Die Malerin Renate Zürner ist tot

„Sie malte die karge Natur: Blumen, Landschaften und Waldstücke“
Der ganz alltägliche Blick aus dem Fenster war ihr sehr wichtig. Denn er lieferte ihr jede Menge Motive für ihre Malerei.2-portrait-2 So wie bspw. das Warten einer Versammlung ausgedienter alter Möbel auf den Sperrmüllabstransport. Darunter das Gitter eines Kinderbettes, ein ausgedienter Lampenschirm, ein Lattenrost, der zusammengerollte Teppich…! Was für ein Motiv für eine Malerin! Ein Berg Wohlstandsmüll; diszipliniert aufgetürmt und wartend auf die endgültige Zerstörung. Für die am 25. Januar 1930 in Meißen gebürtige Renate Müller war solch ein Motiv ganz alltäglich. Die Alternative zu dieser Tristesse aber lieferten ihr die Blumen; die stolzen Rosen, der violett gefärbte Flieder, die einfältig lächelnden Stiefmütterchen…!
Die Grundlagen für diese Naturverehrung aber waren schon immer in ihr; doch qualifiziert wurden sie erst während ihrer Ausbildunge zur Porzellanmalerin an der Meißner Manufaktur in den Jahren 1946 bis 1951. Von dort führte ihr Weg an die Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst; u.a. zu einer Lehrerin vom Range einer Elisabeth Voigt. 1957 heiratete Renate Müller ihren einstigen Kommilitonen Klaus H. Zürner; zwei Kinder (Gisela – 1960 und Kai – 1963) gingen aus dieser Ehe hervor. 1993 zog die Familie Zürner nach Radebeul; er hatte dort einstigen Zürner’schen Familienbesitz zurückbekommen. Renate Zürner stellte u.a. in der Stadtgalerie Radebeul aus und brachte in ihrer interessant strukturierten Bildsprache eine etwas andere Note in die durch eine reiche Anzahl von hier lebenden Bildenden Künstlern verwöhnte Stadt. Es wäre für Renate Zürner nun ausreichend Gelegenheit gewesen, sich selbst intensiv in diese üppige Kunstlandschaft einzubringen. Doch eine in Ansätzen schon vorhandene Demenz bremste ihren Willen wohl aus. Den Tod ihes Mannes registrierte sie kaum. Sie malte noch, doch nun eher sporadisch.

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»Fensterblick«

In den selten gewordenen Momenten, in denen sie ihre Umwelt wieder einmal wahr nahm. Vor wenigen Tagen nun, am 18. April 2014, starb Renate Zürner. In aller Stille, so wie sie immer auch gelebt hatte.

Wolfgang Zimmermann

„Tag der offenen Gärten“ – zum dritten Mal in Radebeul – am 14. Juni 2014 von 11 – 15 Uhr

verein für denkmalpflege und neues bauen

„Welch großes Glück, im Garten zu sein! Stauden, Gräser und Farne schenken dem Garten eine wundervolle Atmosphäre und geben ihm eine Seele. Beim Gärtnern geht es um Grundgedanken des Lebens: die eigene Vision vom Leben in und mit der Natur.“
Anja Maubach, 2008

Die Idee zur „Offenen Gartenpforte“ hat ihren Ursprung in England Ende der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Im Lauf der folgenden Jahrzehnte entwickelten sich in einigen Staaten Europas und auch in Deutschland Initiativen, bei denen private Gartenbesitzer an einem bestimmten Tag im Jahr für Besucher ihren Garten öffnen. Dies ermöglicht es vielen Menschen, die Vielfalt und Schönheit von Gärten kennen zu lernen sowie Gedanken und Erfahrungen auszutauschen oder sich einfach nur umzuschauen.

