MUSIK FESTIVAL RADEBEUL 2023

Sommerlicher Musikgenuss in Radebeul geht nach großem Erfolg in die nächste Runde

Das Musikfestival rund um den Radebeuler Geiger Albrecht Menzel lädt in diesem Sommer vom 26.08. bis 03.09.2023 erneut mit vier Konzerten an historische und ungewöhnliche Spielstätten unserer Stadt ein.

Ende August versammelt der Radebeuler Geiger Albrecht Menzel mit seiner wunderbaren Stradivari Violine, wieder junge herausragende Musiker, um in seiner Heimatstadt gemeinsam zu musizieren.
Albrecht Menzel spielte als Solist mit Dirigenten wie Kurt Masur, Vasily Petrenko und Joanna Mallwitz mit dem London Philharmonic Orchestra, dem Münchner Rundfunkorchester, dem Leipziger Sinfonieorchester und auf Einladung der Geigerin Anne-Sophie Mutter mit ihr gemeinsam als Solist in der Philharmonie Berlin, der Philharmonie Luxemburg sowie auf Tourneen mit der Künstlerin in den USA, Kanada und Europa, in der Carnegie Hall und bei den Salzburger Festspielen.

Bild: A. Hornemann

Eröffnungskonzert in der Friedenskirche

Ein Sommerkonzert 2021 in Radebeul wurde so gut angenommen, dass daraus ein kleines Musikfestival entstand, welches 2022 bereits zahlreiche Musikfreunde mit vier Konzerten begeisterte. Nach dem großen Zuspruch des Festivals im vergangenen Jahr hat Albrecht Menzel nun wiederholt eine exquisite Schar junger Künstler nach Radebeul gebeten, wie den Geiger Sascha Maisky, den Cellisten Bryan Cheng – Preisträger des Queen Elisabeth Wettbewerbes in Brüssel und den Pianisten Julien Quentin. In sommerlich-festlicher Atmosphäre wird ein vielfältiges Kammermusikprogramm mit Lesung und Vortrag präsentiert. Das Eröffnungskonzert am Sonnabend, den 26. August um 17:00 Uhr in der Friedenskirche empfängt seine Zuhörer mit wohlklingenden Meisterwerken aus Spätromantik und Impressionismus der englischen Komponisten Frank Bridge, Cyril Scott und Edward Elgar, eine außergewöhnliche Chance, selten gehörte musikalische Raritäten kennenzulernen.

Stradivari-Treffen in Hoflößnitz

Das zweite Konzert im Weingut Schloss Hoflößnitz am Montag, den 28.08. um 16:00 Uhr verspricht Besonderes. Eingangs verzaubern Dvoraks bekannte Miniaturen und das Terzett. Gewinnen Sie Klangeindrücke erlesener Stradivari, Guarneri, Amati, Vuillaume Violinen im Vergleich zum modernen Instrument und lauschen Sie anschließend den Geheimnissen aus der Geigenwelt vorgetragen vom weltweit renommierten Geigenexperten Florian Leonhard.

Wieviel Erde braucht der Mensch?

Beim dritten Konzert am Donnerstag, den 31.08. um 18:00 Uhr erklingen in der Lutherkirche berühmte Streichquartette beginnend mit dem Sonnenaufgangsquartett von Haydn, um mit Beethovens letztem Streichquartett op. 135 „Der schwere Entschluß“ zu schließen. Dazwischen liest Moderator und Sprecher Peter Bieringer „Wieviel Erde braucht der Mensch?“, eine zeitlose Geschichte von Leo Tolstoi über die Menschheit.

Internationale junge Musiker und das Sozialprojekt

Junge Musiker engagieren sich sozial. Ein besonderer Teil des Musik Festival Radebeul ist wieder der Besuch der Künstler in einer Radebeuler Schule. Dort wird nicht nur ein Konzert für das junge Publikum erklingen, die Musiker werden über ihre „coolen alten“ Instrumente sprechen und über ihre Leidenschaft: Musik.

Großes Finale in der Maschinenhalle des ehemaligen VEB Zerma Radebeul

Das große Finale des Festivals mit dem Nachmittagskonzert am Sonntag, den 03.09. um 16.00 Uhr im Industriedenkmal, der Maschinenhalle des ehemaligen VEB Zerma (Meißner Str. 17/Straßenbahnhaltestelle Forststraße), entführt nach einem leichtfüßig-musikalischen Beginn mit Beethoven und Boccherini in die Welt der französischen Musik mit dem Konzert op. 21 von Ernest Chausson in einer außergewöhnlichen Besetzung für Violine, Streichquartett und Klavier. Man darf also gespannt sein. Seien Sie neugierig und bringen Sie Ihre Kinder und Enkelkinder mit!

Bärbel Schön

Detaillierte Informationen zu den einzelnen Konzerten entnehmen Sie bitte dem Veranstaltungsteil.

MUSIK FESTIVAL RADEBEUL

Sonnabend, 26.08.2023 | 17:00 | 35 €
Konzert I | FRIEDENSKIRCHE
Streichquartett, Klavierquartett, Klavierquintett von Bridge, Scott und Elgar

Albrecht Menzel | Sascha Maisky, Violine
Natalie Loughran, Viola | Bryan Cheng, Violoncello
Julien Quentin, Klavier

Montag, 28.08.2023 | 16:00 | 45 €
Konzert II | SCHLOSS HOFLÖßNITZ | STRADIVARI Treffen
Streichtrios von Dvorak

Albrecht Menzel | Elly Suh | Sascha Maisky, Violine
Natalie Loughran, Viola
Florian Leonhard, Geigenbauer und Restaurator

Lauschen Sie Musik auf erlesenen Stradivari, Guarneri, Vuillaume oder Amati Violinen im Vergleich zum modernen Instrument und den Geheimnissen aus der Geigenwelt vorgetragen vom Geigenexperten Florian Leonhard.

