Zum 4. Mal X-JAZZ in Radebeul –

ein Stimmungsbericht

Mitten im heißesten Juni der Wetteraufzeichnungsgeschichte konnte man zum nunmehr 4. Mal die heiße X-JAZZ Edition Radebeul erleben.

Dynamite-booking unter Federführung Björn Reinemers organisierte ein wunderbares 3-tägiges Festival mit Künstlern von jüngstem Nachwuchs bis zu berühmten Altmeistern des Jazz.

»Schirmherr« Günter Baby Sommer in der Lutherkirche
Foto: U. Kunze


Es begann am Freitag wie immer in der gastfreundlichen Lutherkirche unter Schirm(in wahrsten Sinne des Wortes)-Herrschaft von Günter Baby Sommer mit einem ungewöhnlichen Quintett der „Quintravers“. 5 Musikerinnen mit 5 Querflöten ließen den Raum auf magische Weise mit viel Witz und Tiefsinn musikalisch erleben.

Der zweite Teil des Abends war der erste Höhepunkt des Festivals mit der Kombination vom dänischen Jazzmusiker Jesper Løvdal und dem Gitarrengenie Uwe Kropinski ( die taz, berlin schreibt über ihn: „Kropinski ist kein Gitarrist, der Mann ist eine Gitarre!“).

Es waren wahre Inszenierungen die da stattfanden und ich wünschte mir an manchem Theaterabend eine ähnliche Spannung! Leider war das wohl zu wenigen Menschen bewusst – es hätte rammelvoll sein müssen!

Schnappschuss
Foto: U. Kunze


Der Sonnabend im Weingut Aust, immer mit bangem Blick auf die Wetterapp erwartet, hatte die Sonne in diesem Jahr die gesamten Hundstage eines Augusts schon im Juni über die Lößnitz geworfen. Und keinem konnte man ein X für ein U vormachen. Es war ein wunderbarer Nachmittag und Abend. Das Konzept mit den zwei Bühnen und den etwa halbstündigen Sessions der verschiedenen Bands bewährte sich und auch die leibliche Versorgung war auch sehr gut organisiert und schmackhaft.

Das Horst Hansen Trio, das Arne Jansen Trio, Kristin Amparo im Duo mit voller bekannter Stimme, aber dieses Mal mit vielen leisen Zwischentönen, Nouk mit der Sängerin Anna-Lucia Rupp mit lautmalerisch-verführerischen Klangwelten, das SKlation Trio—sehr junge dynamische experimentelle Musik – z.T. noch Gymnasiasten – die sich in den Unterricht von GBS geschlichen hatten und die er mit Aufmerksamkeit verfolgt.

Auffallend: es waren alles hinreißende Sängerinnen (nicht mit Gender * ) – dieses Jahr insgesamt eine eher nachdenklich harmonische Grundstimmung – wie ein flirrender Sommertag.

Eine Sängerin ist sie ja auch, aber schon eher ein Gesamtkunstwerk- Anna Mateur & The Beuys hatte am Abend ihre ergänzende „Gegenveranstaltung“ auf der Hauptbühne der Landesbühnen Sachsen.

Hinweisen möchte ich unbedingt auf die Möglichkeit, dem neuen Radebeuler Kultur e.V.

als Mitglied, Förderer oder Sponsor beizutreten. Es wurden beim Festival Flyer verteilt und es wird in einem der nächsten Hefte ein Artikel darüber erscheinen oder ist auf der Webseite zu erkunden.

»Anna Mateur« begeisterte in den Landesbühnen Sachsen
Foto: U. Kunze


Am Ende des Abends im Weingut Aust gab es eine Lesung von Micha Heuser, der als Schauspieler der Landesbühnen Sachsen schon viele Lesungen selbst konzipiert hatte und Tom Wlaschiha (International bekannt durch die Rolle des Jaqen H’ghar in der Fernsehserie Game of Thrones.)

Am Sonntag gab es im Kulturbahnhof ein kostenfreies Nachmittagskonzert des Richard Ebert Quintetts und als Abschluss der Höhepunkt im Weingut Haus Steinbach mit dem Trio Urknall. JAZZ und Wein, auch hier eine hervorragende Kombination!

Die Initiatoren: Hannes Fröhlich, Björn Reinemer, Jean Paul Mendelsohn (v.l.n.r.)
Foto: U. Kunze


Der Schirmherr hatte – und brauchte auch – keinen Schirm, aber an seiner Seite zwei Vollblutmusiker: Micha Winkler bläst und witzelt auf Posaune,Tuba und Didgeridoo und Thomas Morgenstern kann sogar Baby Sommer wehmütig auf die Zeit des ungeliebten „Quetschkommode üben müssen“ blicken lassen: „Ach hätte ich nur weiter geübt.“ sinnierte er in Hochachtung vor seinem Musikerkollegen.

Aber unbestritten können wir alle froh sein, dass er sich „dem Trommeln“ verschrieben hat, denn er bringt wirklich alles zum Klingen und fasziniert schaut und hört man der Intensität, dem Humor und auch der strengen disziplinierten Rhythmusmaschine zu.

Ein herrliches Wochenende, ein großes Dankeschön an das Team und große Vorfreude aufs nächste Jahr vom 5.-7. Juni 2020.

Ulrike Kunze

Fotonachweis:

Foto 1,2,3 Ulrike Kunze
Foto 4 Gabriele Reinemer
Foto 5,6 Richard Ritzkowski

Bacchus TONangebend

Zur Ausstellungseröffnung am 21. Juni in der Hoflößnitz

Er ist jung und schön.

Er trägt Weinlaub um die Schultern und Efeu im Haar.

Er ist trunken von der Liebe schöner Frauen und vom Wein.

Er liebt den Gesang und er liebt das Leben.

Er läßt längst abgestorbene Äste ergrünen.

Er treibt die Blätter auf die Bäume und die Trauben in die Kelter.

Er füllt den Becher Tag um Tag:

Bacchus, der lärmende, efeubekränzte leuchtende Sohn des Zeus und der Semele,

Bacchus, der Gott, der trotz Glyphosat, trotz Flächenversiegelung, trotz Flammenwerfereinsatzes gegen Grashalme und ungezählter anderer menschlicher Unsinnigkeiten dem Leben die Kraft gibt, Jahr um Jahr neu zu erblühen,

Bacchus, der Gott, der den Ton angibt;

Nimmer wird man seiner vergessen, wenn süße Gesänge erklingen.

Es liegt Begeisterung in der Luft, Überschwang, wo auch immer von ihm die Rede ist. Auch Ines Hoferick, die Keramikerin, fand ihn tonangebend, als sie begann, sich auf ihre Ausstellung hier im Berg- und Lusthaus Hoflößnitz vorzubereiten.

Das war ein Wagnis.

Ines Hoferick mit »Bacchantin«
Foto: I. Meffert (Rechte Stiftung Hoflößnitz)


Wer sie kennt – und wer kennt sie nicht –, kennt sie selbst als tonangebend. Seit fünfundzwanzig Jahren ist ihr Studio mehrmals in der Woche angefüllt mit lachenden, heiteren Menschen – überwiegend Frauen – die unter den wachen Blicken ihrer großen dunklen Augen mit Begeisterung und beiden Händen in den Ton greifen wie ins Leben und immer wieder neue Möglichkeiten finden, sich selbst im wahrsten Sinne des Wortes auszudrücken.