In diesem Jahr findet bereits zum dritten Mal der „Tag der offenen Gärten“ in Radebeul statt. Garten – der umgrenzte Raum, ein Stück Erde, für das die Besitzer verantwortlich sind. Was daraus entsteht und wie er genutzt wird, ist meistens auch Ausdruck des gerade herrschenden Zeitgeistes. Heute sind Gärten vor allem Rückzugsorte zum Entspannen, ob bei der Garten“arbeit“ oder in der Hängematte, aber auch Orte des Kinderspiels oder für Treffen mit Familie und Freunden. Bei vielen Menschen spielt heute auch wieder der kulinarische Aspekt eine große Rolle: frische Kräuter, Obst und Gemüse für die eigene Küche, für eine gesunde Ernährung und weil es Freude macht, die Pflanzen beim Wachsen und Reifen zu begleiten und eine reiche Ernte zu erwarten.
Das Organisationsteam hat sich dieses Mal auf Radebeul-West konzentriert, um die Wege kurz zu halten und somit Verkehr zu vermeiden. Lassen Sie also nach Möglichkeit das Auto zu Hause und kommen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß oder mit dem Fahrrad und genießen den Tag bei hoffentlich schönem Wetter.
An der Kreuzung der Winzerstraße mit der Ludwig-Richter-Allee und der Straße Am Bornberge wird es 11 Uhr einen Auftakt zum Gartentag geben. In der Mitte des Platzes befindet sich eine Tafel zur Villenkolonie Altfriedstein. Anschließend stehen Ihnen bis 15 Uhr folgende Gärten offen:

Am Jacobstein 40
Hinter der sanierten Grundstücksmauer erstreckt sich am Fuße des dazugehörigen Weinbergs der weiträumige Garten der Familie Hößelbarth: Vor und neben dem barocken Wohnhaus als repräsentativer Blumen- und Rosengarten mit Rasenflächen, Buchsbaumhecken, Kübelpflanzen und Kieswegen. Hinter dem Haus als Nutzgarten für Gemüse, Kräuter, Kartoffeln und Erdbeeren. Beerensträucher und Obstbäume schaffen den Übergang zum Weinberg.

Käthe-Kollwitz-Straße 25
Das von Familie Schöbel in verwahrlostem Zustand übernommene Grundstück wurde innerhalb von etwa zehn Jahren neu gestaltet. Schwerpunkt der Umgestaltung war eine klare Strukturierung der Funktionsbereiche wie Eingang/Einfahrtsbereich, Vorgarten (Schauseite) an der Käthe-Kollwitz-Straße, Reaktivierung des Steingartens, Spielwiese, Obstgarten, Wohngarten und ein Gartenteil zur Erzeugung von Gemüse und Beerenobst.
Obere Bergstraße 57
Von der Straße aus gesehen, mit herrlichem Blick übers Elbtal, liegt der von Frau Nowotnik nach einem historischen Foto liebevoll rekonstruierte Garten wie ein Teppich vor dem Betrachter. Schmale Sandwege führen durch den garten, begleitet von Buchsbaumhecken, die die reichhaltig bepflanzten Beete säumen. Bäume und Sträucher an den Rändern grenzen den Garten ab und beherbergen kleine Sitzbereiche.

Winzerstraße 67
Durch das blaue Tor kommend gelangt man in den vom Haupthaus und einem Ferienhaus mit Wintergarten gerahmten Garten von Frau Osterkamp. Die Bepflanzung der Beete ist üppig mit Stauden, Kräutern und weiteren Ziersträuchern. Zwei stattliche Bäume, ein Weinstock und Glyzinien überspannen Teile des Gartens und der Terrasse und spenden Schatten. Reich bepflanzte Terrakottatöpfe schmücken die Terrasse und vermitteln ein mediterranes Flair.

Winzerstraße 43
Familie Rudloff verfolgte bei der Neugestaltung des Gartens der denkmalgeschützten Villa das Ziel, das Landhausflair zu erhalten. Behutsam wurden Relikte der alten Gartenanlage herausgearbeitet. Der von einer Syenitmauer umgebene Garten lebt durch seinen Gehölzbestand, die Verwendung von alten Wegematerialien und die höhergestuften Stauden- und Strauchpflanzungen um zwei raumbindende Rasenflächen.