Donnerstag, 31.08.2023 | 18:00 | 35 €
Konzert III mit Lesung| LUTHERKIRCHE

Berühmte Streichquartette von Haydn und Beethoven

„Wieviel Erde braucht der Mensch?“ (Lesung)

Albrecht Menzel | Miriam Helms Ålien, Violine
Nicholas Algot Swensen, Viola | Nuala McKenna, Violoncello
Peter Bieringer, Lesung und Moderation

Sonntag, 03.09.2023 | 16:00 | 35 €
Konzert IV | Industriedenkmal
MASCHINENHALLE des ehemaligen VEB ZERMA
(01445 Radebeul, Meißner Straße 17, Straßenbahnhaltestelle Forststraße)

Klaviertrio, Klavierquintett von Beethoven und Boccherini
Chausson: Konzert für Violine, Streichquartett & Klavier Op. 21

Albrecht Menzel | Miriam Helms Ålien | Julia Turnovsky, Violine
Nicholas Algot Swensen, Viola | Nuala McKenna, Violoncello
Matan Porat, Klavier

Jugend bis 18 Jahre 10 € | Studenten, Menschen mit Behinderung: 20 €
Karten nur im Vorverkauf per E-Mail unter tickets@musikfestivalradebeul.de oder per Telefon, Whatsapp, Signal +49 174 2836650 www.musikfestivalradebeul.de

Veranstalter:
Musik Festival Radebeul | PF 100207 | 01436 Radebeul
Tickettelefon: 0174/2836650
E-Mail: tickets@musikfestivalradebeul.de
www.musikfestivalradebeul.de

©Anne Hornemann

Dr. Ing. Grit Heinrich zum 60. Geburtstag

Im Mai dieses Jahres konnte die Garten- und Landschaftsarchitektin Dr. Grit Heinrich ihren 60. Geburtstag feiern.

Die Leserschaft dieses Heftes kennt die Jubilarin spätestens seit ihren Beiträgen zum Wirken des vereins für denkmalpflege und neues bauen radebeul e.v. (vgl. V&R April/Mai 2023)
Grit Heinrich ist seit fünfundzwanzig Jahren Mitglied im Verein, davon fast zwanzig in verantwortlicher Position. Sie drängt sich dabei nicht lautstark in den Vordergrund, sondern tut still und zuverlässig ihre Arbeit. Über Jahre schon organisiert sie federführend die Stellungnahmen des Vereins zu öffentlichen Bauvorhaben. Sie bestimmt damit wesentlich die Stellung des Vereins in der Fachwelt. Diese Wertschätzung führte sie für den Verein in das Radebeuler Gestaltungsforum.

Wer das Arbeitsspektrum der freien Garten- und Landschaftsarchitektin, die vor zwei Jahren selbst ihr dreißigjähriges Berufsjubiläum feiern konnte, auch nur annähernd erahnt, muss immer wieder staunen, wo sie die Kraft und die Zeit her nimmt, das alles so gut und so fröhlich zu bewältigen.

Der Vereinsvorstand verbindet seinen Dank für die geleistete Arbeit von Frau Dr. Heinrich im Namen aller Mitglieder mit einer herzlichen Gratulation zu ihrem Ehrentag und der Hoffnung auf viele weitere gemeinsame Jahre.

6. Bauherrenpreiswanderung

Vom Armenhaus der Nieder- und Oberlößnitz zur Villa Walter

Bild: M. Mitzschke

Wissen Sie, wo die Weinbergsgemeinden Nieder- und Oberlössnitz ihr Armenhaus hatten?

Aufmerksame Leser von V&R erinnern sich vielleicht, dass es im Dezemberheft des Jahres 2011 dazu einen interessanten Artikel von Frank Andert gab. Aber so schwierig will ich es nicht machen, erst dieses Heft zu suchen, ganz modern findet man diesen auch im Internetauftritt von V&R. Die Adresse des Armenhauses ist – An der Jägermühle 12.

Zu diesem Startpunkt lädt der Verein für Denkmalpflege und neues Bauen alle Interessierten zur diesjährigen öffentlichen nun 6. Bauherrenpreiswanderung für Freitag den 30.Juni, 18 Uhr ein.

Wie gewohnt wird bei der Einladung zur Wanderung noch nicht so viel über das Programm verraten. Diejenigen, die 2019 an der Bauherrenpreiswanderung durch die Oberlößnitz teilnahmen, wissen aber sicher noch, dass wir das angedachte Programm nur zur reichlichen Hälfte geschafft haben. Es war so schön im Garten der Familie Häntsch auf der Eduard-Bilz- Straße 35 und bei Familie Bolza Schünemann auf der Bennostraße 29 wurde leckerer Wein ausgeschenkt, der zu so intensiven Gesprächen animierte, dass wir uns dort gar nicht trennen konnten.

Also diesen „nicht geschafften Rest“ in der Oberlößnitz werden wir dieses Jahr mit einbinden. Die Wegstrecke wird wieder nicht weit und auch unkompliziert sein und es liegen zwischen End- und Anfangspunkt nur wenige hundert Meter, so dass man ein am Anfang abgestelltes Fahrzeug wieder gut erreicht.

Und Wein gibt es diesmal erst am Ende!. Wer will kann gern in gemütlicher Runde nach der Wanderung noch etwas bleiben.

Auch diesmal möchte ich die Gelegenheit nutzen, einen kleinen Rückblick auf unsere fünfte Bauherrenpreiswanderung am 29.04.2022 zu halten. Vielleicht möchten Nichtdabeigewesene, diese einmal nachwandern. Es trafen sich ca. vierzig Interessierte an der Lutherkirche zum Thema Radebeul Ost – „südlich der Meißner Straße“.

Herr Pfarrer Heinze begrüßte die Gruppe vor der Kirche und gab uns Einblicke in das neue Gemeindehaus der Lutherkirchgemeinde. Dafür wurde 2019 die Lutherkirchgemeinde mit dem Bauherrenpreis geehrt.

Gemeindehaus Bild: M. Mitzschke

Dazu gab es auch während der Planungsphase schon einmal eine Veranstaltung des Vereins, in der der Architekt Prof. Knoche aus Leipzig die gedanklichen Ansätze zur Raumfindung, Funktion und Materialität des angedachten Gebäudes vorstellte. Nun konnten wir erleben, wie dies in beeindruckender Qualität Wirklichkeit geworden ist.

Das nächste Ziel war der Karl May Hain, für den die Stadtverwaltung Radebeul 2019 den Bauherrenpreis in der Kategorie „Gärten und Freiflächengestaltung“ erhielt. In guter Symbiose waren der historische und der neue Teil zu erleben. 1932 legte der Karl-May-Verein zu Ehren des Schriftstellers diesen Hain an. 1992 wurde dieser als öffentliche Parkanlage umgestaltet und 2017 / 2018 im Auftrag der Stadtverwaltung Radebeul durch das Büro Rehwaldt Landschaftsarchitekten und den Holzdesigner Alexander Fromme attraktiv aufgewertet und erweitert. Schwerpunkt war die mit der Erneuerung der Wassertechnik verbundene Sanierung der Wasserläufe sowie der Wasserbecken des Silber- und des Herzsees. Wie die fünf Kontinente, über die Karl May schrieb, fließen jetzt nach ca. 50 Jahren wieder fünf Bachläufe. Die Erweiterung der Parkanlage erfolgte in östlicher Richtung in Form eines Spiel- und Erlebnisbereiches für die jüngeren Besucher des Karl-May-Museums. Karl Mays Buchthemen sind für die Kinder lebhaft und plastisch umgesetzt. Vom Silbersee zieht die Karawane in die Wüsten Arabiens, dem Schauplatz der Abenteuer Kara Ben Nemsis.