Und so also, wie Ines in den vielen Jahren gelernt hat, auf die Menschen zu und mit ihnen umzugehen, so ist sie auch auf der herrlichen Semele Sohn zugegangen, den Augenherrlichen, wie der unsterbliche Homer ihn nannte, und sie hat ihn sich zum Kollegen gemacht:

Dein ist das Leben, hat sie zu ihm gesagt, dein ist der Frühling, das Blühen, alles, was ich liebe, ist dein, aber mein ist die dunkle Erde, aus der alles gemacht ist.

Hier sitz ich, hat sie zu ihm gesagt, forme Figuren nach meinem Bilde, bilde nach, was der Ton mir vorgibt; denn die Form schläft seit langem im Ton, die Keramikerin muß sie nur finden. Es ist begeisternd, mit welcher Sicherheit, Ines dem Ton seine Form ablauscht und mit welchem Feingefühl ihre Hände sie bildend freilegen.

Willst du also, Traubenumrankter, hat sie zu ihm gesagt, tatsächlich tonangebend sein, dann bitte, setz dich zu mir und greife gleich mir hinein in die bildbare Erde.

Und siehe, der Gott nahm die Einladung an.

Und siehe, er hatte seinen Spaß daran, denn er ist überall zu Hause, wo Freude ist.
[…]
So sehe ich den ewig Unfaßbaren bei Ines im Studio sitzen, schön umfliegen die Locken dunkel sein Haupt, inmitten hellklingenden Stimmengewirrs lachender Frauen, und an seinem Bilde formen, denn jede Kunst ist Ausdruck des eigenen Wesens. […]

Mit der Kunst, die sie wählte, gibt nun Ines ihrerseits einen beredten Einblick in ihr Wesen. Es ist eine Kunst, die des Feuers bedarf, eines Feuers freilich, das Bestehendes nicht zerstört, sondern Vergänglichem Dauer verspricht.

»Kühlender Weinkönig«
Foto: I. Meffert (Rechte Stiftung Hoflößnitz)


Bei Temperaturen, die 1000° Celsius weit überschreiten, verändert sich alles. Die Kristalle an den Korngrenzen des Tons öffnen sich und verbinden sich untereinander. Zusätzlich werden sie durch mögliche glasige Anteile verkittet. Der Vorgang ist unumkehrbar: Aus Ton kann jederzeit Keramik werden, aus Keramik wird nie wieder Ton. Dafür besitzt die Keramik nun einen eigenen Ton: Eine Tasse klingt, wenn ein Löffel dagegen schlägt.

So gehören also drei zu einem guten Klang: Ines und Bacchus geben den Ton an, Keramik gibt den Ton ab.

In den fünfundzwanzig Jahren ihres tonangebenden Wirkens im Zusammensein mit kleinen und großen Kursteilnehmern ist Ines von der Anfängerin über die Handwerkerin zur Künstlerin gereift. Lange Zeit hat sie sich gegen die Bezeichnung Künstlerin verwahrt – in erster Linie wollte sie ihr Handwerk gut ausführen und ihr Wissen und Können an andere weitergeben. Der Handwerker unterwirft sich das Werkstück, er zwingt dem Ton, dem Holz oder dem Metall seinen Willen auf. Der Künstler hört auf das Material und lauscht ihm seinen Willen ab. Die Kunst besteht darin, mit dem Material eine Gemeinschaft zu bilden.

Handwerk aber ist die Grundlage jeder Kunst.

Zudem ist Hand-Werk – hier liegt die Betonung auf Hand! – ein ursprünglicher Ausdruck menschlichen Seins. Ines spürt es in ihren Kursen immer deutlicher: je weniger im digitalisierten Alltag die Hände gebraucht werden, um so dankbarer nehmen die Menschen die Gelegenheiten wahr, sie anderweitig zu benutzen. Wenn Hände in Bewegung geraten, wenn sie in Ton greifen können, die Vielfalt ihrer Sinnfälligkeit nutzen, lösen sich Spannungen im Kopf. Diese zwei Stunden in der Woche, in denen Bürofrauen vom zweidimensionalen Bildschirmdasein mit eigenen Händen dreidimensionale Dinge schaffen können, wirken Wunder. Ärzte sollte Handarbeit verschreiben, bevor es zu spät ist. Erzieher sollten Kindern den Wischomaten aus der Hand nehmen und ihnen stattdessen Holz oder eben Ton zum Bearbeiten geben. Pfleger sollten Senioren Aufgaben stellen, die mit den Händen zu bewältigen sind. Denn die Fingerfertigkeit, die Verbindung von Kopf und Hand hat nicht nur eine wichtige Rolle in der Anthropogenese gespielt, sie bildet heute noch ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Menschen und Tieren.
[…]
Homer, der blinde Sänger aus dem felsigen Chios, hatte Freude an den Musen, weil sie ihn schon in der Mitte des achten vorchristlichen Jahrhunderts das Lob singen ließen des traubenumrankten Bacchus und seines Gefolges. So tonangebend dieser auch war und vielleicht immer noch ist, wir alle hier möchten, glaube ich, auf die Keramikerin nicht verzichten, die seit fünfundzwanzig Jahren einen ganz eigenen Umgang mit den Musen pflegt. Was entsteht, wenn klar ist, wer den Ton angibt, zeigt diese Ausstellung.

Thomas Gerlach

Die Ausstellung »Bacchus TONangebend – Keramiken von Ines Hoferick« ist noch bis 25. August 2019 im Sächsischen Weinbaumuseum Hoflößnitz in Radebeul, Knohllweg 37, zu sehen, geöffnet Di-So 10 bis 18 Uhr.

„Häuser und ihre Besitzer“

„Zu Besuch in der Villa der Familie Fuchs – „Villa Annabella“,
Lößnitzgrundstraße 41-43

„Dem Himmel ein Stück näher“ fühlt man sich, wenn man von der Terrasse der „Villa Annabella“ besonders an heiteren Abenden ins Überelbische schaut, dann, wenn das Licht die Einzelteile der Landschaft zusammenzieht und vom Tal nur das Rauschen der Baumwipfel zu spüren ist. Ab und zu erinnert dann ein kurzes Pfeifen der Lößnitzgrundbahn daran, das es da unten noch eine andere Realität geben muss.

Das Licht und die Sicht musste man sich als Besucher aber erst einmal erarbeiten, fast 100 Stufen steigen oder den neu angelegten Serpentinenweg nehmen, der an einem warmen Maientag auch nicht ohne Anstrengung war.

Hausherr Hendrik Fuchs
Foto: G. u. H. Täubert


Der Hausherr und Bauunternehmer Hendrik Fuchs, war uns als Gastgeber pünktlich leichtfüßig entgegengekommen und bereitete uns freundlich auf die kommende Anstrengung vor. Diesen Weg war er schon hunderte Male gegangen, ihm machte das Hinauf- oder Hinuntersteigen nichts mehr aus.

Er selbst hatte in den letzten zwanzig Jahren ganz andere Hürden nehmen müssen. Die größte stellte sich ihm gleich im Jahre 1997, als ihm, dem jungen Bauunternehmer, das verfallene und zugewachsene Grundstück, das sich über den ganzen Hang bis hinauf zum Spitzhausweg zog, zum Kauf angeboten wurde.

Frau Gay, die letzte Besitzerin und Erbin war 96-jährig gestorben und das Grundstück stand zum Verkauf. Alle Bekannten und Verwandten rieten ihm von dieser Unternehmung ab. Tilo Kempe, der Architekt und Freund, war der einzige, der nicht fassen wollte, dass man bei so einem Angebot noch zögern konnte.