Lageplan

Thomas Gerlach

Interview mit Karen Koschnick und Dieter Beirich

Zur Ausstellung „Begegnung“ in der Radebeuler Stadtgalerie

Karen, Dieter, fangen wir mit einer provokanten Frage an. Was veranlasst einen 79-jährigen und eine 34-jährige gemeinsam auszustellen?

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Dieter Beirich und Karen Koschnick, zwei Maler

Karen Koschnick: Die Idee kam von der Radebeuler Galerie. Per Mail wurde angefragt, ob ich mir vorstellen könnte, gemeinsam mit Dieter Beirich auszustellen. Das fand ich ganz spannend, denn ich war ja acht Jahre lang in seinem Mal- und Zeichenzirkel.
Dieter Beirich: Wir waren mal Nachbarn in Radebeul-Ost. Dort konnte ich manchmal ein kleines Schulmädchen die Gellertstraße herunterlaufen sehen, wenn ich auf unserer Terrasse saß. Später kam dieses Mädchen auf Empfehlung ihrer Kunsterzieherin zu mir in den Zirkel. Das Erstaunliche war, dass sie sofort von sich aus anfing zu zeichnen. Als der Vorschlag kam, gemeinsam mit ihr auszustellen, war ich sofort dafür. Ich war gespannt, wie das zusammengeht, ein Alter mit einer Jungen. Einen künstlerischen Gegensatz gibt es nicht, wenn es um Grundsätzliches geht.

Wie ist das nach 16 Jahren wieder zusammenzutreffen?

Karen Koschnick: Es hat sich nichts verändert. So ganz haben wir uns ja auch nie aus den Augen verloren. Besonders wichtig war mir, dass man noch mal eine gemeinsame Zeit hat, um miteinander an etwas zu arbeiten.

Mit welchen drei Worten würdet ihr beschreiben, was euch als Künstler wichtig ist?

Karen Koschnick: Farbe – Form – Raum
Dieter Beirich: Malen – Malen – Malen

Beim flüchtigen Blick auf die Ausstellung könnte man auf den Gedanken kommen, dass die Natur ein verbindendes Element zwischen euch Beiden ist. Deine Berg- und Waldbilder, Dieter, drücken Naturstimmungen mit einem hohen Grad der Abstraktion aus.

Dieter Beirich: Was ich ausdrücken will, sind eher innere Stimmungen, die bis in die Kindheit zurückgehen. Entscheidend ist, was ich über die Natur denke und fühle. Die Darstellung des Raumes ist keine Frage der Darstellung von Perspektive, sondern immer der Versuch gefühlsmäßige, persönliche und philosophische Sichten auszudrücken. Ich weiß vorher nicht wie ein Bild aussehen wird. Im Vorfeld entstehen viele kleine Skizzen. Die Skizzen ahnen voraus, was ich später machen werde. Der alte Maler Fraaß sagte immer: Werft nicht alle Skizzen weg, nur weil sie euch nicht gefallen!

Deine Bilder, Karen, haben einen relativ strengen Aufbau. Verspürst du in deinem Schaffen eine gewisse Affinität zur Architektur?

Karen Koschnick: Ja, ich baue meine Bilder. Aber Stimmungen sind für mich der Ausgangspunkt und damit auch sehr wichtig. Viele der Arbeiten entstehen vor Ort. Ich warte mitunter längere Zeit, bis sich eine bestimmte Stimmung einstellt. 2007 bin ich jeden Morgen immer zur selben Zeit an eine bestimmte Stelle gegangen. Das Landschaftsbild „Orange“ ist so eine Stimmung, die ich 2013 in Korea am Meer erlebt habe. Dabei kommt mir die Siebdrucktechnik sehr entgegen. Ich kann sowohl ganz feine Linien zeichnen als auch intensive Farbakzente setzen.

 

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Karen Koschnick: »Zypressen in Griechenland«, 2014, Öl auf Leinwand

Was ist es, was euch zur Auseinandersetzung mit bestimmten Themen zwingt – oder anders gefragt, was treibt euch künstlerisch an?