Weiter ging es zum sanierten Pavillon an der Pestalozzi Schule. Für diesen erhielt die Stadtverwaltung Radebeul 2006 den Preis in der Kategorie „Gärten, Außenanlagen und Freiflächen“.

Der Titel der Wanderung „Radebeul südlich der Meißner Straße“ war von mir natürlich etwas provokativ zu dieser immer mal wieder angeführten Trennlinie Radebeuls gemeint. Es gibt so viele schöne Bereiche Radebeuls, die südlich der Meißner Straße liegen! Auffällig ist aber, dass hier in der Hauptsache die öffentliche Hand Bauherrenpreisträger ist.

Für den Hort der Schillerschule ist auch 2022 ein neuer Preis an die Stadtverwaltung gegangen. Ich begreife dies in Summe als Referenz an die Bemühungen der Stadtverwaltung, diesen Bereich qualitativ aufzuwerten – herzlichen Dank und viel Erfolg für Zukünftiges!

Nächstes Ziel war die Passage Sidonienstraße 2. Dafür gab es 2000 den Sonderpreis für Gestaltung eines städtebaulichen Ensembles an den Bauherren Christoph Dross. Geplant wurde durch die Architekten Frank Mehnert und Udo Scholz.

Gegenüber steht mit dem Bahnhof Radebeul-Ost als Kulturbahnhof der nächste Preisträger. Die Stadtverwaltung erhielt 2002 dafür den Sonderpreis für Gewerbliche Bauten.

Wie schade ist es, dass der Bahnhof in Kötzschenbroda ein ganz anderes Dasein fristet.

Ein paar Schritte waren es nur bis zum Alten Güterboden. Der Bauherr SSB Immobilien GmbH &Co. KG erhielt dafür den Preis 2006 in der Kategorie „Gewerblich/ Öffentliche Bauten“. Geplant wurde das Vorhaben von SAI Scharrer Architekten und Ingenieure.

Alter Güterboden Bild: M. Mitzschke

Bequem durch die Unterführung des Bahnhofes, die neuerdings eine tolle Wandgestaltung hat (Nichteisenbahnfahrern sei eine Besichtigung empfohlen), erreichten wir den Robert-Werner-Platz. Für das Wohnhaus Robert-Werner-Platz 11 erhielt Familie Hagen, die auch selbst plante, 2006 den Preis in der Kategorie „Denkmalpflegerische Instandsetzung“.

Endpunkt der Wanderung war der Robert-Werner-Platz an sich. Hierfür erhielt die Stadt Radebeul 2016 den Preis der Jury und den Publikumspreis in der Kategorie „Freiflächengestaltung“. Die Planung erfolgte durch das Büro Bender Freiraumplanung. Hier ist eine tolle Gestaltung gelungen, die gut angenommen und genutzt wird.

Auf die Frage, wer Robert Werner war, wussten nur wenige der Anwesenden eine Antwort. darum möchte ich auch Ihnen hier ein paar Informationen nicht vorenthalten:

Robert Werner (1862–1932) war Bürgermeister der Stadt Radebeul (1924–1927) sowie vorher bereits Gemeindevorsteher seit 1893. Zudem wurde er mit Ende seiner Bürgermeistertätigkeit zum Ehrenbürger Radebeuls ernannt. Anlässlich seines Todes erfolgte die Widmung des Platzes auf seinen Namen. Wer sich zu Robert Werner weiter informieren möchte, dem sei der Artikel von V&R vom Mai 2010 von Anette Karnatz und Frank Andert empfohlen.

Für den Ausklang wählten wir die vor dem Kulturbahnhof aufgestellten Gartenmöbel, zumal die bei der Weinhandlung Andrich vorgeorderten Gläser und leckeren Weine dorthin ganz schnell zu bringen waren. Eine schöne Gelegenheit, hier im Zentrum einen angenehmen Platz zum Sitzen zu finden. Es ergaben sich noch nette Gespräche.

Falls jemand bei diesem Artikel das erste Mal auf die Bauherrenpreiswanderung stößt, soll noch kurz die Motivation des Vereins zu dieser angerissen werden.

In Zeiten des sich schnell entwickelnden, pulsierenden Baugeschehens in Radebeul wurde der Radebeuler Bauherrenpreis vom Verein für Denkmalpflege und neues Bauen Radebeul e.V. gemeinsam mit der Stadt Radebeul ins Leben gerufen. Von 1997 bis 2011 wurde der Preis jährlich für Neubau, Denkmalpflege und Außenanlagen verliehen. Mittlerweile ist die Intensität des Bauens in der Stadt zurückgegangen und der Preis wird alle 3 Jahre vergeben, zuletzt 2022. Dieser Preis soll ein Element sein, um die Diskussion über Auffassungen zur Baukultur in Radebeul zu fördern und öffentlichkeitswirksam zu machen. Er ist auch von der Hoffnung getragen, Bauherren und Investoren zu erreichen und anzuregen, im Vorfeld über die Wirkung ihrer geplanten Bauwerke in der Stadt nachzudenken. In der Satzung unseres Vereins geht es um den Erhalt des „besonderen Charakters von Radebeul“. Was das ist, diese Diskussion ist nie abgeschlossen. Nur die aktive, stetige Auseinandersetzung mit diesem Thema in der Stadtgesellschaft wird uns diesen ahnen, bewahren und weiter gestalten lassen.

Daraus ist im Verein auch die Idee entstanden, mit einer Bauherrenpreiswanderung, sich die Preisträger vergangener Jahre wieder mal ins Bewusstsein zu rufen und diese erneut zu Fuß in Ruhe und mit offenem Blick zu betrachten und sich darüber auszutauschen. Und auf dem Weg zwischen den Preisträgern ergeben sich auch so manche Ansichten und Einsichten in unseren städtebaulichen Raum, die Gesprächsstoff liefern.

Michael Mitzschke

Editorial

Kennen Sie das auch?