Die Frage, kannst Du Dir das leisten, stellte er nicht. Er wusste, dass es 26 Erben, die weit und nicht nur über Deutschland verstreut waren, gab, und er nicht über ein großes Vermögen oder über Erbschaften verfügte. Er wusste aber auch, dass er den Mut, die Fähigkeiten und die Möglichkeiten besaß, das weitläufige Landgrundstück zu beherrschen, es komplex zu sanieren und ihm wieder zu altem Glanz zu verhelfen – ein Traum, den schon in ähnlicher Weise Karl Helmer, der Erbauer der Villa, vor hundert Jahren in Dresden geträumt haben musste.

Zu Besuch in der »Villa Annabella«
Foto: G. u. H. Täubert


André Schröder, mit dem ich diese Veranstaltung vorbereitete, schrieb mir zu diesem Sachverhalt:

„Der Bauherr, der Schlossermeister Karl Helmer und später sein Sohn, besaßen in Dresden auf der Carolastraße 10, ein großes Mehrfamilienhaus mit einer Werkstatt im Hintergebäude. Im Firmenverzeichnis des Adressbuches von 1896 zeichnet er sich noch mit anderen Gewerken aus. So dürften viele Arbeiten aus seiner Hand und in Eigenregie in den Bau eingeflossen sein.

Der Baumeister Hans Wallbaum aus Neukaditz wird in den Adressbüchern als Zeichner und dann als Bautechniker beim Städtischen Tiefbauamt angegeben. Trotzdem bleibt mir immer ein Rätsel, wie solche Vermögen in den Gründerjahren erwirtschaftet wurden. Die Villa kam in den dreißiger Jahren des 20. Jh. in den Besitz des Bücherrevisors Max Gay. Seine Tochter wohnte und lebte bis in die neunziger Jahre hochbetagt auf diesem Grundstück.“

Foto: G. u. H. Täubert


Ich kannte den Vater und die Tochter Gay auch. Sie waren oft bei meiner ehemaligen Hauswirtin, Frau Kohls, auf der Lößnitzgrundstraße 9 zu Gast.

Den Gays schrieb ich aber immer nur das Bedienstetenhaus über der großen Mauer als Wohnstätte zu. Eine Villa mit Turm vermutete ich in ihrem unübersichtlichen Gelände nie. Fräulein Gay wohnte tatsächlich bis zuletzt in ihrem Haus. Wie viele Male mag die kleine, zierliche Frau in ihrem Leben den steilen Weg zur Villa hinaufgegangen sein, immer den großen spitzen Turm als Ziel vor sich und jedesmal noch ein paar Kohlen im Gepäck.

Jetzt ist das Grundstück noch immer etwas verwunschen, aber es gibt gepflegte malerische Kies-, Sand- oder Steinwege und sogar mit Beleuchtung, eine Fahrstraße, einen Brunnen, Blumenrabatten und schöne Rasenflächen.

Mit der Übernahme durch die Familie Fuchs nach 1998 wurden alle Außenanlagen nach historischen Plänen saniert und technisch modernisiert und vor allem auch die Villa wieder bewohnbar gemacht.
Diese Aufgabe übernahm 1998 Tilo Kempe, der inzwischen verstorbene Radebeuler Architekt und Freund des Gastgebers. Ihm lag bei allen seinen Werken immer die Erhaltung der originalen Bausubstanz und die Wiederverwendung vorhandener Materialien am Herzen. Unter seiner Leitung wurde nicht nur der Hausschwamm beseitigt, sondern auch die Turm- und Dachdeckung aufwendig restauriert, die alten Wand-, Türen- und Glasmalereien im Innenraum freigelegt und die Fußböden restauriert. So viel an besonderer Dekoration und künstlerischer Ausstattung in diesem Haus hatte keiner von uns erwartet und auch nicht so ein nett dekoriertes Abendessen. Das lud natürlich zum Bleiben ein und wir genossen das Essen, den Wein, das Wetter, die anfangs beschriebene freie Sicht und das Gefühl, hier dem Himmel wirklich ein Stück näher zu sein.

Gudrun Täubert

Käthe-Kuntze-Gedenkausstellung

Auf den Spuren einer fast vergessenen Künstlerin aus der Niederlößnitz

Bereits 1998 hatte die Stadtgalerie unter dem Motto „Spurensuche“ eine neue Ausstellungsreihe ins Leben gerufen. Zum Auftakt wurde an die Radebeuler Künstler Käthe Kuntze (1878–1969) und Gustav Neuhaus (1876–1949) erinnert. Allerdings lagen zum damaligen Zeitpunkt nur wenige Informationen über Werdegang und Lebensumstände beider Künstler vor. Die Hoffnung, Hinweise von kunstinteressierten Bürgern zu erhalten, sollte sich auf indirektem Wege in Bezug auf Käthe Kuntze schließlich mehr als erfüllen.

Käthe Kuntze »Villa Hohenberg«, 1908, Farbholzschnitt / Sammlung Protzen

Doch wie kam es nun zu dieser Personalausstellung mit den vielen erstmalig in Radebeul präsentierten Werken von Käthe Kuntze?

Alles begann damit, dass Dr. Maren Protzen, welche im Raum Hamburg lebt, im Monatsheft „Vorschau und Rückblick“ (Ausgabe 10/2017) den Beitrag „Das Wissen wächst mit der Sammlung“ über die Jubiläumsausstellung zum 25jährigen Bestehen der Städtischen Kunstsammlung Radebeul gelesen hatte, auf den Namen Käthe Kuntze stieß. Daraufhin nahm sie 2017 Kontakt zur Radebeuler Stadtgalerie auf, stellte sich als Mitglied des weit verzweigten Familienverbandes Kuntze vor und erklärte, dass die Malerin und Grafikerin Käthe Kuntze die Schwester der bereits im Jahr 1966 verstorbenen Urgroßmutter ihres Mannes war und man vor geraumer Zeit damit begonnen habe, alles zu sammeln bzw. zu recherchieren, was mit Käthe Kuntze in Beziehung stand. Auch hatte der Schwiegervater eine Mappe mit Arbeiten von Käthe Kuntze über mehrere Jahrzehnte sorgsam aufbewahrt.

Käthe Kuntze »Selbstbildnis«, o.J., Aquarell / Sammlung Protzen

Bereits während des ersten Gesprächs wurde die Möglichkeit angedacht, im 50. Todesjahr der Künstlerin eine Gedenkausstellung zu zeigen, doch der Weg bis dahin war noch weit.

Eine wichtige Spur führte nach Chemnitz. Die Chemnitzer Kunstsammlung besitzt ein Bildnis von Käthe Kuntze, welches die befreundete Karl-Marx-Städter (heute Chemnitzer) Künstlerin Martha Schrag (1870–1957), im Jahr 1906 von ihr gemalt hatte. In der Monografie „Gemalte Sehnsucht“ über die Chemnitzer Malerin und Grafikerin Marta Schrag geht der Autor Ralf W. Müller auch auf deren Beziehungen zu verschiedenen Künstlern ein. Die Freundschaft mit Käthe Kuntze ist in einem Briefwechsel beider Frauen belegt. Sowohl die Monografie als auch die Briefe ermöglichten viele interessante Rückschlüsse auf die Biografie von Käthe Kuntze. Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand lässt sich das Leben und Wirken dieser fast vergessenen Künstlerin wie folgt beschreiben:

Als Käthe Kuntze, die einer angesehenen Bankiersfamilie entstammte, am 3. August 1878 in Dresden geboren wurde, war noch nicht abzusehen dass sie einmal vier Gesellschaftssysteme und zwei Weltkriege durchleben würde. Im Jahr 1900 ließ der Vater Albert (Friedrich Arthur) Kuntze (1842–1933) in der Niederlößnitz auf dem Grundstück Hohenzollerstraße 14, der späteren Rolf-Helm-Straße bzw. heutigen Oberen Bergstraße – also in bester Hanglage – eine Villa im neobarocken Stil erbauen. Die Bezugsfreigabe erfolgte 1901 und die Familie Kuntze zog aus der Großstadt Dresden in die ländlich geprägte Lößnitz. Beide Töchter – Helene, geboren 1877, und Käthe, geboren 1878, – waren damals bereits über 20 Jahre alt. Während Helene einen Apotheker aus Leipzig heiratete und drei Kinder gebar, blieb Käthe ledig und lebte bis zu ihrem Tode mit der Haushälterin Amanda Grakowsky (1891–1973) im Elternhaus, wo sich auch ihr Atelier befand.

