlen können. Dieses Klientel greift auf Wohnungen mit 3 bis 5 Räumen zurück, welche nahezu 70 Prozent des Bestandes ausmachen. Über 80 Prozent der Gebäude befinden sich in Radebeul aber in Privatbesitz. Und gebaut wird weiter, wenn sicher auch nicht mehr in dem Umfang vergangener Jahre. Verdichtung und Lückenbebauung weist das Stadtentwicklungskonzept als künftigen Ansatz aus. Braucht es da nicht auch eine Bausatzung, wenn, wie im Abschnitt „Städtebau und Denkmalschutz“ formuliert, die „Erhaltung der Identität der Stadt“ als ein Ziel ausgegeben wird? Gerade die Lückenbebauung der letzten Jahre hat hier nicht nur Begeisterung ausgelöst.
Was also macht Radebeul aus? Die Denkmale, der Weinterrassen, die Elbe, der Gartenstadtcharakter oder die vielen über die Jahrhunderte hier ansässigen kreativen, schöpferischen wie künstlerischen Menschen, die diese Gegend erst zu einer unvergleichlichen Kulturlandschaft erschaffen haben? Das Eine ist ohne das Andere nicht denkbar. Ohne das fruchtbare, milde Klima kein Weinanbau. Ohne Weinanbau eben auch keine „Hoflößnitz“ mit ihren kultur- und kunstvollen Bauten. Und ohne all dies eben auch keine klugen und kreativen Köpfe, die sich in der anregenden Atmosphäre niederließen. Selbst wenn das Merkantile sicher eine große Rolle gespielt haben mag, wurde das Schöne immer mitgedacht und je nach Geldbeutel pompös oder eben zurückhaltend gestaltet. Heute kann man lange suchen nach der sprichwörtlichen „Kunst am Bau“. Das Profane dominiert. Besonders erfreulich ist allerdings, dass das „Denkmalschutzgebiet historischer Weinbau“ festgeschrieben wurde.
Auch die Dorfkerne und die Gebiete mit hoher Denkmaldichte bedürfen einer sensiblen Betreuung, wenn deren Charakter erhalten bleiben soll. Die Bevölkerung darf hier nicht außen vor bleiben. Nicht immer haben die favorisierten und geförderten Sanierungsgebiete zu Ideallösungen geführt, wie man am Beispiel Altkötzschenbroda sehen kann. Die gegenwärtige Verkehrssituation sowie der beständig wachsende Schilderwald auf dem ehemaligen Dorfanger mindert dessen Attraktivität erheblich. Es leiden die Bewohner wie die Touristen darunter. Abhilfe tut not!
Die Stadt möchte besonders für junge Menschen anziehend sein. In Schulen und Kindereinrichtungen wird auch künftig viel investiert. Das ist zweifelsohne richtig. Arbeitsplätze aber braucht es auch und Wohnraum. Das INSEK stellt besonders einen Mangel an bezahlbaren Wohnungen in der Stadt fest. Wie vertragen sich da angekündigte Mietpreise von über 8 Euro pro Quadratmeter für Neubauwohnungen, wenn die mittelfristig nutzbare Fläche für den Wohnungsbau maximal 390 Wohneinheiten zulassen? Eine Besserung ist da schwer vorstellbar. Da drängt sich auch die Frage auf, wann der Leerstand bei der städtischen Besitzgesellschaft saniert wird?
Ja und da sind noch die beiden Stadtzentren. Welche Funktionen sollen sie künftig erfüllen? Und wo hat darin der Mensch seinen Platz, also, wo kann er sich aufhalten, kommunizieren oder auch nur die zum Leben nötigen Versorgungen und Informationen finden?
Es bleibt also sehr zu hoffen, dass die Bautätigkeit in Radebeul nicht zu sozialen Spannungen in der Stadt führt. Und warum soll eigentlich laut INSEK der „Ausbau von bezahlbaren Atelier- und Werkstatträumen für junge Künstler [nur] im Weißen Haus“ erfolgen? Mal beiseite gelassen, ob das „Weiße Haus“ überhaupt der geeignete Standort dafür ist.
Nachzuschieben wäre auch, warum nur für „junge Künstler“? Denn, so wie es gegenwärtig aussieht, scheint die jahrhundertelange Künstlertradition in der Lößnitz in Bälde ein jähes Ende zu finden, da es an bezahlbaren Wohn- und Atelierräumen für diese fehlt. Aber gerade die Künstler und die kreativen Baumeister waren es ja, die die Lößnitzstadt mitgeprägt haben und heute noch so begehrenswert machen, die Zillerhäuser gebaut, bewohnt und auch belebt haben.
„Radebeul, mit deinen Lößnitzbergen bleibst meine Heimat, Heimat alle Zeit!“ lauten die letzten Zeilen des vor Jahren verfassten Lößnitzliedes. Es ist gewissermaßen die inoffizielle Hymne der Stadt. Sie drückt aus, was viele Radebeuler empfinden. Sie wollen eine Stadt, in der sie sich zu Hause fühlen, in der sich die Veränderungen in Grenzen halten, auch deshalb, weil man das historisch Wertvolle erhalten möchte. Die vielen liebevollen und mit Sachverstand instandgesetzten Gebäude und gepflegten Gartenanlagen belegen dies nachdrücklich. Nachlässigkeiten und Bausünden ärgern sie ungemein und sie greifen hier auch gelegentlich ein. Nicht nur der Bauherrenpreis mag für dieses öffentliche Interesse ein Beispiel sein. Radebeul gestalten und entwickeln geht deshalb nur mit seinen Bewohnern. Die aber müssen sich dieses Recht auch immer wieder aktiv einfordern. „Vorschau und Rückblick“ könnte dafür ein gutes Podium bieten.
KUB