Ohne konkreten Anlass nutzt man kaum die Gelegenheit Orte aufzusuchen, die vielleicht interessant erscheinen, jedoch nicht unbedingt zur ersten Wahl gehören. So erging es mir kürzlich, als ein lieber Freund mich zu einem Tagesausflug nach Halle (Saale) einlud. Schon lange schwärmte er, wie herrlich sich die Stadt rausgemacht habe. Meine Erwartungen hielten sich in Grenzen, hatte sich doch aus den Wendezeiten in mir eine graue Stadt im Zentrum des mitteldeutschen Chemiedreiecks mit öden sozialistischen Blocksiedlungen manifestiert.

Nun sind über 30 Jahre vergangen und die Verblüffung war perfekt. Den zukunftsweisenden Stadtplanern ist durchaus Meisterhaftes gelungen. Der Autoverkehr wurde konsequent aus dem Zentrum verbannt, sodass weite Teile des historischen Stadtkerns als Fußgängerzone erlebbar ist. Und so ist es hier tatsächlich ein Vergnügen sich die Sehenswürdigkeiten zu erlaufen: so u.a. die Moritzburg, das Händelhaus oder Burg Giebichenstein. Das Wahrzeichen der Stadt bildet der große Marktplatz mit dem imposanten Ensemble aus spätgotischer Marienkirche mit ihren vier Türmen und Roten Turm in unmittelbarer Nachbarschaft.

Da Halle im 2. WK nicht flächendeckend zerstört wurde, sind zahlreiche Strukturen und Gebäude aus dem Mittelalter, der Renaissance und Gründerzeit erhalten und heute vorzüglich restauriert. Qualitätsvolle moderne Architektur bereichert die historische Bausubstanz und auch die einstige Bedeutung als Hansestadt ist an vielen Stellen noch gut ablesbar.

Und wer der Stadt überdrüssig ist, findet fußläufig nach wenigen Minuten am grünen Band der Saale Erholung in einer weit ausufernden Naturlandschaft.

Sascha Graedtke

Zum Titelbild Mai 2023

Villa Weinbergstraße 40

Über einen Vorgängerbau ist an dieser Stelle nichts bekannt. Der Dresdner Architekt Oswald Haenel (1842-1911), Semperschüler der 2. Generation, kaufte 1894 das Grundstück am Fuße der Oberlößnitzer Weinberge, entwarf eine

Foto: D. Lohse

stattliche Villa und ließ sie durch die bekannte Serkowitzer Baufirma Gebr. Ziller errichten. Er wohnte von 1895 15 Jahre selbst hier und hatte im Souterrain ein Büro. Danach waren bekannte Eigentümer und Bewohner Frau Amalia Luise Torniamenti (Cafe in Dresden) und später der Arzt und Wissenschaftler Dr. Walter von Boetticher. Die Villa Haenel hatte einige gestalterische Besonderheiten wie einen Eckturm, eine Loggia und Terrasse, reiche Bemalung und plastische Elemente, von inneren Ausgestaltungen ganz abgesehen, die sie über andere Radebeuler Villen heraushebt. Hinzu kommt der Eingangstorbogen (mit Freimaurersymbolen) an der Weinbergstraße sowie die von Boetticher im Garten eingefügte Barockskulptur Fortuna. Über die Zeit hat die Villa nur wenig Veränderungen erfahren und wenn, dann sind diese durch Rückbau und Reparaturen im Sinne von positiven Veränderungen erfolgt. Das ist das Verdienst der Familie Wiedemann, die das Anwesen heute besitzt.

Dietrich Lohse

Natürlich eine Glosse

Theater, Theater…

Neulich hatte mich doch meine Dame überredet, mal wieder mit ins Theater zu gehen. Diese Neigung, wie ich unlängst schon erzählte, hatte ich bereits vor langer, langer Zeit abgelegt. Aber was tut man nicht alles aus Liebe…
Also, habe ich mich in Schale geworfen, Haare gekämmt, Schuhe geputzt und für alle Fälle ein sauberes Taschentuch eingesteckt. In früheren Zeiten habe ich dann auch noch einen ordentlichen Kulturbindfaden umgehängt. Den aber habe ich längst den Alttextilien anvertraut. Selbst zur Wiedereröffnungsfeier der Semperoper konnte mich keiner bewegen, dieses vermeintliche obligatorische Bekleidungsaccessoire anzulegen.
Aber was ich dann 38 Jahre später im sogenannten Kulturtempel „Theater“ zu sehen und zu hören bekam, verschlug mir dann doch die Sprache. Da hatte sich mittlerweile ja mächtig viel verändert! Das ganze Bim-Bam-Borium war nicht mehr wiederzuerkennen! Also…, die Bühne war zwar noch vorn, zumindest meist, neue Sitzreihen hatten sie auch eingebaut und sicher noch vieles Andere erneuert. Als wir aber ankamen, dachte ich, wir hätten uns im Gebäude geirrt. Die Besucher wurden vor Beginn der Vorstellung mit Blasmusik empfangen. Man hatte den Eindruck, eher im Biergarten als im Theater gelandet zu sein. Eine Unterhaltung oder gar Einstimmung auf den verheißungsvollen Abend war so unmöglich. Auch die Leute sahen teilweise aus, als wären sie rein zufällig vom Einkaufen vorbeigekommen. So mancher schien gerade gar von der Couch aufgestanden zu sein, um schnell ein neues Programm einzuschalten oder eine Sendestörung zu beheben. Nach der Pause strebten einige der Besucher bereits in Kutten und Anoraks ihren Sitzplätzen zu, als müssten sie wegen eines dringenden Termins die Vorstellung vor dem Ende verlassen. Sicher gab es auch eine nicht geringe Anzahl „Gestriger“, die von der früher üblichen Kleiderordnung nicht lassen wollten.
Als dann der Schlussapplaus verebbt war, hatte sich das Haus schneller geleert, als bei einem Feueralarm. Eh wir uns versahen, standen wir allein im Foyer und grübelten, was das wohl gewesen sein könnte, was uns da gerade vorgesetzt worden war. Das Ganze machte schon einen etwas merkwürdig hemdsärmlichen Eindruck.
Nun ja, Sitten und Gewohnheiten ändern sich eben im Laufe der Zeit. Die Theaterkarten hatten wir schließlich auch nicht mehr von der FDGB-Tante erhalten. Die müssen heutzutage lange vor dem Termin abgeholt werden. Wer weiß, wenn wir die Kritiken gelesen hätten…? Früher hatte ich keine Probleme zu kapieren, was da auf der Bühne abging. Das ist gegenwärtig schon rein akustisch kaum noch möglich. Auch daran kann man erkennen, wie sich Fernsehfilme und Theateraufführungen angeglichen haben. Ein weiterer Grund das Haus erst gar nicht zu verlassen, wenn man auch im Theater vorgesetzt bekommt, was ich im Fernsehen viel bequemer und vor allem preiswerter erhalten kann. Und dann der Haufen Schnick-Schnack, der immer mit dabei sein muss. Da fahren Videowände hoch und runter, Nebelschwaden hüllen die Zuschauerreihen ein und die werden zu allem Überfluss noch mit Duftstoffen betört wie in Wellness-Stätten des Vorderen Orients. Die Schauspieler müssen nicht mehr spielen das es regnet, da wird eben einfach die Dusche aufgedreht. Vor lauter Rückblenden verlierst du glatt das Zeitgefühl.
Bei den alten Griechen war das hingegen noch ganz klar geregelt. Da spielte der Plot – wie man heutzutage so zu sagen pflegt – immer in der Jetzt-Zeit. Das war eben clever. Für das Gestrige waren die Erzähler zuständig. Ist aber auch schon wieder eine Weile her. Wie soll das noch einer wissen, wo doch eh die Auffassung besteht, was gestern war interessiert mich nicht. Davon sollten eben auch die Alten was lernen. Und die machen das sogar! Nur mir geht das irgendwie gegen den Strich.
Früher, ja früher, als das Theater noch bilden und erziehen sollte, gewissermaßen die Zuchtanstalt der Nation war oder gar wie bei den Griechen Pflichtveranstaltung, da machte die Einrichtung noch einen Sinn. Aber heute…, mitunter der reinste Tingel-Tangel! Wie sagte da immer meine Mutter: Geld verdirbt halt den Charakter. Und wie man eben sehen kann nicht nur diesen. Eines aber habe ich bei dem erneuten Versuch mit diesem professionellen Haus auf alle Fälle gelernt: Theater ist auch nicht mehr das, was es mal war, meint
Euer Motzi