Dieter Beirich: Ich war in den letzten Jahrzehnten viel in den Bergen. Auf der Höhe ist man frei. Es gibt Dinge, die sind religiös, obwohl ich nicht religiös bin. Ab 1980 hat mich der Zerfall der DDR sehr bewegt. Das Malen in der Natur war so etwas wie Flucht.
Karen Koschnick: Es geht mir darum, etwas zu begreifen, etwas mit den Händen zu tun, um über das Tun etwas zu verstehen. Es ist eine ständige Auseinandersetzung mit dem, was mich umgibt.

Wie muss man sich eigentlich den künstlerischen Schaffensprozess vorstellen? Früher haftete dem häufig ein romantisch verklärter Mythos an.

Dieter Beirich: Diese Frage möchte ich mit einem tibetischen Spruch beantworten, der auch auf unserer Einladungskarte steht: „Der Weg ist das Salz deiner Reise – nicht das Ziel.“ Zu DDR-Zeiten war das Ziel wichtiger als der Weg. Da gab es diese Losung von Lenin „Die Kunst gehört dem Volke“. Ich erschrecke manchmal vor meinen eigenen Arbeiten aus dieser Zeit. Zum Beispiel dachte ich bei einem Bild, auf dem ein Wismutkumpel dargestellt war, ziemlich empört, dass hat doch jemand übermalt, dann habe ich es mit einem alten Foto verglichen und tatsächlich, es war von mir.
Karen Koschnick: Meine Generation denkt sehr pragmatisch. Zur Wende war ich zehn Jahre alt. Alles veränderte sich, viele Menschen haben sich innerhalb kürzester Zeit um 180 Grad gedreht, die Eltern waren mit sich beschäftigt, die Mitschüler fehlten plötzlich samstags in der Schule, alles begann sich aufzulösen. Meine Generation hat keine starren Ideale, keine gesellschaftlichen Visionen. Jeder kämpft für sich. Möglichkeiten bzw. Chancen, die sich bieten werden genutzt.

Wenn man deine Vita anschaut, Karen, hat man den Eindruck, du bist permanent in Ausbildung.

Karen Koschnick: Ich wollte nie nur bei einer Person studieren. Nach Dieter Beirich gehörten an der Dresdner Kunsthochschule Günther Hornig, Siegfried Klotz, Elke Hopfe, Wolfram Hänsch und Hans Peter Adamski zu meinen Lehrern. Zwischendurch war ich Gaststudentin an der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee bei Manfred Zoller und Hanns Schimansky. Nach dem Diplom machte ich ein Begleitstudium zu Regionalwissenschaften Lateinamerikas, studierte zwei Semester Biologie, war zum Studienaufenthalt in den USA und an der Staatsoper Hamburg Bühnen- und Regieassistentin. Als ich nach vier Jahren wieder an die Dresdner Hochschule zum Meisterstudium bei Elke Hopfe zurückkehrte, war alles ganz anders, die „Malschweine“ waren plötzlich weg. Schade eigentlich, dass gehörte doch zur Tradition dieser Schule. Was meine Ausbildung anbelangt, habe ich in diesem Jahr mit einem Promotionsstudium an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg begonnen.

Dieter, bei dir hat man den Eindruck dass du in das Innere eindringen willst und davon wiederum nur das Wesentliche wiedergibst. Dazu braucht es den Blick nach außen nicht. Ist dir der Austausch dennoch wichtig?

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Dieter Beirich: »Weisser Abendberg«, 2012, Mischtechnik

Dieter Beirich: Sonst würde ich nicht mit Freude diese Ausstellung mit Karen Koschnick machen. In letzter Zeit habe ich u.a. gemeinsam mit Sophie Cau und Peter Graf ausgestellt. Kunstreisen sind auch sehr anregend, liefern Malerinformationen. Originale von Rembrandt, Goya oder Cezannes zu sehen, das ist mir wichtig.

Karen, du stellst u.a. in Strasbourg, Ohio und Hamburg aus. Ist die Ausstellung in der Radebeuler Stadtgalerie als Abstieg in die Drittklassigkeit zu verstehen?