Editorial 01-16

Liebe Radebeuler Bürgerinnen und Bürger!

Haben wir uns schon mal gesehen?
Wir sind neu, nicht mehr für jeden, aber für die allermeisten sind wir neu. Ein Pfarrerehepaar in der Friedenskirche Radebeul: Annegret und Björn-Hendrik Fischer. Und wir haben drei Kinder mitgebracht: Gregor, Albrecht und Helene.
Werden wir uns mal sehen?
Im Gottesdienst, oder beim Herbst- und Weinfest. Werden Sie uns ansprechen? Werden Sie etwas erzählen von sich und ihrem Leben? Heutzutage braucht ja nicht mehr jeder Mensch einen Pfarrer. Beim Heiraten oder nach der Geburt eines Kindes suchen nur noch wenige Menschen uns auf. Es geht ohne uns.
Wollen wir uns mal sehen?
Ist deshalb die Frage. Und wir haben schon sehr viele Menschen gesehen hier in Radebeul und auch schon viele, viele Namen gehört und den ein oder anderen Namen auch schon gelernt. Bekannte und unbekannte Gesichter grüßen auf der Straße und wir fühlen uns sehr willkommen.
Schön, wenn wir gesehen werden!
Das ist wohltuend für jeden Menschen. Gesehen werden! Beachtet werden und geachtet werden. Ein liebevoller Blick, ein wertschätzender Blick, ein Blick voller Anerkennung und Wohlwollen.
Das tut jedem gut. Wer Ansehen genießt, wird sich sicher fühlen. Ohne Furcht und Misstrauen fröhlich beieinander sein.
In unseren Gottesdiensten sprechen wir Menschen den Segen Gottes zu: Gott segne dich und behüte dich, er lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei dir gnädig, er erhebe sein Angesicht auf dich
und gebe dir Frieden.
Gott lässt sein Angesicht leuchten über Dir und über mir. Ein wohlwollender Blick, eine liebevolle Zuwendung.
Mit diesem Ansehen kann einer gut leben. Mit diesem Ansehen werden wir auch 2016 gut leben.
Ich wünsche uns allen einen guten Start in dieses neue Jahr.
Genießen Sie Ihr Ansehen, dass Sie bei Gott haben!

Pfn. Annegret Fischer

Kunst und Kinkerlitz in der Galerie mit Weitblick

Mit einer ersten Gedächtnisausstellung erinnert die Galerie mit Weitblick auf der Oberen Bergstraße in Radebeul an den vor einem knappen Jahr verstorbenen Maler und Grafiker Horst Hille.
Hille hatte die Galerie vor drei Jahren mit aus der Taufe gehoben, er ist Zeit ihres Bestehens vor allem mit Grafik und Kleinstplastik dort gut vertreten. Nun hat ihm die Galeristin Doro Kuhbandner eine Einzelausstellung gewidmet, deren Herzstück das Lebensbild des Malers Verlorenes und gefundenes Zuhause darstellt, das Hille sich selbst zum 70. Geburtstag geschenkt hatte.

6_horst_schwarz_weiß

Horst Hille – Selbstporträt                                         Repro D. Kuhbandner