 

Radebeuler Miniaturen

1623 – 2023:
400 Jahre Haus Möbius
V
Haus, zwei Buchstaben und viele Fragen

Einhundertvierzig Jahre lang (in Zahlen: 140, von 1622 bis 1762) sind die in Rede stehenden Weinberge an der Haußgasse mit Haus und Presse also im Besitz der Nachkommen und Erben des weiland „Doktors der Heiligen Schrift Aegidius Strauch“ geblieben. Zehn Jahre später taucht plötzlich ein „Kaufmann Gerber aus Dresden“ in der Besitzerliste auf.
Was war geschehen?

Foto: J. Gerlach

Gab es einen Meteoriteneinschlag, wie beim Ende der Dinosaurier? Waren die aggressiveren Strategen am Werk, wie bei der heute gern postulierten Ablösung der Neandertaler durch die sogenannten „Homo sapiens“? oder hatte der solvente Kaufmann am Ende auch nur eingeheiratet in die alte Familie, ohne diese weiter zu erwähnen?

Foto: J. Gerlach

Wir wissen es nicht.
Die Welt ist voller Geheimnisse, und wer glaubt, eines gelüftet zu haben, steht vor tausend neuen Unsicherheiten. Das einzig Sichere ist der Wein im Glase vor dem Trinken – und das auch nur für die kurze Zeit bis die Hand danach greift.
Wein aber hats gegeben in all den Jahren im Weinberg, und es gibt sichere Anzeichen dafür, daß die Besitzer ihn zu bauen und zu genießen verstanden.
Zunächst: Das „alte Haus“ von 1623 verfügte im Obergeschoß über einen wunderschön ausgemalten „Saal“. Gut, das Wort „Saal“ klingt für die Größe das Raumes (ca. 16m²) etwas unangebracht hochgestochen, allein die Bemalung – floristische Bauernmalerei ganz im Stile der Zeit – rechtfertigt die Bezeichnung dennoch. Leider sind davon unter dicken Kalkschichten nur schemenhafte Spuren mehr zu erahnen als zu erkennen gewesen – jede Zeit hat ihren eigenen Frohsinn, und sie schmückt ihn auf ihre eigene Weise.
Ein bemerkenswertes und in seiner Art einmaliges Loblied auf hiesige Weinkultur ist zu Glück unterm Dach erhalten geblieben:

Wer da rümbt den Vater Rein,
ich lobe einen gutten Kötzschber wein.
Wen gleich ein mensch ist lam und krum
Macht er ihn starck gleich wie simson.
1715 ML

Der den Spruch verfaßte und in schön geschwungener Schrift auf die weiße Giebelwand brachte, wußte jedenfalls, wovon er sprach. Was aber war es, das ihn zu dieser Eloge veranlaßte? War es ein Weinfest, das, wie ich an anderer Stelle erträumte, das Jahr nach erfolgreicher Lese bekrönte? War es das Richtfest für den Anbau? Oder war es gar das Einzugsfest für die Witwe Küffner?
Wir wissen es abermals nicht.
Wir wissen nicht einmal, wer sich hinter den Majuskeln „ML“ verbirgt. Ist es der Winzer, der übers Jahr die Reben pflegt? Ist es ein geheimer Liebhaber der Witwe? Oder ist es eine „graue Eminenz“ im Hintergrund, die überall auftaucht, nur nicht in den Papieren? Immerhin wissen wir von einem weiteren „L“, das nicht weniger Rätsel aufgibt:
Vom „Kaufmann Gerber aus Dresden“ ist weiter oben schon kurz die Rede gewesen. Er erwarb das Anwesen 1772, und unter seiner Herrschaft erhielt das Haus seine endgültige Form. Das geschah nach Ausweis den Schlußsteins über der Toreinfahrt im Jahr 1784. Und über der Jahreszahl findet sich, dauerhaft in Stein gemeißelt, ein großes „L“. Hieß Gerber Ludwig mit Vornamen? Gibt es gar eine Verbindung zu dem geheimnisvollen „ML“ von 1715?
Sicher ist nur, daß 1784 das Dach über dem nun größeren Haus im Ganzen neu gedeckt und es bis 1962 gemeinsam mit dem Donnerkeil vor jedem Wetter schützte. Ob unser Dach wieder 175 Jahre hält?
Darauf sollten wir mal anstoßen…
Thomas Gerlach

Wie bunt ist Coswig wirklich?

Teil 2 des Spazierganges mit Carl Romer durch die Große Kreisstadt Coswig

Angekommen im Interkulturellen Garten (IKG) staunte er über die Vielfalt der gärtnerischen Gestaltung, immer im Einklang mit der Umwelt, stellte er staunend fest. “Dabei wird getreu dem Namen, auch vielen Neubürgern unterschiedlicher nationaler Herkunft, eine sinnvolle Beschäftigung und eigene Versorgung mit Gemüse und Obst geboten!” erläuterte Frau Obst. “Und wer die Quelle auch für sich noch nicht entdeckt hat, der sollte mal vorbeischauen und die Geldbörse nicht vergessen, wenn er die angebotenen Frischeerzeugnisse heimführen möchte.