Karen Koschnick: Jede Ausstellung hat ihren Wert für sich. Seit 2006 beteilige ich mich an den Gemeinschaftsausstellungen der Stadtgalerie. Die Verbundenheit mit Radebeul ist mir wichtig. Hier bin ich aufgewachsen und hier habe ich eine Siebdruckwerkstatt. Die Lößnitz ist eine natursatte Gegend und für Maler sehr anregend. Mein Malatelier befindet sich in Berlin. Diese Stadt ist ein wenig chaotisch und hat wiederum einen ganz anderen Reiz. Es gibt mir größere gesellschaftliche Freiheiten. Angenehm finde ich auch, dass es vielen Berlinern wirtschaftlich zwar nicht so besonders gut geht, aber sie kaum jammern.
Dieter Beirich: Die Radebeuler Galerie ist nicht drittklassig. Wir Künstler haben damals sehr darum gekämpft, dass es diese Galerie überhaupt gibt und ich bin glücklich darüber, dass sie immer noch existiert.

Karen, das Thema „Tod“ hat dich viele Jahre beschäftigt, insbesondere die Gräberarchitektur. Ein großes Gemälde ist in der Ausstellung zu sehen.

Karen Koschnick: Dass ich Friedhofsbilder male, ist dem Umstand geschuldet, dass ich einen Ort gesucht habe, an dem ich ungestört im Freien arbeiten kann. Der jüdische Friedhof in Berlin war damals noch sehr still und verwunschen. Er wirkte auf mich wie eine Stadt mit Straßen und Häusern. Was zunächst ganz pragmatische Gründe hatte, wurde später zu einer intensiven Auseinandersetzung. Mit meiner Doktorarbeit „Totenstätte und Städteleben“ greife ich diese Thematik noch einmal auf und vertiefe sie. Da die Entwicklung von Stadt und Friedhof Parallelen aufweist. Wir kopieren unser Weltbild und projizieren es aufs Totenreich. In Deutschland wird mir häufig die Frage gestellt, wie können sie sich als junge Frau mit Friedhöfen beschäftigen? In Amerika hat das niemand gefragt. Obwohl es sich dabei doch um ein klassisches, immer gültiges Thema handelt. Aber als Künstler ist man sich schon im Klaren, dass man nur einen kleinen Kreis anspricht.
2013 habe ich ein Friedhofsbild an eine Sammlerin verkauft. Es hängt in ihrem Wohnzimmer und ich hatte den Eindruck, dass sich die Besitzerin sehr stark damit identifiziert.

Dieter, es fällt auf, dass du häufig mit der Farbe schwarz arbeitest. In der Ausstellung gibt es sogar ein komplett schwarzes Bild. Steckt dahinter eine bestimmte Absicht?

Dieter Beirich: Es gab eine Zeit, da wurden meine Bilder immer dunkler. Man fragte mich: Warum malst du so dunkle Bilder, der Sozialismus ist doch nicht so?! Ich sagte darauf, dass es mein innerer Zustand ist. Der Zerfall einer scheinbar idealen Gesellschaft fand auch in mir statt. Aber auch die Erinnerungen an die Kindheit verbinden sich für mich mit Dunkelheit aus der einzelne Gegenstände wie Symbole farbig aufleuchten. Die Installation mit dem Rinderschädel, der von zwei quadratischen Bildern flankiert wird, habe ich „Langenhennersdorfer Stilleben oder das karge Jahr 46“ genannt. Und dann ist da noch jenes schwarze Bild, welches ich in dieser Ausstellung hängt. Es entstand 2007 in Erinnerung an eine Irlandreise. Dort hatte ich die Burren (Irischer Nationalpark) gesehen als gerade die Sonne schien und die zerklüftete Steinlandschaft wirkte schwarz. Das Bild mit dem reliefartigen Farbauftrag drückt Schwermut aus, was mit dem Wissen um die irische Geschichte zusammenhängt. Die goldfarbene Fassung soll die Kostbarkeit unterstreichen.