Käthe Kuntze im hohen Alter / Stadtarchiv Radebeul

Die Kindheit und frühe Jugend verbrachte Käthe Kuntze in Liebe und Geborgenheit. Ihr künstlerisches Talent wurde schon frühzeitig erkannt. Mit sieben oder acht Jahren verlor sie jedoch durch eine Krankheit das Gehör, so dass sie zwar sprechen konnte aber durch die Gehörlosigkeit Zeit ihres Lebens sehr eingeschränkt war. Vom Elterhaus erfuhr sie in jeder Hinsicht Förderung. Was es heißt, einer Arbeit nachgehen zu müssen, die nicht den eigenen Neigungen entspricht, wusste ihr Vater nur allzu gut. Sein wissenschaftliches Interesse an der Fliegenkunde konnte er erst ungestört ausleben, nachdem er sich ab 1911 ganz vom Bankgeschäft zurückgezogen hatte.

Käthe Kuntze wiederum betrieb ihre künstlerische Ausbildung sehr konsequent. Doch als Frau und darüber hinaus mit einer Behinderung, die eine mündliche Kommunikation erschwerte, hatte sie sich für keinen leichten Weg entschieden. Der reguläre Zugang zu Kunstakademien blieb den Frauen bis Ende 1918 verwehrt. Die immer selbstbewußter werdenden Künstlerinnen blieben nicht tatenlos und gründeten eigene Vereine. Vorwiegend in größeren Städten entstanden spezielle Malklassen für Damen. Eine private Ausbildung musste man sich allerdings leisten können, was im speziellen Falle von Käthe Kuntze wohl kein Problem gewesen sein dürfte.

Dem anfänglichen Selbststudium folgte Privatunterricht. Zu den Lehrern der angehenden Künstlerin gehörten Wilhelm Claudius (1854–1942) und Anton Pepino (1863–1921), die heute kaum noch jemand kennt. Nachhaltig prägender war Robert Sterl (1867–1932), der in seinem Dresdner Atelier als Zubrot eine private Malschule für Damen betrieb, wo Käthe Kuntze die acht Jahre ältere Martha Schrag kennen lernte. Die jungen Frauen blieben sich ein Leben lang freundschaftlich verbunden. Zur weiteren künstlerischen Vervollkommnung besuchten sie im Jahr 1908 in der Damen-Akademie des Münchner Künstlerinnen Vereins die Malklasse von Albert Weisgerber, einem bedeutenden Vertreter des deutschen Impressionismus und beginnenden Expressionismus. Sowohl Dresden als auch München galten in jenen Jahren als pulsierende Zentren mit spektakuläre Ausstellungen moderner und internationaler Kunst.

Käthe Kuntze (3.v.l., obere Reihe) mit den Eltern sowie Schwester Helene und deren Kindern Walther, Albert und Käte / Sammlung Protzen

Gemeinsam gingen die Freundinnen mehrmals auf Reisen ins In- und Ausland, was von Käthes Vater Albert Kuntze finanziell unterstützt wurde. Martha Schrag, welche sich das Studium in München und die Reisen hätte nicht leisten können, war für die Tochter eine unentbehrliche Hilfe. Die gegenseitige Anteilnahme erhielt sich bis ins hohe Alter. Und als sich Käthe Kuntze in den 1950er Jahren in wirtschaftlich prekärer Situation befand, verhielt es sich genau umgekehrt und Martha Schrag war nun diejenige, die finanzielle Unterstützung gewährte. Eine großzügige Ehrenpension, die an die Verleihung der Karl-Marx-Städter Ehrenbürgerschaft gekoppelt war, machte es möglich.

Käthe Kuntze war es wohl durch die gesundheitliche Einschränkung, ihre persönliche Veranlagung bzw. gutbürgerliche Verwurzelung nicht möglich, so radikal auszubrechen wie Martha Schrag. Während diese in der rauen Industrie- und Arbeiterstadt Chemnitz lebte, fehlte es in der beschaulichen Lößnitz an sozialer und künstlerischer Reibung. Auch der Austausch mit jüngeren Künstlern, wie ihn Martha Schrag bis ins hohe Alter pflegte, blieb Käthe Kuntze nicht nur wegen ihrer Gehörlosigkeit versagt. Die Lößnitz war eine Kolonie von Einzelnen. Und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Es ist durchaus denkbar, dass Käthe Kuntze verstärkt durch Martha Schrag angeregt wurde, neue Techniken auszuprobieren, sich mit den aktuellen Strömungen der Kunst oder dem Schaffen von sozialkritischen Künstlerinnen wie Käthe Kollwitz (1867–1945) auseinander zu setzen. Zumindest gibt es in verschiedenen Schaffensperioden beider Künstlerinnen recht eindeutige Überschneidungen. Allerdings wäre Käthe Kuntze wohl niemals so weit gegangen wie Martha Schrag, die das Milieu des Proletariats, die Tristesse der Großstadt, Industrieanlagen und Ruinen für darstellenswert befand.
Käthe Kuntze war eine feinfühlige Porträtmalerin. Darin lag eine ihrer großen Stärken. Die frühen als auch späten Selbstbildnisse, Porträts von Vater und Mutter, der Schwester Helene und der Nichte Käte als Kleinkind lassen sich eindeutig zuordnen. Doch leider sind die meisten, der erhalten gebliebenen Porträtdarstellungen nicht näher bezeichnet.

Die Künstlerin verfügte über einen ausgeprägten Sinn für Realität, gepaart mit einem sensiblen Gespür für ihr soziales Umfeld. Mit abstrakten, konstruktivistischen, surrealistischen Strömungen konnte sie nichts anfangen. Einflüsse aus dem Impressionismus, Jugendstil und Expressionismus lassen sich jedoch nicht leugnen. Im Grafischen als auch Malerischen zeigte sich Käthe Kuntze gleichermaßen versiert. Es entstanden Radierungen, Zeichnungen, Holz- und Linolschnitte, Lithografien, Ölbilder und Aquarelle. Dass sie eine aufmerksame Beobachterin und sichere Zeichnerin gewesen ist, belegen zahlreiche Skizzen und Studienblätter. Ihre Motive fand sie vorwiegend im näheren Umfeld: der Garten, der Blick ins Elbtal, das bürgerliche Interieur, Stillleben, Blumen und immer wieder die Villa, die Familie, Kinder und Tiere…, in verschiedenen Variationen, Jahreszeiten und Techniken der Weihnachts- bzw. Blumenmarkt auf dem Altmarkt in Dresden, der Jahrmarkt in Kötzschenbroda, Ausflugslokale, Landschaften… Als ein schönes Beispiel für Darstellungen aus dem Arbeitsalltag sei das kleinformatige Aquarell „Wäscherinnen an der Elbe“ genannt, dass zu einem umfangreichen Schenkungskonvolut von Dr. Maria Hoffmann aus München gehörte.