Foto: Ilona Rau

Förderlich für den Interkulturellen Garten war die langjährige Verpachtung des Bodens durch die Stadt an den Verein!” “Das ist eine gute Investition in die Zukunft”, gab er mir zu verstehen. Frau Obst freute sich sehr über diesen Besuch und führte ihn gleich durch den Garten. “Dies ist unser Garten, hier können alle mitmachen und er hat viele Funktionen. Hier treffen sich Menschen, um in einer fröhlichen Gemeinschaft aktiv zu sein.

Foto: Ilona Rau

Niemand ist allein und die Verantwortung teilen wir auf. Wir haben dies hier zusammen aufgebaut, um Gemüse anzubauen so wie früher und natürlich auch Neues auszuprobieren, immer mit der Natur. Ökologisch nennt man das heute. So haben wir damit auch einen Naturraum geschaffen, der an so vielen Stellen auch in unserer Stadt rar geworden ist. Das wollen wir den Menschen zeigen, damit sie die Natur wertschätzen und sehen, wie man sie in die Gartengestaltung einbinden kann!“ Herr Romer nickte bedächtig und meinte, “das ist toll, wenn hier Coswiger zusammen kommen, aber warum liegen hier riesige Wurzeln und Steinhaufen, räumt ihr das noch weg?” “Nein”, meinte Frau Obst fröhlich, “dies sind Sonnenplätze für Eidechsen, es soll so sein. Und wenn uns Schulkinder besuchen, freuen sie sich total über die Eidechsen, Schmetterlinge und Vögel in unserem Garten! Ende März besuchten uns 50 Schülerinnen und Schüler zweier Schulklassen des Romain-Rolland-Gymnasiums Dresden, einer Klimaschule. Sie pflanzten im Rahmen einer Förderung des Sächsischen Umweltministeriums, wobei der IKG einen Preis von 10.000 € erhielt 500 Sträucher. Es waren alles ökologisch wertvolle Pflanzen- wie Weißdorn, Faulbaum, Eibe, Pfaffenhütchen oder Kornelkirsche, sowie zwei 4 m hohe Eiche gemeinsam mit Coswiger Schülern.

Foto: Ilona Rau

Anwesend war auch der Meteorologe Wilfried Küchler. Er führte die Schülerinnen und Schüler durch den Garten und vermittelte Infos zum Thema Zukunftsbäume, da Trockenstreß und Hitze zunehmen und diese Sträucher und Bäume resilenter sind, auch gegen Schädlinge und Krankheiten.” “Donnerwetter, dies hätte ich alles im Heute von Coswig nicht erwartet. Ihr seid auf dem richtigen Weg”, meinte Herr Romer. “Leider gibt es zur Zeit schon Planungen im Auftrag der Stadt, in denen ein Teil der Flächen des IKG für einen 3,50 m! breiten kombinierten Geh-und Radweg, den sogennanen Grünen Westring”, umgenutzt werden soll. Er soll von der Weinböhlaer Straße zum Stadtzentrum verlaufen.“ “Das ist aber respektlos vor den vielen Aktiven des Gartens. Gibt es denn keine anderen Möglichkeiten für den Radweg, und so breit?” Ideen gibt es schon, aber die Stadtverwaltung hat sie leider nicht aufgegriffen.

Fortsetzung folgt

Eberhard Pröhl/Conny Obst

Quelle /1/ Coswig hat Geschichte von Petra Hamann
Wissenswertes und Amüsantes aus dem Stadtarchiv
NOT schriften-Verlag
Herausgegeben von der Großen Kreissatdt Coswig
1. Auflage 2012 ISBN 978-3-940200-82-2

Der Waldhof auf Dresdner Flur

Herrenhaus des Gutes Waldhof von Süden Foto: D. Lohse

Eine barock anmutende
Sandsteinvase Foto: D. Lohse

„59. Minute, Waldhof Mannheim erhöht auf 2:0 gegen Dynamo Dresden …“, doch Halt, mir scheint, wir sind im falschen Film! Es gibt auch in Radebeul eine Villa in der Paradiesstraße 40, die genauso Waldhof heißt, aber die meine ich heute auch nicht. Waldhöfe gibt es offenbar viele!
Zum Dresdner Waldhof kommt man zu Fuß von der „Baumwiese“ bergauf entlang der Weißen Mauer in etwa 15 Minuten, mit dem Auto kann man ihn über Boxdorf oder den Heidefriedhof in der Waldhofstraße 8 erreichen. Bei meiner Recherche zum Trobischgut nahe der „Baumwiese“ (V&R 06/22) wurde auch der Waldhof als ein Ausläufer des Lößnitzhanges erwähnt und Ende 2022 bin ich dann in die Spur gegangen. Dabei kam mir die Tatsache entgegen, dass sich da eine ehemalige Kommilitonin von mir niedergelassen hatte – mein Dank für die freundliche Unterstützung.
In meiner Kindheit und Jugend endete mein Aktionsradius jedoch an der Entenpfütze vor den Mauern des Waldhofs – da kam man offenbar nicht rein, es sei ein abgesperrtes Kinderheim und schien ein wenig geheimnisumwittert.

Teil der Reihenhaussiedlung von Südwesten Foto: D. Lohse

Die Wende brachte Leerstand, dann setzte auch bald der Verfall ein, es soll auch gebrannt haben und man befürchtete, dass es schließlich ein Fall für die Abrissbirne werden würde. Zunächst schaffte die Firma Eukia Wohn- und Industriebau – Betreuungs- GmbH bis 2000 den Bau einer modernen Reihenhaussiedlung mit 6 Eigenheimen auf der Nordecke des Geländes.