Wie haltet ihr euch als Berufskünstler über Wasser?

Dieter Beirich: Zu DDR-Zeiten hatte ich das Bedürfnis sowohl als Künstler als auch als Pädagoge zu arbeiten, was sich natürlich nicht immer miteinander vereinbaren ließ. Künstlerisch frei und unbeschwert arbeiten kann ich erst, seitdem ich Rentner bin. Ich male nicht, um zu verkaufen!
Karen Koschnick: Um das notwendige Geld für meinen Lebensunterhalt zu verdienen, arbeite ich auf Messen und in der Gastronomie. Ich bin zuversichtlich, dass sich immer wieder etwas ergibt, dass es immer irgendwie weitergeht. Aber viele Künstler verlieren sich auch im Geldverdienen und es fehlt dann an der notwendigen Energie für die künstlerische Arbeit. Im Vergleich mit Gleichaltrigen, die in Festanstellungen Karriere machen, fühlt man sich als freischaffender Künstler sozial manchmal schon ziemlich ausgeschlossen.

Was sind eure aktuellen Pläne?

Karen Koschnick: Ab 20. Mai bin ich für zwei Monate in Gangneung in Korea. Ich hatte mich dort um ein Privatstipendium beworben. Für einen Skulpturenpark werde ich zum Thema „Die Berge im Meer und das Meer in den Bergen“ Objekte gestalten. Erste Tests wurden bereits gestartet.
Dieter Beirich: Malen! Malen! Malen!

Welche Voraussetzungen sind notwendig, damit sich Künstler in einer Stadt ansiedeln?

Dieter Beirich: Die Vertreter aus Politik und Verwaltung als auch unsere Mitmenschen sollten sich aufgeschlossen dafür interessieren, was in den Bereichen Kunst und Kultur passiert.
Karen Koschnick: Junge Künstler gehen dorthin, wo es Möglichkeiten zur künstlerischen Betätigung und zum Austausch gibt. Dafür muss es erschwingliche Atelier-, Werkstatt-, Wohn- und Ausstellungsräume geben. Vor allem unsanierte Räume, die gerade für Künstler von großem Reiz sind, werden knapp. Stadtplaner sollten Mut zur Brache zeigen und für kommende Generationen Gestaltungsspielräume offen lassen.

Das Interview führten Karin (Gerhardt) Baum und Karl Uwe Baum.

Die Ausstellung wird bis zum 29. Juni 2014 gezeigt. Die Eröffnungsrede der Meißner Künstlerin Else Gold liegt in der Galerie aus. Ein Galeriegespräch mit Dieter Beirich findet am 13. Juni um 19.30 Uhr statt.

Editorial Juni 2014

Zwischen Bahnhofskultur und Kulturbahnhof
Vieles hat sich in den letzten Jahren an den Radebeuler Bahnhöfen getan. Der westliche Haltepunkt nennt sich in traditionsreicher Anknüpfung gar wieder »Radebeul-Kötzschenbroda«. Deutschlandweite Berühmtheit erlangte er nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges bei all jenen Reisenden, die nach Dresden fuhren und im Großraum Dresden hier ihre letzte Ausstiegsstelle fanden. Heute hingegen hält, abgesehen vom Regionalverkehr der S1, kein Zug mehr hier.  Nunmehr »bahnsteiglos« rauschen die Fernzüge durch die Lößnitzstadt. Noch bleibt die große Frage an die Radebeuler Bürgerschaft, welcher sinnstiftenden Nutzung man dem seiner ürsprünglichen Bestimmung enthobenen Gebäudes künftig zuführen kann.
Im östlichen Stadtteil ist mit der Sanierung des Bahnhofsgebäudes im Dreigestirn von Bibliothek, Volkshochschule und Kulturbahnhof eine sinnvolle und tragfähige Lösung gefunden worden. Hält hier zwar auch kein Fernzug mehr, so verströmt der Bahnhof  in Anbindung an die historische Traditionsbahn (Bimmelbahn) in Ansätzen noch den Nimbus der »guten alten Zeit«. Der streng gefasste Rasen der Kulturterrassen lädt derzeit nur bedingt  zum Verweilen ein. Neuerlich wird die Mitteltreppe von übermannshohen, kronleuchterähnlichen Blumenschalen flankiert. Mit diesen grünenden Inseln sollte nicht die Hoffnung verloren gehen, dass nach vielen Monaten nun auch der Fahrstuhl endlich in Betrieb kommt. Denn solange ist für reisungswillige Rollstuhlfahrer hier Endstation. Schließlich soll der kleine Haltepunkt »Radebeul-Weintraube« in der »Stadtmitte« nicht unerwähnt bleiben. Ein kreativer Heimatfreund hat am Zugangsschild zum Bahnhof vor längerer Zeit (inzwischen entfernt) die geklebte Buchstabenfolge »Weintraube« in »ein Traum« verwandelt. Dieses zweifellos ordnungsamtliche Vergehen hat sicher bei nicht wenigen Vorüberfahrenden für ein zustimmendes Schmunzeln gesorgt.