Käthe Kuntze »Kriegsopfer« (Erster Weltkrieg), o.J. , Lithografie / Sammlung Protzen

Vor allem die Jahre bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges scheinen Käthe Kuntzes produktivste Zeit gewesen zu sein. So beteiligte sie sich an mehreren Ausstellungen des Kunstvereins der Lößnitzortschaften, welcher sich 1907 gegründet hatte und in Ermangelung von Geld und Mitgliedern 1914 schon wieder auflöste. Auch der unmittelbare Einfluss von Sterl und später Weisgerber wirkten sich auf ihre Schaffensintensität aus.

Der Ersten Weltkrieges stellte eine gravierende Zäsur dar. Auch die eigene Familie war betroffen. Ein Sohn der Schwester, Neffe Albert, fand den frühen Tod. Bereits 1915 entstehen die grafischen Blätter „Abschied“, „Soldaten spielende Kinder“, „Kriegsstrumpfstricken“ und „Trauernde“ sowie die undatierte Lithografie „Kriegsopfer“. Das unfassbar Schreckliche schien die Künstlerin im auf ihre Weise auch mit dem Holzschnittzyklus „Vater Unser“ verarbeiten zu wollen, der im Jahr 1918 entstanden ist.

Warum es keine Werke aus den 1930er Jahren und bis 1945 gibt, bleibt offen. Die zunehmende politische Reglementierung des Ausstellungswesens und die existenziellen Nöte durch den Zweiten Weltkrieg könnten Gründe hierfür gewesen sein. Auch die Pflege der Eltern forderte ihren Tribut.

Es gehört zweifellos zu den Verdiensten des Radebeuler Malers Karl Kröner (1887–1972), dass er sich im Zusammenwirken mit engagierten Kommunalpolitikern und Museumsleuten darum bemühte, die Künstler, welche sich nach 1945 in einer äußerst bedrängten Lage befanden, aus ihrer Isolation zu holen. Mit dem Radebeuler „Haus der Kunst“ wurde eine Möglichkeit geschaffen, endlich wieder Kunst zeigen und auch verkaufen zu können. Erstaunlich ist, dass bereits im Juni (!) 1945 die erste Kunstausstellung in Radebeul eröffnet wurde, zu der die Besucher in Scharen, sogar zu Fuß aus Dresden, gekommen sind. Ein unbefangener Neuanfang schien in der Kunst zunächst möglich. Doch die Korrespondenz zwischen Käthe Kuntze und Martha Schrag lässt den kulturpolitischen Konfliktstoff der 1950er Jahre in der DDR erahnen.

Es ist vorstellbar, dass Käthe Kuntze die Haus-, Garten- und Stallarbeiten mit zunehmendem Alter immer mehr Kraft kosteten und für die künstlerische Arbeit nur noch wenig Zeit blieb.

Sie wendete sich wieder christlichen Themen zu. Außerdem entstanden – wie bereits erwähnt – zahlreiche Blätter mit detailreich verspielten Illustrationen zu allseits bekannten Märchen wie „Frau Holle“, „Schneewittchen“ oder „Rotkäppchen“.

Im Kontrast zum filigranen Spätwerk stehen zwei nahezu monumental wirkenden kraftvolle Aktdarstellungen, die einen Eindruck von Käthe Kuntzes künstlerischem Potenzial der frühen Jahre vermitteln. Der Weitsicht des Radebeuler Malers und Grafikers Horst Hille (1941–2015) ist es zu verdanken, dass zahlreiche großformatigen Leinwände aus der frühen Schaffenszeit, wenn auch in einem arg restaurierungsbedürftigem Zustand, bis heute erhalten geblieben sind.

Die Briefe von Martha Schrag aus dem Zeitraum von 1952 bis 1956 beschreiben die soziale und gesundheitliche Situation der hoch betagten Künstlerinnen. Da werden Ratschläge erteilt, man freut sich miteinander über neu Entstandenes, über Anerkennung, Ausstellungen und Verkäufe. Das Bedürfnis sich einander mitzuteilen, bestand auf beiden Seiten. Nur blieben die Briefe von Käthe Kuntze leider nicht erhalten. Von Menschen, die sie persönlich erlebt haben, wird sie als warmherzig und hochintelligent geschildert. Eine Nachbarin erinnerte sich, dass sie von ihrer Mutter als Kind zu Käthe Kuntze mit Essen geschickt wurde. Dass die alte gebrechliche Frau trotz der großen schönen Villa, in der sie wohnte, so arm war, darüber habe sie sich immer ein wenig gewundert.

Käthe Kuntze war stets von Ziegen und Katzen umgeben, die auch in ihrem Schaffen eine nicht unwichtige Rolle spielten. Ein kleines, unscheinbar wirkendes grafisches Blatt aus dem Jahr 1954 zeigt den Kopf einer alten Frau und den einer Ziege. Beide, Mensch und Tier, sind in zärtlicher Verbundenheit einander zugewandt. Und vielleicht liegt hierin ein Schlüssel wie es der Künstlerin gelang, mit zunehmender Isolation und Einsamkeit umzugehen.

Käthe Kuntze starb 1969 im Alter von 90 Jahren in Radebeul. Die Trauerfeier fand in der Friedhofskapelle Radebeul-West statt. Die Urnenbeisetzung erfolgte in der Familiengruft in Reichenberg. Bereits zwölf Jahre zuvor war die Freundin Martha Schrag gestorben. Die Haushälterin Amanda Grakowsky hielt ihr die Treue bis zuletzt. Die in Hamburg lebende Nichte Käte Protzen (1907–1977) veranlasste, dass Briefe, Fotos und Dokumente an die Städtische Kunstsammlung Karl-Marx-Stadt und das Radebeuler Stadtarchiv übergeben wurden. Ein Glück, denn darauf konnte nun in Vorbereitung der Gedenkausstellung zurückgegriffen werden.

Wenngleich es noch viele Wissenslücken zu schließen gilt, begann sich – so viele Jahre nach ihrem Tode – aus vielen Einzelteilen ein Bild über das Leben und Wirken der Künstlerin Käthe Kuntze wie ein Puzzle zusammen zu fügen. Dafür sei allen, ob aus Hamburg, München, Dresden, Chemnitz oder Radebeul, die hierzu beigetragen haben, ganz herzlich mit dieser schönen Ausstellung gedankt.

Karin (Gerhardt) Baum

Die Gedenkausstellung „Käthe Kuntze zum 50. Todestag“ wird bis zum 18. August 2019 in der Stadtgalerie Radebeul gezeigt. Eine Sonderführung mit dem Stadtgaleristen Alexander Lange und der Co-Kuratorin Karin Baum findet am 18. August um 16 Uhr statt.

 

 

 

Editorial August 2019

Im Editorial des Juliheftes berichtete Sascha Graedtke über die Vielzahl kultureller Veranstaltungen im Juni in Radebeul.

Nur wer selbst ehrenamtlich oder auch beruflich in die Vorbereitung und Durchführung solcher Ereignisse, wie beispielsweise des Karl-May-Festes oder des Dorffestes in Naundorf eingebunden ist, weiß wie viel Mühe und Zeit und Schweiß es kostet, alles zum rechten Zeitpunkt fertig am rechten Ort zu haben.

Die meisten Zuschauer wissen oder ahnen es sicher und viele wollen möglichst alles mit dem Handy aufnehmen. Dabei halten sie auch einen Mangel in der heutigen Zeit fest: Kaum eine Darbietung, kaum ein noch so originelles Bild im Umzug wurde durch entsprechenden Beifall gewürdigt!

Da kommen zum Beispiel die Sternreiter zu den Karl-May-Festtagen zum Teil aus mehreren hundert Kilometern Entfernung zum Treffpunkt, aber nur wenige Zuschauer beklatschen diesen bemerkenswerten Einsatz. Ich finde das sehr schade. Solche Mühen sind es wirklich wert, auch auf diese Art Anerkennung zu finden.