Alte Liegehalle der ehem. Heilanstalt Foto: D. Lohse

Dann kam durch die F&H Bauträger GmbH mit Frank Bertram wieder neue Hoffnung auf: das Anwesen mit den Altgebäuden wurde bis 2014 saniert und ist so trotz aller Schwierigkeiten gerettet, man darf staunen!
Doch was ist der Waldhof, Flurstück 257 der Gemarkung Dresden-Klotzsche, eigentlich? Das Hauptgebäude stammt aus der Barockzeit, ein Schloss aber ist es nicht, vielleicht ein Schlösschen mit Dachreiterturm. Die über die Jahrhunderte wechselnde Nutzung schloss immer auch Land- und Forstwirtschaft ein, also könnte man von einem Gutshof sprechen. Zu Zeiten August des Starken wird an dieser Stelle von Vorwerk gesprochen. Nutzungen in der 1. Hälfte des 20. Jh. weisen dann den Waldhof als Kinder- und Erholungsheim aus, ist es so etwas wie ein Sanatorium gewesen? Ich denke der Begriff Herrenhaus eines Gutshofs ist die Klammer über alle genannten Nutzungen. Man muss sich den Waldhof als ein abseits von bekannten Ortschaften am Rande der Jungen Heide (Teil der Dresdner Heide) gelegenes Gut vorstellen – mal wurde es „Henselersches Gut“, dann wieder „Oesterwitzscher Weinberg“ genannt. Die Wohnhäuser in der Ortslage und auch die Gaststätte „Waldmax“ kamen erst im 20. Jh. dazu. Es gab Bestrebungen seitens der Dörfer Boxdorf und auch Wilschdorf das Gut einzuverleiben, 1950 aber wurde das Areal des Waldhofs dann Dresden zugeordnet.
Die Geschichte des Waldhofs beginnt 1625 als durch Kurfürst Johann Georg I. ein größeres Areal in der Boxdorfer Gegend – „ein steinichter Bergk über der Heyde“ – dem Landvermesser Balthasar Zimmermann übereignet wurde. Die alten Karten von Zimmermann sind auch heute noch bekannt und werden noch zur Forschung herangezogen. Zimmermann wird sich da sicher ein Gebäude als Wohnhaus errichtet haben – dieses ist aber nicht oder nur teilweise mit dem heutigen Hauptgebäude identisch. Jedoch hatte Zimmermann auf einem Teil des größeren Grundstücks bereits einen Weinberg angelegt, der bis zur Reblauskatastrophe (nach 1885) auch von späteren Besitzern noch bewirtschaftet wurde. In geschichtlicher Zeit fanden auch Streitigkeiten zwischen Boxdorf, Wilschdorf und sogar Serkowitz, heute Teil von Radebeul, über die Rechte zur Waldhutung (Rinder und Schweine der Bauern konnten im Wald ihr Futter suchen) und des Laubrechens (Laub aus dem Forst wurde gerecht und als Einstreu für die Ställe verwendet) statt, wo der Waldhof quasi im Zentrum lag und auch beteiligt war.

Unter den Besitzern des Waldhofs finden wir nach dem Sohn Johann Balthasar Zimmermann u.a. Magister, Pfarrer, Steuereintreiber und einen Kammersänger, unter den Bewohnern waren Winzer, Gärtner und ein Förster. Von 1891 bis 1893 gehörte das Anwesen dem Freiherrn von Wegner-Lincker und Lützenwick, Kammerherr von Serkowitz, der es dann an den Dresdner Stukkateur und Bildhauer Peter Henseler verkaufte. Von dem wenig bekannten Bildhauer stehen heute noch vier Arbeiten (in Kunststein) im Park. Zwei andere Objekte – eine barock anmutende große Vase (ca. 2000 privat aufgestellt) und ein steinernes Blumenbukett (2021 von der Eigentümergemeinschaft erworben und aufgestellt) – stammen jedoch nicht von Henseler. 1922 tritt mit Kunstkritikerin Thea Sternheim eine neue Eigentümerin des Waldhofs auf. Sie lebte mit ihrem Mann, dem bekannten expressionistischen Dramatiker Carl Sternheim, hier und ließ Umbauten und Renovierungen vornehmen. Zu der Zeit war der Waldhof regelrecht ein Künstlertreffpunkt. Aber die erste Begeisterung für das Anwesen wich schon bald, Thea Sternheim sprach dann von einer langweiligen Gegend. Im Jahr 1924 erwarb die Sächsische Landesversicherungsanstalt das Areal und errichtete hier eine Erholungsstätte für lungenkranke Kinder. Dafür wurden u.a. zwei hölzerne Liegehallen auf die alten Weinbergterrassen gestellt, von denen heute noch eine existiert. Die Heilstätte wurde straff geführt, hatte einen guten Ruf und viele Kinder konnten nach ca. 100 Tagen geheilt entlassen werden. Nach 1945 bis etwa 1980 wurde im Waldhof ein Kinderwohnheim unter anderer Trägerschaft eingerichtet. Dann folgte ein teilweiser Leerstand, es begann der Verfall der Gebäude und die Verwilderung des Parks.
Anders als bei von mir bisher in V&R vorgestellten Häuserbeschreibungen möchte ich hier nicht alle baulichen Details vorstellen. Erstens führte mich mein Rundgang nicht sehr nahe an die historischen Gebäude – Herrenhaus, ehemalige Wirtschaftsgebäude und Ställe, Brunnenhaus und Schweizerhaus – heran, geschweige denn hinein und zweitens dürfte durch oft wechselnde Nutzungen, Verfall und Sanierung wohl ehemals vorhandener Schmuck an Fassaden und im Inneren nicht mehr so erlebbar sein. Was mich aber beeindrucken konnte, war das Zusammenspiel von älteren Gebäuden in einem großzügig angelegten Park in topografisch bewegtem Gelände mit Übergängen zum Wald, einem kleinen Teich, mit der neuen Wohnzeile – es besteht eine angenehme Weite mit überraschenden Blickbeziehungen. Eine alte Syenitmauer umschließt ohne eine Enge zu erzeugen das 4,2 ha große Anwesen zumindest auf drei Seiten. Früher soll es mehrere Eingänge gegeben haben, heute existieren nur die Haupteinfahrt und Pforte von der Waldhofstraße. Es gibt die auf das Herrenhaus zuführende Allee, Einzelbäume und Baumgruppen und weite Rasenflächen. Wir finden Sitzplätze in Gebäudenähe, aber auch stille Sitzgruppen am Waldrand. Die hier wohnenden Kinder finden ein weites Spiel- und Betätigungsfeld, man könnte sie fast beneiden. Die über das Gelände verstreuten Plastiken, komplett erhalten oder auch nur als Fragment, bereichern die Anlage und erinnern an die Künstler, die hier wohnten oder weilten. Der Park wurde im Wesentlichen von den jetzigen Bewohnern wieder hergestellt, sie teilen sich in die Aufgaben der Park- und Gartenpflege einschließlich des Umfeldes des Waldhofs. Wenn man sich daran erinnert, wie verwildert das Gelände in den 90er Jahren war, so ist heute schon vieles geschafft, anderes noch im Plan. Ein kaputtes Wasserspiel, sozusagen eine Gefällestrecke zum Teich hin mit Kaskaden, ist nur mit viel Phantasie noch zu erkennen, könnte aber vielleicht wieder errichtet werden.
Der Eindruck der Mauer mag suggerieren, dass hier eine „Insel der Privilegierten“ sei, man hat so was auch schon mal in einem französischen Film gesehen. Doch das möchte ich verneinen, denn diese Syenitmauer ist schon sehr alt und das Tor steht meist offen. Ich hatte bei meinem Rundgang bei herbstlichem Sonnenschein wirklich den Eindruck, hier im Waldhof wohnt man gut!
Vielleicht sollte ich mit dem Artikel noch zwei Jahre warten, dann könnte er zum 400-jährigen Jubiläum des Waldhofs erscheinen. Aber, wer sagt mir, ob ich dann noch am Schreiben bin … ?