Hille war am 13. August 1941 in Aussig geboren worden. Sehr bewusst erlebte der Fünfjährige die Deportation nach Rügen; sein Leben lang hat er gegen dieses Kindheitstrauma angemalt. Sein Refugium auf der Kottenleite, wie sein Vaterhaus mit einem Pultdach versehen, kann als das am häufigsten dargestellte Motiv des Malers gelten. Es gibt Bilder, da erscheint es gleich mehrfach, meist von seinem Paradiesgärtlein umgeben.
Ein Zufall hatte es schließlich ermöglicht, daß Hille in Radebeul, und somit doch noch im Elbtal, Wurzeln schlagen konnte. Zwischen Autobahn- und Niederwarthaer Brücke fand der Junge alles, was er zum Leben brauchte, wie der reife Maler die meisten seiner Anregungen aus dieser Landschaft zog.
Zum 20. Geburtstag schenkte ihm Walter Ulbricht die Berliner Mauer. Der gelernte Maurer fand sich da schon ins Wohnungsbauprogramm der DDR integriert, sah sich aber nicht zum Steineschlepper und Kalkmischer geboren. Neben anderen Künstlern nahmen sich besonders Werner Wittig und Gunter Herrmann des jungen Mannes an. Letzterer sorgte mit seiner Bürgschaft dafür, daß Horst um 1970 in den VbK der DDR aufgenommen wurde. Er konnte nun freischaffend als Künstler arbeiten und schließlich der werden, der er war: DER HILLE. Er hat beiden eine lebenslange Dankbarkeit bewahrt.
Mit dem böhmischen Schalk im Nacken hat Hille früh seinen eigenen Stil gefunden. Wir kennen ihn als den Meister der Miniatur. Es gelang ihm, auf kleinstem Format altmeisterliche Akkuratesse und Detailtreue mit dem Verismus Dixscher Prägung zu verbinden. Dabei hat Hille, wie Heinz Weißflog schrieb, immer seine eigene Biografie gemalt. Auch der Zeus, der sich in fröhlicher Gier über eine lebensvolle Antiope hermacht, trägt so unverkennbar die Züge des Malers, dass der Betrachter noch das Lachen zu hören vermeint, mit dem Hille auf die Anfechtungen des Lebens reagierte.

Thomas Gerlach

Nur noch bis Ende Januar ist die Ausstellung jeweils an den Wochenenden zu besichtigen.

Mehr Licht

verein für denkmalpflege und neues bauen

Das aber ist das Schöne am Januar: die Tage werden wieder länger, es wird wieder hell. Wie wir eindeutigen Formulierungen entnehmen können, hatte schon Goethe vermutlich daran seine besondere Freude. Was Goethe nicht wusste: Wir legen jetzt die Lichterketten wieder fein säuberlich in den Karton, führen des glitzernd leuchtende Rentier wieder in seinen Stall und befreien den etwas rachitisch am Fenster hängenden Weihnachtsmann aus seiner Strickleiter. Wir haben nun wieder fast ein ganzes Jahr Zeit (oder: schon wieder kein ganzes Jahr mehr!!) zu überlegen, welcher Festschmuck welchem Gebäude angemessen ist.
Ungeteilte Bewunderung gilt Jahr für Jahr der schönen großen Fichte und ihrer Weihnachtsbeleuchtung auf der Karl-Liebknecht-Straße. Dabei gibt es nicht nur die artistische Leistung zu bestaunen, mit der das oberste Licht stets an die oberste Spitze gelangt, sondern insbesondere auch die bei aller Größe dezente Verteilung der Lichter insgesamt. Da ist wirklich noch etwas von Weihnachten zu spüren – herzlichen Dank dafür!
An ganz anderer Stelle machte ein bis in die Geweihspitzen glitzerndes Rentier samt Paketschlitten auf ein Gebäude aufmerksam, das vermutlich nicht jedermanns Geschmack ist, das jedoch den Geist eines guten Architekten atmet. Beton und Glas wechseln einander in wohl abgestimmten Flächen ab, die großzügig gegliederten Fassaden erscheinen modern und dennoch harmonisch (das muss kein Gegensatz sein) – das heißt alles in allem: die Maßverhältnisse stimmen. Wenn aber nun das erwähnte Tier vom Balkone leuchtet, drängt sich dem besorgten Betrachter eine Frage auf: Haben die Eigentümer die Architektur (und den Architekten) eigentlich verstanden? Sind sie wirklich glücklich mit und in ihrem Haus, oder hätten sie doch lieber ein richtiges Dach gehabt und vielleicht ein Türmchen an der Seite, an dem dann allmal im Dezember ein etwas rachitischer Weihnachtsmann an einer Strickleiter so permanent wie erfolglos emporzuklimmen das Schicksal hat?
Das Detail gehört zum Ganzen, und sei es auch nur für ein paar kurze dunkle Wochen.
Nach 2013 soll es im Jahr 2016 wieder einen Bauherrenpreis geben. Weihnachtsdekoration ist dabei kein Beurteilungskriterium, schon weil der Advent im Beurteilungszeitraum noch lange nicht in Sicht ist.
Dennoch haben wir jetzt wieder fast ein ganzes Jahr lang Zeit zu überlegen, welche Dekoration der Architektur, dem Stadtbild, vor allem aber dem Anliegen des Weihnachtsfestes angemessen ist.
Auf die Fichte in der Karl-Liebknecht-Straße freue ich mich heute schon.
Thomas Gerlach

Copyright © 2007-2025 Vorschau und Rückblick. Alle Rechte vorbehalten.