Früher habe ich das als selbstverständlich dazugehörend erlebt. Beifall ist doch Dank und Ansporn zum Weitermachen.

Also, beim nächsten Mal: Das Handy mal unter den Arm geklemmt, geklatscht, gejubelt, Bravo gerufen – das macht einem selbst und den Protagonisten Spaß. Letztere werden es Ihnen zumindest mit einem Lächeln oder sogar mit einer extra Darbietung danken.

Und darüber freuen sich dann alle.

Ilona Rau

Kindertag in Altkö

Die Kultur- und Werbegilde sorgte wieder für Stimmung auf dem Anger
Seit langem richtet die Kultur- und Werbegilde zum Internationalen Kindertag ein Fest für die Kleinsten aus. Auch wenn diesmal keine Bühne zur Verfügung stand, da zeitgleich das „Karl-May-Fest“ stattfand, vollzog Annette Richter ihr Bühnenprogramm eben auf dem gepflasterten Rondell des Mittelstreifens auf dem Anger. Als Gruß an das große Fest im Lößnitzgrund und als Anregung hatte die Gilde die Losung „die Indianer toben weiter“ ausgegeben und Richter führte den jungen Indianer-Nachwuchs in mehreren Runden spielerisch in die Gebräuche, Sitten und Sprache dieser vielgestaltigen Völker ein. Auch andere Programmpunkte nahmen auf dieses Motto Bezug, etwa die „Nugget-Suche“ oder der Tipibau. Für Hungrige gab es Handfestes und für Kinder die viel geliebte Zuckerwatte.
Danke den vielen Akteuren und Vereinen. Danke Gilde!

KUB

Briefmarkensammeln – Gestern und Heute

Themenseite Sachsen Foto: S. Graedtke

In meiner Kindheit, das waren etwa die 50er Jahre, kannte ich in meinem Umfeld einige, die Briefmarken sammelten und ich hatte mich auch davon anstecken lassen. Viele glaubten damals an ein Hobby mit hohen Wertsteigerungsraten – vielleicht die bekannte Sachsen-Dreier im Hinterkopf – und meinten, dass die Zeit es brächte, reich zu werden.
Nüchtern betrachtet sind Briefmarken seit Postmeister Stephan eine Art Gutschein für eine noch zu erbringende Dienstleistung der Post oder eines anderen Anbieters dieser Leistung. Im Laufe der Geschichte kann man immer Schwankungen der Gebühr, meist mit Tendenz nach oben, beobachten. Das Sammeln von postfrischen Marken ist also gleichzusetzen mit dem Nichteinlösen eines Gutscheins und eigentlich negativ zu bewerten.
Am Anfang sollte ein Sammler versuchen, sein Sammelgebiet einzugrenzen, also nicht „quer Beet“ zu sammeln, sondern dem Ganzen eine Struktur geben. Eine klare Ansage war z.B.: ich sammle Deutschland und Deutsches Reich, BRD und DDR, das taten sehr viele. Das hohe Ziel war dann, eine vollständige Sammlung eines solchen Gebietes zu erreichen. Doch bald stellte man fest, dass bei bestimmten Jahrgängen und Sätzen die Vollständigkeit mit angemessenen Mitteln nicht eintreten würde. Es gab damals die Möglichkeit, über ein Post-Abo alle Neuerscheinungen von Briefmarken zu erhalten, da musste man natürlich etwas investieren. So bekam man regelmäßig Sondermarken,

ganze Sätze oder auch Blöcke. Wenn man per Abo aber 2x bestellte, war 1x postfrisch (also ohne Spucke auf der Rückseite) und 1x gestempelt. Dabei verzichtete der Sammler meist auf die Leistung der Post, einen Brief zu transportieren, siehe oben. Es gab aber hin und wieder noch eine Steigerung, wenn man einen Tauschpartner im Ausland, sagen wir in Frankreich, hatte. Dann konnte es passieren, dass man die Neuerscheinungen 3x kaufte. So entwickelte sich das Hobby schnell: die Ausgaben stiegen, auf die Werterhöhung jedoch hoffte man weiter, doch nun hatte man noch Marken eines anderen Landes. Das erweitert schon den Horizont eines Sammlers, man lernt Länder und deren Kultur kennen. In Zeiten der DDR eben auch Länder, die man würde nie bereisen können solange es die Mauer gab!

Teile der Themengruppe deutsche
Leuchttürme Foto: S. Graedtke

Mit der Frage von „er an sie“: habe ich dir eigentlich schon meine Briefmarkensammlung gezeigt? kann man heute wohl kein Mädchen mehr ins Private locken. Eine Briefmarkensammlung anzulegen, sollte auf jeden Fall andere, triftigere Gründe haben.
In mancher Sammlerbiografie gab es irgendwann einen Punkt, einen Berufs- oder Ortswechsel, Hochzeit und Kinderbetreuung oder ein anderes, stärkeres Hobby, wo das Briefmarkensammeln in den Hintergrund trat und manchmal auch in Vergessenheit geriet. Viel später bekam man dann auf dem Dachboden zwischen Büchern und Spielzeug sein Briefmarkenalbum wieder in die Hände. Bei einem raschen Überblick war dann klar, nein, die Wertsteigerung war immer noch nicht eingetreten. Teuer gewordene Besonderheiten, wie der Fehldruck einer DDR-Marke – ich glaube es war Robert Schumann, wo Porträt und Notenblatt im Hintergrund nicht zusammenpassten – waren eben nicht dabei, also wieder mal knapp am Millionär vorbeigeschrammt.
Irgendwann am Ende der zweiten Hälfte des 20. Jh. bekam das Briefmarkensammeln bei mir dann noch einen anderen Akzent. Ich fand Interesse am Motivsammeln, so wurden unter Zuhilfenahme der alten Sammlung Themen wie afrikanische Tiere, Fische weltweit oder auch Leuchttürme (DDR und BRD) bearbeitet. Da trat nun die grafische Gestaltung, das Bild der Briefmarke mehr in den Vordergrund und weniger der Wert, bzw. ein möglicher Gewinn. Beim Betrachten solcher Motivsammlungen fällt einem schon auf, dass beide deutsche Staaten gute Grafiker hatten, die für die Briefmarkengestaltung ihr Bestes gaben; da spürt man oft ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Auch bei dieser Art des Sammelns von Briefmarken kann man durchaus Tauschpartner finden. Das zuerst angedeutete, klassische Sammeln besteht bei einigen Sammlern durchaus weiter, nur finde ich für mich die Themensammlung preiswerter und sympathischer, zumal die Bundespost ab Juli dieses Jahres mal wieder die Preise erhöhen wird – u.a. den Normalbrief zu 0.80 statt bisher zu 0,70 €.

Zur zweiten Variante des Briefmarkensammelns passt auf jeden Fall ein der Redaktion von V+R im Mai 2019 überreichtes Geschenk, das alle in der Redaktionssitzung erfreut hat. Es handelt sich dabei um eine gerahmte Auswahl von Marken der DDR und BRD zum Thema Sachsen mit Erzgebirge, Lausitz, Dresden, Radebeul und Moritzburg, dazu Wappen und Textzeilen. Unser herzlicher Dank ging inzwischen an den Freund von V+R und ehemaligen Radebeuler, Herrn Volker Holstein, der jetzt in der Eifel lebt und sich intensiver mit Briefmarken beschäftigt. Leider haben wir noch kein Redaktionsbüro, wo wir das Geschenk aufhängen könnten – was nicht ist, kann ja noch werden!
Mit zwei Kapiteln des Sammelns – Münzen (Heft 06 / 19) und Briefmarken – sind längst nicht alle denkbaren Sammelgebiete erfasst. Da wären auch Grafik, Kleinplastik oder Bücher als Sammelgebiete zu nennen und last not least noch Bierdeckel, Eintrittskarten in Burgen, Museen und Kunstausstellungen oder bunte Bananenaufkleber aus aller Welt und, und, und, doch ich will’s dabei belassen.