Dietrich Lohse

»konsequent. minimal.«

Arbeiten von Fritz Peter Schulze in der Hoflößnitz

Foto: Stiftung Hoflößnitz

Die Kunst von Fritz Peter Schulze basiert auf einfachen Elementen, die durch händische Bearbeitung, serielle Kombination und Farbe zu vielfältigen Bildern und Objekten werden. Dieses Herangehen zeigt auch die noch bis zum 29. Mai laufende aktuelle Personalausstellung »konsequent. minimal.« im Weinbaumuseum Hoflößnitz in Radebeul.
Anders als andere Minimalisten verfolgt Schulze einen Ansatz, in dem Spielerisches und vom Material Verursachtes, Zufälliges, ihren Platz haben. Er beruft sich auch nicht auf den Konstruktivismus, wenngleich die elementaren »Bausteine« seiner Kunst auf der Geometrie basieren oder stereometrisch angelegt sind. Oft ist da diese oder jene Abweichung in seinen Werken – besonders gut sichtbar bei den Arbeiten aus Holz. Schulze folgt dem Material – Astlöcher und Krümmungen werden nicht unbedingt eliminiert, ebenso wie Bearbeitungsspuren der Kettensäge. Indem er aber elementare Mittel zur Basis für seine Kunst macht, sie teils seriell gestaltet und dabei geometrische Formen, wenn auch nicht in mathematischer Reinheit, zum Ausgangspunkt wählt, kann man ohne Bedenken von Minimalismus voller Konsequenz sprechen – einem ohne Dogma wohlgemerkt. Und gerade durch letzteres entfalten seine Arbeiten eine besondere Sinnlichkeit, ja Poesie, wozu nicht zuletzt die Farbe beiträgt.
Die Werkschau tippt verschiedene Schaffensbereiche und ­aspekte von Fritz Peter Schulze an. Für sein Interesse an zeitgenössischer Musik und die Zusammenarbeit mit deren Protagonisten steht die in einer Hörstation integrierte Stimmklangcollage von Agnes Ponizil zu Texten und Bildern des Künstlers, konkret dem hier gezeigten Künstlerbuch »wirf deine hand in meinen fuß« von 1996.

Foto: Stiftung Hoflößnitz

Das Material Japanpapier ist einer der Schlüssel für die Annäherung an die aktuelle Präsentation. In einer kleinen Auswahl thematisch unterschiedlicher Blätter wird hier auf eine bedeutsame Werkgruppe verwiesen. Schon früh, ab 1979, entstanden aus gleich großen viereckigen Modulen geometrisch

Foto: Stiftung Hoflößnitz

angelegte Assemblagen und Collagen aus und auf Japanpapier oder Bütten. Farblich waren die Serien zunächst vor allem von Naturtönen geprägt. Mittlerweile zeigen solche Arbeiten auch kräftigere Farbakzente, wenngleich das Naturhafte immer noch eine grundlegende Rolle spielt.
2001 hatte Fritz Peter Schulze die Idee zur Serie »Code«, hinter der eine besondere »farbige« Idee steht. In unterschiedlicher Kombination sind hier schmale Streifen leuchtender Farbigkeit auf den Modulgrund collagiert. Inspiriert wurde Fritz Peter Schulze zu diesen Kunst-Anordnungen von den Barcodes auf unseren Einkäufen. Hieran lässt sich schön nachvollziehen, welche Spuren der Alltag selbst in minimalistischer Kunst hinterlassen kann.
Das reiche plastische Schaffen des Künstlers ist aus Platzgründen nur in kleinen, handlichen Exponaten vertreten. Dazu gehört das Holzrelief »(Paar)Code« von 2010, das zeigt, dass Schulze nicht ohne Witz ist. Entsprechend der »Paarlage« kann man hier farbige Klötzer umstecken und damit neue Konstellationen erzeugen. Auch die beiden großen Schachfiguren »König und Bauer« (1995) unterstreichen das über die Arbeitsweise des gelernten Zimmerers und studierten Holzgestalters bereits Angedeutete.
Gewissermaßen »Auswuchs« des spielerisch-künstlerischen Hantierens mit dem Material sind die sieben ausgestellten Schachspiele aus den Jahren 2001 bis 2010. Auch sie beruhen auf Grundformen wie Kegel und Kubus, teilweise in Kombination miteinander. Dieses Prinzip, mit solchen Formen zu arbeiten, dabei das Material ganz sorgsam zu behandeln, den Dingen dadurch einen durchaus edlen Charakter zu verleihen, erinnert an Traditionen der Klassischen Moderne, etwa des Bauhauses. Mir besonders ans Herz gewachsen ist das aus Porzellan gefertigte Spiel, das Produkt einer 2002 noch möglichen Kooperation von Künstlern mit der Porzellanmanufaktur in Freital. Auch mit den im gleichen Raum gezeigten Papierarbeiten, so den Collagen unter dem Titel »SchemenSpiel« (2018, 2022), unterstreicht der Künstler, dass Spiel und Spielerisches in der Kunst, gerade beim seriellen Arbeiten, einen wichtigen Platz einnehmen.
Schließlich verwundert es nicht, dass die Präsentation eine Verbindung zu ihrem Ort, der Hoflößnitz, sucht. Eine gleichwohl nicht für diesen Rahmen geschaffene Collage von 2012 mit ganz zarten, zeichenhaften Elementen hat Fritz Peter Schulze »Im Weinberg« genannt. Alles in allem macht diese sehr gelungene Ausstellung, wie das Motto verspricht, eine große Stringenz/Konsequenz deutlich und ist zugleich alles andere als blutleer.

Ingrid Koch

(Aus der Rede von Dr. Ingrid Koch zur Ausstellungseröffnung am 26. März 2023)

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