Sascha Graedtke

Zum Titelbild Mai 2014

„Hol`s der Geier“ – Dieses gesellige Kartenspiel vom Ravensburger Spieleverlag hatte Lieselotte Finke-Poser, die Schöpferin der Zeichnung des Titelbildes, zu jener Zeit noch nicht gekannt. Welche Bedrohung von einem Redner ausgehen kann, wusste sie allerdings nur allzu gut. Die Zeichnung mit dem Geier am Rednerpult gehört zu einer Serie von Skizzenblättern, welche von Ende der 1940er bis Anfang der 1950er Jahre entstanden sind als die Ideologien regelrecht aufeinander prallten. Kaum war das „tausendjährige Reich“ zusammengebrochen, machten sich schon wieder neue Demagogen ans Werk, um die Meinung der Andersdenkenden zu unterdrücken. Für die junge Kunststudentin, die sich in der Jungen Gemeinde engagierte, bedeutete das Exmatrikulation. Ihren eigenen Weg ging sie trotzdem unbeirrt. Die Skepsis gegenüber Rednern, die keine Gegenrede dulden, hat sie bis heute beibehalten. Vor allem von einem Geier, der fast freundlich, aber scharfen Auges in sein Publikum schaut, sollte man sich nicht täuschen lassen. Selbst wenn er mit „geölter Zunge“ spricht, bleibt er ein Raubtier auf Beutezug. Hol`s der Geier!

Karin (Gerhardt) Baum

Bismarck und die deutsche Kultur

Unter diesem Thema stand am 1. April, dem Geburtstag des ersten Reichskanzlers, ein Festvortrag von Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll, Professor für Europäische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts an der Technischen Universität Chemnitz (Kroll ist Präsident der Werner-Bergengruen-Gesellschaft, Vorsitzender der Preußischen Historischen Kommission sowie Mitglied des Wissenschaftlichen Beraterkreises der Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Integration und zudem Beiratsmitglied renommierter historischer Forschungseinrichtungen wie dem Institut für Zeitgeschichte München und dem Deutschen Historischen Institut Warschau). Der mit großem Interesse aufgenommene und diskutierte Vortrag wurde im Rahmen des zweiten öffentlichen Spendenessens (im Vorjahr sprach Dr. Ulf Morgenstern) des Vereins zugunsten des Treppenbauvorhabens im Bismarckturm gehalten Mehr »

Klingendes Inseldrama, auch ohne Leitfaden herrlich

Ariadne auf Naxos von Strauss / Hoffmansthal an den Landesbühnen

Opera seria oder Lustspiel? Diese Frage sollte sich nicht ernsthaft auf einer Bühne stellen, es sei denn, der Librettist will es so. Ein willkommener Ansatz für jeweils aktuelle Umarbeitungen wie diese von Annette Jahns.