Dietrich Lohse

Die Genialität eines Malers zwischen Hell und Dunkel

Schon wieder Rembrandt oder Erinnerung an seinen 350. Todestag

Die einzigartige Sammlung des Dresdner Kupferstich-Kabinetts kann es sich erlauben, die gegenwärtige Ausstellung vorwiegend aus dem eigenen Fundus zu bestücken. Es wurde allerdings bei der Kuratierung wert darauf gelegt, Rembrandts Arbeiten mit rund 50 Radierungen und Zeichnungen aus dem Kreis seiner Schüler zu ergänzen. Die Reihe derer, die ihr Selbstporträt in Auseinandersetzung mit der zeichnerischen Meisterschaft Rembrandts verstanden, gehörten Künstler wie Benedetto Castiglione (1609-1664),

Rembrandt van Rijn, Bildnis Sakias als Braut, 1633, © Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin / bpk, Foto: Jörg P. Anders

Jonathan Richardson (1667-1745), Francisco de Goya (1746-1828) Lovis Corinths (1858-1925) deren ausgesprochene sinnliche Zeichnungen mit der Grafik Rembrandts korrespondierten. Selbst Käthe Kollwitz(1867-1945) ist zu entdecken oder Max Beckmann (1884-1950) und Pablo Picasso (1881-1973). Ebenfalls fehlt nicht der in Dresden geborene Ralf Winkler, alias A.R. Penck (1929-2017) der von sich sagte: „Ich zeichne Rembrandt neu.“ Grafik von Gerhard Altenbourg (1926-1989) ist zu erleben, sowie die französische Künstlerin Marlene Dumas (1953) und William Kentridge (1955).
Kuratiert wurde die Schau von Stephanie Buck und Jürgen Müller, der an der TU-Dresden Mittlere- und Neuere Kunstgeschichte lehrt. Gleichzeitig ist er inhaltlich für einen großen Teil der Katalogtexte verantwortlich. Als Assistenzkuratorin der Ausstellung zeichnete Mailena Mallach verantwortlich. Insgesamt, so Direktorin Stephanie Buck, seien 300 Arbeiten von Rembrandt und seinen Schülern zu sehen. Im Mittelpunkt stehen am Anfang zwei Gemälde aus der „Galerie Alte Meister“ Dresden. Eins davon ist das berühmte Hochzeitsbild mit seiner Frau Saskia auf dem Schoss. Der Maler prostet dem Betrachter mit einem Bierglas zu und macht ihm zum Komplizen seines gegenwärtigen Glücks. Rembrandt selbst stammt im Gegensatz zu seiner Frau Saskia, die die Tochter eines reichen Kunsthändlers ist, aus einfachen Verhältnissen. Die Ausstellung strukturiert Rembrandts Werke und die der flankierenden Gäste in fünf Kapitel. Der Maler selbst markiert den Ausstellungsanfang mit verschiedenen Selbstporträts. Die Radierung bietet ihm dabei die geeignete Folie.
Das zweite Ausstellungskapitel „Rembrandt und Saskia“ widmet sich seiner 1642 verstorbenen Frau, die nur 29 Jahre alt wurde. „Mit etwa zwölf Zeichnungen und Radierungen wird diese Werkgruppe in der Schau zum ersten Mal zu sehen sein mit der Pinselstudie, „Saskia im Bett.“ Ergänzt von dem mit Silberstift ausgeführten Berliner „Verlobungsbildnis“. Saskia die ein beträchtliches Vermögen in ihre Ehe einbrachte, erwirkte 1641 nach der Geburt ihres Sohnes Titus per Testament, dass Rembrandt, falls ihr etwas passiert, nicht wieder heiraten darf. Er verliert sonst sein Vermögen, dass, so ordnete Saskia an, zur Hälfte an ihren Sohn Titus gehen sollte und den Rest des Vermögens sollte ihre Herkunftsfamilie verwalten. Titus war schließlich nur ein Jahr alt als seine Mutter starb.

Rembrandt van Rijn, Hundertguldenblatt, um 1647/49 Foto:Kupferstich-Kabinett

Der dritte Abschnitt widmet sich Rembrandt als Lehrer. „Der Künstler wird fassbar, etwa wie er mit energischem Strich Schülerzeichnungen korrigiert,“ so Buck.
Das vierte und zentrale Kapitel „Werkprozess“ fragt nach der Bildfindung in Zeichnung und Druckgrafik. Der Mittelpunkt dieses Prozesses sei das berühmte „Hundertguldenblatt“ von 1648, erklärt Professor Jürgen Müller. In unmittelbarer Nähe sind ebenfalls drei Druckzustände der Kaltnadelarbeit „Ecce Homo“ zu sehen.
Das fünfte und letzte Kapitel ist mit „Licht und Schatten“ ausgewiesen, eine Besonderheit des Künstlers Rembrandt, um nicht nur praktische Lebenssituationen darzustellen. Durch den besonderen Einsatz von „Hell und Dunkel“ gelingt es ihm gekonnt auf die Metaphysik des Menschen und die Fragilität seiner Existenz hinzuweisen.
Nach dem Tod seiner Frau Saskia führte Geertje Dircks seinen Haushalt (1643-49). Ergänzend möchte ich erwähnen, dass um 1649 Hendrickje Stoffels in Rembrandts Haus in Amsterdam zog und bis zu ihrem Lebensende seine Gefährtin und sein Modell blieb. Sie war neben seiner früh verstorbenen Frau Saskia seine wichtigste Gefährtin, die er aber durch Saskias Testament nicht heiraten durfte. Das Paar hatte eine gemeinsame Tochter.

Selbstbildnis mit Saskia

Der weltberühmte Künstler Rembrandt sammelte selbst leidenschaftlich Kunstgegenstände. Da ihm das wirtschaftliche Vermögen fehlte, geriet er in Zahlungsschwierigkeiten. Seine Mobilien wurden beschlagnahmt (1656/60). Seine Kunstsammlung und sein Haus versteigert. Rembrandt zog in die Rosengracht. Hendrickje und sein Sohn Titus eröffneten einen Kunsthandel. Sie retten Rembrandt vor dem Zugriff seiner Gläubiger und stellen den Künstler als Sachverständigen ihrer Kunsthandlung ein.
Rembrandt Harmensz van Rijn, 1606 geboren in Leiden, stirbt in Amsterdam 1669. Das letzte seiner berühmten Selbstbildnisse steht auf der Staffelei. Und das erschütternde Gemälde: „Heimkehr des verlorenen Sohnes“.

In direkter Auseinandersetzung mit „Rembrandts Strich“ hat sich die in Prag arbeitende Künstlerin Adéle Soucková (geb. 1985) mit dem Kernthema „Selbst“ auseinandergesetzt und im Foyer des Kupferstich-Kabinetts Dresden eine raumgreifende Installation geschaffen. Im Studiolo flankiert die Videoarbeit mit dem Titel „Junks“ der niederländischen Künstler Jeroen de Rijke und Willem de Rooij die einzigartige Ausstellung des Kupferstich-Kabinetts zu Rembrandts 350. Todesjahr.

Angelika Guetter

Zwischen Verstand und Leidenschaft

„Katja Kabanowa“, Oper von Leoš Janá?ek in den Landesbühnen Sachsen, nach dem
Schauspiel das „Gewitter“ von Alexander N. Ostrowski

„Der Malerin Marianne Werfekins Seele und ihr unbändiges Herz spielen gern zusammen Freud und Leid, wie so oft die Melancholie himmelt mit zwitschernden Farbentönen.“ (Auszüge aus einem Gedicht von Else Lasker-Schüler)

‚KATJA KABANOWA‘ OPER VON LEOS JANACEK NACH DEM SCHAUSPIEL ‚DAS GEWITTER‘ VON ALEXANDER N. OSTROWSKI. MUSIKALISCHE LEITUNG EKKEHARD KLEMM. INSZENIERUNG UND LICHT SEBASTIAN RITSCHEL Radebeul, 16.05.2019 //Foto: Pawel Sosnowski www.pawelsosnowski.com

Das Werk des tschechoslowakischen Komponisten Leoš Janá?ek (1854- 1928) verkörpert eins der kräftigsten, der urtümlichsten Elemente der neuen, realistischen Musik dieses Jahrhunderts. Nach Smetana und Dvorak ist Janá?ek der dritte Komponist, der seinem Schaffen den Stempel der besonderen Klangempfindung seiner Heimat aufprägte. Mit seiner Kunst hat der Musiker internationale Wirkung erreicht. „So hat sich in ihm das Schicksal Mussorgskis wiederholt, den er besonders hoch verehrte und der gleich ihm ein , Außenseiter‘ war.“ Neben „Jenufa“, dem musikalischen Drama, das ein besonders volksliedhaftes Antlitz zur Schau trägt, steht das erschütternde Bühnenwerk: „Katja Kabanowa“. Neben seiner Beziehung zur russischen Literatur war es vor allem seine platonische Geliebte Kamila Stösslova, die als Muse sein Spätwerk inspirierte. Alexander N. Ostrowskis „Katja Kabanowa“ ist eine verheiratete Frau, die im Korsett gesellschaftlicher Zwänge gefangen ist. Die Opernhandlung führt in die russische Provinz an der Wolga. „Es war für mich nötig, eine große, grenzenlose Liebe bei der Komposition dieser Oper zu kennen,“ so Leoš Janá?ek. Katja (Stephanie Krone) hat vor allem unter dem strengen Regime und Machtanspruch ihrer Schwiegermutter (Jasmin Etezadzadeh A.G.) zu leiden. Der Kafka Übersetzer Max Brod, der das Libretto übersetzte, bewunderte an dieser Oper „die Wucht dieses aus einem Zug hingegossenen Musiksturms.“ Das ganze Werk „hat diesen fortreißenden, seinem Ziel zuströmenden Wolga-Charakter, der die Geschichte tragisch enden lässt.“ Den Gatten von Katja spielt der Sänger Tichon Kabanow. Während dessen Dienstreise gibt sich Katja Kabanowa ihrem Geliebten (Edward Lee) hin. Kabanow klagt seine Mutter des Mordes an. Die deutschen Titel werden per Lichtregie eingespielt.
Die Elbland Philharmonie Sachsen bietet in bewährter Klangqualität die leidenschaftliche, musikalische Folie unter dem Dirigat von Ekkehard Klemm. Für die Inszenierung und die Lichtregie (letzteres ist sicher Geschmackssache) zeichnet Sebastian Ritschel. Die umfangreiche Ausstattung von den Kostümen und Bühnenbild übernahm der Chefausstatter des Hauses, Stefan Wiel. Den Bürgerchor gestaltete der Opernchor der Landesbühnen Sachsen in bewährter Weise.
„Katja Kabanowa“ ist eine relativ selten gespielte Oper und dem Operndirektor des Hauses zu verdanken, das sie gespielt wird.

Angelika Güttler

www.landesbuehnen-sachsen.de (nächsten Termine)

Ein Rückblick und Gedanken zu den 28. Karl-May-Festtagen

In Hinblick auf das sich neigende dritte Jahrzehnt seit den „Wendetagen“, haben sich im fast gleichen Zeitraum stadttypische Feste in Radebeul etabliert, die zum festen Bestandteil der Stadtkultur im Jahreskreis wurden und heute kaum noch wegzudenken sind. Den kreativen Köpfen des Kulturamtes der Stadt Radebeul ist es zu verdanken, seit den wilden Zeiten des Umbruchs zahlreiche tragfähige Ideen und Konzepte entwickelt zu haben, die mit großem Erfolg bis in die Gegenwart reichen. Natürlich hatte einst alles ganz klein und bescheiden angefangen. Ein paar Buden hier und da, und schließlich musste ja auch das Netzwerk mit den Künstlern und Händlern nach und nach und mit langem Atem mühsam aufgebaut werden.

28. Kar May Festspiele in Radebeul,
Foto: Claudia Hübschmann

Das landschaftliche Umfeld mit Lößnitzgrund, Steinbruch und Schmalspurbahn bot zumindest von Anfang an die ideale Bühne für die Fantastereien von Mays Werken.
Wichtig war aber den Initiatoren von Anbeginn, dass neben dem familien- und kindgerechten Cowboy und Indianer – Klamauk die sinnstiftende Vermittlung indianischer Kultur im Vordergrund stehen soll. So waren in all den Jahren zahlreiche Indianerstämme und andere indigene Völker aus Nord- und Südamerika in Radebeul zu Gast und eröffneten den staunenden Einheimischen mit Tänzen, Bräuchen und Geschichten einen vertieften Einblick in eine für uns so exotische Welt.
Das diesjährige, feiertagsbedingt verlängerte Festwochenende, wurde durchweg vom herrlichsten Sonnenschein begleitet, was sicher nicht wenige Kostümierte zum Schwitzen brachte.
Und, kaum zu glauben, aber diesmal nahmen zum ersten Mal überhaupt „echte“ Apachen am Fest teil. Da musste es hier zwangsläufig zur Begegnung mit der literarischen Ikone und dem edelsten Häuptling der Apachen in Gestalt von Winnetou kommen. So trifft Phantasie auf Lebenswirklichkeit, wie es sich Karl May wohl nicht schöner wünschen konnte.

Die große Sternreiterparade mit allen Reitern, mit den einzelnen Gruppen und Darstellern und den Tänzern
Foto: Claudia Hübschmann

An dieser Stelle sei nochmals auf die letzte Ausstellung „IndianerArt“ in den Räumen der Radebeuler Stadtgalerie verwiesen, in der nunmehr auch bildende Künstler indigener Völker mit kritisch-zeitgenössischen Werken punktgenau eine Plattform hierzulande gefunden haben.

E. Bryant und Winnetou (Michael Berndt-Canana) Foto: Claudia Hübschmann

Dies ist ein weiterer versöhnender Baustein zwischen Dort und Hier. Zudem kann man auf die ambitionierten Pläne für die Erweiterung des Karl-May-Museums gespannt sein, die im besonderen Maße künftig zur Vermittlung und Bewahrung indianischer Kulturen beitragen wird.
Nicht zuletzt bildet die große Sternreiterparade, wo eine Vielzahl von Reitern aus allen Himmelsrichtungen ihr Ziel im Herzen der Lößnitz finden, als ein überaus geglücktes Sinnbild für die Botschaft des in dieser Stadt heimisch gewordenen weltbekannten Autoren. Howgh!

Foto: Claudia Hübschmann Geschichtennacht an der Kleinen Feder

Sascha Graedtke

Copyright © 2007-2025 Vorschau und Rückblick. Alle Rechte vorbehalten.