Ganz offensichtlich hat dies dem gesamten Opernensemble der Landesbühnen großen Spaß gemacht, Intendant und Schauspieldirektor eingeschlossen, Szenografin Ulrike Kunze sowieso. Bei dieser Inszenierung stand die akribische Umsetzung des antiken Stoffes, tiefgründig ins Verhältnis gesetzt mit dem Ernst des Lebens heute, dem Versuch, es leicht zu nehmen, gegenüber. Mehr »

Editorial Mai 2014

Ende Mai finden die nunmehr 23. Karl-May-Festtage unter dem Zeichen “Indian Spirit” statt.
Bis in die Gegenwart hinein wird das reiche spirituelle Erbe der indianischen Völker bewahrt und von Generation zu Generation weitergegeben.
Vertreter der Oneida Indian Nation aus den USA vermitteln mit Liedern, Tänzen, Spielen und Geschichten einen Einblick in die Vielfalt spiritueller Traditionen. Ray Halbritter, der oberste Repräsentant der Oneidas und zugleich zum zweiten Mal in Folge Schirmherr der Festtage, wird mit den Häuptlingen Dale Rood (Turtle Clan) und Chuck Fougnier (Wolf Clan) von eigenen spirituellen Erfahrungen berichten. Gemeinsam sprechen sie über den Stellenwert, den die Spiritualität der amerikanischen Ureinwohner in der heutigen Zeit einnimmt. Dabei wird auch an den aktuellen Konflikt zur Rückforderung eines Häuptlings-Skalpes zwischen dem Karl-May-Museum und dem Stamm der Chippewa Indianer angeknüpft.
Doch auch Abenteuer und Spannung dürfen während der Festtage natürlich nicht zu kurz kommen. In zahlreichen Westerncamps erwacht der Wilde Westen wieder zum Leben. Cowboys liefern sich Raufereien, Outlaws begehen Zugüberfälle, Pistolenschüsse donnern und Pulverdampf liegt in der Luft. Bei erstklassiger Countrymusik und Line Dance Shows wird ausgelassen gefeiert und getanzt.
Besonders für Kinder gibt es jede Menge Spannendes zu entdecken und zu erleben. Bei Westernspielen, Kletterabenteuern, Eselreiten, Goldschürfen und Lagerfeuer sind Abenteuer garantiert.
Ein jährlicher Höhepunkt ist die große Sternreiterparade am Sonntag auf der Meißner Straße am Weißen Roß. Feiern wir also mit raubeingen Cowboys und staunen über die neue Welt, die wir betreten, erweitern aber zugleich unseren Geist und unsere Sinne für die spirituellen Besonderheiten der amerikanischen Ureinwohner.

Ina Hantschke

Empört Euch! (Oder lieber doch nicht?)

Zur Premiere von „Frank der Fünfte“ an den Landesbühnen Sachsen am 19./20. April 2014

Binnen eines guten Jahres hat das Schauspiel der Landesbühnen Sachsen drei Stücke auf die Bühne gebracht, die vor dem Hintergrund der so genannten „Bankenkrise“ und des nachfolgenden Zusammenbruchs von einst für stabil gehaltenen sozioökonomischen Systemen in Europa von Irland bis Griechenland (wieder) aktuell sind. Was mit einem ganz neuen Stück des Spaniers Sergi Belbel und einen Blick auf den Absturz der vermeintlich materiell abgesicherten Mittelschicht im März 2013 begann Mehr »

„Ich wollte doch nur witzig sein!“ –

Premiere der schrillen französischen Komödie „Der Vorname“ an den Landesbühnen Sachsen

 
Manchmal sagt eine Wohnungseinrichtung sehr viel über deren Bewohner aus. Bei Elisabeth und Pierre Garaud aber scheint so eine Zuordnung schwierig. Oder anders gesagt, jeder der beiden hat seins dazu getan. In einer mit Wissen (Bücher; CD’s etc.) vollgestopften und dennoch ausgesprochen gemütlich wirkenden guten Stube (Ausstattung: Stefan Wiel) erwarten Hausherrin Elisabeth (Sophie Lüpfert) und Hausherr Pierre (Michael Berndt) ihre Gäste zum gemeinsamen Abendessen. Mehr »

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